Der österreichische Kaiser Franz Josef I. gewährt dem in Liechtenstein eingebürgerten Prinzen Alfred Alois und einigen seiner Familienangehörigen die Rechte und Vorzüge, die Mitgliedern souveräner Fürstenhäuser am kaiserlichen Hof zuerkannt sind


Schreiben des k.u.k. Ministeriums des kaiserlichen und königlichen Hauses und des Äussern, gez. Minister Agenor von Goluchowski, an den kaiserlichen Ersten Obersthofmeister Rudolf von Liechtenstein [1] 

6.12.1902, Wien

Laut eines mir von Seiner Durchlaucht dem regierenden Fürsten [Johann II.] von und zu Liechtenstein zugekommenen Schreibens vom 19. November l. J. [2] sind Prinz Alfred [Alois] von und zu Liechtenstein, seine Gemahlin Henriette, geborene Prinzessin von und zu Liechtenstein, sowie die aus dieser Ehe stammenden Kinder Prinzessin Francisca, Prinz Franz, Prinz Alois und Prinzessin [Maria] Therese aus dem österreichischen Staatsverbande geschieden und haben das liechtensteinische Staatsbürgerrecht erworben. [3]

Ich habe nicht verfehlt, diesfalls Seiner k. u. k. Apostolischen Majestät [Franz Josef I.] allerunterthänigst Vortrag zu erstatten und haben Allerhöchstdieselben mit Allerhöchster Entschliessung vom 1. December l. J. Allergnädigst zur Kenntnis zu nehmen geruht, dass bei dieser Sachlage nunmehr dem Prinzen Alfred von und zu Liechtenstein sowie seinen obgenannten Familienmitgliedern als Mitgliedern eines fremden souveränen Fürstenhauses am Allerhöchsten Hofe alle jene Rechte und Vorzüge zukommen, welche den Mitgliedern der übrigen souveränen Fürstenhäuser zuerkannt sind. [4]

Auf Grund der mit derselben Allerhöchsten Entschliessung ertheilten Allergnädigsten Ermächtigung beehre ich mich, Euere Durchlaucht von Vorstehendem mit dem ergebensten Ersuchen in Kenntnis zu setzen, das diesfalls weiters Erforderliche im eigenen Wirkungskreise geneigtest veranlassen zu wollen. [5]

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[1] AT ÖStA, HHStA, Obersthofmarschallamt, Neue Zeremoniell Akten, R. III, Karton 235, Z. 33 (Aktenzeichen des K.u.K. Ministeriums des kaiserlichen und königlichen Hauses und des Äussern: 79238/1). Als Kopie unter LI LA SgK 055.
[2] Vgl. AT ÖStA, HHStA, Ministerium des Äussern, Administrative Registratur F2, Karton 53 bzw. als Kopie unter LI LA SgK 042.
[3] Das Ausscheiden aus dem österreichischen Staatsverband und die Erwerbung der liechtensteinischen Staatsbürgerschaft standen im Zusammenhang mit der Verlobung von Prinz Alois, einem Sohn des Prinzen Alfred Alois, mit Erzherzogin Elisabeth Amalie. Wie das "Liechtensteiner Volksblatt" bemerkte, blieben dadurch Erzherzogin Elisabeth Amalie gewisse Ehren und Vorrechte erhalten; es ergänzte, dass bei der Trauung – welche am 20.4.1903 erfolgte – das für die Mitglieder regierender Häuser übliche Zeremoniell beobachtet würde (L.Vo., Nr. 51, 19.12.1902, S. 1 ("Vermählung im Fürstenhause")). Vgl. auch: L.Vo., Nr. 17, 24.4.1903, S. 1-2 ("Vermählung im Fürstenhaus"); ferner das Schreiben der fürstlichen Hofkanzlei an Landesverweser Karl von In der Maur vom 8.1.1903 (LI LA SF 01/1903/02 (Aktenzeichen der Hofkanzlei: No. 225)).
[4] Vgl. dazu im einzelnen: AT ÖStA, HHStA, Ministerium des Äussern, Administrative Registratur F2, Karton 53 (LI LA SgK 042). Dagegen wurde die Exterritorialität des Prinzen Alfred Alois vor dem Hintergrund eines Schadenersatzprozesses vor dem Bezirksgericht in Deutsch-Landsberg vom österreichischen Justizministerium und vom österreichisch-ungarischen Aussenministerium im Februar 1907 verneint (AT ÖStA, HHStA, Ministerium des Äussern, Administrative Registratur F 2, Karton 53, Liechtenstein (Aktenzeichen des Justizministeriums: 1353/7) bzw. LI LA SgK 012).  
[5] Fürst Johann II. dankte Graf Goluchowski mit Schreiben vom 5.1.1903 für dessen Bemühungen in dieser Angelegenheit (ebd.).