Handschriftliches Schreiben der fürstlichen Hofkanzlei, gez. Hermann von Hampe und Karl Kraus, an Landesverweser Karl von In der Maur [1]
8.1.1903, Wien
Euer Hochwolgeboren!
Aus Anlass der bevorstehenden Verehelichung [2] Seiner Durchlaucht des Herrn Prinzen Aloys [Alois] Maria Adolf von und zu Liechtenstein, k. u. k. Rittmeisters in dem k. u. k. Uhlanen-Regimente No. 12, mit Ihrer Kaiserlichen Hoheit der durchlauchtigsten Erzherzogin Elisabeth Amalie Eugenia Maria Theresia Caroline Luise Josefa [3] werden Euer Hochwohlgeboren in Kenntnis gesetzt, dass Seine Durchlaucht der regierende Fürst [Johann II.] im Sinn der Hausstatuten [4] der hochfürstlichen Familie Höchstseine Einwilligung zur Abschliessung diese Ehe zu ertheilen geruht haben, wornach daher ein weiterer sonst nach dem Gesetze vom 16. September 1875, L.G. Bl. No. 4, von der fürstlichen Regierung zu ertheilender Consens [5] entfällt. [6]
Euer Hochwolgeboren werden ersucht, den Empfang dieser Mittheilung hieher bestätigen zu wollen. [7]
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[1] LI LA SF 01/1903/02 (Aktenzeichen der fürstlichen Hofkanzlei: No. 225). Die Ortsvorstehung der Gemeinde Vaduz wurde von dieser Eröffnung der Hofkanzlei mit Schreiben des Landesverwesers Karl von In der Maur vom 27.1.1903 in Kenntnis gesetzt (ebd. revers; LI GAV A 01/088). Vgl. schon das Schreiben der fürstlichen Hofkanzlei an den Landesverweser in dieser Angelegenheit vom 1.12.1902 unter LI LA SF 01/1902/31.
[2] Die Eheschliessung fand am 20.4.1903 in der Hofburgpfarrkirche in Wien statt (vgl. L.Vo., Nr. 17, 24.4.1903, S. 1-2 („Vermählung im Fürstenhaus“)). Vgl. auch das Gratulationstelegramm der liechtensteinischen Geistlichkeit sowie des Landesausschusses an Prinz Alfred Alois, den Vater des Bräutigams, vom 20.4.1903 (LI LA SF 01/1903/27).
[3] Vgl. die Gratulationsadresse des Landtags an Fürst Johann II. vom 17.11.1902 anlässlich der Verlobung von Prinz Alois mit Erzherzogin Elisabeth Amalie (LI LA LTA 1902/L06).
[4] Vgl. Art. 2 des Gesetzes vom 14.3.1895 betreffend die hausgesetzlichen Bestimmungen über die Eheschliessung der Fürsten und Prinzen des Fürstlichen Hauses, LGBl. 1895 Nr. 1, welches jedoch mit Gesetz vom 10.12.1902, LGBl. 1902, ausser Kraft gesetzt wurde (vgl. das öffentliche Landtagsprotokoll vom 17.11.1902 (LI LA LTA 1902/S04/2)).
[5] Vgl. das Gesetz vom 16.9.1875 betreffend Vorenthaltung des politischen Ehekonsens[es], LGBl. 1875 Nr. 4. Wie aus Art. 1 Abs. 2 dieses Gesetzes hervorgeht, war die Regierung für die Erteilung des Ehekonsenses an Landesangehörige im Einvernehmen mit den Ortsvorständen der betreffenden Gemeinden zuständig. Vgl. in diesem Zusammenhang die Einbürgerung des Prinzen Alfred Alois, seiner Gemahlin Henriette sowie der Kinder Prinz Franz, Prinz Alois, Prinzessin Franziska und Prinzessin Maria Therese im Fürstentum Liechtenstein bzw. in der Gemeinde Vaduz durch Höchste Entschliessung vom 18.11.1902, wobei ihnen die Ablegung des Staatsbürgereides erlassen wurde (vgl. das Schreiben des Landesverwesers Karl von In der Maur an die betreffenden Personen sowie an die Ortsvorstehung von Vaduz vom 5.12.1902 (LI LA SF 01/1902/029; LI GAV A 01/085/1)).
[6] Die Regierung erteilte in der Folge zwar keinen politischen Ehekonsens, stellte aber auf Ersuchen der fürstlichen Hofkanzlei vom 7.2.1903 am 9.2. eine Bestätigung aus, dass nach liechtensteinischen Landesgesetzen der betreffenden Eheschliessung irgendein Hindernis nicht im Wege stehe (LI LA SF 01/1903/10). Übrigens wurde auf Wunsch des Wiener Hofburgpfarrers und Titularbischofs Laurenz Mayer, der auf die liechtensteinische Staatsbürgerschaft von Prinz Alois verwiesen hatte, am 15.2.1903 in der Pfarrkirche Vaduz ein Aufgebot – unter Dispensierung von zwei weiteren Aufgeboten – vorgenommen (ebd. sowie LI LA SF 01/1903/13).
[7] Vgl. den undatierten Bestätigungsvermerk des Landesverwesers unter LI LA SF 01/1903/02 revers.