Landesverweser Karl von Liechtenstein antwortet auf den Forderungskatalog des „Liechtensteinischen Arbeiterverbandes“


Handschriftliches Konzeptschreiben von Landesverweser Prinz Karl von Liechtenstein, gez. ders., an den Präsidenten des „Liechtensteinischen Arbeiterverbandes“, Friedrich Kaufmann, in Vaduz [1]

6.4.1920

Erl. [Erlass]

an Friedr. Kaufmann

Vaduz

In vorläufiger Erledigung Ihrer Eingabe vom 25. III. 20 [2] teile ich Ihnen nachstehendes mit:

Die Anträge, die von den einzelnen Ortsgruppen aufgestellt wurden, habe ich zur Kenntnis genommen u. ich sehe mich veranlasst, dazu folgendes zu bemerken:

Zu Punkt I.

Für die Arbeitslosen des Landes dürfte in kürzester Zeit Arbeitsgelegenheit vorhanden sein, da aller Voraussicht nach die Vorarbeiten für das Lawenawerk beginnen dürften.

Punkt II.

Um die Währungsreform durchzuführen sind von Seite der f. [fürstlichen] Regierung u. der betr. Kommission Verhandlungen mit Bankunternehmungen gepflogen worden, die nach meinem Ermessen erhoffen lassen, dass innert 2 Monaten die neue Währung im Lande eingeführt sein dürfte.

Punkt III.

Die Zuteilung von Lebensmittel an Minderbemittelte wäre vorderhand noch Sache der Lokal + Landes-Notstandkommission.

Punkt IV.

Ein Verfassungsentwurf geht ehestens dem Landtag zu. [3]

Punkt 5 u. 7

Kann die f. Regierung nur im Einvernehmen mit dem Landtag durchführen.

Punkt 6

Die diesbezüglichen Verhandlungen sind bereits durch die l. [liechtensteinische] Gesandtschaft in Bern eingeleitet worden.

Punkt 8

findet seine Erledigung mit der in Punkt II. angedeuteten Valutareform. [4]

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[1] LI LA RE 1920/1452. Reingeschrieben am 8.4.1920 von David Strub.
[2] Vgl. den Forderungskatalog des „Liechtensteinischen Arbeiterverbandes“ an die Regierung vom 25.3.1920 unter LI LA RE 1920/1452.
[3] Ursprüngliche, durchgestrichene Fassung: „Die Verfassungsreform wird die f. Regierung ehestens im Einvernehmen mit dem Landtag u. der Verfassungskommission durchführen.“   
[4] Mit Schreiben vom 27.4.1920 wandte sich Kaufmann bzw. der Arbeiterverband erneut an die Regierung - sowie an den Landtag - und forderte die Erlassung eines Wuchergesetzes gegen die hohen Preise für Lebensmittel und Bedarfsartikel (LI LA RE 1920/1969).