Protokoll der Schlussverhandlung des Landgerichts als Kriminalgericht, gez. Landgerichtspräsident Armin Wechner und Schriftführer Rudolf Jehle [1]
15.-25.1.1946
Protokoll,
aufgenommen vom fürstl. liechtensteinischen Land- als Kriminalgericht Vaduz am 15.1.1946 in der Schlussverhandlung gegen Alois Batliner u. Gen. wegen Verbrechens nach dem § 58 St.G. [2] u.a. Del.
Anwesend:
Vorsitzender: Dr. Armin Wechner
Berichterstatter: Dr. Hermann Risch
Kriminalrichter: Wilhelm Bürzle, Adam Oehri, Emil Risch
Schriftführer: Rudolf Jehle
Ausserordentlicher Staatsanwalt: Dr. Karl Eberle, RA in St. Gallen
Die Angeklagten:
- Alois Batliner
- Franz Beck
- Josef Frick
- Josef Wohlwend
- Egon Marxer
- Engelbert Thöny
- Alois Schädler
- Alois Wille
- Alois Kindle
- Hermann Marxer jun.
- Josef Gassner
- Ferdinand Beck
Amtswegiger Verteidiger für die Angeklagten 1.) und 7.): Dr. Viktor Wohlwend, RA in Vaduz
Verteidiger für den Angeklagten 2.): Dr. Erich Seeger, RA in Schaan
Armenvertreter für die Angeklagten 3.) - 6.) und 8.): Dr. Arthur Ender, RA in Feldkirch.
Beginn der Verhandlung 0845 h.
Die Angeklagten beantworten die allgemeinen Fragen wie folgt:
- Alois Batliner wie in O.N. [Ordnungsnummer] 16 [3], besitzt Vermögen (Haus und Grund).
- Franz Beck wie in O.N. 24, zu sorgen für Frau und 3 Kinder im Alter von 9 bis 16 Jahren, als Eisenbahner z.Zt. beurlaubt, besitzt Vermögen (Haus und Grund), nicht vorbestraft.
- Josef Frick wie in O.N. 17, zu sorgen für Frau und 5 von 6 Kindern im Alter von 8 bis 17 Jahren, besitzt Haus und Grund, stark belastet.
- Josef Wohlwend wie in O.N. 124, zu sorgen für die Mutter, die Frau und 3 kleine Kinder des gefallenen Bruders Walter Wohlwend, vermögenslos, nicht vorbestraft, wohnhaft in Nendeln Nr. 51.
- Egon Marxer wie in O.N. 24, Fabriksarbeiter, vermögenslos, für niemand zu sorgen.
- Engelbert Thöny wie in O.N. 17, zu sorgen für Frau und 6 Kinder von 3 bis 23 Jahren, vermögenslos, jetzt wohnhaft Schaan 62.
- Alois Schädler wie in O.N. 44, zu sorgen für Frau und 5 Kinder im Alter von 5 bis 11 Jahren, besitzt Haus und Grund.
- Alois Wille wie in O.N. 21, zu sorgen für Frau und 4 Kinder im Alter von 4 bis 14 Jahren, besitzt ein Haus, belastet, keine Vorstrafen, jetzt wohnhaft Vaduz 340.
- Alois Kindle wie in O.N. 52, geboren in Immenstadt, zu sorgen für Frau und 1 Kind (1½ Jahren), kein Vermögen, vorbestraft wegen einer Schlägerei, wohnhaft in Triesen 211.
- Hermann Marxer wie in O.N. 88, kaufmännischer Angestellter, römisch katholisch, ledig, zu sorgen für die unterstützungsbedürftigen Eltern und ein aussereheliches Kind, vermögenslos, nicht vorbestraft, wohnhaft in Triesen 225.
- Josef Gassner wie in O.N. 266, zu sorgen für die Frau, nicht vorbestraft, kein Vermögen.
- Ferdinand Beck wie in O.N. 38, verheiratet, zu sorgen für die Frau, Mechaniker, wegen Übertretung des Jagdgesetzes vorbestraft, wohnhaft in Triesen 212.
Verlesen wird die Anklageschrift, O.N. 196 und die Nachträge O.N. 205 bis 210.
Der öffentliche Ankläger präzisiert die Anklage samt ihren Nachträgen wie folgt:
Es haben
I. Alois Batliner, Franz Beck, Josef Frick, Josef Wohlwend, Egon Marxer, Engelbert Thöny, Alois Schädler und Alois Wille, in der Zeit vom 22.3 bis 24.3.1939 an verschiedenen Orten Liechtensteins
zu dem Unternehmen des Ing. Theodor Schädler und anderer Mittäter, die in der Absicht, den Anschluss Liechtensteins an das Deutsche Reich herbeizuführen, Verbindung mit reichsdeutschen Wehrformationen unterhielten, Führerbesprechungen abhielten, Versammlungen zur Bereitstellung der Mitglieder und Anhänger der Volksdeutschen Bewegung veranstalteten und schliesslich einen Aufmarsch von Nendeln nach Vaduz organisierten, um dort die Regierung zu überrumpeln,
mit Rat und Tat Hilfe geleistet und daran teilgenommen und zw.
- Alois Batliner
als Bezirksleiter der Volksdeutschen Bewegung, indem er an Führerbesprechungen in Schaanwald und Nendeln teilnahm, zu Versammlungen riet und solche leitete und sich am Aufmarsch der Unterländer führend beteiligte, - Franz Beck
als Landesleiterstellvertreter der V.B. durch Teilnahme an Führerbesprechungen, Teilnahme an einer Autofahrt zur Organisation von Versammlungen in Schaan und Triesen am 24.3. und Teilnahme an der Versammlung in Schaan, - Josef Frick
als Ortsgruppenleiter der V.B. in Schaan durch Teilnahme an Führerbesprechungen, Teilnahme an einer Autofahrt von Schaan nach Triesen und Nendeln zur Organisierung von Versammlungen zwecks Bereitstellung der Anhänger, indem er sein Haus für die Bereitschaft der Parteigänger aus Schaan und Vaduz am 24.3. zur Verfügung stellte und an der Zusammenrottung in Schaan teilnahm, - Josef Wohlwend
durch Teilnahme an einer Besprechung am 24.3. bei Walter Wohlwend und führende Beteiligung am Aufmarsch von Nendeln nach Schaan, - Egon Marxer
als Kurrier des Landesleiters Ing. Schädler an den Ortsgruppenleiter von Triesenberg Alois Schädler, - Engelbert Thöny
als Kurrier des Landesleiters Ing. Schädler an Hubert Hoch in Triesen, - Alois Schädler
als Ortsgruppenleiter von Triesenberg, indem er Mitglieder und Anhänger der V.B. in Triesenberg am 24.3.39 aufbot und zur Verfügung der Landesleitung in Triesen bereitstellte, - Alois Wille
als Begleiter des Landesleiters Ing. Schädler bei der Versammlung am 23.3.39 in Triesen und Kurrier des Landesleiters an den Ortsgruppenleiter Alois Schädler in Triesenberg.
Sie haben dadurch etwas unternommen, was auf eine gewaltsame Änderung der Regierungsform oder auf eine Herbeiführung oder Vergrösserung einer Gefahr für den Staat von aussen oder eine Empörung im Innern angelegt war
und haben sich dadurch strafbar gemacht der Beteiligung an hochverräterischen Unternehmungen auf entferntere Weise nach § 59 Abs. 2 St.G. in Verbindung mit § 58 St.G.
II. Alois Kindle, Hermann Marxer jun., Josef Gassner und Ferdinand Beck am 24.3.39 in Triesen
- sich mit anderen zusammengerottet, um der Obrigkeit mit Gewalt Widerstand zu leisten - wobei Hermann Marxer und Josef Gassner mit einem Gummiknüttel bewaffnet waren - und dabei
- den 16 jährigen Ernst Schurte, über den ihnen vermöge der Gesetze keine Gewalt zustand und den sie weder als einen Verbrecher zu erkennen noch als einen gefährlichen oder schädlichen Menschen mit Grund anzusehen Anlass hatten, beim sogenannten Bächlegatter festgenommen und über eine Stunde im Hause des Albert Kindle festgehalten und dadurch an dem Gebrauche seiner persönlichen Freiheit behindert.
Sie haben dadurch zu 1) das Verbrechen des Aufstandes nach § 68 St.G. - Hermann Marxer und Josef Gassner überdies die Übertretung des Waffengesetzes vom 2.8.1897 unter VO. [Verordnung] vom 27.1.1939 -
zu 2) das Verbrechen der öffentlichen Gewalttätigkeit durch unbefugte Einschränkung der persönlichen Freiheit nach dem § 93 St.G. begangen und seien dafür nach den § 34 und 72 Strafgesetz, Hermann Marxer und Josef Gassner überdies unter Bedacht auf § 35 St.G. zu bestrafen.
Der Verteidiger Dr. Seeger legt schriftlichen Beweisantrag vor. (Siehe Anlage 1 dieses Protokolls.) [4]
Die Beschuldigten geben zur Sache an wie folgt:
I. Alois Batliner
wie in O.N. 16, 30, 59, 168 und weiter:
Ob die V.B. seinerzeit als Verein angemeldet wurde, weiss ich nicht, das hat alles der Landesleiter, damals Rudolf Schädler, gemacht. Erst später, wahrscheinlich schon 1938, wurde H.J. und Bdm. gegründet. Das Hauptziel der V.B. war ein Wirtschaftsanschluss an Deutschland, daneben auch eine kulturelle Angleichung.
Über Vorhalt I/4: [5] Das dürfte ein Entwurf des Ing. Schädler sein. Als Bezirksleiter habe ich auch an den Sitzungen der Landesleitung teilgenommen, es ist möglich, dass über diesen Entwurf auf einer Sitzung der Landesleitung gesprochen wurde, doch kann ich mich daran nicht erinnern. Auch die Schriftstücke I/2 [6] und I/3 habe ich nie gelesen. Sie wurden auch bei einer Sitzung nie vorgelesen.
Die Haupttätigkeit der V.B. bestand in der ersten Zeit hauptsächlich in der Mitgliederwerbung durch Abhaltung von Versammlungen. Die Landesleitung bestand damals aus dem Landesleiter, seinem Stellvertreter, den beiden Bezirksleitern und den Ortsgruppenleitern.
Unmittelbar nach der Gründung wurde in allen Orten des Landes, in denen eine Ortsgruppe bestand, mit Versammlungen der Ortsgruppen begonnen. Im Unterland wurden diese Versammlungen in Privathäusern abgehalten. Die Geladenen wurden nach ihrer Gesinnung ausgesucht, d.h. es wurden nur solche geladen, von denen man annahm, dass sie Interesse haben werden.
Ich glaube, dass gleich am Anfang schon etwas unternommen wurde, um der Regierung die Existenz der V.B., die eine Partei war, zur Kenntnis zu bringen und die Anerkennung ihrer Tätigkeit zu erwirken. Was in der Sache geschehen ist, weiss ich jedoch nicht.
Im Unterland hielten die Ortsgruppen in der ersten Zeit so alle 8 Tage eine Versammlung ab. Im Sommer 38 hat der Landesleiter dann angeordnet, dass jede Tätigkeit eingestellt werden solle. Den Grund dafür kenne ich nicht.
Das Abbrennen von Hackenkreuzfeuern, Beschmieren von Hauswänden mit Hackenkreuzen und Böllerwerfen haben einzelne Mitglieder der Bewegung gemacht. Es waren Einzelunternehmungen, die nicht angeordnet waren. Über das Verteilen von Flugzetteln weiss ich nichts.
Über die Beziehung der V.B. zu Stellen im Deutschen Reich ist mir nichts bekannt.
Zu II/3: Auf Gaflei war wohl einmal eine Zusammenkunft der Führer der V.B., doch war niemand aus dem Deutschen Reich dabei.
Zu II/4: Ich selbst habe keine Beziehungen zum VDA unterhalten, wohl aber August Müssner, der von dort her Bücher bekommen hat, die Müssner verwaltete.
Zu II/1: Ich weiss nichts von einer Tagung in Bregenz und war auch nie bei einer solchen.
Zu I/6: Auch von Beziehungen der Liechtensteiner H.J. zu der in Vorarlberg ist mir nichts bekannt.
Über Vorhalt O.N. 35: Im Jahr 1932 habe ich noch nichts gemacht, [Theodor] Habicht hab ich nie kennengelernt.
Bei der Besprechung am 22.3 in Schaanwald war das Wesentliche, dass Ing. Schädler von einem Zettel sprach, nach welchem wir Unruhen im Lande machen sollten. Woher der Zettel kam, hat er mir nicht gesagt. Es waren angeblich Verhandlungen zwischen Liechtenstein und dem Deutschen Reich im Gange, dass ein Wirtschaftsanschluss zustandekomme. Ich stellte mir das so vor, dass die Unruhen im Lande dazu dienen sollten, dass der Abschluss einer Vereinbarung zum wirtschaftlichen Anschluss an Deutschland eher zustandekomme. Walter Wohlwend war dafür, dass Unruhen gemacht werden sollten, Ing. Schädler war dagegen, ich habe nichts gesagt. Das Ergebnis der Besprechung war, dass wir uns darauf einigten, am Donnerstag Versammlungen abzuhalten zur Besprechung der allgemeinen Lage. Damals war gerade das Memelland an Deutschland angeschlossen worden; auch davon sollte gesprochen werden.
Über Vorhalt O.N. 20: [7] Ich habe nicht auf Ing. Schädler eingeredet. Was in dem Protokoll steht, hat er sich nicht genau überlegt, sondern nur so dahergeredet.
Am Freitag hatte ich auch den Eindruck, dass etwas besonderes los sei, weil in Nendeln schon wieder eine Versammlung abgehalten wurde, bekam jedoch von Walter Wohlwend keine Aufklärung über den Grund. Obwohl ich kein Interesse hatte, weil diese Versammlung ohne mein Wissen und Willen einberufen worden ist, sprach ich doch wieder auf der Versammlung und zwar das gleiche wie am Abend vorher.
Bei der Besprechung bei Walter Wohlwend um 1800 h war ich nicht dabei. Ich habe auch nicht erfahren, was dort vorgegangen ist.
Richtig ist, dass ich aufgefordert wurde, mit zu Dr. [Alois] Vogt zu gehen, um mit ihm zu verhandeln. Wenn ich mich recht erinnere, hat Walter Wohlwend zu mir gesagt, sie hätten vorher schon zu Dr. Vogt gehen wollen, hätten ihn aber nicht getroffen.
Wer die Marschteilnehmer von Nendeln nach Schaan geführt hat, ehe ich dazugekommen bin, weiss ich nicht. Als ich mich anschloss, fragte ich Josef Wohlwend, der mit den Vordersten gegangen ist, was los sei und er sagte mir, Ing. Schädler, Beck und Frick seien verhaftet, man wolle sie befreien. Als ich zu Pfarrer [Anton] Frommelt sagte, es müsse ein Opfer gebracht werden, damit die Sache in Schwung komme, dachte ich mir, die Partei solle in Schwung kommen. Den Befehl zum Rückmarsch von Schaan nach Nendeln habe ich gegeben, nicht Josef Wohlwend.
Ich wusste nichts davon, dass in Feldkirch SA und NSKK [Nationalsozialistisches Kraftfahrkorps] zum Einmarsch bereit standen. Ich weiss auch nichts davon, dass andere Verbindung mit diesen Wehrformationen unterhielten.
Zu II/3: Das sollte das Programm der V.B. zur Zeit der Gründung sein und stammt wahrscheinlich von der Landesleitung.
Über Vorhalt III/2: Ich weiss nicht, wie diese Schriftstücke in mein Haus gekommen sind. Es ist nicht meine Schrift. Ich habe es auch niemand diktiert und weiss auch nicht, von wem das Schreiben stammt. Im Unterland sprach gewöhnlich ich auf den Versammlungen, wer im Oberland sprach, weiss ich nicht, ich war nie dabei.
III/1 kenne ich auch nicht.
Ich weiss nichts davon, dass die H.J. dem Bannführer in Landeck [Albert Haas] unterstand, ich hatte keine Fühlung mit der H.J.
IV/2 ist wohl irgendwo ausgehängt worden, [8]
IV/3 habe ich meines Wissens noch nie gesehen.
Über Frage des Staatsanwaltes:
Am 23.3 vormittags war ich mit Ing. Schädler bei [Ludwig] Seebacher in Feldkirch, den ich bis dahin nur vom Sehen kannte. Ing. Schädler und ich haben angenommen, dass der Zettel, von dem Schädler am Vortag sprach, von Seebacher stammte und wir wollten wissen, was da los ist. Ich erinnere mich an den Inhalt der Besprechung nur mehr soviel, dass Seebacher sagte, es seien Verhandlungen zwischen Liechtenstein und dem Reich wegen eines Wirtschaftsanschlusses im Gange und meiner Erinnerung nach hat Seebacher ziemlich sicher gesagt, wir sollen Unruhen im Lande machen. Ich sagte damals, wenn in Berlin Verhandlungen stattfinden, so sollen die verhandeln, was wollen wir da unnötig dazwischenfunken. Wir wollen unsern politischen Kampf auf legalem Wege führen. Ing. Schädler hat mich unterstützt, Seebacher sagte nichts mehr darauf; die Unterredung hat höchstens 5 Minuten gedauert.
Auf meinem Arbeitsplatz in Nofels hörte ich davon reden, dass um jene Zeit in Feldkirch Appelle stattfanden.
Es ist nicht richtig, dass ich ausweichende Antworten gab, als ich vom Hause Frick zum Bierkeller zurückkam, wo die Marschteilnehmer auf mich warteten. Ich habe ihnen erklärt, dass niemand verhaftet sei, sie waren damit zufrieden und wir sind umgekehrt.
Über Frage des Verteidigers Dr. Wohlwend: Von der Besprechung mit Seebacher habe ich in der Voruntersuchung nichts gesagt, weil ich danach nicht gefragt worden bin. Ich habe auch deshalb nichts erwähnt, weil ich in Deutschland meine Existenz hatte. Nach dieser Besprechung hielt ich die Sache für erledigt.
Von einer Gewaltanwendung hat niemand etwas gesagt. Wir wollten die Leute, die wir verhaftet glaubten, nur befreien.
Über Frage Dr. Ender: Wenn ich mich recht erinnere, wurde bei der Gründung der Landesleiter Rudolf Schädler von allen Ortsgruppenleitern gewählt und er hat die Bezirksleiter und Ortsgruppenleiter bestimmt.
Für die Versammlungen habe ich das Thema der Ansprache von niemanden vorgeschrieben bekommen, sondern selbst gewählt. Ich habe auch am Donnerstag und am Freitag in Nendeln über die gleiche Sache gesprochen, weil ich kein so gewandter Redner war. Die Versammlung im Löwen war die erste öffentliche Versammlung der V.B. Über die Landtagswahl ist auch gesprochen worden, Ing. Schädler wollte sich beteiligen, es sollte eine eigene Liste der V.B. aufgestellt werden.
Von Reibereien zwischen Angehörigen der V.B. und ihren Gegnern ist mir nichts bekannt.
Über Frage Dr. Wohlwend: Ich habe nichts davon gehört, dass nach unserer Besprechung mit Seebacher noch andere Führer der V.B. Fühlung mit Feldkirch unterhalten haben. Falls weitere Verhandlungen stattgefunden haben sollten, so geschah dies ohne mein Wissen.
Die Verhandlung wird um 1200 h unterbrochen und um 1400 h wieder fortgesetzt.
Alois Batliner gibt an, er sei am 23.12.39 aus der Untersuchungshaft entwichen, weil versprochen worden sei, dass er und seine Kameraden auf Weihnachten enthaftet werden. Am 23.12 nachmittags habe er eine Unterredung mit Dr. Vogt gehabt und aus ihr entnommen, dass er nicht enthaftet werde, er habe zu Weihnachten unbedingt zu Hause sein wollen und deshalb sei er geflohen. Er habe dann gedacht, er werde am nächsten Tag über die Grenze gestellt werden und deshalb sei er selbst nach Deutschland gegangen.
II. Franz Beck
wie in O.N. 24, 33, 54, 106, 162 u.w.:
Ich war immer in der liechtensteinischen Politik tätig und gehöre seit 1938 der V.B. an. Etwa Ende 1938 bin ich von Ing. Schädler zum Landesleiterstellverteter bestellt worden, mein Arbeitsfeld ist nicht umrissen worden, ich habe auch keine besondere Tätigkeit entfaltet, bin jedoch als Versammlungsredner aufgetreten. Es wurde dabei hauptsächlich nach Pressemeldungen über die Vorgänge im Deutschen Reich gesprochen und berichtet.
Ich selbst hatte keinerlei Beziehungen zu Persönlichkeiten oder Dienststellen im Deutschen Reich, mir ist auch nicht bekannt, dass andere Führer der V.B. solche Beziehungen unterhalten haben.
Die V.B. wollte als politisches Ziel den Wirtschaftsanschluss an Deutschland. Wie er herbeigeführt werden sollte, darüber war sich niemand klar.
I/2, 3, 4, IV/2, 3, I/5 kenne ich nicht.
Zu I/6: Es ist mir bekannt, dass eine H.J. in Liechtenstein bestanden hat, die glaublich im Herbst 1938 gegründet wurde. Wer der Landesführer war, weiss ich nicht. Ebenso ist mir unbekannt, dass die H.J. dem Bannführer in Landeck unterstand.
Zu II/3: In Gaflei fand im Sommer 1938 eine Zusammenkunft der Führer der V.B. statt. Ich ging mit Alois Batliner dort hin. Aus dem Deutschen Reich war niemand dabei anwesend.
Zu II/1: In Bregenz fand im Juni 38 eine Tagung des VDA statt. Ich war dabei. Ob Batliner dabei war, weiss ich nicht. Ebenso ist mir nicht mehr erinnerlich, wer sonst noch aus Liechtenstein daran teilgenommen hat. Ich habe die Einladung dazu durch Ing. Schädler erhalten. Es war ein Seenachtfest und andern Tags fand eine Autofahrt in den Bregenzerwald statt. Grundsätzliche Besprechungen haben nicht stattgefunden. Ob der VDA sich überhaupt mit liechtensteiner Fragen beschäftigt hat, weiss ich nicht.
III/2: Die Schrift und das Schriftstück ist mir unbekannt.
Über Vorhalt O.N. 21: Das stimmt nicht. [Rudolf] De Pretis muss diese Äusserung mit einer solchen gegenüber Alfons Allgäuer verwechseln. Das Gespräch mit Allgäuer kann auch kurz vor dem 23.3 stattgefunden haben.
Als ich zu Walter Wohlwend kam, waren die Führer bereits am Aufbrechen, ich habe nichts mehr mitbekommen, als dass Versammlungen abgehalten werden sollen und es sei ein Telephon da, dass Schädler zu Dr. Vogt müsse und Frick und ich sollen mitkommen.
Über Vorhalt O.N. 24: ich habe mir dabei gedacht, jetzt sei der Augenblick gekommen, die Regierung unter Druck zu setzen und den Zollanschluss zu bewerkstelligen. Wenn ich sagte, "am Freitag sollte die Entscheidung durchgeführt werden", so meinte ich damit den Zollanschluss. Eine Einverleibung in das Deutsche Reich wäre nach dem System des Nationalsozialismus, der die Vereinigung aller Deutschen in einem Reich anstrebte, eine Selbstverständlichkeit gewesen, aber nicht mein Wunsch.
Als Dr. Vogt uns fragte, ob wir Verbindungen mit Stellen im Deutschen Reich haben, hat jeder einzelne von uns dies verneint. Nicht erinnerlich ist mir, dass wir die Frage des Dr. Vogt, ob wir etwa unser Ziel mit Gewalt erreichen wollten, nur mit Achselzucken beantwortet und nicht verneint haben.
Nach Triesen bin ich mitgefahren, weil Ing. Schädler dorthin musste und Frick und mich mitnahm. Den Zweck der Fahrt kannte ich nicht. Von einem Befehl des Ing. Schädler an Hoch, die Strasse abzusperren, ist mir nichts bekannt. Auch von dem Auftrag, die Rheinbrücke zu besetzen (O.N. 38) ist mir nichts bekannt.
Von Triesen fuhren wir nach Schaan zu Frick. Im Hause waren einige versammelt und aufgeregt, wegen der Bevölkerung, die unruhig war. Warum die Bevölkerung unruhig war, weiss ich nicht. Wahrscheinlich wegen des bevorstehenden Einmarsches.
Gegen 2200 h fuhren wir noch einmal nach Nendeln. Walter Wohlwend sollte über das Ergebnis der Besprechung mit Dr. Vogt unterrichtet werden. Er machte den Vorschlag, neuerdings zu Dr. Vogt zu gehen und Alois Batliner mitzunehmen, weil dieser uns nicht geglaubt hat, dass Dr. Vogt ein Gegner des Zollanschlusses sei.
Über Vorhalt O.N. 24 ("Wir marschieren auf"):
Ich kann mich an diese Äusserung nicht mehr erinnern. Ich weiss auch nicht, wie es dazu gekommen ist, weil es zu schnell gegangen ist. Ob die Leute aus dem Löwen tatsächlich marschieren werden, wusste ich natürlich nicht.
Nach meiner Meinung war der Zweck der Versammlungen und der Vorsprache bei Dr. Vogt, die Regierung zu drücken, den Wirtschaftsanschluss an Deutschland so schnell wie möglich herbeizuführen.
Grenzgänger haben mir in diesen Tagen erzählt, in Feldkirch stünden Formationen marschbereit Richtung Liechtenstein. Glaublich am 23.3 abends, traf ich zufällig den Landtagsabgeordneten Dr. [Otto] Schädler. Ich fragte ihn, ob ihm etwas bekannt sei über Verhandlungen, man höre, dass deutsche Truppen oder Formationen in Feldkirch marschbereit seien. Er sagte darauf, ihm sei nichts bekannt und ein Einmarsch komme auch nicht in Frage, weil Liechtenstein die Garantie Deutschlands besitze. Ich habe die Bereitschaft von Formationen in Feldkirch nicht in Verbindung gebracht mit irgendwelcher Tätigkeit der V.B. in Liechtenstein.
Ob bei der ersten Besprechung bei Walter Wohlwend Batliner dabei war oder nicht, kann ich nicht sicher sagen. Vielleicht habe ich seine Anwesenheit bei der zweiten Besprechung mit der ersten verwechselt.
Mir wurde seit einiger Zeit Misstrauen innerhalb der V.B. entgegengebracht. Den Grund suchte ich darin, dass ich mit verschiedenen Provokationen nicht einverstanden war. Ich wurde auch nicht mehr eingeladen bis zum Abend des 24.3. Auch Walter Wohlwend bestätigte mir, es sei eine Meuterei gegen mich im Gange.
Über Frage des Staatsanwaltes: Den Gustav Matt habe ich gekannt. Nicht bekannt war mir, dass seine Auftraggeber - er meinte wohl in der H.J. - im Reich waren.
Welche Motive Ing. Schädler bewogen haben, mich der Besprechung mit Dr. Vogt zuzuziehen, weiss ich nicht. Das Misstrauen muss zu dieser Zeit wohl wieder behoben gewesen sein. Ebenso weiss ich nicht, warum gerade Frick ausser mir mitgenommen wurde.
Im Hause Frick waren Leute versammelt, die hielten wir für gefährdet und darum beschlossen wir den Marsch.
Über Vorhalt der Äusserung zu Josef Frommelt (... "Dir passiert nichts"): Dies sagte ich, weil ihm gar nichts passieren konnte.
Über Frage des Verteidigers Dr. Seeger: Zu einer richtigen Beschlussfassung, wie das Ziel der V.B. erreicht werden sollte, ist es nie gekommen. Man hat darüber gesprochen und dabei blieb es. Als Mittel wurde gesprochen von Propaganda und Beeinflussung der Leute. Die intensive Versammlungstätigkeit am 23. und 24. ist mir unklar, ich kenne die Hintergründe nicht. Ich war mir klar, dass ein Einmarsch der Deutschen nicht in Frage komme, weil die deutsche Reichsregierung dies nicht gegen den Willen der liechtensteinischen Regierung durchgeführt hätte. Es war in Österreich und anderswo auch so. Den Plan eines Zollanschlusses an Deutschland habe ich nach der Besprechung mit Dr. Vogt nicht aufgegeben.
Über Frage RA Dr. Ender: Es stand mir völlig frei, bei Versammlungen zu reden, was ich wollte. Ich habe gewöhnlich Pressemitteilungen als Unterlagen benützt. Über die Auswahl dieser Unterlagen bestanden keine Weisungen, doch habe ich bevorzugt die deutsche Presse herangezogen.
Der Vorschlag zu einer 2. Besprechung bei Dr. Vogt, Batliner mitzunehmen, stammt von Walter Wohlwend. Warum Batliner nicht glauben wollte, dass Dr. Vogt mit den ihm vorgetragenen Plänen nicht einverstanden war, weiss ich nicht.
Im Unterland ist die Jugend der Volksd. B. öfter marschiert und es kam mitunter zu Ausschreitungen mit Andersgesinnten. Das Ende waren immer Schwierigkeiten mit der Polizei. Mir ist nichts bekannt, dass durch Intervention von Regierungsmitgliedern solche Schlägereien hintangehalten wurden.
Alois Batliner gibt über Vorhalt an: Mir hat überhaupt niemand mitgeteilt, was bei der Unterredung mit Dr. Vogt herausgekommen ist. Es wird so sein, dass Walter Wohlwend das Ergebnis nicht glauben wollte und dass er vorgeschlagen hat, man solle mich mitnehmen.
III. Josef Frick
Wie in O.N. 17, 25, 65, 163 u.w.
Seit Ende Dezember 38 gehöre ich der V.B. an und Ende Januar 39 oder Anfang Febr. 39 hat mich Ing. Schädler gegen meinen Willen über Vorschlag von jungen Leuten, die viel in meinem Hause verkehrten, zum Ortsgruppenleiter in Schaan bestellt. Ich wollte diese Bestellung nicht annehmen, weil ich politisch nicht reif genug sei, er bestand aber im Sinne des Führerprinzips auf seiner Bestellung und ich habe es machen müssen.
Über Programm und Statuten weiss ich nichts. In meiner Gegenwart wurde darüber nie beraten. Mir wurde gesagt, das politische Ziel sei ein Wirtschaftsanschluss mit Deutschland, damit die Arbeitslosigkeit beseitigt werde. Ich war der vollen Überzeugung, dass dies der einzige Weg war, der Arbeitslosigkeit zu steuern. Das Ziel sollte auf legalem Weg durch die Regierung erreicht werden. Zuerst wollte man zeigen, dass wir stark sind, das geschah durch Marschieren, vereinzelt durch Feuer abbrennen, wohl auch durch Beschmieren von Häusern mit Hackenkreuzen. Ich selbst habe nie Fühlung genommen mit Reichsdeutschen Stellen oder Persönlichkeiten. Ing. Schädler hat mich wohl mitunter mit nach Feldkirch genommen, hat in der Marktgasse den Wagen abgestellt, und hat dann irgendwelche Gänge gemacht, während ich auf ihn wartete oder beim Lingg [9] ein Bier trank. Was Schädler in der Zwischenzeit gemacht hat, weiss ich nicht. Den Seebacher kenne ich nicht.
Von der H.J.-Versammlung am Donnerstag, in meinem Hause, weiss ich nichts. In meinem Hause war viel Verkehr junger Leute. Ich erhielt von Ing. Schädler den Auftrag, für Freitag eine Versammlung einzuberufen. Das geschah am Freitag Vormittag. Dass auch anderswo solche Versammlungen stattfinden sollten, war mir nicht bekannt. Bei der Versammlung sollte der Wirtschaftsanschluss an Deutschland besprochen werden.
Wer bei der Besprechung um 1800 h bei Walter Wohlwend dabei war, erinnere ich mich nicht mehr. Dem Ing. Schädler war es unangenehm, wenn ich bei Besprechungen dabei war. Er hat mich vielfach nur zu seinem persönlichen Schutz mitgenommen.
Ich müsste lügen, wenn ich sagen wollte, was bei der Besprechung mit Dr. Vogt geredet wurde. Ich weiss es nicht mehr, auch das nicht, was Dr. Vogt gesagt hat.
Über Vorhalt O.N. 51: Es wird stimmen, dass wir von Dr. Vogt den Zollanschluss verlangten und dass er aus unserer Rede den Eindruck gewinnen konnte, dass wir diesen Anschluss mit grösster Beschleunigung herbeigeführt wissen wollten. Er hat uns gewarnt vor Gewaltanwendung.
Ing. Schädler hat sich nach dieser Besprechung mir gegenüber nicht geäussert, was man jetzt tun wolle. Warum Ing. Schädler anschliessend nach Triesen gefahren ist, weiss ich nicht. Gesprächsweise habe ich gehört, es solle von irgendjemanden der Befehl erteilt worden sein, Brücken zu besetzen, und das hätte der Ing. bei dieser Fahrt abgeblasen.
Mir ist erinnerlich, dass wir an diesem Abend noch einmal zu Walter Wohlwend gefahren sind. Zuerst waren wir im Löwen und dann bei ihm zu Hause. Ich war etwa 2 oder 3 Minuten im hintern Stübchen und habe es dann wieder verlassen. An das Telephon, dass mein Haus in Schaan umstellt ist, erinnere ich mich, jedoch nicht an den Beschluss, aufzumarschieren. (Vorhalt O.N. 24) Ich weiss nur noch, dass wir dann mit dem Wagen nach Schaan gefahren sind. Vor dem Haus war eine aufgeregte Menge und es wurde geschimpft. Nach meinem Wortwechsel mit Pfarrer Frommelt habe ich im Hause darauf gesehen, dass Ordnung blieb und kein Schaden entstehe. Die Leute vor dem Hause wollten auch mein Haus anzünden.
Über Vorhalt O.N. 17: Ich kann mich nicht mehr daran erinnern. Die Äusserung, "Am Freitag sollte der Anschluss erfolgen" habe ich öfters gehört und jedenfalls auch aufgegriffen. Warum ich mich so geäussert habe, weiss ich nicht. Dass Josef Jehle den Auftrag bekommen hat, eine Versammlung für den Freitag Abend in mein Haus einzuberufen, ist richtig, das war aber schon am Vormittag, nicht am Abend.
Über Vorhalt O.N. 20: Ich habe nichts davon gewusst. Ing. Schädler hat mich häufig zu seinem persönlichen Schutz mitgenommen.
Die Äusserung in O.N. 23 stimmt. Es waren viele Leute vor dem Haus, die meine persönlichen Feinde waren, denen wollte ich einen Deckel geben.
Über Vorhalt O.N. 25 (Befehl Brücke und Strasse zu besetzen): Ich kann diese Äusserung nicht mehr erklären. Ich weiss auch nicht, warum dieser Befehl gegeben wurde.
Die Angaben des Otto Frick in O.N. 38 werden stimmen, doch erinnere ich mich nicht mehr.
Zu O.N. 50: [10] Ich habe meine Rede sofort verbessert, dass ich den Wirtschaftsanschluss gemeint habe. Es ist begreiflich, dass in meinem Hause der Eindruck entstand, dass die Leute dort auf Hilfe warteten, weil ja von Schaan nach Nendeln um Hilfe telephoniert worden ist.
Zu O.N. 54: Das Misstrauen gegen Beck war nichts besonderes. Wenn einer nicht zu einer Versammlung kam, genügte das schon um ihm zu misstrauen.
Zu O.N. 86: Ich kann nicht verstehen, wie Thöny zu dieser Aussage kommt. Er war damals betrunken.
Über Frage des Staatsanwaltes: Ich war 20 Jahre im Ausland tätig und habe mich nie politisch betätigt. Dass ich heute nicht mehr weiss, als ich angegeben habe, kann ich nicht ändern.
Über Frage des Verteidigers: Ich bin in Zürich geboren, kam 1900 nach Schaan, 1904 sind die Eltern nach Stuttgart-Cannstadt gezogen. Bis 1922 lebten wir in Stuttgart, dann wieder in Schaan. Ich habe mich nie politisch betätigt, weder in Deutschland noch in Liechtenstein. Ich habe nur Tag und Nacht gearbeitet, um meine Familie zu erhalten. Ohne mein Verschulden hatte ich ständig finanzielle Schwierigkeiten, und erwartete von einem Wirtschaftsanschluss an Deutschland Besserung der Verhältnisse. 1920 habe ich geheiratet. Meine Frau stammt aus Stuttgart. In Schaan hatte ich auch Differenzen wegen eines Gewerbebetriebes, wegen Erlangung einer Konzession und litt schwer unter der Konkurrenz anderer Firmen. Zur Zeit meiner Verhaftung hatte ich ein Darmleiden, das auch jetzt noch nicht ausgeheilt ist. Dieses Leiden war damals etwa 1 Jahr alt, doch bin ich immer meiner Arbeit nachgegangen. Ich habe meinen Kopf so voll mit geschäftlichen Dingen, dass ich andere Sachen einfach nicht behalten kann.
Ich habe bei meinem Hause angekohltes Holz gefunden und zwar in der Nähe der Benzinfässer hinter dem Hause. Das Holz war grün und hat nur nicht gebrannt. Davon wissen meine Frau und die Kinder und David Röckle, Schlossermeister in Schaan.
Zu O.N. 25 (Vorsprache bei Dr. Vogt): Ich glaube es dürfte so gewesen sein.
Batliner war ein sehr guter Bekannter von Dr. Vogt und ich glaube, dass dies der Grund war, weshalb man Batliner zu einer 2. Besprechung mitnehmen wollte. Ich glaube, Ing. Schädler ist auf diese Idee gekommen.
Über Vorhalt, dass Batliner angeblich deshalb mitgenommen werden sollte, weil er den ersten Bescheid nicht glauben wollte: Ich weiss es nicht.
Die Verhandlung wird um 1700 h unterbrochen und am 16.1. 0930 h fortgesetzt.
Der Verteidiger Dr. Ender legt einen schriftlichen Beweisantrag vor, der als Beilage 2 zu diesem Protokoll genommen wird. [11]
Der Staatsanwalt nimmt Einsicht in die Beilage 1 und 2 und spricht sich gegen die Vernehmung der Zeugen Röckle, Frau Frick und Dr. [Ernst] Längle aus.
Josef Frick gibt an: Ich habe in Schaan eine Klasse Volksschule besucht und nachher 6 Klassen in Cannstadt, anschliessend neben der Lehre 3 Jahre Gewerbeschule.
Alois Batliner gibt an: ich habe 6 Klassen Volksschule besucht, dann 2½ Jahre Sekundarschule in Eschen und habe dann den Beruf eines Maurers ausgeübt, aber keine Lehre mitgemacht.
Franz Beck: 8 Jahre Volksschule in Schaan, Ausbildung bei der Eisenbahn, bis zum Fahrdienstleiter. (Fahrdienstleiterprüfung im Jahre 38).
IV. Josef Wohlwend
gibt an, wie in O.N. 124, 138, 160 mit folgenden Änderungen und Ergänzungen:
Ich habe 8 Jahre die Volksschule in Nendeln besucht und war 3 Jahre Schreinerlehrling. Seit Sommer 38 bin ich Mitglied der V.B.
Ich dachte mir nichts dabei, als ich erfuhr, dass am Freitag schon wieder eine Versammlung in Nendeln sei, obwohl erst am Donnerstag eine abgehalten worden war. Mir fiel auch nichts auf, dass im Löwen mehr Leute da waren als gewöhnlich. Als ich dorthin kam, war Alois Batliner noch am Reden, war dann aber gleich fertig. So gegen 10 oder ½ 11 h brachte glaublich mein Bruder Walter Bericht in den Saal, bei Frick in Schaan sei eine Schlägerei im Gange. Dann hat es geheissen, dann gehen wir hinauf. Das hat niemand angeordnet, darüber waren sich so ziemlich alle einig. Von einer Marschordnung kann keine Rede sein. Es hat geeilt und wir sind grosse Teile des Weges gesprungen. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich den Führer gemacht habe. Es stimmt nicht, dass ich Befehl zum Halt oder Weitermarsch gegeben habe. Erinnerlich ist mir, dass dann Batliner zu uns gestossen ist. Wo das war, weiss ich nicht. Es ist möglich, dass Batliner mich gefragt hat, warum wir marschieren und dass ich ihm Auskunft gegeben habe. Was ich sagte, weiss ich heute nicht mehr. Beim Bierkeller sind wir von Pfarrer Frommelt aufgehalten worden. Er fragte, was wir wollten. Batliner hat mit ihm gesprochen, dem Sinne nach, dass wir nach Schaan hinein wollen den andern helfen, weil sie bedroht seien. Von der Äusserung Batliners, es müsse heute ein Opfer gebracht werden .... weiss ich nichts. Batliner fuhr dann mit Pfarrer Frommelt weg und kam nach einer 1/4 Stunde wieder, sagte es sei alles in Ordnung, wir können wieder zurückgehen. Ob Batliner oder ich sagte, jetzt gehen wir wieder nach Nendeln, weiss ich nicht. Am Marsch haben etwa 40 bis 45 Mann teilgenommen, Uniformierte habe ich keine gesehen, doch hörte ich, Müssner sei in Uniform gewesen. Motorradfahrer habe ich keine gesehen, doch hörte ich später sagen, dass einer um die Wege war, was er wollte, weiss ich nicht. In Nendeln bin ich gleich nach Hause gegangen. Am 25.3. abends bin ich über die Grenze gegangen. Es wurden nämlich Verschiedene verhaftet und es hat geheissen, dass alle geholt würden, die am Marsch beteiligt waren. Am 18. Juni 1939 bin ich wieder zurückgekommen. In Deutschland habe ich mich zuerst 3 Wochen in Feldkirch aufgehalten und nachher als Holzarbeiter im grossen Walsertal. Ich habe nie etwas davon gehört, dass in Feldkirch SA und NSKK bereitstanden. Ich hatte keine Bekannten in Feldkirch. Mir ist auch nicht bekannt, dass andere Angehörige der V.B. Beziehungen zu Personen oder Dienststellen in Feldkirch unterhielten, auch von einer Besprechung mit Seebacher habe ich nichts gehört. Mit meinem Bruder stand ich gut, aber er hat auch nie etwas davon erzählt. Auf den Versammlungen wurde öfter von einem Zollanschluss an Deutschland gesprochen. Wie er erreicht werden sollte, darüber wurde nichts gesagt.
Über Vorhalt O.N. 42: Die Marschteilnehmer waren etwa 100 m auseinander. Die vordersten haben dann wohl von Zeit zu Zeit gewartet, bis die andern nachgekommen sind und dann ist man wieder weitergegangen.
Über Vorhalt O.N. 135: Es ist möglich, dass ich gesagt habe "Halt", weil ich gerade vorne war. Auf der Seite bin ich nie gegangen. Über Vorhalt O.N. 142, 143, 145, 146: Ich kann mich an nichts erinnern.
Zu O.N. 156: Ich habe nichts davon gehört.
Über Frage, dass er offenbar der Führer gewesen sei: Ich hatte keinen Auftrag.
Über Frage des Staatsanwaltes: Batliner hat wohl deswegen mich um Auskunft gefragt, weil ich gerade vorne gegangen bin. Was geschehen wäre, wenn Batliner den Bescheid gebracht hätte, es sei in Schaan nicht alles in Ordnung, das weiss ich nicht. Richtig ist, dass während des Marsches ein Polizeiauto an uns vorbeigefahren ist. Ob es angehalten hat, weiss ich nicht. Als es vorbeifuhr, ist man stehen geblieben, dass Batliner damals den Befehl zum Weitermarsch gegeben hat, davon weiss ich nichts. Meines Erinnerns ist alles von selbst wieder weitergegangen.
Über Frage des Verteidigers Dr. Ender: Wir hatten damals 2 oder 3 Milchkunden, die bereits zu Hause warteten, deswegen bin ich gerufen worden, sofort melken zu kommen. Gewöhnlich habe nämlich ich gemolken, weil die Mutter nicht besonders gut beisammen war. Sie ist jetzt 71 Jahre alt und hatte schon damals ein schlechtes Gehwerk. Ich hatte damals 5 oder 6 Stück Vieh, heute sind es nur noch 2, weil ich später in Feldkirch gearbeitet habe und nicht mehr soviel betreuen konnte.
Mit Ing. Schädler kam auch Frick um 1800 h herum zum Bruder, als sie kamen, waren wir alle in der vorderen Stube. Die Besprechung fand im hinteren Zimmer statt. Die Türe war zu, ich kann mich nicht erinnern, dass wir etwas heraushörten. Frick war auch im vorderen Zimmer.
Ob Walter Wohlwend mitmarschiert ist, weiss ich nicht. August und Alwin Müssner waren dabei. August Müssner hatte glaube ich die Jugend.
Über Frage des Verteidigers: "Konnten Sie ihm gegenüber überhaupt eine Kommandostelle übernehmen?" "Nein". Die Marschteilnehmer gehörten verschiedenen Altersstufen an, etwa von 20 bis 50 Jahren.
Dass ich heute etwas von dem Gespräch zwischen Batliner und Pfarrer Frommelt wusste, kommt daher, dass während der Verhandlung schon öfter die Rede davon war und ich mich wieder daran erinnerte. Ob auch Alban Meier mit Pfarrer Frommelt gesprochen hat, ist mir nicht erinnerlich.
Über Frage Dr. Wohlwend: Als Batliner zu den Marschteilnehmern kam, gab ich ihm die Auskunft, in Schaan sei eine Schlägerei los und wir sollen zu Hilfe kommen.
Alois Batliner: Ich habe irgendwo gehört, dass jemand verhaftet sei. Ob mir das Josef Wohlwend oder sonst jemand gesagt hat, weiss ich nicht. Darum sprach ich mit Pfarrer Frommelt in diesem Sinne.
V. Egon Marxer
Wie in O.N. 24, 31, 58, 161, mit folgenden Änderungen und Ergänzungen:
Ich habe 7 Jahre die Volksschule in Nendeln besucht, 3 Jahre die Sekundarschule in Eschen und 1940 als Wehrmachtsangehöriger durch 1 Jahr die Abendkurse an der Volkshochschule in Krakau. Berufsausbildung habe ich vor 1939 keine erhalten.
Ich war nicht bei der V.B., sondern bei der Jugendgruppe, die noch nicht richtig organisiert war. Es fanden nur kameradschaftliche Zusammenkünfte statt und wir betrieben Sport zusammen. Dass Gustav Matt dem Bannführer in Landeck unterstand, war mir nicht bekannt.
Über Vorhalt I/6: Das Schriftstück kenne ich nicht. Wir hatten noch keine Uniformstücke. Die Gürtelschnalle, die bei mir gefunden wurde, habe ich in Feldkirch gekauft.
Über Vorhalt O.N. 113: Ich war damals für Deutschland begeistert. Wegen dieser Gesinnung bin ich wahrscheinlich aufgefallen. Am Häuserbeschmieren mit Hackenkreuzen, Feuer abbrennen und dergleichen war ich nie beteiligt.
Bei Schädler am Triesenberg - den ich damals zum ersten Mal sah - ist zuerst Matt allein hineingegangen, während ich mein Auto versorgte. Ich war nicht zugegen, als Matt den Auftrag ausrichtete, sondern kam einige Minuten nach ihm zu Schädler.
Den Zettel, dessen Wortlaut in O.N. 15 wiedergegeben ist, kenne ich nicht und habe ihn nie gelesen.
Über Vorhalt O.N. 58: Diese Angaben habe ich vor 7 Jahren gemacht, daran kann ich mich nicht mehr erinnern.
Über Vorhalt O.N. 267: Ich hatte keinen Auftrag so etwas zu sagen und habe auch nichts mehr gesagt.
Über Frage des Staatsanwaltes: Es kann sein, dass ich Hoch beim ersten Besuch getroffen habe, wenn ich das früher so angab. An die mir vorgehaltenen Namen Franz Wohlwend, Erich Meier usw. erinnere ich mich wieder. Was ich 1939 angegeben habe, wird stimmen. Ich kann mich heute nicht mehr erinnern.
Über Frage des Verteidigers Dr. Ender: Bei uns war die Organisation noch nicht so weit, dass man mit 18 Jahren aus der Jugend austrat und Parteimitglied wurde.
Der Verteidiger Dr. Ender beantragt die Beischaffung des Strafaktes gegen Egon Marxer vom Landgericht Vaduz über die am 1.12.38 bei Egon Marxer durchgeführte Hausdurchsuchung und der bei dieser Hausdurchsuchung vorgefundenen Schriftstücke. [12]
VI. Alois Schädler
Wie in O.N. 44, 61, 267 u. weiter:
Ich habe 4 Jahre Volksschule und 5 Jahre Gymnasium in der Mehrerau besucht. Im Jänner 1939 habe ich in Triesenberg eine Ortsgruppe der V.B. gegründet. Ich habe die Versammlung einberufen und bin wohl auch deshalb zum Ortsgruppenleiter gewählt worden. III/1 ist das Protokoll über diese Gründungsversammlung.
Ende Dezember 1938 hatte ich einmal geschäftlich in Schaan zu tun und traf zufällig Ing. Schädler, der aus Triesenberg gebürtig ist. Er lud mich zum Mittagessen ein und wir haben dann politisiert. Ing. Schädler sagte, mit der Zeit müsse man in Liechtenstein nach einer anderen Möglichkeit suchen, um die Wirtschaft wieder zu beleben. Die Arbeitslosigkeit war gross, die Viehpreise schwankend, man müsse also trachten, sich nach Norden zu orientieren und einen Zollanschluss mit Deutschland herbeiführen. Der Zollanschluss solle auf gesetzmässige Weise durch Landtag und Regierung herbeigeführt werden. Ich hatte mich schon früher nach Norden orientiert, weil ich viel gelesen und gehört habe, was in Deutschland in sozialer und wirtschaftlicher Beziehung geleistet wurde.
Im Februar 1939 war ich besonders durch Werbung für die Volksdeutsche B. tätig. Ich hatte den Plan, in Form eines Gesuches an die Regierung heranzutreten, um den Zollanschluss Liechtenstein - Deutschland ins Auge zu fassen. Im Februar 1939 schickte Dr. [Josef] Hoop den Kanzlist [Hans] Gassner und einen Ferdinand Bühler zu mir und liess mir sagen, die Regierung sei ungehalten, weil sie gehört habe, es seien Bestrebungen im Gange, die Wirtschaftsbeziehungen mit der Schweiz zu lösen und solche mit Deutschland zu suchen. Ich wurde ersucht, die Sache nicht mehr weiter zu treiben und habe dann auch nichts mehr unternommen, weil ich andernfalls persönlichen Schaden befürchtete. Ich war in der Folge landwirtschaftlich sehr beschäftigt und bin nie mehr ins Tal hinuntergekommen.
Ich war am 24.3.39 fest davon überzeugt, dass die deutschen Truppen aus eigener Initiative in Liechtenstein einmarschieren werden. Am 25.3. musste ich einsehen, dass nicht auf legalem Wege versucht worden war, den Anschluss herbeizuführen.
Am 2.3.1939 befand sich der Landesfürst [Franz Josef II.] mit seiner Regierung Dr. Hoop, Dr. Vogt und den Kabinettsdirektoren Dr. [Josef] Martin und Dr. Rupert Ritter in Berlin. Im Volke hiess es, dass ein Zollanschluss mit Deutschland beabsichtigt sei und es wurden auch Gerüchte herumgereicht, dass dies den Tatsachen entspreche. Schweizerischerseits wurde es damals mit gemischten Gefühlen kommentiert, dass der schweiz. Gesandte in Berlin [Hans Frölicher] zu diesen Besprechungen nicht zugelassen worden sei.
Am 8.3. erschien ein Artikel im Liechtensteiner Vaterland, der besagte, dass Gerüchte im Lande zirkulieren, die von einem Zollanschluss Liechtensteins mit dem Deutschen Reich handelten. [13] Diese Gerüchte seien falsch. Ich dachte mir - wie es eben der kleine Mann aus dem Volke hat -, es sei doch etwas daran, aber man wolle die Schweiz solange trösten, bis die Sache in Fluss geraten sei. Ob sich der Landtag mit dieser Sache beschäftigt hat, wusste ich nicht.
Am 15.3. marschierten die deutschen Truppen in Prag ein und am 16.3. hörte ich im Radio, dass die Tschechoslovakei aufgehört habe zu existieren und das Protektorat Böhmen-Mähren errichtet worden sei.
Am 14.3. war Dr. [Emil] Hacha in Berlin, um mit der deutschen Reichsregierung die letzten Förmlichkeiten zu erledigen.
Um den 20.3. hiess es, Dr. Vogt weile in Berlin, um dort auch zu verhandeln bezüglich eines Anschlusses.
Am 22.3. marschierten die deutschen Truppen im Memelland ein und am 23.3. verkündete das Radio die Einverleibung des Memelgebietes in das deutsche Reich.
Am 24.3. abends kamen die zwei Unterländer - ich kannte sie nicht und nur an der Sprache als solche - und der grössere der beiden (Gustav Matt) kam etwas früher herein und brachte die Nachricht, ich solle eine Versammlung nach Triesen einberufen, heute Abend um 11 h würden die deutschen Truppen in Liechtenstein einmarschieren. Das war ca. ½ 8 h oder 8 h abends. Aus den dargelegten Gründen glaubte ich an den Einmarsch der deutschen Truppen an diesem Abend. Matt mag seinen Auftrag beendet haben, als auch der andere hereinkam. Ich habe früher das nicht so klar ausgedrückt, weil ich mich nicht mehr genau erinnerte, aber heute - nach der Darstellung des Egon Marxer -, ist mir das wieder ganz klar geworden. Es stimmt so, wie er sagt.
Ich sagte Rudolf Schädler, er solle auch einige Leute verständigen, er wusste schon wen, weil es immer so gemacht wurde, und habe auch selbst einige verständigt. Ca. 12 bis 15 Mann von Triesenberg gingen dann unter meiner Führung in das Haus Hoch. Einer oder 2 gingen hinein, die Frau Hoch sagte, die Versammlung werde im Haus des Albert Kindle im Felde draussen abgehalten. Dort war man bisher noch nie, aber ich habe nichts besonderes daran gefunden, dass man dorthin ging. Als wir hin kamen, war schon eine Stube voll Leute da, denen wir uns zugesellten. Die Leute waren beisammen und unterhielten sich, es wurden auch Karten gespielt, keiner hat eine Rede gehalten. Wir dachten, dass gegen 11 h die Deutschen kommen würden, wie es angesagt war. Als 11 h herum war, wurden die Leute ungeduldig und sprachen schon vom Heimgehen. Gegen Mitternacht ist einmal Hubert Hoch ins Haus gekommen. Von Hoch wusste ich, dass er Gebietsführer des Oberlandes war. Er hat sich mit den Triesnern unterhalten und ich hörte ihn nur sagen, er müsse unbedingt noch Dr. Vogt haben. Er war nur ganz kurze Zeit anwesend und ich habe nichts mit ihm gesprochen. Wohin er ging, weiss ich nicht. Gegen 2 h gingen wir nach Hause, weil man sah, dass nichts los sei. Als in der Folge einzelne in Haft gesetzt wurden, wurde es klar, dass in der vergangenen Zeit irgendetwas nicht in Ordnung gegangen ist.
Über Frage des Staatsanwaltes: Die deutschen Truppen sind in der Regel nachts einmarschiert. Wenn die deutschen Truppen in Liechtenstein einmarschieren hätten wollen, so wäre dagegen nichts zu machen gewesen. Der legale Weg eines Anschlusses wäre das freilich nicht gewesen. Nach Triesen bin ich gegangen, weil ich irrtümlich glaubte, dass die Deutschen einmarschieren würden, und ich neugierig war. Dass wir gerade nach Triesen gingen und nicht anderswohin, kommt daher, dass wir dem Befehl nachgingen.
Während ich bei Kindle war, ist kein Befehl gegeben worden, die Strasse abzusperren oder die Rheinbrücke zu besetzen.
Ein Bursche (Ernst Schurte) war auch in der Stube, man hat sich nicht besonders um ihn gekümmert, ich hatte den Eindruck, dass er dort bleiben musste, aber man hat die Sache mehr von der lustigen Seite genommen und ein Triesner sagte, es sei gleich ob er eine 1/4 Stunde früher oder später heim komme. Ich hab mich im übrigen nicht um ihn gekümmert.
Ich war an jenem Abend besonders müde und bin auch im Hause Kindle eingeschlafen.
Über Vorhalt O.N. 44 (Rudolf Schädler über die Äusserung des Hoch im Hause Kindle): Davon habe ich nichts gehört.
Die Verhandlung wird um 12,10 h unterbrochen und um 14,15 h fortgesetzt.
VII. Engelbert Thöny
wie in O.N. 17, 32, 68, 86 u.w.
Ich habe 6 Jahre die Volksschule in Schaanwald besucht und bin erst 1940 der V.B. beigetreten. Ing. Schädler war als Betriebsleiter des Lawenawerkes mein Vorgesetzter. Ausserdienstlich hatte ich keinen Verkehr mit ihm. Im Werk wurde nicht politisiert und Ing. Schädler hat auch niemand für die V.B. geworben. Als ich an diesem Abend zu Ing. Schädler in die Wohnung ging, hatte ich einen Dusel. Ich vorher in der Linde und habe dort einige Glas Bier getrunken. Dem Sinne nach sagte Ing. Schädler, ich solle nach Triesen fahren und Hoch verständigen, er solle Bereitschaft halten, es sei am Abend eine Versammlung. Ich sagte noch zum Ing., er solle das telephonisch machen, worauf er antwortete, er habe keine Zeit, er müsse zu Dr. Vogt, ich solle ihm die Gefälligkeit tun. Ich habe den Auftrag dem Hoch in seiner Küche ausgerichtet, in der noch etwa 2 oder 3 Leute anwesend waren.
Über Vorhalt seiner Angaben O.N. 17: Das habe nicht ich gesagt, sondern einer von denen, die in der Küche waren.
Ich war kaum dort, wurde Hoch hinausgerufen. Ing. Schädler war mit dem Auto dort. Warum er mich zu Hoch geschickt hat und dann gleich hintennachgefahren kam, weiss ich nicht. Ich fuhr dann zurück ins Haus Frick, vor dem sich immer mehr und mehr Leute versammelten, sodass ich annahm, irgendetwas müsse nicht in Ordnung sein. Ich habe mich dann fast immer in der Küche aufgehalten und bin mit den übrigen in Schutzhaft genommen worden.
Über Vorhalt O.N. 17: Nachdem ich meinen Auftrag ausgerichtet hatte, bin ich mit Hoch in die Stube gegangen. Ich kann mich nicht erinnern, bei Hoch gesagt zu haben, dass die deutschen Truppen einmarschieren werden. Hoch hat dann den Leuten in der Stube Befehle erteilt, die Leute sind dann fortgegangen und ich auch. Welche Befehle Hoch erteilt hat, weiss ich nicht.
Es war etwa 21 h, als ich zu Hoch kam.
Vorhalt O.N. 38: Daran kann ich mich nicht erinnern.
Vorhalt O.N. 86: Die Angaben können stimmen, ich weiss das nicht mehr genau.
Vorhalt O.N. 88: Vom Marsch der Unterländer habe ich nichts gehört und nichts gesagt.
Über Frage des Verteidigers Dr. Ender: Wenn ich an dem Abend nicht genug gehabt hätte, wäre ich nicht nach Triesen gefahren. Ich habe bisher nichts gesagt, dass ich an jenem Abend angetrunken war, weil ich mich geschämt habe.
VIII. Alois Wille
Wie O.N. 2, 21, 60, 144 u.w.
Ich habe 6 Jahre Volksschule in Vaduz und 3 Jahre Realschule besucht, dann habe ich 3 Jahre Zimmermannslehre durchgemacht und daneben privat Fernschulstudium zur Ausbildung als Bauführer betrieben. Seit Ende 38 oder anfangs 39 war ich Mitglied der V.B. Zu Ing. Schädler unterhielt ich private Beziehungen. Ich holte mir mitunter seinen Rat, wenn ich in meinem Studium allein nicht weiter kam. Bei solchen Zusammenkünften haben wir wohl auch mitunter politisiert und öfter über die wirtschaftlichen Verhältnisse oder einen Zollanschluss mit Deutschland gesprochen. Unsere Ansicht war, dass der Zollanschluss über Regierung und Landtag herbeigeführt werden könne. Dass solche Schritte im Gange sind, ist nie gesagt worden.
Was am 23. und 24. März gegangen ist, weiss ich nicht mehr. Ich berufe mich auf meine früheren Angaben, die richtig sind, soweit ich mich erinnere.
Verlesen werden aus O.N. 2 die Angaben des Wille, O.N. 21, 60 und 144. Der Angeklagte bestätigt ihre Richtigkeit.
Über Frage des Staatsanwaltes: Ing. Schädler hat mich eingeladen, nach Triesen mitzufahren und ich habe diese Einladung angenommen. Bei Hoch in Triesen habe ich nichts gesprochen.
Ich war bei Ing. Schädler, bin über seinen Auftrag nach Triesenberg gefahren, dann zurück nach Schaan und erst nachher gemeinsam mit ihm nach Triesen. Den Auftrag habe ich bei den untersten Häusern von Triesenberg ausgerichtet, die Leute habe ich nicht gekannt. Als ich die Botenfahrt machte, hatte ich keinerlei Kenntnis von einem Einmarsch.
Über Frage des Verteidigers Dr. Ender:
Unter einem politischen Anschluss habe ich die vollständige Einverleibung in das Deutsche Reich verstanden. Ich stelle mir das so vor, dass damit jede Selbstständigkeit aufgegeben worden wäre. Der Fürst war auch bei der Reichsregierung und die Güter wurden ihm wieder zurückerstattet, folglich ist anzunehmen, dass das Fürstenhaus auch bestehen hätte können trotz eines politischen Anschlusses. Ob der Fürst da noch etwas zu reden gehabt hätte, das weiss ich nicht. Ich wäre nicht für den Anschluss gewesen, wenn das Fürstenhaus dadurch seine Rechte eingebüsst hätte.
Nach der Sparkassengeschichte trat im Lande die Bürgerpartei in den Vordergrund, mein Vater gehörte ihr an und ich war gleicher Gesinnung. Ich war 2 Jahre Aushilfsbriefträger in Vaduz, als ich vorrücken sollte, ist es aus politischen Gründen nicht dazu gekommen, ich sollte die Arbeit meines Vorgängers machen um Fr. 70.-- im Monat, obwohl er Fr. 140.-- dafür bekommen hat. Damit konnte ich mit meiner Frau und einem Kind nicht leben. Ich habe den Posten verlassen müssen. Die Arbeitsverhältnisse als Zimmermann waren auch schlecht, ich lebte damals von Gelegenheitsarbeit. 1936-37 habe ich selbständig Handel mit Baumaterial betrieben und bin auch in der Schweiz gereist. Dort hatte ich grosse Schwierigkeiten, weil ich kein Schweizer war, und so kam es schliesslich, dass ich in einem Wirtschaftsanschluss an Deutschland die einzige Hilfe sah. Ich versuchte durch das Arbeitsamt unterzukommen, fand aber keine Hilfe. 1937 bekam ich mit Hilfe des damaligen Bürgermeisters Ludwig Ospelt die Bauleitung beim Neubau des Schulgebäudes im Ebenholz, habe mir aber dabei durch mein reelles Verhalten Feinde gemacht. Ich versuchte dann, beim Bauamt in Vaduz unterzukommen, um ohne Bezahlung und auf eigene Kosten mich im Baufach auszubilden, um dann in die Fremde gehen zu können. Das ist abgelehnt worden, doch 8 Tage später wurde ein anderer mit einem Gehalt von monatlich Fr. 400.-- angestellt. Das alles trug dazu bei, mich in meiner Überzeugung zu bestärken. Nach meiner Haftentlassung versuchte ich wieder vergebens über das Arbeitsamt eine Arbeit zu bekommen und ging dann ins Reich. Ich habe dann 2 Jahre dort gelebt ohne Devisen und musste Schulden machen, um meine Familie zu erhalten. 1941 kam ich zur Siedlungsgesellschaft in Dornbirn, war zuerst als Zimmermann und dann als Bauleiter tätig und vom Jahre 1944 bis zum Zusammenbruch hatte ich die Aufsicht über sämtliche Siedlungen von Feldkirch bis Lochau, nicht weniger als 2000 Wohnungen. Diese Stellung konnte ich halten trotz Schwierigkeiten mit Parteistellen.
RA Dr. Ender bringt vor, dass er von Hermann Marxer, Josef Gassner und Ferdinand Beck um die Übernahme der Vertretung gebeten worden sei.
Es wird ihm aufgetragen, die Zustimmung der Fürstlichen Regierung zur Übernahme dieser Vertretung dem Gerichte nachzuweisen. Er wird vorbehaltlich dieser Zustimmung vorläufig als Verteidiger der 3 Genannten zur Kenntnis genommen.
IX. Alois Kindle
Wie in O.N. 52, 265 u.w.
Ich habe 8½ Jahre die Volksschule besucht, dann die Lehre als Ofensetzer gemacht, und ging daneben wöchentlich ½ Tag in die Handwerkerschule. Ich übe meinen Beruf nicht selbständig aus.
Vor März 1939 hatte ich nichts mit der V.B. zu tun. Ich bin der Schwager der Hoch, meine Frau ist seine Schwester. Ich bin häufig zu Hoch gekommen ohne politische Absicht. Es sind dort viele Leute aus und eingegangen. Auch am 23.3. war ich dort. Ebenso am 24., doch kann ich mich nicht mehr an die Vorgänge erinnern. Am 24. war ich auch beim Bächlegatter draussen. Ing. Schädler hat mich hinausgeschickt nach meiner Erinnerung. Er ist mir auf der Strasse mit Auto begegnet. Es gebe etwas diese Nacht, sagte er. Auf dem Wege begegnete mir Hermann Marxer, Gassner und Ferdinand Beck. Wo ich die 3 getroffen habe, weiss ich nicht mehr. Beim Bächlegatter sind wir stehen geblieben. Schurte ist freiwillig mitgegangen und ist auch freiwillig bei Kindle geblieben, er hätte gehen können, wann er wollte. Beim Bächlegatter standen wir keine 1/4 Stunde.
Vorhalt O.N. 38 (Josef Arnold Vogt, Otto Frick): Ich kann mich nicht erinnern.
Vorhalt O.N. 52: Was ich seinerzeit angegeben habe, wird stimmen.
Vorhalt O.N. 104: Ich kann mich an nichts mehr erinnern.
Am 24.3. und vorher habe ich im Mühleholz gearbeitet. Ich bin in der Folge nicht geflüchtet, sondern nur arbeitshalber über die Grenze gegangen und immer wieder zurückgekehrt. Einzelheiten weiss ich nicht mehr, da müsste ich zuerst in meinem Notizbuch nachschauen.
Dem Angeklagten wird aufgetragen, das Notizbuch dem Gericht zur Einsicht vorzulegen.
X. Hermann Marxer jun.
Wie in O.N. 38, 88, u.w.
Ich habe 6 Jahre die Volksschule und 3 Jahre Realschule besucht, dann 2 Jahre die Handelsschule in Feldkirch, bis Juli 37. Von da an war ich stellenlos bis zum März 1939, ausgenommen Dez. 38 bis Anfang März 39, wo ich als Hilfsskilehrer in Gaflei beschäftigt war.
Schon in der Handelsschule warben Mitschüler für den Nationalsozialsozialismus. Seit jener Zeit habe ich mich dafür interessiert, doch war ich bei keiner Formation weder in Feldkirch noch in Liechtenstein, ich habe nur gelegentlich Versammlungen der V.B. besucht, und kam auch sonst gelegentlich in das Haus Hoch, weil ich mich für die ältere Tochter interessierte. Mit Hoch selbst oder anderen Führern der V.B. hatte ich keine Verbindung.
Am 23.3. abends war ich bei Hoch. Es war eine Versammlung von etwa 15 Leuten. Ich weiss nicht mehr, wer gesprochen hat und was gesprochen wurde.
Am 24.3. war ich wieder dort. Ich fragte Hoch, warum schon wieder eine Versammlung sei, er hat mir die Frage nicht beantwortet, sondern nur den Auftrag gegeben, wir sollen zu Albert Kindle hinaus und zu mir sagte er noch besonders, ich solle aufpassen, dass ich keine Schläge bekomme und gab mir einen Gummiknüttel. Ich verstand dies so, dass er der Meinung war, Gesinnungsgegner könnten mir etwas antun. Deshalb hab ich den Gummiknüttel mitgenommen. Gassner ist mit mir gegangen. Ob auch er einen Gummiknüttel bekommen hat, weiss ich nicht mehr. Der Auftrag, dass wir zum Bächlegatter gehen sollen, stammte wohl von Hoch. Es ist mir nicht erinnerlich, wo wir mit Alois Kindle zusammengetroffen sind, auch wo Ferdinand Beck dazu kam, weiss ich nicht mehr. Ich weiss auch nicht mehr, dass Schurte seine Schwester suchen sollte und wir ihn mitgenommen haben. In der Stube wollte er einmal weggehen, aber man hat ihn nicht gehen lassen. Ob ich allein ihn vom Bächlegatter zu Kindle begleitet habe, weiss ich nicht mehr.
Vorhalt O.N. 38: An den Befehl des Hoch, die Strasse abzusperren, kann ich mich nicht erinnern. Beim Bächlegatter waren wir höchstens einige Minuten.
Meine Angaben in O.N. 88 werden stimmen. Dass auch gesagt wurde, deutsche Truppen stehen in Feldkirch bereit, daran erinnere ich mich nicht mehr. Auch davon weiss ich nichts mehr, dass wir die Strasse sperren sollten.
XI. Josef Gassner
Wie in O.N. 266, u.w.
Ich habe 5 Jahre Volksschule, 3 Jahre Realschule und 2 Jahre Handelsschule in Lustenau besucht, vom Jahre 35 an hatte ich gelegentlich im Lande Beschäftigung als kaufm. Angestellter bei einem Entgelt von Fr. 20.-- bis 50.-- pro Monat. Im Jahre 38 nahm ich Fühlung mit der V.B. Ich besuchte gelegentlich Versammlungen. Zu Hubert Hoch hatte ich keine näheren Beziehungen. Ing. Schädler kannte ich, weil ich 2 Monate aushilfsweise im Lawenawerk beschäftigt war. Am 23.3. abends war ich bei Hoch. Es wurde nichts besonderes besprochen und nichts davon gesagt, dass am nächsten Tag wieder eine Versammlung sei.
Am 24.3. war ich im Dienst im Lawenawerk und Ing. Schädler bat mich, Hoch auszurichten, dass er wahrscheinlich abends noch nach Triesen komme. Diesen Auftrag hab ich am Nachmittag bekommen und ging deshalb abends wieder zu Hoch. Es waren höchstens 6-7 Mann dort. Hoch sagte uns, wir sollen zum Bächlegatter hinaus und dort warten. Wozu wussten wir nicht. Ich hätte einen Gummiknüttel haben können, habe aber keinen übernommen. Ich ging dann mit Hermann Marxer Richtung Bächlegatter. Alois Kindle habe ich erst beim Bächlegatter gesehen. Ferdinand Beck ist etwa 200 m vorher zu uns gestossen. Ob er zu Fuss war, oder mit Rad gefahren ist, weiss ich nicht. Schurte kam auch auf dem Wege zu uns. Ich weiss, dass er zu Albert Kindle geführt wurde, ich glaube durch Marxer und Kindle, an den Hergang erinnere ich mich nicht mehr. Ich war auch einmal im Haus Kindle, habe mich aber dort nicht lange aufgehalten. Hoch ist auch einmal hingekommen, was er sagte, weiss ich nicht mehr. Ich weiss auch nichts davon, dass Hoch den Auftrag gegeben hat, die Strasse abzusperren.
Über Vorhalt O.N. 17 ([Erich] Smetana): Hoch hat den Befehl zum Bächlegatter zu gehen, erst gegeben, als Thöny schon weg war. Im übrigen sind die Angaben des Smetana richtig, doch sagte Hoch sofort, dass nichts unternommen werden solle. Ich war zunächst etwa ½ Stunde beim Bächlegatter, dann einige Male im Hause Kindle und dann wieder beim Bächlegatter. Hermann Marxer ist gleich mit Schurte weggegangen, ich weiss nicht, ob er wieder zum Bächlegatter gekommen ist. Die Leute beim Bächlegatter haben immer gewechselt.
Vorhalt O.N. 38 (Frick): Von Wache stehen kann keine Rede sein. Wir haben uns nur dort aufgehalten. Schurte ist etwa 400 m vor dem Bächlegatter zu uns gestossen. Wir fragten ihn, ob er mitkommen wolle, dann ging er mit uns hinaus. Es war nicht so, wie Schurte den Vorgang darstellt.
Am 27.3. oder 28.3. habe ich Liechtenstein verlassen, bin zuerst nach Feldkirch und dann nach Lindau gegangen und erst nach Kriegsende zurückgekehrt, doch war ich jedes Jahr auf Urlaub hier. Ich wollte schon lange nach Deutschland gehen, man wollte mich zu Hause nicht fort lassen der Arbeit wegen. Ich hatte keine Ursache, einer etwaigen Verhaftung wegen auszureisen. Ich bin nach Deutschland gegangen, um mich beruflich weiterzubilden. Meine Eltern hatten Angst, es könnte mir etwas passieren, weil das Volk über die Anhänger der V.B. aufgebracht war und deshalb setzten sie meiner Ausreise keine Schwierigkeiten mehr entgegen; das ist der Grund, warum ich gerade zu der Zeit das Land verlassen habe.
XII. Ferdinand Beck
Wie in O.N. 38, 169 u.w.
Ich habe 7 Jahre die Volksschule und 3 Jahre Realschule besucht, 1937 und 38 die Gewerbeschule in Buchs und war nachher Mechanikerlehrling. Das war ich auch im März 39.
Ich hatte weder mit der V.B. noch zu irgendwelchen Führern derselben Beziehungen. Am 24.3. traf ich Marxer und Gassner auf der Strasse, ich hatte das Rad und fuhr gerade zum Bächlegatter. Ich wollte zu Leo Kindle, dem Sohn des Albert Kindle, um Karten zu spielen. Etwa 100 m vor dem Bächlegatter traf ich die beiden. Ernst Schurte war auch schon dabei. Beim Bächlegatter kam Alois Kindle dazu. Ich hörte, wie Kindle oder ein anderer den Schurte fragte, was er da mache, er sagte, er suche die Schwester, darauf sagte Kindle, er solle mit uns zu Albert Kindle kommen. Was Schurte darauf sagte und tat, daran erinnere ich mich nicht mehr. Ich bin dann zu Leo Kindle gegangen. Marxer und Schurte kamen dann glaublich nach. Schurte war in der Stube, ich in der Küche. Etwa um ½ 1 h ging ich nach Hause und schaute vorher noch in die Stube hinein, da war Schurte nicht mehr da.
Vorhalt O.N. 52 und 104: Ich kann mich nicht erinnern.
Die Verhandlung wird um 1700 h unterbrochen und am 17.1.46 8.30 h fortgesetzt.
Dr. Ender legt das Schreiben der Fürstlichen Regierung vor, worin die Bewilligung zur Übernahme der Verteidigung des Hermann Marxer, Josef Gassner und Ferdinand Beck erteilt wird. (Anlage 3). [14]
Alois Kindle gibt an, dass er das Notizbuch über seine Beschäftigung im Ausland nicht mehr gefunden habe, er legt an Stelle dessen den Reisepass vom 24. Juni 1938 vor, dessen Inhalt (Stempel über Aus- und Einreisen) erörtert wird. Der Pass wird vorläufig zum Akt genommen.
Josef Frick gibt über Befragung an: Die angebrannten Hölzer habe ich nicht selbst beim Hause gesehen, meine Frau und Röckle haben mir davon erzählt, aber erst nachdem ich aus der Haft entlassen worden bin.
Beweisverfahren:
Zeuge Anton Frommelt
Geb. 14.3.95 in Schaan, r.k., ledig, früher fürstl. Reg.Rat und Landtagspräsident, jetzt privat in Vaduz Nr. 358, zu den Angeklagten nicht verwandt oder verschwägert, zur Wahrheit ermahnt, über Verzicht unbeeidet:
Der Zeuge gibt an, wie in O.N. 50 u. w. Schon am Nachmittag des 24.3. bekam ich Berichte, die besagten, dass die Angehörigen der V.B. sehr lebhaft seien, Zusammenkünfte und Besprechungen abhielten und am Abend, dass sie sich im Hause Frick versammeln.
Gegen Abend bekam ich Nachricht, dass die Führer der V.B. zu einer Konferenz nach Vaduz gegangen seien. Von welcher Seite die Anregung zu dieser Konferenz ausging, weiss ich nicht. Um mich zu orientieren, rief ich Dr. Vogt an, und erkundigte mich, was vorgehe. Dr. Vogt sagte, es gehe nichts vor, er sei nicht in der Lage Auskunft zu geben. Diese Auskunft hat mich beunruhigt, weil ich wusste, dass irgendetwas im Gange war. Ich wollte mich also persönlich informieren und fuhr zuerst nach Schaan. Etwa um 2100 h oder 2130 kam ich zum Haus des Malermeisters Frick. Dorthin begab ich mich, weil ich wusste, dass dort die Leute bereits versammelt waren. Ich schätze die Menge um das Haus Frick herum auf etwa 100 Leute. Es waren heimattreue Leute, die einerseits dort zusammenkamen, um zu sehen, was vorgehe, und auch zu einer gewissen Sicherung der öffentlichen Interessen. Ich begab mich fast unmittelbar nach meiner Ankunft in das Haus hinein. Ich glaube von den heutigen Angeklagten oder sonstigen Führern der V.B. war niemand anwesend, doch erinnere ich mich an Gustav Matt und zwar deshalb, weil er mir Dachau angedroht hat. Ich redete den Leuten zu, sie sollten nach Hause gehen, von ihrem dummen Ansinnen abstehen und sich ihrer Pflicht als Bürger bewusst sein. Ich verliess dann das Haus und fuhr sofort ins Unterland. Ich wollte nach Schaanwald an die Grenze um zu sehen, ob Vorkehrungen auf Seite Vorarlbergs getroffen wären. Es hiess in den Tagen vorher schon, in Vorarlberg seien Leute zusammengezogen, um unsern Leuten Hilfe zu leisten. Von Parteiformationen war dabei die Rede. Vor Nendeln zwischen dem Steinbruch bei Brünne und Forst begegnete mir der Zug der Unterländer. Ich schätzte die Gruppe auf etwa 60 Mann. Es war eine geordnete Marschkolonne, die in normalem Marschtempo schweigend daher kam. Gegen das Ende dieses Zuges zu hielt ich an und erkundigte mich bei einem - ich glaube es war der Wegmacher Josef Wohlwend - was sie vorhätten. Er fragte mich, wer ich sei, da er mich im Dunkel des Wagens offenbar nicht erkannt hatte. Ich sagte es ihm und er antwortete, das werdet Ihr dann schon noch sehen. Da der Herr Regierungschef landesabwesend war, begab ich mich sofort zum Gasthaus Engel in Nendeln und habe von dort aus durch eine Anordnung an die Post die Telephone für sämtliche Beschuldigten gesperrt. Dann liess ich dem Vorsteher [Ferdinand] Risch von Schaan durch das Postamt Bescheid sagen, dass eine formierte Gruppe Richtung Schaan unterwegs sei, er solle trachten, diese Leute aufzuhalten. Als ich beim Engel in Nendeln war, kam ein Motorradfahrer von der Grenze her, er wurde von den Leuten, die beim Engel eine Sperre gebildet hatten, angehalten und gab an, zu einer Stubat ins Oberland zu fahren. Etwa eine 1/4 Stunde später als ich von der Grenze zurückfuhr, begegnete mir der gleiche Motorradfahrer wieder und mir war klar, dass er den Leuten einen Bescheid zu bringen hatte. An der Kleidung des Mannes ist mir nichts aufgefallen. An der Grenze in Schaanwald war alles ruhig. Es war kein Mensch zu sehen und ein schweizer Zöllner gab mir die Auskunft, dass bisher nichts Auffälliges jenseits der Grenze zu beobachten gewesen sei. Ich kehrte sofort um, um den Zug noch zu erreichen, bevor er nach Schaan kam. Bei der Einmündung der Plankner-Strasse bin ich dem Marschtruppe vorgefahren und hielt erst an bei der Einmündung der Strasse von Eschen. Dies deshalb, weil ich vermutete, es könnte auch von Eschen her noch eine Gruppe unterwegs sein, zudem war dort ein Licht angebracht. Dort habe ich stillgehalten und habe die Leute erwartet, die auch gleich kamen. Der Zug kam in der gleichen Ordnung, wie ich ihn das erste Mal gesehen hatte, auf mich zu. Etwa 50 m voraus fuhr mit Fahrrad die Tochter Müssner. Das habe ich auch schon beobachtet, als mir der Zug zum erstenmal begegnete. Ich hielt sie an, weil ich keinen Zweifel hatte, dass sie zur Marschgruppe gehöre. Sie hat sich dann ohne ein Wort zu verlieren, zu den Leuten hingestellt. Der Zug hielt auf mein Verlangen sofort an. Ich wandte mich an den Angeklagten Batliner, der den Zug führte, und der sich auch als Führer und Verantwortlichen für den Zug und Sprecher für die Sache vorstellte. Ich fragte ihn, was sie vorhätten und wozu sie da seien. Batliner antwortete, sie hätten erfahren, dass die Gruppe in Schaan eingesperrt sei und sie würden diesen Leuten zu Hilfe kommen. Ich versicherte dem Batliner und der Gruppe, dass dem nicht so sei, ich sei persönlich im Hause Frick gewesen und die Leute sitzen dort beisammen. Ich lud Batliner ein, sich selbst davon zu überzeugen unter der Bedingung, dass die Marschkolonne sich verpflichte, in der Zwischenzeit den Platz nicht zu verlassen. Batliner hat dies angeordnet und ist mit mir zum Hause Frick gefahren.
Ich erinnere mich genau, dass dort beim Bierkeller der Ausdruck gefallen ist, es müsse Blut fliessen. Wer diesen Ausdruck gebraucht hat, daran erinnere ich mich nicht mehr genau.
Über Vorhalt O.N. 50: Damals waren die Vorgänge noch frisch in meiner Erinnerung, wenn es dort anders heisst, so ist wohl ein Irrtum möglich, jedoch kein beabsichtigter, und zwar nur ein Irrtum in der Person, nicht in der Äusserung. Die Äusserung selbst ist mir noch lebhaft in Erinnerung. Dass Batliner sagte, es müsse ein Opfer gebracht werden, dass die Sache in Schwung komme, ist mir nicht mehr erinnerlich.
Batliner hat sich dann im Hause Frick von der Richtigkeit meiner Angaben überzeugt und hat sich dann sehr anständigerweise meiner weiteren Einladung sofort gefügt und ist mit mir zurückgefahren zum Bierkeller. Eines hat er getan, und das hätte er unterlassen sollen, er hat aus dem Wagen heraus mit "Heil-Hitler" gegrüsst, was die Leute sehr aufgeregt hat.
Beim Bierkeller standen die Leute noch in der alten Ordnung. Ich wandte mich an sie und sagte, Batliner müsse bestätigen, das es so sei, wie ich gesagt habe und sie sollen sich jetzt ihrem Versprechen gemäss zurückziehen. Batliner hat dies sofort angeordnet, die Gruppe machte rechtsum kehrt und ist abgezogen.
Ich bin von dort zurück zum Hause Frick gefahren und zwar deshalb, weil sich eine grosse Menschenmenge dort versammelt hatte und ich wollte, dass nichts Ungehöriges vorkomme. Ich habe die Leute im Hause Frick wiederholt eingeladen, sie sollen sich nach Hause begeben, damit dieser nächtliche Auflauf ein Ende finde. Ich habe jedoch kein Gehör gefunden. Anfänglich wohl deshalb nicht, weil eine Entwicklung in der Richtung erhofft wurde, dass die Leute glaubten, es würde doch noch jemand aus Vorarlberg Hilfe bringen, damit das Vorhaben durchgeführt werden könnte. Dass der Einzelne über das Einzelne, was gehen sollte, unterrichtet war, schien mir nicht der Fall zu sein. Aus den ganzen Eindrücken des Abends wurde mir jedoch klar, dass das Ganze geordnet war und nach einem Plan gearbeitet wurde. Die Ansammlung im Hause Frick war offenbar eine Bereithaltung.
Frick ist mir an diesem Abend in seinem eigenen Hause soweit ich mich noch erinnere, nicht aufgefallen. Ich habe ihn wohl angesprochen, doch erinnere ich mich nicht mehr daran.
Über Vorhalt O.N. 50: Was ich seinerzeit über ein Gespräch mit Frick angegeben habe, entspricht bestimmt der Wahrheit. Ich hatte keinen Grund irgendetwas anderes anzugeben. Es wird richtig sein, dass sich dieses Gespräch schon bei meinem ersten Besuch im Hause Frick abgespielt hat. Ich erinnere mich nicht mehr, ob Frick von sich aus die Äusserung "Wir wollen den Anschluss" gleich verbessert hat auf "wirtschaftlichen Anschluss", oder ob dies erst über Vorhalt und nach einiger Zeit geschehen ist.
Ing. Schädler und Beck waren meiner Erinnerung nach erst später im Hause Frick, bei meinem ersten Besuch sicher nicht, ob beim 2. mit Batliner, das weiss ich nicht mehr. Es ist wohl möglich, dass ich im Laufe der Nacht auch einmal mit Ing. Schädler oder Beck ein Wort gewechselt habe, weil ich immer wieder versuchte, die Leute dazu zu bringen nach Hause zu gehen, doch sind mir Einzelheiten nicht erinnerlich.
Der Auflauf legte sich dadurch, dass die Leute im Hause gegen Morgen zu in Schutzhaft genommen wurden, weil die Menge vor dem Hause auch nicht zu bewegen war heim zu gehen, solange die Versammlung darin nicht aufgelöst war. Nachher bin auch ich nach Hause gefahren.
Aus den Gesprächen, die ich im Laufe des Abends und der Nacht mit einzelnen Leuten hatte, war nichts zu entnehmen, dass eine Verbindung nach Feldkirch bestand.
Ich muss in Abrede stellen, dass der Gedanke eines Wirtschaftsanschlusses an Deutschland in der breiten Menge der Bevölkerung des Landes um jene Zeit besprochen wurde, oder der Anschluss gewünscht worden wäre, weil jeder Klardenkende sah, dass ein Wirtschaftsanschluss die Aufgabe der Selbständigkeit des Landes bedeutet hätte. Es waren dafür schon Beispiele da. Der kleine Mann hat darin genau so gedacht. Das Volk hat in der Mehrheit klar gesehen, dass es aufs Ganze geht, dass ein Wirtschaftsanschluss einen totalen Anschluss bedeuten würde.
Ich kenne den Angeklagten Josef Wohlwend und kannte ihn im Jahre 39 schon soweit, dass ich weiss, dass er von Nendeln ist, dem Gesicht nach vermutlich ein Sohn des Schreiners [Gebhard] Wohlwend. Er ist mir bei der Marschkolonne nicht aufgefallen. Aufgefallen ist mir nur das vorderste Glied und dann solche Leute, die sich in besonderer Weise sei es durch ihr Gespräch, oder durch Uniform, erkenntlich machten. In der vordersten Reihe war Heinrich Gantner und August Marxer und Batliner hat den Zug geführt, dann ein Müssner, der in Uniform war und sich nach vorn drängte, als ich mit Batliner sprach.
Es ist sicher, dass Batliner den Befehl zum Rückmarsch gab, als ich ihn wieder zum Bierkeller zurückgebracht hatte. Auch dort ist mir Josef Wohlwend nicht aufgefallen.
Beim Bierkeller ist mir auch Georg Frick oder Ferdinand Schädler aufgefallen, der über soziale Misstände im Lande klagte, obwohl er ständig vom Land unterstützt worden ist. Das habe ich ihm auch vor der Gruppe vorgehalten und er wurde aus der Gruppe selbst zum Schweigen gebracht.
Über Vorhalt: Ich erinnere mich nicht mehr, dass ich einem Polizisten Befehl gab, Beck und Ing. Schädler nach Hause zu begleiten, und sie dann wieder holen liess.
Solange ich beim Hause Frick war, ist bestimmt nicht der Versuch gemacht worden, das Haus anzuzünden, weil ich sehr auf alles acht gab. Es ist aber richtig, dass aus der aufgeregten Menge vor dem Hause Rufe laut wurden, man hole sie zum Dach heraus, oder man solle das Haus anzünden. Es ist aber nichts unternommen worden und ich habe mich sehr bemüht, dass es zu keinen Ausschreitungen komme. Als die Leute aus dem Hause abgeführt wurden, hat die Tochter des Malers Frick "Heil Hitler" zur Türe herausgerufen. Diese Provokation hat die Leute neuerdings sehr aufgebracht, sodass ich Mühe hatte, einige vor Tätigkeiten zurückzuhalten.
Ich war in meiner Sicherheit die ganze Nacht hindurch nicht gefährdet, ich habe mich vollkommen sicher gefühlt. Es ist mir auch nichts aufgefallen, dass irgendwelche Feindseligkeiten der Polizei gegenüber vorgekommen sind.
Über Vorhalt O.N. 70: An den [Albert] Hemmerle erinnere ich mich ausdrücklich und zwar deshalb, weil er im Hause Frick wacker am Znüni war, als ich hineinkam. Das hat mich in der ganzen Situation etwas belustigt.
Ich wiederhole, was ich zu Protokoll gegeben habe, habe ich mit Bewusstsein und Überlegung angegeben und ich habe keinen Grund, darin etwas zu ändern, weil ich mir der Verantwortung dessen, was ich sage, damals bewusst war und auch heute bin. Ich will den Leuten nichts zuleide sagen, habe aber auch keinen Grund etwas in Schutz zu nehmen, was nicht verantwortlich ist.
Über Vorhalt aus O.N. 50: Über die Dinge, die in Regierungssitzungen besprochen wurden, bin ich zum Stillschweigen verpflichtet und kann ohne Genehmigung der Regierung darüber nichts aussagen. Sofern es sich um Beschlüsse handelt, müssten sie in den Regierungsprotokollen enthalten sein. Es ist mir nicht erinnerlich, ob darüber Regierungsprotokolle vorhanden sind.
Wie ich erfahren habe, hat die Telephonsperre Aufregung unter den Betroffenen verursacht. Ich müsste indiskret werden gegenüber der Postverwaltung, wenn ich mehr darüber sagen wollte.
Mein Eindruck im Hause Frick war der, dass nicht der Aufmarsch der Unterländer die offenbar erwartete Hilfe war, sondern dass auf andere Hilfe gewartet wurde.
Über Vorhalt der Verantwortung Batliner: Als ich dem Zug zum ersten Mal begegnete, ist einer vorausgegangen, der den Zug genau so führte, wie beim Bierkeller Batliner es tat. Ich möchte nicht als sicher hinstellen, dass Batliner es war, der den Zug von Anfang an führte.
Über Frage des Staatsanwaltes: An uniformierten Marschteilnehmern sind mir aufgefallen: August Müssner, Gustav Matt und Batliner, der glaublich ein Riemenzeug anhatte.
Über Frage Dr. Seeger: Ich sagte schon, dass der Einzelne über die Einzelheiten des Unternehmens nicht klar war, ich bin aber überzeugt, dass auch der Einzelne wusste, dass es um einen Putsch geht und dass er bereit war, da mitzutun.
Über Frage des Vorsitzenden: Es ist sicher richtig, dass es nach Mitternacht bis zur Verhaftung für die Leute im Hause nicht mehr ratsam war, ohne Bedeckung heimzugehen, weil sie tatsächlich die aufgeregte Menge vor dem Hause fürchten konnten.
Über Frage Dr. Seeger: Darüber, dass die Marschteilnehmer nicht verhaftet würden, wenn sie abmarschieren, habe ich überhaupt nicht mit ihnen gesprochen.
Verteidiger Dr. Seeger hält dem Zeugen folgende Äusserungen vor:
Am 15.3.38 im Landtag: "Ich habe die sichere Meinung, wenn morgen 200 Leute heraufkommen würden mit einer Blechmusik, so würden viele die Hände und Füsse in die Höhe strecken" und später "Des einen müssen wir uns bewusst sein, dass der mindeste Anlass genügt und die Leute heben Hände und Füsse in die Höhe wie anderswo". [15]
Der Zeuge: Ich sehe darin keinen Widerspruch mit meinen Angaben. Es ist mir klar, dass selbst Leute, die es abgelehnt haben einen Anschluss durchzuführen, schliesslich und endlich mitmachen würden. Ich kann doch gut eine Sache ablehnen und unter äusserem Druck mitmachen.
Über Frage des Verteidigers Dr. Wohlwend: Ich habe Auftrag gegeben beim alten Friedhof eine Schlauchleitung an den Hydranten anzuschliessen und zwar aus reinen Sicherheitsgründen. Ob solche Vorkehrungen auch beim Hause Frick getroffen wurden, weiss ich nicht. Ich habe dergleichen nicht veranlasst, es ist aber möglich und wahrscheinlich.
Batliner trug glaublich auch ein braunes Hemd, an Riemenzeug erinnere ich mich bestimmt.
Zu den Gerüchten, dass Dr. Vogt in Berlin Verhandlungen wegen eines Zollanschlusses pflege, hat die Regierung meines Wissens nicht Stellung genommen. Wenn etwas regierungsmässig behandelt wurde, musste es in den Protokollen stehen.
Die Schutzhaft ist verfügt worden, weil kein Teil heimgehen wollte. Ich war überzeugt, dass sich die Leute strafbar gemacht hatten und ihre Verhaftung am Platz gewesen wäre, die Durchführung war aber im Augenblick unmöglich. Zudem waren die Leute bekannt und deshalb hat man sich darauf beschränkt, sie zunächst in Schutzhaft zu nehmen.
Über Frage des Verteidigers Dr. Ender: Ich stehe heute nicht mehr im öffentlichen Dienst.
Der Verteidiger Dr. Ender stellt den Antrag, durch Gerichtsbeschluss festzustellen, ob das Amtsgeheimnis des Zeugen unter Bedacht auf § 101 StPO [16] noch zu wahren sei, andernfalls bei der Fürstlichen Regierung Schritte zu unternehmen, dass der Zeuge davon entbunden werde.
Auf die Frage des Verteidigers Dr. Ender, woher der Zeuge wisse, dass die Telephonsperre unter den Betroffenen Aufregung hervorgerufen habe, verweigert der Zeuge die Aussage und beruft sich darauf, dass er eine Indiskretion gegenüber der Postverwaltung begehen müsste, wenn er die Frage beantworten wollte.
Der Verteidiger beantragt Gerichtsbeschluss darüber, ob der Zeuge zur Aussage verhalten werden soll oder nicht.
Über Frage Dr. Ender: Glaublich trugen noch mehr Marschteilnehmer als die angegebenen Uniformstücke. Die Einladung nach Hause zu gehen, ist mit gleicher Mühe und mit gleichem Misserfolg sowohl an die Leute im Haus als vor dem Haus ergangen.
Am 22. und 23. März war den Regierungsstellen von irgendwelchen Vorbereitungen soviel bekannt: Die Bestrebungen im allgemeinen, Äusserungen in der Öffentlichkeit, in den Zeitungen, zufällig zu Gehör gekommene Äusserungen in Versammlungen, das Gehaben der Leute auf der Strasse und anderen gegenüber im Privatleben.
Von der Besprechung Dr. Vogt mit den Führern der V.B. erfuhr ich glaublich zwischen 20,00 und 21,00 h.
Die Nachricht, dass irgendein Unternehmen im Gange war, hat sich durch Grenzgänger dahin verdichtet, dass in Vorarlberg eine Gruppe in Bereitschaft stehe, dass in Rankweil und da und dort Leute zusammengezogen würden und bereits entsprechende Vorübungen gehalten würden, um an diesem Abend bereit zu sein.
Ob die Führer der V.B. noch zu einer zweiten Besprechung nach Vaduz kommen wollten, ist mir nicht bekannt. Es ist mir nicht erinnerlich, dass davon gesprochen wurde.
Über Frage des Verteidigers Dr. Wohlwend: Dr. Vogt habe ich an diesem Abend zum ersten Mal in Schaan gesehen, als ich vom Bierkeller zurückkam, und zwar nicht gleich anfänglich, sondern erst später. Er hat mir keinerlei Mitteilungen gemacht.
Mir ist nichts darüber bekannt, ob in jenen Tagen darüber gesprochen wurde, dass dem Landesfürst seine Güter in Böhmen und Mähren vom Deutschen Reich zurückgegeben worden sind.
Nach Beratung verkündet der Vorsitzende den Beschluss:
- Das Gericht ist der Auffassung, dass der Schutz des Amtsgeheimnisses nach § 95 (2) StPO auch nach Beendigung des Amtsverhältnisses fortdauert und der Zeuge Frommelt über die Kenntnisse, die er als fürstl. Regierungsrat dienstlich erworben hat, bei sonstiger Nichtigkeit der Aussage nicht vernommen werden darf. Das Gericht wird - falls es nach den Ergebnissen der weiteren Beweisaufnahme noch notwendig sein wird - Schritte unternehmen, damit er vom Amtsgeheimnis entbunden wird.
- Die Frage, woher der Zeuge Kenntnis hatte, dass die Telephonsperre unter den Betroffenen Aufregung erzeugt hat, wird gemäss § 179 StPO als unangemessen nicht zugelassen, weil ihre Beantwortung für die Sache unerheblich ist und sie den Zeugen zu einer Indiskretion gegenüber der Postverwaltung zwingen würde.
- Es wird Beweis zugelassen durch den Akt S 71/323 des Landgerichtes Vaduz und durch den Zeugen Dr. [Rudolf] Kopf.
Über die übrigen Beweisanträge wird das Gericht später entscheiden.
Alois Batliner: Es ist nicht richtig, dass ich Uniformstücke getragen habe. Ich hatte Zivilkleider an und zwar den gewöhnlichen Werktagsanzug, den ich zur Arbeit trug, ein braunes, gelb karriertes Hemd, kein Uniformhemd und auch kein Riemenzeug.
Richtig ist, dass ich bei der alten Kirche, wo Pfr. Frommelt anhielt und mit jemand sprach, mit "Heil Hitler" aus dem Auto gegrüsst habe. Dies tat ich deshalb, weil einer zum Wagen her kam und zu mir sagte: "Jetzt kannst du 'Heil Hitler' sagen". Darauf hab ich eben gesagt, "Heil Hitler". Nachher sagte Pfr. Frommelt zu mir: "Das hätten Sie nicht sagen sollen."
Zeuge Frommelt: Es ist möglich, dass Batliner zuerst so angesprochen wurde, wie er behauptet, doch habe ich nicht angehalten bei der alten Kirche, sondern bin nur langsam gefahren, weil Leute auf der Strasse waren. Dass mir Batliner einen uniformierten Eindruck machte, daran muss ich festhalten. Es wäre mir aufgefallen, wenn er als Führer im Werktagsgewand gewesen wäre.
Der Verteidiger Dr. Wohlwend beantragt, die Frau Auguste Batliner, Eschen 48, darüber als Zeugin vernehmen, dass Alois Batliner nie eine Uniform besessen hat, auch keine Uniformstücke, dass er damals im Werktagsgewand von zuhause weggegangen und spät nachts zurückgekehrt ist.
Die Angeklagten Frick und Wille geben an, dass Batliner an jenem Abend keine Uniform getragen habe.
Verlesen wird O.N. 1.
Der Zeuge Pfr. Frommelt, der nach seiner Vernehmung bei den Zuhörern Platz genommen hatte, meldet sich zum Wort und gibt an:
Die Darstellung in der eben verlesenen Anzeige ist nicht richtig. Soweit mir bekannt ist, kam es beim Bierkeller zu keiner Unruhe. Ich war mit Batliner etwa 1/4 Stunde aus und habe dort alles ruhig angetroffen, als ich mit ihm wieder zurückkam. Die Nendler sind dann gleich wieder abmarschiert.
Über Frage des Verteidigers Dr. Ender: Ich war z.T. dabei, als die in O.N. 1 erwähnten Einvernahmen bei der Regierung durchgeführt wurden. Ob darüber Protokolle geführt wurden, weiss ich nicht, wahrscheinlich sind keine vorhanden.
Verlesen werden O.N. 2, 3, 4, 15, 16, 17.
Die Verhandlung wird am 1200 h unterbrochen und um 1400 h wieder fortgesetzt.
Zeuge Rudolf De Pretis
geb. am 29.7.88 in Landeck, Tirol, rk., verheiratet, Bahnhofvorstand in Schaan, mit den Angeklagten nicht verwandt oder verschwägert, zur Wahrheit ermahnt unter Vorbehalt seiner Beeidigung:
Der Zeuge gibt an, wie in O.N. 99 mit folgenden Änderungen und Ergänzungen:
Ich habe die Äusserung, die Franz Beck beim Hinausgehen machte: "Vielleicht sind wir morgen Schwaben" auch selbst gehört, nicht nur meine Frau. Ich habe das deshalb im Jahre 39 nicht so angegeben, weil ich dienstliche Nachteile befürchten musste. Meine Zeugenaussage wäre sicher in Feldkirch angezeigt worden und die Gestapo hätte mich zur Verantwortung gezogen. Meine heutige Darstellung entspricht der Wahrheit.
Über Vorhalt O.N. 106: Alfons Allgeuer war zur selben Zeit zur Einschulung als Weichenwärter bei mir, Beck zur Einschulung als Fahrdienstleiter. Das Gespräch zwischen Beck und Allgeuer ist mir nicht erinnerlich. Allgeuer machte auch auswärts Dienst, in Rankweil, Gisingen, Schaanwald, Tisis, wo er gerade gebraucht wurde. Die Einschüler hatten nur Tagdienst von 8-12 und von 2-6 h. Wo Allgeuer am 22. und 23. März Dienst tat, weiss ich nicht, am 24.3. war er bestimmt in Nendeln.
Es ist richtig, dass unser Dienstgruss "Heil Hitler" war. Meine vorgesetzte Dienststelle war das Betriebsamt Bludenz und die Reichsbahndirektion Augsburg.
Franz Beck: Es war unmittelbar vor Abfahrt des Abendzuges, als ich zu de Pretis kam. Mein Dienst endete nicht um 1800 h, sondern war so eingeteilt, dass ich die Züge von Schaan nach Nendeln und zurück benützen konnte, weil ich in Schaan wohnhaft war. Am Abend machte ich deshalb Dienst bis 1/4 vor 7 h und benützte dann den Abendzug zur Heimfahrt.
Zeuge de Pretis: Das stimmt.
Franz Beck: Ich bleibe bei meiner bisherigen Darstellung.
Zeuge de Pretis: Mit der Dienstleistung des Beck war ich zufrieden. Es ist bei uns nie politisiert worden, das hätte ich nicht geduldet.
Davon, dass ich im Jahre 39 die kritische Äusserung so wiedergab, dass nur meine Frau sie gehört habe, musste ich keine dienstlichen Nachteile befürchten.
Der Verteidiger Dr. Seeger beantragt die Herbeischaffung der Diensteinteilung des 24.3.39 vom Bahnhof Nendeln.
Dem Zeugen de Pretis wird aufgetragen, die Diensteinteilung dem Gerichte vorzulegen.
Franz Beck: Am Bahnhof Nendeln ist seinerzeit tatsächlich politisiert worden, auch von de Pretis.
Zeuge de Pretis: Das stimmt nicht; es mag sein, dass gelegentlich über Zeitungsmitteilungen gesprochen worden ist.
Auf die Beeidigung des Zeugen wird verzichtet.
Zeuge Ernst Kaiser
geb. am 22.9.11 in Schellenberg, rk., verh., Schutzmann in Vaduz, mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert, zur Wahrheit ermahnt, über Verzicht unbeeidet.
Der Zeuge gibt an, wie in O.N. 84 u.w.: Wir hatten am 24. abends Bereitschaft. Sie war so angeordnet, dass wir erreichbar sein mussten. Die Menge vor dem Hause Frick schätze ich auf etwa 100 Personen. Ich habe nichts beobachtet, dass man dem Frick das Haus anzünden wollte, aber es sind solche Drohungen laut geworden. Auch vom in die Luft sprengen war die Rede. Das Auto des Ing. Schädler wurde im Laufe der Nacht von den Leuten in der Nähe des Hauses Frick aufgebockt.
Über Vorhalt O.N. 73: Ein gewisser Lampert wollte auf dem Weg Franz Beck mit einer Latte eines versetzen. Ich habe das verhindert. Gegen mich waren keinerlei Feindseligkeiten gerichtet. Ich war dabei, als die Leute in Schutzhaft genommen wurden, es gab auch da keinerlei Schwierigkeiten. Ob der Revolver, der im Wagen des Ing. Schädler gefunden wurde, geladen war, weiss ich nicht. Ebensowenig weiss ich, ob Munition dabei gefunden worden ist. Gegen Schluss zu waren wir 5 oder 6 Polizisten und Hipo beim Hause Frick anwesend.
Zeuge Josef Frommelt
geb. am 11.3.1884 in Schaan, rk., vh., Schreiner in Schaan 243, zu den Angeklagten nicht verwandt oder verschwägert, zur Wahrheit ermahnt, unter Vorbehalt seiner Beeidigung.
Der Zeuge gibt an wie in O.N. 53 und 62 und weiter:
Ich wohne zwei Häuser neben Frick. Ich war einer der ersten, die sich dort versammelten. Das war so gegen 19,00 oder 19,30 Uhr. Zu dieser Zeit standen beim Hause Frick etwa 20 Fahrräder. Mein Nachbar [Carl] Ospelt hatte mir gegen 18,00 Uhr gesagt, dass der Putsch losgehe. Ich wollte mich von dieser Gesellschaft nicht bei lebendigem Leibe verkaufen lassen, deshalb ging ich schauen, was los ist.
Wir haben im Laufe der Nacht das Auto, in dem Beck gekommen war, aufgehoben und aufgebockt, damit sie nicht mehr wegfahren konnten. Von uns hatte niemand eine Waffe, aber wir haben an einen Hydranten in der Nähe eine Schlauchleitung angeschlossen. Wenn die Leute im Hause Frick den Marsch nach Vaduz beginnen hätten wollen, hätten wir sie über und über gespritzt.
Ich habe Frick gefragt und mein Bruder (Pfarrer Frommelt) hat ihn gefragt, was sie wollen. Frick sagte: Wir wollen nach Vaduz marschieren. Wozu hat niemand gefragt, weil das jeder wusste.
Vorhalt O.N. 62: Was ich im einzelnen mit den Leuten sprach (Hochverrat ...) kann ich nicht mehr sagen. Ich sprach aber in aller Güte mit den Leuten.
Was alles im Auto des Ing. Schädler gefunden wurde, weiss ich nicht mehr, eine oder zwei Revolver, glaublich auch ein Gummiknüttel.
Über Vorhalt O.N. 162: Ich bleibe bei meiner Aussage, ich habe so gut ich konnte, die Wahrheit angegeben. Ich habe auch gar kein Interesse einen andern zu "verlügen".
Franz Beck: Ich habe die Worte, die der Zeuge angibt, nicht gebraucht.
Josef Frick: Die Zeugenaussage wird im Wesentlichen stimmen.
Auf die Beeidigung des Zeugen wird verzichtet.
Zeuge Viktor Sprenger
geb. 1.5.1914 in Triesen, rk., vh., Magazineur, wohnhaft in Triesen 32, zu den Angeklagten nicht verwandt oder verschwägert, zur Wahrheit ermahnt, über Verzicht unbeeidet:
Ich war damals Hipo und wurde nur fallweise zum Dienst herangezogen. Wann ich am 24.3.39 in Dienst gestellt wurde, weiss ich nicht mehr. Ich musste nach Schaan, das Haus Frick beobachten. Gegen 21,00 Uhr bin ich dorthin gekommen. Einzelheiten weiss ich keine mehr. Ich weiss auch nicht, dass ich darüber früher einmal ein Protokoll abgegeben habe. Es ist schon zu lange her. Ich habe aber seinerzeit die Wahrheit angegeben.
Nach Verlesung O.N. 89: Ich erinnere mich nun wieder daran.
Räder habe ich beim Hause Frick keine gesehen.
Zeuge Josef Erne
geb. 28.7.1913 in Triesen, rk., vh., Maurer und Hipo in Triesen 252, mit den Angeklagten nicht verwandt oder verschwägert, zur Wahrheit ermahnt, über Verzicht unbeeidet:
Der Zeuge sagt aus wie in O.N. 109 und weiter: Die Leute beim Bächlegatter standen auf der Strasse herum, nicht in Deckung. Ich blieb etwa 1/4 Stunde dort und solange ich dort war, waren auch die Leute dort, die ich zuerst angetroffen habe. Als ich später das zweitemal zum Bächlegatter kam, war niemand mehr herum.
Über Vorhalt O.N. 17: An Hermann Marxer und Ferdinand Beck kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich weiss nicht, wie ihre Namen in die Anzeige hineinkommen. Wenn es so drinnen steht, dass sie auch dort waren, wird es stimmen, aber ganz sicher möchte ich das nicht behaupten.
Den Ernst Schurte habe ich nicht beim Bächlegatter gesehen.
Den Angeklagten Josef Gassner kenne ich. Er war nach dem 24.3. bestimmt noch ein paar Tage in Triesen.
Ich war in Triesen bekannt als Hipo.
Zeuge Alfons Allgäuer
geb 2.1.1914 in Nendeln, rk., vh., Eisenbahner, wohnhaft in Eschen 211, zu den Angeklagten nicht verwandt oder verschwägert, zur Wahrheit ermahnt, unter Vorbehalt der Beeidigung.
Ich war im März 1939 als Weichensteller-Einschüler am Bahnhof Nendeln beschäftigt. Den Dienst, der von 7 Uhr früh bis 7 Uhr abends dauerte, regelte der Vorstand De Pretis. Die Einschulung geschah an Hand einer Instruktion. Zur selben Zeit war Franz Beck zur Einschulung als Fahrdienstleiter. Normaler Weise verrichtete ich meinen Dienst in Nendeln. Am 23.3. war ich in Nendeln, ob den ganzen Tag, das weiss ich nicht mehr. Auch am 24.3. machte ich bis in den Nachmittag hinein in Nendeln Dienst. Dann kam Telephon und am Abend musste ich in Gisingen Dienst verrichten.
Über Vorhalt O.N. 121: Das wird stimmen, das weiss ich nicht mehr.
Beck hat einmal - den Tag weiss ich nicht mehr - gesagt: "Übermorgen sind wir Deutsche".
Über Vorhalt seiner Aussage in O.N. 121: An dieses Protokoll kann ich mich nicht mehr erinnern. Es stimmt jedenfalls, dass Beck während der Einschulung einmal zu mir sagte, dass wir übermorgen Deutsche seien. So habe ich es auch seinerzeit der liechtensteinischen "Staatspolizei" angegeben, als ich vernommen wurde.
Auf die Beeidigung des Zeugen wird verzichtet.
Zeuge Ernst Schurte
geb. am 19.4.1922 in Triesen, rk., led., Hilfsarbeiter in Triesen 22, zu den Angeklagten nicht verwandt oder verschwägert, zur Wahrheit ermahnt, unter Vorbehalt der Beeidigung.
Der Zeuge gibt an wie in O.N. 104.
Nach Vorhalt O.N. 30: Wie viele es waren, die mich angehalten haben, das kann ich nicht mehr sagen, es können drei oder vier gewesen sein.
Es ist nicht richtig, dass ich vorher schon etwa 400 m mit den Burschen gegangen bin. Ich traf sie erst beim Bächlegatter. Sie haben mir nicht geglaubt, dass ich meine Schwester suche. Wer von den Vieren den Wortführer gemacht hat, weiss ich heute nicht mehr.
Tätlich geworden ist niemand mit mir, aber ich musste mitgehen. Es ist nicht richtig, dass ich freiwillig mitgegangen bin.
Dem Zeugen wird das Protokoll O.N. 104 nach und nach in Teilen, an die er sich nicht mehr erinnert, vorgelesen. Er sagte: Ich habe damals die Wahrheit angegeben. Heute erinnere ich mich an nichts mehr.
Über Vorhalt der Verantwortung des Ferdinand Beck: Ich kann nicht behaupten, er sei dabei gewesen, ich weiss es nicht mehr.
Vorhalt O.N. 98: Ich erinnere mich auch daran nicht mehr, glaube aber eher, dass ich das nicht gesagt habe.
Vorhalt O.N. 171: Es ist mir nichts anderes übrig geblieben als im Hause Kindle zu bleiben, bis ich entlassen wurde.
Auf die Beeidigung des Zeugen wird verzichtet.
Auf die Vernehmung des Zeugen Eduard Matt wird einverständlich verzichtet.
Die Verhandlung wird um 16,30 Uhr unterbrochen.
Fortgesetzt am 18.1.1946 08,30 Uhr.
Zeuge Dr. Alois Vogt
geb. am 19.7.1906 in Balzers, rk., led., Rechtsanwalt in Vaduz, zu den Angeklagten nicht verwandt oder verschwägert, zur Wahrheit ermahnt, über Verzicht unbeeidet:
Ich war Regierungschefstellvertreter von Mitte 1938 bis 1.9.1945.
Von der V.B. ist im Jahre 1938 kein Programm und sind keine Statuten der Regierung zur Genehmigung vorgelegt worden. Die Regierung hatte jedoch Kenntnis von der Existenz der V.B. und sie toleriert. Die Herbeiführung des Wirtschaftsanschlusses mit Deutschland war ein Programmpunkt der V.B., was der Regierung bekannt war. Mit der Frage, auf welchem Wege die V.B. dieses Ziel erreichen wollte, hat sich meines Wissens die Regierung nie beschäftigt.
Beim sogenannten Fürstenbesuch in Berlin Ende Februar oder Anfang März 1939 war ich mit dabei. In meiner Gegenwart ist auch nicht andeutungsweise von einem politischen oder Wirtschaftsanschluss Liechtensteins an das D.R. die Rede gegangen. Die Erste Besprechung war mit [Adolf] Hitler, eine weitere bei [Joachim von] Ribbentrop, Innenminister [Wilhelm] Frick und eine bei [Hermann] Göring. Ich war nur bei der Besprechung mit Frick und bei einem Diner bei Ribbentrop zugegen. Aus der Erzählung Seiner Durchlaucht und des Herrn Regierungschefs weiss ich bestimmt, dass anlässlich des Besuchs überhaupt nichts von einem Anschluss gesprochen wurde. Eine ausgesprochene Garantie-Erklärung wurde seitens der Deutschen Reichsregierung nicht abgegeben. Es wurde auch von Seiten Liechtensteins nicht darum angesucht. Hingegen wurden, wie es bei solchen Gelegenheiten üblich ist, gegenseitig die üblichen Höflichkeitsformen der gegenseitigen Achtung und Respektierung ausgetauscht.
Nach dem Fürstenbesuch und vor dem 25.3.1939 war ich nicht mehr in Berlin. Ich hatte jedoch Mitte März 1939 eine Besprechung mit einem Herrn Dr. Ernst Peter, dem späteren Kulturattache der deutschen Gesandtschaft in Bern. Die Besprechung fand in Bregenz oder Lindau statt. Damals waren - von der belgischen Presse ausgelöst - verschiedene Gerüchte im Umlauf in der Richtung eines Anschlusses oder wenigstens eines besonderen Interesses Deutschlands an Liechtenstein. Ich kannte Dr. Peter von früher und bat ihn deshalb um eine Besprechung. Dr. Peter sollte rein privat sondieren, was Berlin wirklich in der liechtensteinischen Frage denkt, nicht was bei offiziellen Gelegenheiten gesagt wird. Diese Bitte hatte ich entweder brieflich oder bei einem anderen Zusammentreffen oder am wahrscheinlichsten durch einen Mittelsmann an Dr. Peter gerichtet und bei der besagten Besprechung sollte er mir die Antwort bringen. Die Antwort lautete sehr beruhigend. Ich wies auf die Pressestimmen hin, denn es ging damals durch die Presse vieler Länder das Gerücht eines Anschluss und er erklärte mir: "Du kannst versichert sein, Liechtenstein wird seitens Deutschland nichts passieren, Liechtenstein wird von der Deutschen Reichsregierung als Annex der schweizerischen Frage betrachtet". Das war beruhigend vor allem deswegen, weil es keine hochoffizielle Mitteilung war, sondern eine private über die Stimmung bei der Reichsregierung. Solche Äusserungen sind bekanntlich gewichtiger als die offiziellen.
Die Regierung nahm damals Abstand davon, in der liechtensteinischen Presse ein Dementi des Gerüchtes zu veröffentlichen, weil bekanntlich solche Dementis das Gegenteil bewirken.
Vorhalt der Behauptung Alois Schädlers: Es ist möglich, dass die Redaktion des Liechtensteiner Vaterlandes von sich aus ein Dementi in das Blatt gegeben hat. Von der Regierung aus geschah es meiner Erinnerung nach nicht.
Die umlaufenden Gerüchte hatten zum Teil ihre Ursache darin, dass anlässlich der Empfänge in Berlin der schweizerische Gesandte nicht eingeladen war, entgegen sonstiger Gepflogenheit. Das hat Misstrauen in die Welt gesetzt, da angenommen wurde, die Liechtensteinische Regierung habe damals mit der Deutschen Reichsregierung etwas verhandelt, was die Schweiz nicht erfahren sollte. In der Schweiz gab es auch eine Pressefehde wegen der schlechten Behandlung des Schweizer Gesandten in Berlin anlässlich des Fürstenbesuches. Die Liechtensteinische Regierung hat damals gewünscht, dass der schweizerische Gesandte zugezogen werde. Das wurde von Deutschland abgelehnt, angeblich mit Rücksicht auf das Zeremoniell.
Ich glaube kaum, dass die allgemeine Auffassung in Liechtenstein im März 1939 war, dass Verhandlungen wegen eines Anschlusses mit Deutschland im Zuge sind. Dagegen war in der Woche des 24.3.39 diese Stimmung vorhanden, wie ich nachträglich festgestellt habe. Der Grund war der, dass ich erst am Donnerstag Abend von einer Reise nach Nürnberg und Basel zurückkehrte. Die Reise war eine reine Privatsache. Ich habe diese Reise vermutlich am Montag dieser Woche angetreten und kehrte am Spätnachmittag oder Abend des 23.3. zurück. Ich ging zu Dr. Schädler, dem damaligen Landtagsvizepräsidenten, um mich zu erkundigen, was in meiner Abwesenheit gegangen sei. Ich habe mich in solchen Fällen immer an Dr. Schädler gewandt, weil er mir persönlich nahe stand.
Mit dem Regierungschef Dr. Hoop hatte ich vereinbart, dass ich am Mittwoch Abend zurückkomme, weil er noch am gleichen Abend verreisen wollte. Als ich zurückkam - die Rückkehr hatte sich um einen Tag verzögert - war der Regierungschef schon abwesend. Ich wusste, dass er in Lugano sei.
Dr. Schädler sagte mir, es sei ein depressive Stimmung im Lande, man spreche wieder einmal vom Anschluss, von Truppenzusammenziehungen usw. Er sagte mir, dass er glaublich von Franz Beck gefragt worden sei, ob es stimme, dass die Regierung mit Berlin verhandle, Dauersitzungen stattfinden in diesem Zusammenhang. Nähere Einzelheiten sind mir nicht mehr erinnerlich. Dr. Schädler habe zu Beck gesagt: "Ich weiss zufällig, dass Dr. Hoop weg ist und Dr. Vogt heute zurückkommt. Es können also keine Dauersitzungen stattfinden". Dieses Gespräch war meiner Erinnerung nach am 23.3. Ich sagte zu Dr. Schädler, das sei wieder eines der gewohnten Gerüchte, die man nicht ernst nehme und verwies auf die Zusicherungen des Dr. Peter.
Am 23.3. kam mir nicht zur Kenntnis, dass die V.B. eine erhöhte Tätigkeit (Versammlungen, Besprechungen) entfaltete.
Auf den 24.3. war eine normale Regierungssitzung angesetzt auf ½9 Uhr v.m. [vormittags.] Sie fand im Zimmer des Regierungschefs statt. Ich wollte anfangen die Tagesordnung abzuwickeln, kam aber nicht dazu wegen ständiger telephonischer Anrufe. Vorsteher Risch von Schaan erzählte mir von Truppenzusammenziehungen, von einem möglichen deutschen Überfall und von einer starken Bewegung der V.B. im Inland und fragte, was ich davon wisse. Ich sagte: "Nichts". Ich suchte das alles als blosses Gerücht hinzustellen, weil ich davon überzeugt war, dass es ein solches war.
Als sich die Anrufe häuften, teils von Leuten aus dem Inland, von Einheimischen und Fremden, ebenso aus der benachbarten Schweiz, wurde die Sache langsam ungemütlich. Ich entschloss mich, beim politischen Departement in Bern anzufragen, was dort von der Sache gehalten werde. Angefragt wurde Legationsrat Dr. [Peter Anton] Feldscher. Er erklärte mir ziemlich wörtlich: "Nehmen sie die Sache nicht zu leicht, Herr Doktor, wir haben konkrete Unterlagen, dass tatsächlich in Vorarlberg Einmarschvorbereitungen stattfinden". Wir berieten am Telephon, was ich tun sollte und einigten uns dahin, dass ich sofort nach Feldkirch fahren sollte, um zu versuchen, dort Näheres zu erfahren und die Sache abzustoppen. Ich bat ihn noch, er möchte ständig zur Verfügung stehen, damit ich ihn ständig erreichen könne.
Reg.Rat Frommelt und der verstorbene Reg.Rat Arnold Hoop hatten mein Gespräch mitgehört. Ich bat sie, die Tagesordnung in meiner Abwesenheit zu erledigen und verliess die Regierungssitzung.
Ich begab mich sofort mit Auto nach Feldkirch. Da ich von den dortigen Behörden niemand kannte, wandte ich mich unmittelbar an den Landrat Dr. [Ignaz] Tschofen. Das war gegen Mittag. Erst mit einiger Verzögerung gelang es mir, bei Dr. Tschofen vorzukommen. Ich fragte ihn, was in Feldkirch in Bezug auf Liechtenstein los sei, es heisse, dass Truppen zusammen gezogen würden oder SA und verlange von ihm Auskunft über seine Kenntnisse in dieser Angelegenheit. Der Landrat erklärte zunächst, er wisse nichts. Ich verwies ihn auf den Besuch des Fürsten in Berlin, behauptete ihm gegenüber, dass die Reichsregierung damals dem Fürsten persönlich alle denkbaren Zusicherungen gegeben habe über die weitere Selbständigkeit des Landes und die Respektierung der Zollverträge und sagte auch, dass ich vor einigen Tagen einen Herrn des Auswärtigen Amtes gesprochen hätte (Dr. Peter), der mir auch ohne meine Veranlassung konkrete Zusicherungen gebracht hätte, u. zw. im Auftrage der Reichsregierung. Ich sagte ihm: "Ich mache sie auf diese Zusicherungen aufmerksam und auf die Folgen für sie persönlich, wenn die Zusicherungen der Reichsregierung lokal nicht eingehalten werden". Langsam gab er zu, von Gerüchten gehört zu haben, ohne konkrete Angaben darüber zu machen. Nach etwa einer halben Stunde erklärte er mir, er hätte die Vorarlberger Landesregierung bereits von diesen Gerüchten unterrichtet, ein Regierungsrat sei auf dem Wege zu ihm. Ich erklärte zu warten, bis dieser Reg.Rat erscheine. Es kam dann auch tatsächlich ein Herr namens [Alfons] Mäser, den ich bis dahin nicht kannte. Ich trug ihm ungefähr dasselbe vor wie Dr. Tschofen. Er versuchte zunächst, unsere Besorgnisse zu ironisieren, gab dann aber zu, dass tatsächlich an den Gerüchten etwas sei. Wir vereinbarten dann, dass sowohl die Landesregierung in Bregenz als auch das Landratsamt Feldkirch alles aufbieten würde, jede Ingerenz auf Liechtenstein von Feldkirch aus zu verhindern. Ich erklärte, dass ich das Ehrenwort der Herren verlange. Das gaben sie dann auch ab. Ich behielt mir weiter vor, jederzeit nach Feldkirch zu kommen, um mich zu überzeugen, dass ihre Zusicherung gehalten werde und dass ich den ganzen uns zur Verfügung stehenden diplomatischen Apparat in Bereitschaft stellen werde, dass ein Beamter des pol. Departements in Bern von der Sache in Kenntnis gesetzt werde, dass dieser mit der Schweizerischen Gesandtschaft in Berlin in Verbindung stehe und diese ersucht sei, mit dem Auswärtigen Amt Verbindung zu halten. Mit dieser Massnahme drohte ich deshalb, weil ich wusste, dass bei internen Verwaltungsbehörde die Drohung mit dem diplomatischen Weg sehr wirksam ist. Das war im grossen und ganzen der Inhalt der Besprechung in Feldkirch.
Ich begab mich wieder nach Vaduz und nahm den bestimmten Eindruck mit, dass Bereitstellungen in Feldkirch mit der Absicht in Liechtenstein einzumarschieren bereits stattgefunden hatten und dass auf den Abend dieses Tages bestimmt zu erwarten sei, dass grössere Zusammenziehungen von Verbänden stattfinden würden. Ich hatte den Eindruck, dass das Ganze eine Parteiangelegenheit, keine Wehrmachtangelegenheit sei. Ich hatte nach den Gesprächen keinen Grund zu der Annahme, dass Verbindung zu Kreisen in Liechtenstein bestehen würde, wenigstens gab mir die Unterredung keine Handhabe zu einer solchen Vermutung. Ich nahm aber an, dass die Feldkircher Parteikreise nicht handeln würden, ohne vorher mit ihren Gesinnungsfreunden in Liechtenstein - der V.B. - Fühlung zu nehmen.
Meiner Erinnerung nach bin ich dann direkt nach Vaduz gefahren. Rückkehr etwa gegen 17,00 Uhr. Die Herren der Regierung waren noch anwesend, ich orientierte sie kurz über den Inhalt der Unterredung in Feldkirch und bat die Herren, sich jederzeit zur Verfügung zu halten.
Bei meiner Rückkehr wurde mir nichts zur Kenntnis gebracht, was auf Putschabsichten in Liechtenstein für diesen Abend schliessen liess.
Ich orientierte dann telephonisch Herrn Leg.Rat Dr. Feldscher in Bern und bat ihn auf alle Fälle zur Verfügung zu stehen, auch in der Nacht, und bat ihn, die Gesandtschaft in Berlin anzurufen, dass auch dort jederzeit jemand erreichbar sei.
Dann telephonierte ich der Polizei ([Josef] Brunhart), Ing. Theo Schädler sei sofort zu verständigen, er möchte gleich zu mir kommen. Er war mir bekannt als der Leiter der V.B. Ich erwartete ihn allein, ohne das gerade ausdrücklich verlangt zu haben, und war enttäuscht, als er in Begleitung kam. Beck und Frick waren mit ihm.
Die Ankunft Ing. Schädler zog sich hinaus, ich musste wiederholt bei der Polizei anfragen, warum er noch nicht erschienen sei und gab ihr das dritte oder viertemal schliesslich den Auftrag, Ing. Schädler zu berichten, dass ich ihn vorführen lassen werde, wenn er nicht sofort erscheine. Er kam dann gleich darauf in der erwähnten Begleitung.
In der Zwischenzeit hatte Vorsteher Risch von Schaan angerufen, er habe mich vorbeifahren gesehen, was los sei in Feldkirch, ob tatsächlich Truppenzusammenziehungen stattfänden. Ich sagte ihm, die Sache war ernst, es war etwas an den Gerüchten, ich habe jedoch Zusicherungen, dass Liechtenstein nicht behelligt wird von Feldkirch aus. Er möchte die Bevölkerung in diesem Sinne beruhigen.
In der Zwischenzeit rief ich auch noch Dr. Tschofen an. Zunächst dreimal vergebens, bis ich dem Fräulein erklärte, dass ich den diplomatischen Apparat in Bewegung setzen werde, wenn Dr. Tschofen nicht sofort selbst anrufe. Etwa 5 Minuten später erhielt ich einen Anruf Dr. Tschofens. Ich fragte ihn, was er veranlasst habe, um seine Zusicherungen einzuhalten. Er fragte: "Welche Zusicherungen" und ich hatte so den Eindruck, als ob ihm Bedenken gekommen seien, vielleicht Angst vor der Partei. Ich sagte ihm: "Herr Landrat, sie wissen genau, was wir am Nachmittag ausgemacht haben, ihre Haltung beunruhigt mich etwas, ich setze mich gleich persönlich mit der Deutschen Reichsregierung in Verbindung". Er bat dann, das ja nicht zu tun, er gehe sofort auf Weg und ich solle sicher sein, dass die von ihm und Mäser gegebenen Zusicherungen 100%ig eingehalten würden. Ich erklärte ihm, das zur Kenntnis zu nehmen und bei erster Gelegenheit nach Feldkirch zu kommen, um mich von der Richtigkeit zu überzeugen. So etwas im Scherz erklärte ich ihm noch, dass ich anordnen werde, dass das pol. Departement in Bern sich automatisch mit Berlin in Verbindung setze, wenn ich nicht rechtzeitig von Feldkirch zurück sein werde. Das sagte ich für den Fall, dass ich etwa in Feldkirch zurückgehalten werden würde.
Ing. Schädler habe ich zu mir rufen lassen, um Einblick in etwaige Vorbereitungen in Liechtenstein zu erhalten. Ing. Schädler lud ich deshalb ein, weil ich ihn kannte als eine sehr schwache, labile, leicht zugängliche Persönlichkeit. Ich erwartete von ihm, dass ich ihn leicht ausquetschen könnte, wenn er allein käme. Deshalb war ich etwas enttäuscht, als er in Begleitung kam.
Ich fragte Ing. Schädler: "Was wollt ihr"? Er antwortete etwas unsicher: "Nichts". Ich versuchte dann in ihn zu dringen, mir Aufschluss zu geben, er wich immer aus und kam immer wieder auf das Thema zurück, die Regierung müsse den Zollanschluss mit Deutschland herbeiführen. Ich kam immer wieder auf meine erste Frage zurück, nämlich die Vorbereitungen in Liechtenstein und die Verbindung mit Feldkirch. Ich fragte auch, ob sie daran dächten, Gewalt anzuwenden. Das verneinte er. Sonst war seine Haltung sehr reserviert.
Über Vorhalt der widersprechenden Zeugenaussage in O.N. 51 (1. Absatz): Was ich am 17.4.39 zu Protokoll gegeben habe, wird richtig sein. Das war der frische Eindruck. Ich muss natürlich meine heutige Aussage mit dem Vorbehalt abgeben, dass meine Erinnerung nach 7 Jahren nicht mehr so frisch ist. Ich erinnere mich jedoch, dass Ing. Schädler auf diese Frage auch einmal mit Nein geantwortet hat.
Der Gesamteindruck der ganzen Besprechung war der, dass die Leute mich nicht informieren wollten.
Ing. Schädler versuchte immer wieder mich zu bewegen, die Regierung müsse selbst die Sache in die Hand nehmen und den Zollanschluss herbeiführen. Zunächst schnitt ich die Sache immer wieder ab, schliesslich bekam ich das satt und nahm Stellung zu seiner Bitte. Ich sagte ihm, nach meiner persönlichen Auffassung komme ein Zollanschluss mit Deutschland auf die Dauer nicht in Frage, sondern nur ein direkter Anschluss, der die Folge des ersteren wäre. Das aber wollen wir nicht. Jederman weiss, dass sehr bald Krieg kommt und es werde sich in der ganzen Regierung niemand finden, der die Verantwortung dafür übernehme, dass die Liechtensteiner in den Krieg müssen. Er sagte darauf, es gebe keinen Krieg. Auf meine Frage, warum, antwortete er: "Hitler hat das gesagt und er lügt nicht, oder willst Du behaupten, er lüge?" Ich sagte, das wolle ich nicht behaupten, aber über Krieg oder Frieden werde Hitler nicht allein entscheiden. Er werde kommen.
Am Schluss erklärte ich ihnen, ich komme gerade von Feldkirch und habe dort alle Zusicherungen erhalten, dass Feldkirch Liechtenstein in Ruhe lassen werde, dass nicht einmarschiert werde. "Wenn also etwas vorbereitet wäre, dann sollt ihr wissen, dass ihr allein steht". Ich sagte ihnen weiter, jeder Versuch, Gewalt anzuwenden, werde mit Gewalt beantwortet. Ich werde persönlich den Befehl geben, zu schiessen, wenn ich das für notwendig halte. Die Verantwortung nach aussen übernehme ich, die moralische Verantwortung einer solchen Entwicklung müsse er übernehmen.
Ich stand dann auf und verabschiedete mich und begleitete die Herren bis zur Türe. Ing. Schädler kam, während ich noch unter der Türe stand, noch einmal zurück und sagte mit schon fast weinerlicher Stimme: "Ich bitte dich, mache den Zollanschluss". Ich herrschte ihn an: "Das kommt nicht in Frage" und schlug die Türe zu.
Ich behauptete den Herren gegenüber genau im Bilde zu sein, was in Feldkirch und hier heroben gehe, erwähnte aber keine Einzelheiten.
Zur Hauptsache sprach nur Ing. Schädler. Dass sich Frick auch am Gespräch beteiligt hat, daran erinnere ich mich nicht, Beck hat sich glaublich ein- oder zweimal ins Gespräch gemischt, ohne dass ich noch wüsste, was er sagte.
Noch während der Unterredung wurde ich von Reg.Rat Pfarrer Frommelt angerufen. Er sagte mir, er habe gehört, dass einige Herren zu mir gekommen seien, was los sei. Ich sagte, vorläufig könne ich keine Auskunft geben. Dies sagte ich deshalb, weil ich in Gegenwart der drei Herren mich nicht äussern wollte. Er fragte noch, ob er herüber kommen solle. Ich sagte darauf, wenn er es wünsche, notwendig sei es nicht. Es kann sein, dass Pfarrer Frommelt durch diese Auskunft beunruhigt war, weil er nicht wusste, dass die drei Herren noch da waren.
Über Frage: Ich habe den drei Herren nicht den mindesten Anhaltspunkt dafür gegeben, dass sie glauben konnten, eine neuerliche Vorsprache würde eine andere Stellungnahme meinerseits zu ihrem Begehren bringen als die, die sie bei mir zur Kenntnis nehmen mussten. Auch wenn Batliner bei einem zweiten Besuch mitgekommen wäre oder sonst jemand, hätte das keinen Einfluss auf meine Stellungnahme gehabt. Der Zollvertrag hätte nur durch Gesetz zustande kommen können und ich war mir über die Grenzen meiner Zuständigkeit klar.
Es mag 20,00 oder 20,30 Uhr gewesen sein, als die drei von mir gingen. Ich will gleich hier betonen, dass mir ab 5 Uhr abends und für die ganze Nacht jedes Zeitgefühl verloren gegangen ist. Ich kann keinerlei verlässliche Zeitangaben machen.
Ich ging dann zur Polizei und sagte, die Herren seien weg, erreicht hätte ich nichts. Ich trug ihnen auf, die Entwicklung zu beobachten und mich sofort zu benachrichtigen, wenn irgendetwas Auffälliges sich ereigne. Es war glaublich schon am Nachmittag angeordnet worden, dass die Hilfspolizei aufgeboten werde. Die gesamte Polizei bestand damals aus 7 Polizisten und 19 Hipo.
Ich befand mich dann etwa eine halbe Stunde im Gasthaus Adler in Vaduz und begab mich dann wieder nach Feldkirch.
Damals wusste ich noch nichts Bestimmtes, dass in verschiedenen Orten des Landes Versammlungen der V.B. abgehalten werden sollten. Das sollte eben die Polizei beobachten und berichten. Ich trug ihr auch auf, im Falle meiner Abwesenheit Reg.Rat Frommelt zu benachrichtigen.
Im Adler orientierte ich ganz kurz einige Parteifreunde, auch Reg.Rat Arnold Hoop war dort. Von dort fuhr ich dann noch einmal nach Feldkirch (gegen 21,00 Uhr), weil mich das Telephongespräch mit Dr. Tschofen nicht befriedigt hatte.
Ich nahm den gewöhnlichen Weg über Schaan - Nendeln nach Schaanwald. Auf den Strassen und Plätzen habe ich keinerlei auffällige Bewegung von Menschen oder Fahrzeugen festgestellt. In meiner Begleitung befand sich der Lehrer Hubert Schreiber. An der Grenze erkundigte ich mich bei einem Schweizer Zöllner, ob ihm etwas Besonderes jenseits der Grenze aufgefallen sei. An die Antwort erinnere ich mich nicht mehr, sie lautete glaublich dahin, es stünden über der Grenze drüben einige Wagen, von denen sie nicht wüssten, was sie zu bedeuten hätten. Gegenüber dem österreichischen Zollamt standen 3 oder 4 Wagen. Ich fragte auch die öst. Zöllner, was los sei. Als sie aber auf meinen Wagen zukamen, sprangen SA- oder NSKK-Leute - schätzungsweise 10-20 Mann - auf meinen Wagen zu, rissen die Zöllner weg und sagten, sie hätten da nichts zu suchen. Ich wurde nicht behelligt und fuhr dann weiter. Der Vorfall hat mich zunächst etwas beunruhigt, zumal mir die SA-Leute mit ihren Fahrzeugen stadtwärts nachfuhren. Von der Grenze bis in die Stadt Feldkirch hinein habe ich sonst nichts Besonderes beobachtet. Es waren kaum Leute auf der Strasse.
Ich begab mich ins Landratsamt, das bereits verschlossen war. Von dort ging ich den Löwen, weil ich hoffte, dort Dr. Tschofen anzutreffen. Die SA-Leute kamen mir in den Löwen nach, setzten sich mit finsteren Mienen an den Nebentisch, sagten aber nichts zu mir. Im Löwen traf ich auch niemand vom Landratsamt und ging dann noch in ein anderes Gasthaus in derselben Strasse und erfuhr dort, dass der Treffpunkt der SA das Gasthaus zum Hecht sei. Ich ging sofort in den Hecht. Ausser der Kellnerin war niemand dort. Ich suchte sie auszuholen, warum heute alles so ruhig und keine SA-Leute da seien. Sie sagte, sie dürfe es zwar nicht sagen, die SA sei hier versammelt gewesen und hätte in Liechtenstein einmarschieren wollen, plötzlich sei sie abberufen worden in den Saalbau. Man hätte dann gesagt, es sei fertig mit dem Einmarsch. Ich fragte sie noch, ob viele SA-Leute da gewesen seien, worauf sie antwortete, es sei alles voll gewesen. Auf die Frage, ob das nur heute so gewesen sei, sagte sie: "Nein, auch gestern" und glaublich sagte sie auch, vorgestern seien sie schon zum Einmarsch bereit gewesen. Warum sie dann nicht einmarschiert seien, wisse sie nicht.
Vom Hecht ging ich zum Saalbau. Ich hörte Stimmen aus dem Saal, stieg aus und hörte eine Weile zu, kann mich aber nicht mehr erinnern, ob ich etwas gehört habe und was. Ich weiss nur noch, dass ich zu meinem Begleiter im Wagen sagte, jetzt klappe es, wir können heimfahren. Ich nahm an, dass die Behörden in Feldkirch die SA-Leute im Saalbau irgendwie beschäftigten, dass sie keine Dummheiten machen konnten. Ich fand nun keinen Grund mehr, Dr. Tschofen aufzusuchen, weil ich die Überzeugung hatte, dass von Feldkirch aus nichts mehr zu besorgen war.
Ich fuhr zurück nach Liechtenstein. Ich trage noch nach, dass ich schon bei meiner ersten Fahrt von Feldkirch nach Vaduz als auch jetzt bei der zweiten den Walter Wohlwend auf der deutschen Seite der Grenze sah. Ich schloss daraus, dass er Verbindung zwischen Liechtenstein und Feldkirch aufrechtzuerhalten hatte oder dies versuchte. Angesprochen habe ich ihn nicht. Er war in Zivil. Andere Liechtensteiner habe ich bei ihm nicht gesehen.
Vor Schaan traf ich auf die Gruppe aus Nendeln. Die Gruppe stand in geschlossenem Zug, als ich dazu kam. Ich hielt an, stieg aus und wandte mich glaublich an August Marxer. Er stand in der Nähe des Wagens und ich habe den ersten besten angesprochen. Ich fragte, was sie da suchen. Er antwortete, sie wollten ihre Führer retten, sie seien im Hause Frick verhaftet. Jetzt würden sie warten, Batliner sei mit Pfarrer Frommelt zum Hause Frick gefahren, sich zu überzeugen, ob es stimme, dass die Leute nicht verhaftet seien, wie Pfarrer Frommelt behauptet habe. Uniformierte sind mir keine aufgefallen. Es war etwas dunkel.
Über Frage: Den Angeklagten Josef Wohlwend kannte ich schon im Jahre 1939. Er ist mir bei der Marschgruppe nicht aufgefallen. Aufgefallen ist mir lediglich August Müssner, doch kann ich nicht mehr sagen, warum. Es ist möglich, dass er in Uniform war, und mir deshalb auffiel.
Es ist mir nicht erinnerlich, ob ich an diesem Abend einmal den Angeklagten Batliner gesehen habe.
Ich sagte zu den Leuten, sie sollen warten bis Batliner zurückkomme, dann sei es gescheiter, sie gehen nach Hause.
Ein Stück weiter traf ich Vorsteher Risch und eine Menge Leute aus Schaan, die die Strasse versperrten. Ich wurde dort von einigen Leuten mit Worten angepöbelt, warum war mir nicht ersichtlich, stieg aus und verlangte von Vorsteher Risch, er solle dafür sorgen, dass ich weiterfahren könne. Ich fuhr dann weiter zum Hause Frick. Dort traf ich Pfarrer Frommelt, Brunhart und noch einen oder 2 Polizisten. Vor dem Hause Frick war eine grosse Menge sehr aufgebrachter Leute. Das Haus war nicht direkt umstellt, die Menge befand sich mehr auf den Strassen um das Haus herum, es war ein ständiges Hin und Her.
Ich fragte Pfarrer Frommelt, was da los sei. Er erzählte mir, er habe die Marschkolonne von Nendeln aufgehalten, habe Batliner mitgenommen, damit er sich selbst überzeugen konnte, dass den Leuten im Hause Frick nichts passiert sei, es sei gut, dass ich da sei, nun könne ich die Sache übernehmen.
Ich begab mich sofort ins Haus hinein. Dort waren etwa 16/17 Leute anwesend, besonders junge Burschen, auch Ing. Schädler und Frick. An Beck kann ich mich nicht erinnern. Ich fragte Ing. Schädler, was da los sei. Er klagte mir, sie könnten nicht nach Hause, sie würden verprügelt oder gar erschossen, ich solle für Ruhe sorgen. Ich glaube, dass sie tatsächlich verprügelt worden wären, wenn sie nach Hause gegangen wären, da die Leute vor dem Hause sehr aufgeregt waren. Dass die Menge sich auch anschickte, das Haus Frick anzuzünden, davon habe ich nichts beobachtet, auch nicht gehört, dass Rufe in dieser Richtung laut wurden.
Von einem Gespräch des Pfarrer Frommelt mit Frick und dem des Josef Frommelt mit Beck ist mir nichts erinnerlich.
Ich beriet mich dann mit Pfarrer Frommelt und Wachtmeister Brunhart, was zu tun sei. Wir dachten an Schutzhaft.
In der Menge vor dem Hause wurde dann gerufen, die Leute drinnen hätten Revolver. Es wurde eine Hausdurchsuchung verlangt. Ich gab der Polizei den Auftrag, das Haus Frick und die Leute drinnen nach Waffen zu durchsuchen. Das geschah, jedoch ohne Ergebnis.
Ich sah dann, wie Lehrer Schreiber, der mich zuvor nach Feldkirch begleitet hatte, vor dem Hause Frick von einem geschlagen wurde, und brachte ihn mit meinem Wagen heim nach Mauren.
Nachher begab ich mich zu Metzger Ospelt, um endlich einmal etwas zu essen, da ich den ganzen Tag noch nicht dazu gekommen war. Während ich dort war, hörte ich draussen Rufe und es wurde mir dann gesagt, der Regierungschef Dr. Hoop sei angekommen. Es wurde mir bald nachher gemeldet, der Regierungschef lasse einen Omnibus kommen, um die Leute im Hause Frick abzutransportieren. Mit dieser Massnahme hatte ich nichts zu tun. Ich hatte keinen besonderen Grund, den Regierungschef noch in der Nacht zu sprechen. Als ich von seiner Rückkehr hörte, sagte ich mir, dann habe ich nichts mehr da zu suchen, zudem war ich sehr müde und so fuhr ich dann nach Hause.
Über Frage: Ich habe mir die Frage, wie weit die Leute im Hause Frick - strafrechtlich gesehen - mit dem Unternehmen dieses Abends im Zusammenhang standen, an jenem Abend eigentlich nie klar gestellt. Für mich war die Frage zunächst eine politische Frage. Ich habe mir, als die drei Herren in Vaduz bei mir waren, auch überlegt, ob ich sie nicht sofort verhaften lassen soll. Ich dachte mir aber, ich könnte damit vielleicht das Signal geben für Feldkirch, dass die SA einmarschiere und den dortigen Behörden aus den Händen gleite. Ich wollte lieber ein Risiko im Inland auf mich nehmen, als durch eine unnötige oder übereilte Verhaftung irgendein Einschreiten vom Ausland zu provozieren. Mit einer Unternehmung im Inland allein dachte ich fertig zu werden. Ich kannte ungefähr die Stärke der V.B. Man schätzte sie damals auf 200 bis 300 Stimmberechtigte. Damit wäre man fertig geworden. Es war zudem anzunehmen, dass von diesen lange nicht alle mitmachen würden, wenn es ernst würde. Als isolierte Angelegenheit betrachtet, nahm ich die inländische Geschichte nicht tragisch.
Ich wurde den ganzen Abend nie bedroht, lediglich in Schaan angepöbelt, wie schon erwähnt.
Über Frage: Es ist ein viel verbreiteter Irrtum, dass der Landesfürst nach Errichtung des Protektorates Böhmen-Mähren die dort liegenden Güter, die seinerzeit der Tschechoslovakische Staat beschlagnahmt und zu 60 % enteignet hatte, vom Deutschen Reich zurückerhalten hätte. Etwa 40 % der Güter wurden noch von der Tschechoslovakei - so viel ich mich erinnere - zurückgegeben und aus der Beschlagnahme entlassen. Ein Hof ist später vom Fürsten im Tauschwege gegen Streubesitz in Niederösterreich wieder erworben worden.
Ich habe diesen Irrtum sowohl im Inlande als auch in der Schweiz wiederholt gehört.
Über Vorhalt O.N. 51 (zweiter Absatz): Ich erinnere mich, dass Leg.Rat Dr. Feldscher mir das sagte.
Am 26. oder 27.3. fand noch eine Besprechung in Feldkirch statt. Landrat Dr. Tschofen nahm daran teil und ein Dr. [Günther] Stier aus Berlin, der Verbindungsmann zwischen dem Auswärtigen Amt und der Volksdeutschen Mittelstelle in Berlin war. Die Besprechung war nur kurz, ich bedankte mich den Herren gegenüber, dass sich die Vorarlberger Behörden in der Sache korrekt benommen hätten. Dr. Stier lud mich dann zu einer Fahrt nach Stuben ein. Ich versuchte ihn bei dieser Gelegenheit über die Hintergründe und tieferen Zusammenhänge auszuholen. Er kam aber immer davon ab und begann immer von neuem über die Feldkircher Krämerseelen zu schimpfen, die dem Deutschen Reich die Blamage bereitet hätten. Dabei fiel der Name Meusburger. Ich konnte nichts Neues in Erfahrung bringen. Er behauptete lediglich, die Deutsche Reichsregierung habe von der Sache nichts gewusst. Er wurde wiederholt von Feldkirch aus in Stuben angerufen, weigerte sich aber zurückzukommen - wie er mir sagte, weil er die Saubande nicht mehr sehen wolle.
An der Besprechung in Feldkirch nahm ein dritter Mann auf deutscher Seite teil, aber ich weiss nicht mehr, wer es war.
Ich gewann bei dieser Besprechung den Eindruck, dass geschäftliche Interessen der Feldkircher Geschäftsleute bei der ganzen Sache eine Rolle gespielt haben.
Über Frage des Verteidigers Dr. Wohlwend: Der Name Seebacher ist bei den Besprechungen in Feldkirch nicht gefallen. Aus meinem Gespräch mit Dr. Stier in Stuben gewann ich den Eindruck, als ob die Initiative zu der Aktion von Feldkirch ausgegangen sei. Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, ich habe lediglich ganz schwach in Erinnerung, als ob ich mich deshalb geweigert hätte, die Leute im Hause Frick verhaften zu lassen, weil ich annahm, ein Versprechen des Pfarrers Frommelt einhalten zu müssen. Meine Erinnerung ist aber sehr vage.
Am Anfang nahm ich die Gerüchte nicht ernst bis zu meinem ersten Telephongespräch mit Leg.Rat. Dr. Feldscher. Nach der Besprechung mit Dr. Tschofen nahm ich an, es sollte in Liechtenstein etwas arangiert werden, damit ein Scheingrund gegeben sei, die Feldkircher um Hilfe anzurufen. Ich dachte, die Feldkirch werden es nicht riskieren, von sich aus die Initiative zu übernehmen. Diesen Schluss zog ich aus den Wahrnehmungen im Lande selbst, der Besprechung in Feldkirch und den politischen Erfahrungen des Jahres 1938 (Tschechei, Österreich).
Über Frage des Verteidigers Dr. Ender: Es war damals allgemein bekannt, dass Ing. Schädler der Landesleiter der V.B. war. Der Regierung war dies um so mehr bekannt, als gerade damals Ing. Schädler in Disziplinaruntersuchung stand, die vom Landtag angeordnet war, u. zw. wegen seiner politischen Einstellung. Es handelte sich darum, ob er als Betriebsleiter des Lawenawerkes noch tragbar war. Den Vorsitz in der Disziplinarkommission hatte ich. [17]
Soviel ich noch weiss, hat [Ludwig] Marxer den Regierungschef angerufen und seine Rückkehr ins Land gewünscht. Von mir ist das nicht ausgegangen.
Über Vorhalt O.N. 45 (Dr. Hoop): Es ist möglich, dass ich ihn selbst angerufen habe. Wenn ich es tat, dann nach meiner Besprechung mit Dr. Tschofen.
Beim Engel in Nendeln standen wohl Leute herum, als ich das zweitemal herauffuhr. Technische Anlagen war aber keine errichtet.
Nach dem 25.3.39 war die Einstellung der Reichsregierung, wie ich von Herren erfuhr, deren Namen ich nicht angeben kann: "Macht mit den Leuten im Gefängnis, was ihr wollt, das ist uns gleichgültig, aber wir wollen keinen Prozess, weil sonst Deutschland hineingezogen wird und das können wir nicht brauchen."
Die Schutzhaft war eine Zweckmässigkeitsfrage. Ihre rechtliche Begründung wäre schwer.
Über Frage des Verteidigers Dr. Wohlwend: Ob ich Pfarrer Frommelt nach meiner zweiten Rückkehr aus Feldkirch genau erzählt habe, was ich dort erfahren hatte, weiss ich nicht mehr. Ich hielt die Sache für erledigt und war die ganze Nacht im Gedränge. Es bestand keine Absicht, Pfarrer Frommelt etwas zu verheimlichen.
Es ist möglich, dass meine Ausreise am Montag nach Nürnberg in Feldkirch das Gerücht auftauchen liess, ich sei zu Verhandlungen nach Berlin gefahren.
Der Verteidiger Dr. Seeger zieht sämtliche Beweisanträge in Beilage 1 dieses Protokolles zurück.
Verteidiger Dr. Ender verzichtet auf die Einvernahme der Frau Frick und des D. Röckle als Zeugen (Beilage 2). Ebenso zieht er den Antrag zurück, das Gericht möge Schritte unternehmen, damit der ehemalige Reg.Rat Pfarrer Frommelt von seinem Berufsgeheimnis entbunden werde.
Einverständlich auf die persönliche Einvernahme des Zeugen Dr. Hoop, der z. Zt. krankheitshalber nicht vor Gericht erscheinen kann, verzichtet.
Verlesen werden die O.N. 18, 19, 20, 23, 24, 28, 35, 38, 39, 41, 42, 44 und 45.
Josef Frick: Ich erinnere mich, dass Dr. Hoop in meiner Stube war, mehr nicht. Von einem Wirtschaftsanschluss war immer die Rede. Dass ich gerade zu Dr. Hoop davon sprach, weiss ich nicht mehr. Richtig ist, dass Dr. Hoop sowohl die Leute vor dem Hause, als auch die drinnen wiederholt aufgefordert hat, heimzugehen. Die drinnen sagten, sie können nicht heimgehen, solange die draussen seien, weil sie sonst verprügelt würden.
Verlesen werden weiter die O.N. 52, 53 und 55.
Die Verhandlung wird um 12,00 Uhr unterbrochen und um 14,10 Uhr wieder fortgesetzt.
Zeuge Dr. Rudolf Kopf
geb 15.5.1890 in Altach (Vorarlberg), rk., vh., Beamter in Bregenz, Huterstrasse 29, zu den Angeklagten nicht verwandt oder verschwägert, zur Wahrheit ermahnt, unter Verzicht auf Beeidigung:
Ich war damals Landesstatthalter von Vorarlberg.
An einem Tage im März 1939 - das Datum weiss ich nicht mehr - wurde ich von einer unbekannten Person aus Feldkirch angerufen, die mir mitteilte, dass gegen Liechtenstein etwas im Zuge sei, und mich bat, dagegen einzuschreiten. Ich habe vergebens versucht zu ermitteln, wer mich angerufen hat.
Am gleichen Tage teilte mir Landrat Dr. Tschofen dienstlich mit, dass von Parteiformationen eine Aktion gegen Liechtenstein geplant sei.
Im Einverständnis mit dem Landeshauptmann [Anton Plankensteiner] habe ich sofort alle Polizei- und Parteidienststellen in Feldkirch angerufen und verlangt, dass jede Aktion gegen Liechtenstein unterbunden werde. Darauf bin ich persönlich sofort nach Feldkirch gefahren, ging zu Landrat Dr. Tschofen und ersuchte ihn, sofort die massgebenden Führer der Parteiformationen herbeizurufen. Gekommen sind dann nicht die eigentlichen Führer, sondern ihre Stellvertreter. Namen sind mir nicht mehr erinnerlich, weil ich die Feldkircher nicht kenne. Ich fragte sie zuerst, was sie vor hätten gegen Liechtenstein. Sie wollten nicht Farbe bekennen und keiner wollte etwas wissen. Schliesslich gaben sie aber doch zu, dass eine Aktion im Gange gewesen sei und zwar schoben sie es auf die H.J., erklärten aber, dass inzwischen die Sache abgeblasen sei, dass insbesondere die letzte Aktion - was damit gemeint war, weiss ich nicht - über telephonischen Aufruf der Landeshauptmannschaft unterblieben sei. Damit war die Sache eigentlich erledigt. Ich hatte das Gefühl, dass alles bereits im Sande verlaufen sei.
Über Frage: Obwohl ich mich dafür interessierte, sind mir keine Namen genannt worden, wer in Liechtenstein die Sache inszeniert habe. Darüber, dass die Bereitschaft der Wehrverbände in Feldkirch von Liechtenstein aus angeregt oder gewünscht worden ist, habe ich keine Kenntnis erlangt.
Es ist mir bekannt, dass der damalige Sicherheitsdirektor (nicht Reg.Rat oder Landrat) Mäser auch am selben Tag wie ich und in der gleichen Sache in Feldkirch war. Ich versuchte auch in Feldkirch Verbindung mit ihm zu bekommen, was mir aber nicht gelang. Ich habe hinten nach mit Mäser über diese Sache gesprochen, konnte aber nichts Neues erfahren.
Über Frage des Verteidigers Dr. Ender: Etwa zwei Tage nachher kam in der Sache ein Anruf des Gauleiters [Franz] Hofer. Er wollte dem Landeshauptmann und mir Vorwürfe machen, dass wir die ganze Sache veranlasst hätten. Hofer sprach sogar davon, dass wir von unseren Posten zurücktreten müssen, obwohl er genau wusste, dass wir nichts mit der Sache zu tun hatten. Ich hatte im Gegenteil das Gefühl, dass er selbst ein schlechtes Gewissen habe. Den staatlichen Stellen war die ganze Sache sehr unangenehm.
Den Namen [Eugen] Kölbl habe ich seinerzeit von privater Seite in diesem Zusammenhang nennen gehört. Kölbl war damals SA-Führer von Dornbirn. Seine Rolle bei der Unternehmung ist mir nicht bekannt.
Zur endgültigen Liquidierung der Angelegenheit fand ein paar Tage später - glaublich veranlasst vom Landrat Dr. Tschofen - bei ihm in Feldkirch eine Zusammenkunft statt, bei der auf deutscher Seite Dr. Tschofen, ein Kommissar [Joseph] Schreieder und ich teilnahmen, von Seiten Liechtensteins der Regierungschef Dr. Hoop. Es war damals lediglich eine zwanglose Besprechung, die im Wesentlichen dahin ging, dass man in Zukunft auf die Parteiformationen einwirken solle, dass sich derartiges nicht wiederhole. [18]
Wohin die Fäden der Unternehmung letztlich gingen, konnten wir nicht herausbekommen.
Verlesen werden weiter die O.N. 56, 57, 73.
Josef Gassner: Ich bin nicht direkt geflohen.
Weiter die O.N. 83, 113, 118, 127, 146, 156, 157, 167, 168, 178, 192, 197, 198, 199, 212, 213, 214, 229, 230, 231, 233, 234, 236, 237, 238, 240, 241, 243, 246, 248, 249, 250, 253, 254, 256, 257, 260, 261, 262, 263, 264.
Der Zeuge De Pretis teilt telephonisch mit, dass sich die Diensteinteilung des Bahnhofes Nendeln vom 24.3.1939 nicht mehr ermitteln lasse.
Es wird einverständlich auf weitere Erhebungen in dieser Sache verzichtet.
Dargelegt wird der Strafakt S 71/323 des Landgerichtes Vaduz gegen Egon Marxer u.a. (Hausdurchsuchung vom 1.12.1938).
Dargelegt wird ferner das gesamte beschlagnahmte Material und daraus verlesen I/2, 5, I/6, II/1, 2, III/1, 2, 3, und IV/1, 2, 3 und 4.
Auf die Verlesung folgender Aktenstücke ist einverständlich verzichtet worden: O.N. 22, 26, 43, 36, 37, 69, 70, 74, 75, 76, 77, 80, 85, 87, 90, 91, 92, 93, 94, 97, 98, 100, 101, 102, 103, 105, 107, 108, 110, 111, 112, 114, 115, 116, 117, 119, 120, 122, 123, 128, 129, 130, 131, 132, 133, 134, 135, 136, 137, 139, 140, 141, 142, 143, 145, 148, 149, 150, 151, 152, 153, 154, 155, 158, 159, 164, 169, 170, 171 und 247.
Der Verteidiger Dr. Ender legt zum Nachweis der Notwendigkeit der Vernehmung des Zeugen Dr. Längle ein Schreiben, das verlesen und als Beilage 4 zum Protokoll genommen wird. [19]
Nach Beratung verkündet der Vorsitzende den Beschluss auf Ablehnung
- des Zeugen Dr. Längle, weil das Verhalten des Angeklagten Wille in den Jahren 1941-1945 für die Beurteilung der Tat ohne Einfluss ist,
- der Zeugin Auguste Batliner, weil die Frage, ob Batliner am 24.3.39 Uniformstücke trug oder nicht, für die Entscheidung des Gerichtes nicht wichtig ist.
Der Vorsitzende schliesst das Beweisverfahren.
Zur Fertigstellung des Verhandlungsprotokolles und zur Vorbereitung der Schlussvorträge wird die Verhandlung bis 22.1.1946 08,30 Uhr unterbrochen, u. zw. am 18.1.1946, 16,30 Uhr .
Fortgesetzt am 22.1.46 08,30 Uhr.
Der Vorsitzende stellt fest, dass Hubert Hoch in der Nacht zum 20.1.1946 nach Liechtenstein zurückgekehrt ist und sich in Untersuchungshaft befindet, und verkündet nach Beratung den Beschluss: Das Strafverfahren gegen Hubert Hoch wegen Verbr. nach § 58 St.G. wird gem. § 58 StPO aus diesem Verf. ausgeschieden und abgesondert zu Ende geführt. [20]
Es wird einverständlich auf alle Erörterungen im Hinblick auf die Rückkehr des Hubert Hoch verzichtet.
Der Staatsanwalt beantragt die Angeklagten Batliner, Beck, Frick, Marxer, Thöny und Schädler im Sinne der Anklage schuldig zu sprechen, die Angeklagten H. Marxer, Kindle und Josef Gassner wegen Verbr. nach § 93 St.G., H. Marxer überdies der Übertretung des Waffenges. und der VO. vom 27.1.1939. Die Anklage gegen Wohlwend und Wille nach § 58 St.G., gegen Kindle, H. Marxer und Gassner nach § 68 St.G., gegen Ferd. Beck nach §§ 68, 93 St.G. und gegen Jos. Gassner wegen Übertretung des Waffenges. u. d. VO. v. 27.1.1939 wird zurückgezogen und Freispruch beantragt.
Die Verhandlung wird um 11,25 Uhr unterbrochen und um 13,35 Uhr wieder fortgesetzt.
Der Verteidiger Dr. Wohlwend beantragt Freispruch der Angeklagten Batliner und Alois Schädler, allenfalls Verurteilung Batliners wegen Übertretung der VO des Verbots von Demonstrationen, [21] allenfalls wegen Auflaufs, unter Anwendung des Ges. über die bedingte Verurteilung. [22]
Der Verteidiger Dr. Seeger beantragt Freispruch des Angeklagten Franz Beck.
Der Verteidiger Dr. Ender beantragt Freispruch der Angeklagten Frick, Egon Marxer, Thöny und Gassner und Anwendung des Ges. über die bedingte Verurteilung im Falle eines Schuldspruches bei Hermann Marxer.
Sämtliche Angeklagten verzichten auf ein Schlusswort.
Die Verhandlung wird um 18,00 Uhr geschlossen.
Die Urteilsverkündung wird auf den 25.1.46 15,00 Uhr fortgesetzt.
Fortgesetzt am 25.1.1946 15,00 Uhr.
Der Vorsitzende verkündet das Urteil samt Gründen, [23] erteilt die Rechtsmittelbelehrung und belehrt die Angeklagten Kindle, Hermann Marxer und Gassner über Sinn und Zweck der bedingten Verurteilung und dass die Strafe vollzogen werden wird, wenn sie sich nicht bewähren.
Alois Kindle, Hermann Marxer und Josef Gassner erklären das Urteil anzunehmen.
Im übrigen wird von keiner Seite ein Erklären abgegeben.
Ende: 16,10 Uhr.