Regierungschef Josef Hoop bespricht den Putschversuch mit Vertretern der Vorarlberger Behörden


Protokoll, gez. Regierungschef Josef Hoop, Landesstatthalter Rudolf Kopf, Landrat Ignaz Tschofen und Grenzpolizeikommissar Joseph Schreieder [1]

27.3.1939, Feldkirch

Gedächtnisprotokoll

über die am 27. März 1939 beim Landrat in Feldkirch abgehaltene Besprechung über die Ereignisse in Liechtenstein in den Tagen vom Freitag den 24. März 1939 und den folgenden Tagen.

Anwesend:

  1. Dr. Hoop, Regierungschef von Liechtenstein
  2. Dr. Kopf, Landesstatthalter von Vorarlberg
  3. Dr. Tschofen, Landrat in Feldkirch
  4. Krim. Komm. Schreieder der Grenzpolizei Bregenz

Regierungschef Dr. Hoop dankt Herrn Landrat Dr. Tschofen für die loyale Haltung anlässlich der Vorkommnisse vom letzten Freitag in Liechtenstein. Er erklärt weiter, dass er sich Herrn Dr. Tschofen gegenüber zur Abklärung eines Missverständnisses verpflichtet halte, da nach seiner Kenntnis Herrn Dr. Tschofen gegenüber von seiner Oberbehörde bemerkt worden sei, dass die Schweizerische Gesandschaft in Berlin anlässlich ihrer Demarche der Reichsregierung von unbefriedigenden Erklärungen Regierungsstellvertreter Dr. [Alois] Vogt gegenüber gesprochen habe. Die Intervention, erklärt Dr. Hopp weiter, habe einzig darin bestanden, der Reichsregierung nachstehendes Telegramm der fürstlichen Regierung zur Kenntnis zu bringen:

"Nach bestimmten Informationen und Beobachtungen beabsichtigten SA und NSKK [Nationalsozialistisches Kraftfahrkorps] Formationen nach entsprechender Vorbereitung durch eine kleine liechtensteinische Gruppe in liechtensteinisches Hoheitsgebiet einzudringen, um eine sofortige politische Umwälzung herbeizuführen stop Dank dem Eingreifen der lokalen Behörden in Vorarlberg kam es nicht zur Ausführung des Planes stop Die fürstliche Regierung dankt den Vorarlberger Behörden für ihr loyales Verhalten, wäre aber der deutschen Reichsregierung sehr verbunden, wenn sie dafür besorgt wäre, dass gleiche oder ähnliche Vorfälle sich in Hinkunft nicht wiederholen können." [2]

Zur weiteren Abklärung habe sodann die fürstliche Regierung das dem Protokoll beiliegende Schreiben an Legationsrat Dr. [Peter Anton] Feldscher vom Eidgen. politischen Department in Bern abgehen lassen. [3]

Die Vertreter der Vorarlberger Behörden erklären, dass nach den bisher gepflogenen Erhebungen, die Voraussetzungen, die in dem vorstehenden Telegramm als Grundlage für den Schritt der Liechtensteinischen Regierung angenommen sind, nicht zutreffend, da es sich in keinem Falle festellen liess, dass massgebende bezw. befugte Personen irgendeiner Formation oder einer anderen Stelle mit den fragliche Vorgängen in Verbindung stehen.

Die Vertreter der Vorarlberger Behörden erklären weiter, dass ihrerseits alles getan wurde und getan wird, um selbst jeden Schein irgendwelcher Einmischung in liechtensteinische Verhältnisse unter allen Umständen zu vermeiden.

Hinsichtlich der liechtensteinischen Flüchtlinge erklärt Regierungschef Herr Dr. Hoop, dass er überrascht sei, dass eine so grosse Zahl nach Deutschland übergetreten sei, nachdem doch der grösste Teil überhaupt keine Bestrafung oder höchstens eine Geldbusse wegen Teilnahme an einer nichterlaubten Demonstration zu gewärtigen hätte. Dr. Hoop behält sich vor, Herrn Landrat Dr. Tschofen weiter Mitteilungen im Gegenstande zukommen zu lassen.

 

 

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[1] LI LA RF 190/095/025-026.
[2] LI LA RF 190/095/013.
[3] LI LA RF 190/095/031.