Das Schweizerische Politische Departement lehnt die Übernahme der diplomatischen Interessenvertretung für Liechtenstein in Prag weiterhin ab


Durchschlag des maschinenschriftlichen Schreibens des liechtensteinischen Geschäftsträgers in Bern, Emil Beck, nicht gez., an die liechtensteinische Regierung [1]

28.7.1921, Bern

Vertretung in Prag 

Wie ich Ihnen mit Schreiben vom 6. Juni (Zl. 727/21) mitteilte, [2] hat der Schweizerische Bundesrat wegen der Widerstände in Prag es vorläufig abgelehnt, die Vertretung unserer Interessen dort zu übernehmen. Daraufhin wurde die Akkreditierung eines eigenen Vertreters in Aussicht genommen. [3] Dagegen hat nun SD. Prinz Franz sen. bei seinem letzten Besuch in Bern [4] die Ansicht geäussert, dass ein Schweizerischer Vertreter infolge des internationalen Ansehens der Schweiz unsere Interessen wirksamer verfechten könne, und dass daher doch noch einmal versucht werden sollte, die Schweiz zur Übernahme zu veranlassen. [5] In der Besprechung mit Herrn Minister [Paul] Dinichert ist dann diese Frage gestreift worden. Herr Dinichert bestätigt jedoch seine früher mitgeteilte Auffassung. Solange die Vertretung durch die Schweiz in Prag nicht erwünscht sei, könnte dieselbe nicht auf einen guten Erfolg rechnen. Übrigens habe die Schweiz in Prag nur einen Honorarkonsul [6] und denke vorläufig nicht daran, ihn durch einen Gesandten oder auch nur einen Berufskonsul zu ersetzen. 

Inzwischen habe ich Ihnen die Information über Herrn Dr. [Victor] Kaplan übermittelt. [7] Es wird nun von den Entschliessungen SD. des Fürsten [Johann II.] und Ihrer Regierung abhängen, was weiter zu geschehen hat. [8]

Der fürstliche Geschäftsträger

______________

[1] LI LA V 002/0048 (Aktenzeichen der liechtensteinischen Gesandtschaft in Bern: 998/21). Bezugnahme auf das Schreiben der liechtensteinischen Regierung vom 17.7.1921 mit dem Aktenzeichen 108/Präs. (vgl. LI LA SF 01/1921/108): Die Regierung hatte u.a. um Auskunft gebeten, wieweit die Angelegenheit der Vertretung in Prag bisher gediehen sei.
[2] Vgl. das Schreiben der liechtensteinischen Gesandtschaft in Bern an die liechtensteinische Regierung vom 6.6.1921 (LI LA V 002/0048 (Aktenzeichen der Gesandtschaft: 727/21)).
[3] Vgl. das Schreiben der Regierung an die Gesandtschaft in Bern vom 31.5.1921 (LI LA V 002/0048 (Aktenzeichen der Regierung: Zl. 70/Präs.)) sowie das Schreiben der fürstlichen Kabinettskanzlei an Geschäftsträger Beck vom 2.5.1921 (LI LA V 002/0048 (Aktenzeichen der Gesandtschaft: 598/21. Aktenzeichen der Kabinettskanzlei: Ad Präs. Nr. 104)): Demzufolge hatte der tschechoslowakische Aussenminister Edvard Beneš die zusätzliche Akkreditierung von Emil Beck in Prag angeregt, wobei zur Vertretung in der Führung der Agenden Victor Kaplan als eine Art Honorar-Legationsrat fungieren könne.
[4] Prinz Franz hatte am 19.7.1921 in Bern den Schweizer Bundesrat Giuseppe Motta sowie Paul Dinichert vom Schweizerischen Politischen Departement aufgesucht (vgl. das Schreiben von Prinz Franz an die fürstliche Kabinettskanzlei vom 19.7.1921 (Abschrift unter LI LA SF 01/1921/153)).
[5] Mit Schreiben vom 19.5.1921 hatte die liechtensteinische Gesandtschaft in Bern der fürstlichen Kabinettskanzlei in Bern mitgeteilt, dass der tschechoslowakische Aussenminister Edvard Beneš gegenwärtig die Vertretung Liechtensteins in Prag durch die Schweiz ablehne (LI LA V 002/0048 (Aktenzeichen der Gesandtschaft in Bern: 649/21)).
[6] Gerold F. Déteindre: 1921-1927 Schweizer Honorar-Generalkonsul in Prag.
[7] Der liechtensteinische Geschäftsträger Emil Beck hatte beim Schweizerischen Politischen Departement Auskünfte über Victor Kaplan eingeholt. Vgl. hiezu das Schreiben von Geschäftsträger Beck an die liechtensteinische Regierung vom 13.7.1921 (LI LA V 002/0048 (Aktenzeichen der Gesandtschaft in Bern: 908/21)).
[8] Am 1. und 2.8.1921 traf sich dann Prinz Franz in Vaduz mit Emil Beck und Victor Kaplan, welche den Auftrag erhielten, Vorschläge für die Errichtung einer liechtensteinischen Gesandtschaft in Prag auszuarbeiten: Vgl. hiezu das Memorandum von Beck und Kaplan vom 3.8.1921 (LI LA SF 01/1921/138).