Maschinenschriftliches Schreiben des liechtensteinischen Geschäftsträgers in Bern, Emil Beck, nicht gez., an die liechtensteinische Regierung [1]
13.7.1921, Bern
Vertretung in Prag
Auf meine Veranlassung [2] hin hat das Schweizerische Politische Departement durch Herrn Konsul [Gerold F.] Déteindre [3] in Prag Informationen über Herrn Dr. Viktor Kaplan eingezogen und macht mir nun auf Grund derselben folgende offizielle [4] (mündliche) Mitteilungen.
Herr Dr. Kaplan, tschechoslowakischer Bürger, war früher Rechtsanwalt in Olmütz. Er ist als guter Jurist bekannt und hat sehr gute Beziehungen zur tschechischen Regierung und in der Prager Gesellschaft. Er wäre der Prager Regierung jedenfalls als Vertreter der Interessen S.D. des Fürsten [Johann II.] und des Landes sehr genehm. Von Interesse dürfte es dabei sein, dass Herr Dr. Kaplan vom tschechischen Aussenminister Herr Benes [Edvard Beneš] selbst als Vertreter des Fürstlichen Geschäftsträgers vorgeschlagen wurde. [5]
Ob diese offenbar engen Beziehungen zur tschechischen Regierung auf eine Befangenheit in der Vertretung der Fürstlichen Interessen schliessen lassen, vermag ich nicht zu beurteilen.
Ich übermittle Ihnen diese Mitteilungen des Departements zu diskretem Gebrauch und muss es Ihnen anheimstellen, ob Sie diese Mitteilungen an die Fürstliche Kabinettskanzlei weiterleiten wollen, welcher diese wenigen Tatsachen wohl schon bekannt sein dürften. [6]
Der fürstliche Geschäftsträger:
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[1] LI LA V 002/0048 (Aktenzeichen der liechtensteinischen Gesandtschaft in Bern: 908/21). Bezugnahme auf das Schreiben der Regierung mit dem Aktenzeichen 84 Präs.: In diesem hatte fürstlicher Rat Josef Ospelt die Gesandtschaft in Bern am 14.6.1921 darum ersucht, in geeigneter Weise verlässliche und ausführliche Auskünfte über Kaplan tunlichst bald zu verschaffen und der Regierung mitzuteilen (LI LA V 002/0048 (Aktenzeichen der Gesandtschaft in Bern: 773/21)). Der tschechoslowakische Aussenminister Edvard Beneš hatte die Interessenvertretung Liechtensteins in Prag durch die Schweiz abgelehnt, jedoch die Akkreditierung von Emil Beck bei der Prager Regierung angeregt, wobei Kaplan vor Ort als eine Art liechtensteinischer Honorar-Legationsrat fungieren sollte (vgl. etwa das Schreiben der fürstlichen Kabinettskanzlei an Geschäftsträger Beck vom 2.5.1921 (LI LA V 002/0048 (Aktenzeichen der Kabinettskanzlei: Ad Präs. Nr. 104. Aktenzeichen der liechtensteinischen Gesandtschaft in Bern: 598/21)).
[2] Vgl. die Anfrage der liechtensteinischen Gesandtschaft in Bern an die Abteilung für Auswärtiges des Schweizerischen Politischen Departements vom 18.6.1921 (LI LA V 002/0048 (Aktenzeichen der Gesandtschaft: 782/21)): Das Politische Departement wurde ersucht, über Kaplan in Kolodeji, Post Bechowicki, Böhmen, Informationen im allgemeinen und speziell über sein Verhältnis zur tschechischen Regierung einzuziehen.
[3] 1921-1927 schweizerische Honorar-Generalkonsul in Prag.
[4] Stenographische Randbemerkung.
[5] Vgl. das genannte Schreiben der fürstlichen Kabinettskanzlei an Geschäftsträger Beck vom 2.5.1921 (ebd.).
[6] Fürstlicher Rat Ospelt teilte der Gesandtschaft in Bern am 17.7.1921 mit, dass er anlässlich seiner Anwesenheit in Wien Gelegenheit hatte, Auskünfte über Kaplan zu erhalten, die mit den Angaben der Gesandtschaft übereinstimmten und denen zufolge Kaplan als „tüchtiger und geeigneter Mann" erschien (LI LA V 002/0048 (Aktenzeichen der Regierung: Zl. 108/Präs. Aktenzeichen der liechtensteinischen Gesandtschaft in Bern: 996/21)).