Gedrucktes Programm mit geschichtlichem Hintergrund, Weihelied und Volkshymne [1]
o.D. (vor dem 28.6.1912)
Zweihundertjahrfeier des Überganges der Grafschaft Vaduz an das fürstliche Haus Liechtenstein
(gleichzeitig Feier der Wiedervereinigung der Grafschaft Vaduz mit der Herrschaft Schellenberg) [2]
Sonntag, den 30. Juni 1912 in Vaduz
Bei ungünstiger Witterung wird die Feier auf den nächstfolgenden Sonntag verlegt.
1712-1912
Festprogramm
12.15 – 12.30 Uhr: Formierung des Festzuges beim Regierungsgebäude.
12.30 Uhr: Festzug vom Regierungsgebäude b. z. „Löwen“.
(Am Festzug nehmen die Darsteller des Festspieles in den alten Trachten, der Veteranenverein sowie die Musik- und Gesangvereine des Landes teil).
1.30 Uhr: Beginn der Feier auf dem Festplatze in der Nähe des fürstlichen Schlosses:
Jubiläumsmarsch, vorgetragen von der Harmoniemusik Vaduz
Weihelied zur Zweihundertjahrfeier (Text von J. B. [Johann Baptist] Büchel, Musik von Felix Kircher), vorgetragen von den oberländischen Männerchören.
1.45 – 4 Uhr: Festspiel. Text von J. B. Büchel. [3]
Im 2. Akt (Bauernhochzeit): Alter Sechsertanz, Reigen und Schwertspiele. Zwischen dem 2. und 3. Akt: 30 Minuten Pause.
Vor Beginn des Festspieles und nach der Pause werden Zeichen durch Trompetensignale gegeben.
Im Anschluss an den 4. Akt erscheinen sämtliche Darsteller sowie die Musik- und Gesangsvereine auf und vor der Bühne. Die Musik trägt ein Stück vor, worauf eine kurze Ansprache des Landtagspräsidenten, Sanitätsrates Dr. Albert Schädler [4] folgt, die in eine Huldigung des Volkes an den Landesfürsten [Johann II.] [5] mit Absingung der Landeshymne ausklingt.
Während des Festspieles findet (mit Ausnahme der halbstündigen Pause) keine Bedienung durch die Gastwirtschaft statt.
Geschichtliches zum Festspiel
Das Festspiel, von dem Schulkommissär Kanonikus J. B. Büchel in Vaduz verfasst, gibt ein getreues Bild der Zeit vor 200 Jahren. Die Herrschaften Vaduz und Schellenberg hatten in der Hohenemser Zeit teils kriegerische Ereignisse, teils durch die Geissel der Pest und der Hexenprozesse, teils auch durch die Schuldenwirtschaft und die Willkürlichkeiten der letzten Grafen von Hohenems viel zu leiden.
Im I. Akte des Festspieles werden die zuletzt genannten Übelstände dramatisch dargestellt, wobei auch die Proteste der Landammänner, welche für die Rechte der Landschaften mutig eintraten, Platz finden.
Der II. Akt führt eine Bauernhochzeit mit den damaligen Gebräuchen vor und kennzeichnet durch das Dazwischentreten des Grafen [Jakob] Hannibal [III.] neuerdings das willkürliche Vorgehen desselben.
Der III. Akt bietet ein Bild des damaligen germanischen Gerichtsverfahrens und in der folgenden Volksversammlung werden die geschichtlichen Ereignisse von dem Eintreten der Landschaften für ihre Rechte und von dem Anrufen des kaiserlichen Schutzes geschildert, der auch, zunächst durch die Bestellung einer kaiserlichen Administration und nach einiger Zeit durch den Übergang der Herrschaft Schellenberg (1699) und der Grafschaft Vaduz (1712) an das fürstliche Haus Liechtenstein, zu einem glücklichen Abschlusse der Wirren führte.
Der IV. Akt veranschaulicht uns die am 9. Juni 1712 stattgefundene Huldigung der Grafschaft Vaduz genau nach dem über den Huldigungsakt aufgenommenen authentischen Protokolle. [6]
Wer sich um diese geschichtlichen Vorkommnisse näher interessiert, sei auf folgende geschichtliche Arbeiten verwiesen:
Büchel, J. B., Geschichte des Fürstentums Liechtenstein. Buchs 1912.
[Karl] In der Maur, v., Die Gründung des Fürstentums Liechtenstein, im Jahrbuch I des historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein. 1901.
Kaiser, Peter, Geschichte des Fürstentums Liechtenstein. Chur 1847.
Schädler, Albert, Dr., Die alten Rechtsgewohnheiten und Landsordnungen der Grafschaft Vaduz und Herrschaft Schellenberg, im Jahrbuch V des historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein. 1905.
Schädler, Albert, Dr., Die Huldigungsakte bei dem Übergange der beiden Landschaften an die Fürsten von Liechtenstein, im Jahrbuch X des historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein. 1910.
I. Weihelied (vor dem Festspiele) [7]
(Text von J. B. Büchel, Vertonung von Felix Kircher)
1. O Liechtenstein, du schönes Land,
Du Land voll Lust und Frieden!
Dich hat des Ewgen Vaterhand
Zur Heimat uns beschieden.
So weit dein Name nur erschallt,
Dein Lob von allen Lippen hallt,
Du Land voll Lust und Frieden!
2. Vom Rheine und vom Alpengau
Ertönen unsre Sänge
Zum Preise dir, du Friedensau
Im Strom der Völkermenge!
Lass andern Völkern Streit und Harm,
Dir scheint des Glückes Sonne warm,
Dir, Land voll Lust und Frieden.
3. Für deine Wohlfahrt standen ein
In manchen bösen Tagen
Die Väter einstens im Verein
Mit Mut und ohne Zagen.
Du warst es wert, o Heimat du!
Dir rufen wir begeistert zu:
O Land voll Lust und Frieden!
4. Dich schützte wohl zweihundert Jahr
In Sturm und Ungewittern
Der Fürstenadler immerdar,
Du brauchst nicht zu zittern.
Dich schirmet fürder auch mit Kraft
Die Fürstenhand, die hohes schafft,
Du Land voll Lust und Frieden!
5. Drum auf, empor zum Schwur die Hand!
Auf, alle, die da wohnen
Vom Falknis bis zum Rheinesstrand,
Und die in fremden Zonen!
Ruft: Treue bis zum Grabesrand
Dem Fürsten und dem Heimatland,
Die Gott im Himmel segne! –
II. Liechtensteinische Volkshymne
Oben am deutschen Rhein
Lehnet sich Liechtenstein
An Alpenhöh'n.
:I: Dies liebe Heimatland
Im deutschen Vaterland
Hat Gottes weise Hand
Für uns erseh'n! :I:
Von grünen Felsenhöh'n,
Freundlich ist es zu seh'n
Mit einem Blick:
:I: Wie des Rhein's Silberband
Säumet das schöne Land
Ein kleines Vaterland
Voll stillem Glück. :I:
Hoch lebe Liechtenstein
Blühend am deutschen Rhein
Glücklich und treu.
:I: Hoch leb' der Fürst vom Land
Hoch unser Vaterland
Durch Bruderliebe Band
Vereint und frei. :I: