Gedruckter Antrag der Finanzkommission, nicht gez., zuhanden des Landtags [1]
o.D. (vor dem 14.12.1914)
Kommissionsantrag über geeignete Notstandsmassnahmen
(Berichterstatter: Dr. Albert Schädler)
In der Sitzung vom 30. November wurde vom Abg. Dr. [Wilhelm] Beck und Mitunterzeichnern [2] beantragt, der Landtag wolle im Einvernehmen mit der fstl. Regierung geeignete und ausreichende Notstandsmassnahmen zwecks Beschaffung möglichst billigen Kredites, billiger Lebensmittel und Arbeitsgelegenheiten in einem durch die Not der Zeit geforderten Umfange beschliessen. [3]
Die Kommission hält dafür, dass in dieser Richtung möglichst entsprochen werden soll. Der durch die jetzige ernste Zeitlage hervorgerufene schwere wirtschaftliche Druck lastet auch auf unserem Lande und hat auch bei uns wenigstens teilweise einen Mangel an Verdienstquellen, Geldknappheit und Teuerung verursacht. Es handelt es sich nun darum, diesen Nöten einigermassen in wirksamer Weise zu begegnen. Am wichtigsten wird wohl sein, dass Arbeitsgelegenheiten geschaffen werden. Unsere Industrie ist, abgesehen von der schon lange notleidenden Stickerei, glücklicherweise noch immer beschäftigt, wenn auch nicht im vollen Umfange. Aber wir haben viele Bauarbeiter, die ihren Verdienst zumeist im Auslande fanden und nun aber schon seit dem Ausbruche des Krieges zum grossen Teil die Arbeiten einstellen mussten. Auch das Handwerk leidet bei den jetzigen Zeitumständen Not. Durch vermehrte Arbeitsgelegenheiten können diese Ausfälle wenigstens zum Teil ausgeglichen werden. Im Landesvoranschlag für das Jahr 1915 [4]sind für Rheinbauten 10'000 K [Kronen], für Rüfeschutzbauten 8000 K, für Hebung der Waldwirtschaft (Subventionen für Waldstrassen) 5500 K vorgesehen. Die für diese Zwecke zur Ausgabe kommenden Gelder gehen fast ausschliesslich in Taglohnarbeiten auf. Ihre Kommission glaubt nun, dass ein weiterer Kredit für Notstandsarbeiten in der Hauptsache auch auf derartige Zwecke verwendet werden sollte. So insbesonders für weiter notwendig werdende Rüfebauten, Erstellung von Strassen und Waldwegen usw. Man einigte sich, Ihnen hiefür eine Kreditbewilligung in der Höhe von 20'000 K vorzuschlagen. Ausserdem hält es Ihre Kommission für begründet, wenn der Regierung speziell zur Unterstützung notleidender armer Familien ein Kredit von 3000 K zur Verfügung gestellt wird, da die vom landschäftlichen Armenfonde für solche Beihilfe bestimmten Mittel bei dem jetzigen Notstande nicht hinreichen und die Zinsen des fstl. Wohltätigkeitsfondes [5] für Verpflegungskosten in Anstalten untergebrachter Kinder, für Lehrgelder und für Unterstützungen Verunglückter bestimmt sind. Es wird ja in dieser Richtung auch die private Wohltätigkeit manches nachhelfen können. – Was die Beschaffung billiger Lebensmittel betrifft, so kann selbstverständlich nur teilweise entsprochen werden, nötigenfalls auch durch Einführung von Höchstpreisen für die notwendigsten Lebensmittel. Der Ankauf von Getreidevorräten kann unter Umständen angezeigt sein, doch wird es Sache der zu wählenden Notstandskommission sein, in dieser Hinsicht und auch bezüglich anderer Massnahmen im Einvernehmen mit der fstl. Regierung das weitere zu veranlassen. – Was endlich die im eingangs erwähnten Antrage empfohlene Beschaffung möglich billigen Kredites betrifft, so kann bei den derzeitigen Geldverhältnissen wohl nicht verlangt werden, dass die jetzigen Darlehenszinssätze unserer Sparkasse noch herabgesetzt werden. Alle Geldinstitute unserer Umgebung haben schon seit mehr als einem Jahr die Zinssätze erheblich erhöht, während unsere Bevölkerung diesbezüglich viel besser gestellt war. Freilich musste unsere Sparkasse wiederholt beträchtliche Opfer bringen, um den bisherigen Zinsfuss festhalten zu können. Auch jetzt wird man zweifellos bestrebt sein, den Zinsfuss von 4 ¼ % und 4 ½ % für Pfandbriefe unverändert zu erhalten, aber für neue Kreditdarlehen können andere Verfügungen notwendig werden.
Ihre Kommission empfiehlt Ihnen im Sinne dieser Ausführungen folgenden Beschluss:
Der Landtag stellt der fstl. Regierung einen ausserordentlichen Kredit von 20'000 K für Notstandsarbeiten zur Verfügung, wobei die einzelnen Gemeinden für Waldstrassen, Rüfebauten usw. auch zu berücksichtigen wären. Der Landtag wählt als Beirat der fstl. Regierung eine Notstandskommission von 5 Mitgliedern, welche sich mit den in Frage kommenden Arbeiten und mit allfälligen weiter noch notwendigen werdenden Massnahmen zu beschäftigen haben wird.
Ausserdem bewilligt der Landtag der fstl. Regierung noch einen Kredit von 3000 K zur Unterstützung von notleidenden armen Familien. [6]
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[1] LI LA LTA 1914/L01 (Tagesordnung des Landtagspräsidiums für die auf den 14. und 16.12.1914 anberaumten Landtagssitzungen).
[2] Es waren dies die Landtagsabgeordneten Franz Josef Beck, Josef Brunhart, Johann Wohlwend, Egon Rheinberger, Josef Sprenger, Franz Josef Marxer, Franz Josef Hoop und Albert Wolfinger.
[3] Die Motion datiert vom 24.11.1914 (LI LA LTA 1914/L11). Sie wurde in der öffentlichen Landtagssitzung vom 30.11.1914 dem Landtag zur Kenntnis gebracht und hierauf der Finanzkommission zur Beratung überwiesen (Protokoll unter LI LA LTA 1914/S04/2).
[4] Vgl. das Finanzgesetz vom 22.12.1914 für das Jahr 1915, LGBl. 1914 Nr. 14.
[5] Vgl. das Statut vom 20.5.1887 des Fürstlichen Landes-Wohltätigkeitsfonds, LGBl. 1887 Nr.1.
[6] Der Kommissionsantrag wurde in der öffentlichen Landtagssitzung vom 14.12.1914 genehmigt (LI LA LTA 1914/L11; Protokoll unter LI LA LTA 1914/S04/2; L.Vo., Nr. 52, 26.12.1914, Beilage („Genehmigtes Landtagsprotokoll über die Landtagssitzung vom 14. Dezember 1914“)).