Leserbrief von Dr. Georg Marxer im Liechtensteiner Volksblatt[1]
6.8.1919
Eingesandt. Ich sandte vergangene Woche ein Eingesandt an die Redaktion der „Oberrheinischen Nachrichten". Da es nicht erschien, muss ich annehmen, dass es auf dem Postwege verloren ging. Es lautete:
„Die letzte Nummer der „Oberrheinischen Nachrichten" beschäftigte sich in weitgehendem Masse mit H. H. Kaplan Alfons Büchel. Man gewinnt den Eindruck einer Generaloffensive gegen den harmlosen Herrn. Dass die getroffene Seite nach dem Vortrage vom 6. Juli sich zur Wehr setzte, war ihr volles Recht, allein es schien doch in der vorhergegangenen Nummer genug getan. Ich will in keiner Weise bei dem Streite Partei nehmen, nur zwei Punkte will ich aus dem sogenannten „Eingesandt" herausgreifen.
Eine Stelle gibt H. H. Büchel den Rat in Wollerau zu bleiben und meint, welcher Art werde wohl die Wirksamkeit dieses Herrn sein? Ich verbrachte acht Tage meiner Ferien nach dem Vortrage in Wollerau (Hotel Hirschen) und ich kann bezeugen, dass die Leute daselbst allgemein seine Wirksamkeit, seinen Eifer und seine Pflichttreue in lobenden Worten anerkannten. H. H. Büchel geniesst in Wollerau grosses Vertrauen, und Ansehen.
Eine andere Stelle lässt durchblicken, der Priester solle sich überhaupt nicht an der Politik aktiv beteiligen. Dem gegenüber muss festgestellt werden, dass jedermann im Rahmen der Gesetze am öffentlichen Leben tätigen Anteil nehmen darf. Auch der Geistliche ist Bürger, bezahlt seine Steuern, er erwarb sich sogar akademische Bildung, also geniesst auch er die Rechte, welche die Gesetze jedem Landeskinde zuerkennt. Oder soll der Geistliche bevogtigt werden? Es soll ohne weiteres eingeräumt werden, dass ihnen manchmal die pastorelle Klugheit Reserve auferlegt, allein das Recht bleibt ihnen unbeschränkt. Ja die Beteiligung am Staatsleben kann für den Priester sogar zur Pflicht werden, wenn religiöse Interessen in Frage kommen. Es gab nun zu allen Zeiten Leute, welche mit frommem Augenaufschlag das Wirken des Priesters auf Kirche und Sakristei beschränken wollten. Diese wollten durch dieses Manöver das Wirken der Kirche am öffentlichen Leben ausschalten, damit ihr Weizen besser blühe.
Nun glaubte H. H. Büchel — ob mit Recht oder Unrecht bleibe dahingestellt — dass die letzten Vorgänge im Lande und ihre weitere Entwicklung der Religion zum Schaden gereiche und diese Wahrnehmung veranlasste ihn zu seinem Auftreten.
Wolle die verehrliche Schriftleitung diese Zeilen aufnehmen!
Dr. G. Marxer, Pfarrer, Davos.
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