Von der Anglo-Österreichischen Bank im Eigenverlag gedruckte Empfehlungen des Konsortiums zur Währungsreform[1]
Überreicht vom Holländisch-Liechtensteinisch-Österreichisch-Schweizerischen Konsortium für Gründung einer Bank im Fürstentume Liechtenstein
Vaduz, im März 1920
Währungs-Reform im Fürstentume Liechtenstein
In der Zeit vom 21. bis 27. Februar 1920 fanden in Wien unter dem Vorsitze des fürstlich Liechtensteinschen Gesandten Dr. Eduard Prinzen von Liechtenstein Besprechungen zwischen den Herren Landtagspräsident Fritz Walser, Landtagsvizepräsident Rechtsanwalt Dr. Wilhelm Beck und Professor Dr. Eugen Nipp als Delegierten des holländisch-liechtensteinisch-österreichisch-schweizerischen Konsortium, u. zw. den Herren Generaldirektor Franz Kirchhofer (Fa. Vonwiller & Co.), Rechtsanwalt Dr. Martin Ritter (Liechtenstein-Schweiz), Sektionsrat a. D. Dr. Karl Scheimpflug und Rechtsanwalt Dr. Frank Strahamer(beide als Vertreter der holländischen Gruppe) und Direktor Dr. Alfred Treichl (Anglo-Österreichische Bank) anderseits, behufs Gründung einer Bank im Fürstentum Liechtenstein statt.
Das Ergebnis derselben soll nachstehend niedergelegt werden:
Das Konsortium bemerkt zu dieser Zusammenstellung ausdrücklich, dass es sich keineswegs auf die in diesen Besprechungen zutage getretenen Anschauungen und Vorschläge festlegt, sondern dass die von ihm in Aussicht genommene Bank sich jeder vom Landtage und der Regierung des Fürstentumes beschlossenen Währungsreform mit ganzen Kräften widmen wird.
Die folgende Darstellung ist also nur als ein Auszug aus den stattgefundenen unverbindlichen Besprechungen über diesen Gegenstand anzusehen.
Die Besprechungen gingen von der Erwägung aus, dass die Währungsreform die Aufgabe hat, den Liechtensteinschen Einwohnern, welche durch die infolge der Kriegsereignisse eingetretene Entwertung der österreichischen Krone einen schweren Vermögensverlust erlitten haben, die Möglichkeit einer wenigstens teilweisen Wiedergutmachung dieses Vermögensverlustes zu geben.
Die Vorschläge beruhen im allgemeinen auf den theoretischen Feststellungen des Professors Dr. [Julius] Landmann, welcher das Liechtensteinsche Währungsproblem in seinem Gutachten vom 22. August 1919 lichtvoll behandelt und geklärt hat. Freilich ist seit dem Zeitpunkte der Erstattung diese Gutachtens eine ausserordentliche Verschiebung der Geldverhältnisse eingetreten, vor allem insofern, als der Kronenkurs in Zürich seither von zirka 15 Cent. auf rund 2 Cent. gesunken ist. Aus diesem Grunde musste auch der Gedanke eines sofortigen Anschlusses an die Schweizer Francs-Währung auf Basis der gegenwärtigen Tageskurse fallen gelassen werden, da dieser Vorgang bedeuten würde, den eingehaltenen Vermögensverlust für alle Zukunft dauernd festzulegen.
In der Besprechung wurde weiters der Überzeugung Ausdruck gegeben, dass es vor allem notwendig sei, das Geldwesen des Landes Liechtenstein von dem Schicksal der österreichischen Krone loszulösen. Dies hätte durch die Ausgabe eigenen Liechtensteinischen Geldes zu geschehen, welches, auf einer ausreichenden metallischen Deckung basiert und unterstützt von einer bankmässig geleiteten, vernünftigen Devisenpolitik, im Auslande, also insbesondere in der Schweiz alsbald jene Bewertung finden müsste, welche der natürlichen Wirtschaftskraft des Landes entspricht.
Diese allmählig eintretenden Kurssteigerungen des als Übergangswährung gedachten, neu auszugebenden Geldes sollen den gegenwärtigen Kronenbesitzern in Liechtenstein wenigstens teilweise zugute kommen, ohne dass das Land hiebei eine grössere Last zu tragen haben wird, als für die Verzinsung und Amortisierung des Währungsanlehens von 1 bis 2 Millionen Schweizer Francs.
Genau so wenig wie der hohe Kurs der Schweizer Francs dem Schweizerischen Bürger Kosten verursacht hat, sondern eine natürliche Folge der günstigen Zahlungsbilanz des Landes ist, so wird auch die Verbesserung des Liechtensteinschen Geldwesens – abgesehen von der Verzinsung und Amortisierung des Währungsanlehens – das Land nicht belasten, sondern der Ausdruck seiner eigenen – von allen Kennern des Landes günstig beurteilten – Wirtschaftsverhältnisse sein.
Im Sinne der vorliegenden Vorschläge soll vorläufig eine eigene Liechtensteinsche Übergangswährung geschaffen werden, welche dem Lande die Möglichkeit belässt, seinerzeit bei definitiver Regelung, entweder auf einer eigenen Währung zu beharren oder sich einer fremden Währung – sei es der der Schweizerischen Francs oder der deutschen Mark – anzuschliessen.
Wie sich aus der folgenden Darstellung ergeben wird, ist zur Durchführung dieser Währungsreform die Mitarbeit eines Bankinstitutes erforderlich, welches über internationale Beziehungen und internationalen Kredit verfügt und dadurch imstande ist, der Währung des Landes in der Übergangszeit jenen Rückhalt zu geben, der zur Durchführung des Programmes notwendig ist. Aus diesem Grunde wurde das Konsortium zur Gründung der Liechtensteinschen Bank international, und zwar aus durchaus ersten Finanzgruppen zusammengesetzt. Dass hiebei der Vertretung der Liechtensteinschen Interessen im weitesten Masse Rechnung getragen werden wird, ist im beiliegenden Exposé über die Bankgründung ausführlich auseinandergesetzt.
Praktische Vorschläge als Ergebnis der Besprechungen:
Durch ein provisorisches Währungsgesetz wären folgende Massnahmen durchzuführen:
1) Sofortige, höchst vertraulich einzuleitende Zählung der Noten im Lande behufs Feststellung des tatsächlichen Umlaufes mit allen Vorsichtsmassregeln gegen unrichtige Angaben. (Im Sinne der vom Liechtensteinschen Gesandten in Wien, Prinz Eduard von Liechtenstein in seinem Gutachten de dato Bern, 31.1.1920, gegebenen Anregung). Die wichtigsten Schutzmassregeln wären einerseits die Ankündigung, dass nur die bei dieser Zählung angegebenen und vorgewiesenen Notenmengen seitens des einzelnen Besitzers zum Umtausche gegen die neu auszugebenden Liechtensteinsche Franken gebracht werden könnten, und andererseits die Ankündigung, dass die bei der Zählung gemachten Angaben die Grundlagen für eine allfällige Vermögensabgabe oder anderweitige Steuerheranziehung bilden werden. Ausserdem würde es sich empfehlen, bei der gemeindeweise durchzuführenden Zählung in jeder Gemeinde Ortskommissionen zu bestellen, welche auch in der Lage sein werden, die Richtigkeit der Anmeldungen insoweit zu beurteilen, dass auffallende Kronenschmuggeleien verhindert werden.
2) Abtrennung des Liechtensteinschen Währungsgebietes von Deutschösterreich durch Ausgabe eigenen Geldes, welches vorläufig die Bezeichnung „Liechtensteinsche Franken“ oder „Kronen“ führen soll, ohne dass damit – wie schon im Anfange dieser Ausführungen erwähnt, – der endgiltigen Bezeichnung und Durchführung der definitiven Währung vorgegriffen werden soll. Nachstehend wird an dem Ausdruck „Liechtensteinscher Franken“ festgehalten.
3) Empfehlenswert ist die möglichste Reduzierung des Kronennotenumlaufes; Mittel hiezu sind:
a) eine Vermögensabgabe, (beispielsweise progressiv 5 bis 15%; Grundbesitz, der vor dem Kriege erworben wurde, ist zum Friedenspreise zu besteuern; Spareinlagen sind gleich zu behandeln wie Bargeld, doch können Einlagen vor dem 1. Juli 1915 im Steuerfusse begünstigt werden).
b) Der Ankauf von Waren in Deutschösterreich eventuell durch die Liechtensteinsche Regierung und Verkauf dieser Waren in Liechtenstein. Diese Methode würde sich auch speziell empfehlen, um die Spareinlagen, welche in österreichischen Werten angelegt sind, zu reduzieren und gleichzeitig das Land mit den notwendigen Waren zu versehen.
Besprechungen wegen Erlangen von Ausfuhrbewilligungen in Österreich sind eingeleitet.
4) Schaffung einer Metalldeckung für Liechtensteinsche Franken durch Vermittlung der neu zu gründenden Bank (s. P. 9 a).
5) Austausch der bei der Zählung einbekannten österreichischen Noten gegen Liechtensteinsche Franken. Diesbezüglich hätte das zu erlassende Gesetz
A.die Relation für den Umtausch,
B. die Umtauschfrist
zu bestimmen.
A. Relation. Da die definitive Wertrelation sich auf Grund der zu erhoffenden günstigen Kursentwicklung erst im Zeitpunkte der Beendigung der Währungsreform (Punkt 11) ergeben wird, so kommt der Feststellung dieses vorläufigen Umtauschverhältnisses eine zwar wichtige, aber nicht allein entscheidende Bedeutung zu. Im Interesse des Gelingens der Aktion wird es sich empfehlen, keinen zu hohen Umtauschkurs vorzunehmen; im Interesse der Bevölkerung kann auch kein zu günstiger Kurs in Aussicht genommen werden. Es wird daher vorgeschlagen, den Umtausch auf der Basis von K 100 gleich 20 Liechtensteinschen Franken vorzunehmen. Bezüglich der Behandlung der Spareinlagen sind die genauen Bestimmungen im Punkt 12 enthalten. Es sei nur bemerkt, dass die Spareinlagen günstiger als Bargeld, und zwar abgestuft nach dem 1. Jänner 1915 (Vorkriegseinlagen) und späteren Einlagen behandelt werden sollen.
6) B. Umtausch – Aktion. Das Gesetz hätte den Stichtag und die Frist zu bestimmen, innerhalb welcher jeder Liechtensteinsche Einwohner das Recht hat, im Rahmen des von ihm bei der Notenzählung angegebenen Besitzes an Kronennoten diese Noten zu der im diesbezüglichen Gesetze festzustellenden Relation gegen Liechtensteinsche Franken umzutauschen. Diese Frist sollte im Interesse der Vermeidung von noch immer möglichen Durchstechereien verhältnismässig sehr kurz sein. Nach Ablauf dieser Frist besteht kein Anspruch mehr, österreichische Kronennoten gegen Liechtensteinsche Franken umzutauschen; wohl aber wird die Liechtensteinsche Bank ermächtigt sein, auch späterhin gegen Nachweis des legitimen Bedarfes österreichische Kronen-Noten gegen Schweizerische oder Liechtensteinsche Franken zum Züricher Tageskurse einzuwechseln.
Im übrigen wird nach Ablauf der Umtauschfrist ein Umtausch österreichischer Kronen-Noten gegen Liechtensteinsche Franken nur in folgenden Fällen möglich sein:
a) Die Liechtensteinsche Sparkassa wird nach Massgabe der gesetzlichen Umrechnungsbestimmungen (siehe P. 5 a bezw. P. 12) berechtigt sein, auch nach Ablauf der Umtauschfrist österreichische Kronen gegen Liechtensteinsche Franken zu den gesetzlich für die Spareinlagen bestimmten Umtauschkursen bei der Liechtensteinschen Bank vornehmen zu können.
b) Die Einzahlung des Aktienkapitals der neuen Bank kann je nach Entwicklung des Geschäftes nur sukzessive erfolgen. Über die Umrechnung der Einzahlung in Liechtensteinsche Franken müssen besondere Vereinbarungen bei Konstituierung der Bank mit dem Lande getroffen werden. Da die neue Bank gleiches Interesse wie das Land an dem Gelingen der Währungsreform hat, wird sich diese Frage leicht lösen lassen.
7) Gleichzeitig wäre zur Verhinderung weiteren Einströmens österreichischer Kronen (bei gleichzeitigem Abströmen der Liechtensteinscher Franken) durch das Währungsgesetz festzustellen, dass die österreichische Krone zwar bis auf Weiteres noch insoweit freie Zirkulation im Lande besitze, als ein Zwang zur Rückzahlung privater Kronenverbindlichkeiten in der neuen Liechtensteinschen Währung, abgesehen von der festgesetzten Ausnahme für die Sparkassen und die nach P. 8 noch zu erlassenden Bestimmungen nicht statuiert wird; die Bevölkerung wäre jedoch ausdrücklich aufmerksam zu machen, dass dies nur ein Übergangsstadium sei bis zur endgiltigen Festsetzung des Verhältnisses der Liechtensteinschen Franken zu den Schweizer Franken. Hiedurch würde jeder Einwohner gewarnt sein, österreichische Kronen in grösseren Beträgen anzusammeln, da diese bei der seinerzeitigen definitiven Festsetzung der Währung keine gesetzliche Zahlkraft mehr in Liechtenstein besitzen würden. Für Zahlungen der Steuern, Abgaben, für die Post, für neue Einlagen bei der Sparkassa, für Zahlungen an die Viehübernahmestellen oder sonstige staatliche Warenverkehrseinrichtungen hätte nur der Liechtensteinsche Franken Zahlkraft. Eine solche öffentliche Bekanntmachung dürfte genügen, im Lande eine Verdrängung der Liechtensteinschen Franken durch die Kronen zu verhindern.
(Man könnte ein solches Einströmen österreichischer Kronen auch dadurch zu verhindern trachten, dass man die nicht zum Umtausch gelangten österreichischen Kronennoten durch ein besonderes Merkmal (Abstempelung, Ausgabe von Gutscheinen) als Liechtensteinsche Krone kennzeichnet und nur diese gekennzeichneten österreichischen Kronennoten neben den Liechtensteinschen Franken zur Zirkulation zulässt. Dies hätte aber den grossen Nachteil, dass diese Liechtensteinschen Kronennoten nicht mehr für Wareneinkäufe in Österreich verwendet werden könnten, so dass dieser Gedanke – abgesehen von den erheblichen Kosten – nicht weiter verfolgt werden sollte.)
8) Die Frage der Behandlung von Schuldverhältnissen und deren Umrechnung in die neue Währung: Diese Frage bereitet theoretisch die grössten Schwierigkeiten, doch sürfte die praktisch eine wesentlich geringere Bedeutung haben, da nach der Ansicht der landeskundigen Persönlichkeiten Kreditverhältnisse – abgesehen von den bereits in erheblichem Masse rückgezahlten Hypotheken (derzeit zirka 15 Millionen Kronen ausstehend) und den Sparkassaeinlagen (siehe Punkt 12) –nur in sehr geringem Ausmasse in Betracht kommen. Es wird angeregt, diesbezügliche Erhebungen vorzunehmen und nach Massgabe ihrer Ergebnisse über die zu treffenden gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich dieser Kronenverbindlichkeiten schlüssig zu werden.
9) Die zu gründende Liechtensteinsche Bank hätte bei der Währungsreform in folgender Weise mitzuwirken:
Im Voraus sei bemerkt, dass – wie aus dem bei der Regierung erliegenden Statutenentwurf (Beilage zum 1. Konzessionsgesuche) hervorgeht – die neue Bank ausser den dem eigentlichen Bankgeschäfte gewidmeten Abteilungen eine ganz abgesonderte Notenabteilung erhalten soll. Diese Notenabteilung soll unabhängig von dem übrigen Geschäfte der Bank verwaltet werden, und die Regierung würde durch einen eigenen Kommissär die Geschäfte der Notenabteilung überwachen können. Im übrigen enthalten die Bestimmungen über die Notenabteilung alle jene gesetzlichen Massregeln, welche sich in den Statuten anderer Notenbank vorfinden, insbesondere auch über die Ausgabe von Banknoten gegen Eskomptierung von Wechseln und gegen sonstige bankmässige Sicherheiten. Die Notenabteilung wäre vom Lande mit der Durchführung der Währungsreform unter entsprechender Mitwirkung der Landesregierung zu betrauen. Ihre Tätigkeit wäre also die folgende:
a) Die neue Bank beschafft für Rechnung des Landes ein Auslandsdarlehen im Werte von 1 bis 2 Millionen Schweizer Francs. Die Höhe wird sich erst dann feststellen lassen, bis man einen Überblick über die Höhe des Notenumlaufes sowie über die Bewegung der Spareinlagen bei der Sparkassa haben wird.
Das Deckungsverhältnis für Liechtensteinsche Franken wird sich erst nach Feststellung dieser Voraussetzungen ergeben und selbstverständlich von grosser Bedeutung für die Kursentwicklung der Liechtensteinschen Franken sein. Je höher die Deckung, desto besser der Kurs, desto höher aber auch die Zinsenopfer, welche das Land für das die Deckung bildende Auslandsdarlehen zu bringen hat. Indem bei Aufnahme des Darlehens womöglich der Vorbehalt für eine vorzeitige Rückzahlung eines Teiles der Valutaanleihe gemacht werden wird, wird für den Fall vorgesorgt sein, als die durch das Valutaanleihen geschaffene metallische Deckung sich im Verhältnis zu dem Umlaufe an Liechtensteinschen Franken als zu gross erweisen sollte; anderseits wird durch die Ausbedingung einer Option für die Gewährung eines weiteren Kredites für den Fall vorgesorgt werden, dass das Land wünschen sollte, für den sich ergebenden Notenumlauf eine höhere metallische Deckung zu beschaffen.
Das Auslandsanlehen wird unter allen Umständen in langfristigen Annuitäten rückzahlbar sein (mit dem Vorbehalte der früheren Rückzahlung).
b) Die Darlehensvaluta ist im Einvernehmen mit dem Lande entweder als verzinsliches Kontokorrentguthaben bei der betreffenden ausländischen Bankstelle oder mehreren Bankstellen (jedoch nur in einem Lande mit effektiver goldgedeckter Währung, beispielweise Schweiz oder Holland) zu belassen oder in wirklichem Golde oder Goldmünzen in das Fürstentum zu bringen, soferne die Gesetze des Landes, in dem der Kredit aufgenommen wurde, die Goldausfuhr gestatten. Der erste Weg bedeutet eine Zinsenersparnis für das Land, da die Kontokorrentzinsen von den Anleihezinsen in Abzug kämen. Im letzteren Falle würde das Land die ganzen Anleihezinsen aufzubringen haben, da ein effektiver Goldschatz keine Zinsen tragen kann. Das Konsortium würde dringendst abraten, eine solche Goldvaluta auf nicht offizielle Weise, etwa im Wege des Schmuggels in das Land zu bringen, da dies von den schwersten politischen Folgen für die neutrale Stellung des Landes begleitet sein könnte. Eine solche Goldeinfuhr in das Land dürfte nur mit Zustimmung jenes Landes erfolgen, aus dem das Gold auf Grund des aufgenommenen Währungsanlehens ausgeführt werden soll.
c) Das Land hinterlegt, sei es das Kontokorrentguthaben, sei es die Goldvaluta in das Depot der gemäss den Statuten unter eine besondere Regierungskontrolle zu stellenden Notenabteilung der Bank mit der Bestimmung als Deckung für die Liechtensteinschen Noten zu dienen.
Es sei hiebei betont, dass es für die Frage der Notendeckung ohne Bedeutung ist, ob diese Deckung in einem bei der Notenbank effektiv erliegenden Goldschatze oder in einem Guthaben bei einem erstrangigem Bankinstitute eines Landes besteht, das eine Goldwährung hat, d. h. dessen Notenbank verpflichtet ist, die umlaufenden eigenen Banknoten jederzeit auf Verlangen in Gold einzulösen.
d) Durchführung des Umstandes der deutschösterreichischen Kronen gegen Liechtensteinsche Franken gemäss dem Punkte 1 bis 8 und Verwendung der eingezogenen österreichischen Noten.
10) Auch die Bankabteilung der Liechtensteinischen Bank wird ihre Geschäfte so durchführen, dass sie die Zahlungsbilanz (wohl zu unterscheiden von der Handelsbilanz) des Landes günstig beeinflusst. Sie wird den Liechtensteinschen Franken an der Züricher Börse zur Notiz bringen und auf die stete Verbesserung und Erhaltung eines günstigen Kurses hinwirken. Zu diesem Zwecke wird unter anderem in Aussicht genommen, mit Zustimmung der österreichischen Regierung Waren in das Ausland (z.B. nach Italien) gegen Liechtensteinsche Franken zu verkaufen.
Zum Verständnis des Begriffes der Zahlungsbilanz sei bemerkt, dass der reine Warenverkehr, der sich aus den Bedürfnissen des Landes ergibt, wohl auch in Hinkunft möglicherweise passiv sein wird, trotzdem kann die Zahlungsbilanz des Landes eine aktive werden, insbesondere dann, wenn es gelingt, in erheblichem Masse neue Einnahmen in fremder Währung zu schaffen. Dies wird insbesonders durch die Tätigkeit der Bank erfolgen, indem diese bemüht sein wird, durch Verlegung des Sitzes industrieller Gesellschaften, insbesonders Treuhandgesellschaften, neue Steuerobjekte zu schaffen, was in einem Falle, dank der Intervention des Konsortiums, bereits geschehen ist (Textilindustrie). Die Heranziehung von Wertpapier- und sonstigen Depots und von Einlagen, der Betrieb des laufenden Bankgeschäftes einschliesslich des Warenhandels, endlich der Postmarkenvertrieb wird gleichfalls in sehr ausschlaggebender Weise einwirken, um die Zahlungsbilanz des Landes günstiger zu gestalten und damit die Kursentwicklung der Liechtensteinschen Franken an der Züricher Börse vorteilhaft zu gestalten. Die Entwicklung des Fremdenverkehrs wird gleichfalls in diesem Belange von grosser Bedeutung sein.
11) Das Land wird im gegebenen Zeitpunkte gemeinsam mit der Liechtensteinschen Bank, falls es die Anlehnung an die Schweizer Währung anstrebt, jeneRelation des Liechtensteinschen Franken zum Schweizer Franken bestimmen, welche sich aus der durch längere Zeit verfolgten und zu einer gewissen Stabilität gelangten Kursentwicklung der Liechtensteinschen Franken an der Züricher Börse ergeben wird, und die als dauernde Grundlage der Liechtensteinschen Währung gelten soll. Diese Relation wird durch das in diesem Zeitpunkte zu erlassende definitive (im Gegensatze zu dem im Punkte 1 erwähnten provisorischen) Währungsgesetz festgesetzt werden. Um keine zu optimistischen, wenn auch durchaus im Bereich der Möglichkeit liegenden Erwartungen hervorzurufen, soll als Beispiel angenommen werden, dass die Liechtensteinschen Franken in Zürich längere Zeit hindurch 40 Centimes notierten. Wenn nun der Landtag und die Bank finden, dass dieser Kurs der Zahlungsbilanz des Landes und dem inneren Werte des Liechtensteinschen Franken entspricht, so würde beispielweise das zu erlassende Währungsgesetz zu bestimmen haben, dass in Hinkunft dauernd ein Liechtensteinscher Franken gleich 40 Schweizer Rappen zu gelten habe, und dass infolgedessen die Liechtensteinsche Bank verpflichtet wird, entsprechend dieser Relation jederzeit für je 40 Schweizer Rappen einen Liechtensteinschen Franken und umgekehrt einzuwechseln. Da es demnach die Aufgabe der Liechtensteinschen Bank sein wird, für die Aufrechterhaltung dieses Kurses und der hiezu erforderlichen Auslandsguthaben Sorge zu tragen und da diese Bank mit ihrem ganzen Kapitale für die Verpflichtungen haftet, so kann die Bestimmung dieser Relation, welche in das Währungsgesetz Aufnahme finden soll, auch nur gemeinschaftlich von dem Landtage, bzw. der Regierung und der Bank festgestellt werden. Mit der Erlassung dieses Gesetzes wird die Währungsreform ihren definitiven Abschluss finden. Von diesem Zeitpunkte an wird der Liechtensteinsche Franken (dauernd basiert auf der gesetzlich festgelegten Relation mit der Schweizer Währung) die einzige gesetzliche Währung des Landes sein.
Bei den vorstehenden Beispielen wurde angenommen, dass das Fürstentum Liechtenstein bei einer eigenen Währung bleiben wird, was unter dem Gesichtspunkte der Betonung der staatlichen Unabhängigkeit vielleicht nicht unwichtig ist. Es könnten natürlich in diesem Zeitpunkte, wo sich allmählich ein günstiges Verhältnis zwischen dem Liechtensteinschen Franken und dem Schweizer Franken herausgebildet hat, auch Verhandlungen mit der Schweiz wegen definitiven Anschlusses an die Schweizer Francswährung oder mit Deutschland oder einem anderen Grenzlande wegen Währungsanschlusses begonnen werden.
12) Besondere Bestimmungen bezüglich der Einlagen bei der Sparkassa: Diese Frage ist eine der wichtigsten, da einerseits auf die Interessen der Spareinleger, anderseits auf das Gelingen der Währungsreform Bedacht genommen werden muss, ohne dass die Sparkassa irgend einen Schaden erleidet. In der Diskussion wurden folgende Fragen erwogen:
a) Möglichste Verringerung der Spareinlagen durch Umwandlung in Waren; dies könnte beispielweise derart durchgeführt werden, dass die Regierung unter entsprechender Sachberatung bei der Sparkassa ein Darlehen zum Zwecke des Wareneinkaufes vornimmt und diese Waren entweder in Liechtenstein gegen Liechtensteinsche Franken oder gegen Anweisung auf Spareinlagen verkauft oder diese Waren im Auslande gegen vollwertige Valuta (beispielsweise Schweizer Francs) verkauft.
b) Die Umrechnung der Einlagen in Liechtensteinsche Währung hätte derart zu erfolgen, dass die Einlagen, welche nach Kriegsbeginn gemacht wurden, gleich wie Bargeld, während die Einlagen, welche vor dem 1. Jänner 1915 gemacht wurden, zu einem noch zu bestimmenden günstigeren Umrechnungskurse umzurechnen sind.
An der Hand einer genauen Statistik müsste ein solcher Schlüssel aufgestellt werden, demzufolge unter Umständen auch die Einlagen in den ersten Kriegsjahren zwar nicht gleich denen vor dem Kriege, aber etwas besser wie die aus dem letzten Kriegsjahre behandelt werden könnten. Es muss aber zur Vermeidung von Missverständnissen ausdrücklich betont werden, dass auch die im Jahre 1920 gemachten Spareinlagen niemals ungünstiger behandelt werden sollen als das Bargeld. An dieser Stelle sei erinnert, dass im Punkt 3 auch eine Begünstigung der Vorkriegseinlagen bei allfälliger Einführung einer Vermögensabgabe angeregt wurde.
Eine weitere Anregung ging dahin, eine besondere Begünstigung im Kurse für jene Einlagen in Aussicht zu nehmen, die der Einleger auf eine längere Zeit fest bindet, da es im Interesse der Währungsreform gelegen ist, wenn möglichst wenig Einlagen abgehoben werden; es sei denn z.B. zur Bezahlung von Waren (vide P. a) oder von Kronenverbindlichkeiten im Auslande. Überdies wäre eine solche Massnahme von erzieherischem Werte für die Befestigung des Sparsinnes.
c) Mit Beginn der Umwechslungsfrist sind alle Einlagen in ein durch das Gesetz – gemäss dem vorhergehenden Punkte b) – festzustellendes Umrechnungsverhältnis in Liechtensteinschen Franken umzurechnen und auch in dieser Währung zu verzinsen. Die Auszahlung der Einlagen würde sich immer in der Form abspielen, dass die Sparkassa, wie im Punkt 6a) ausgeführt, das Recht hätte, österreichische Kronen zum Zwecke der Rückzahlung von Einlagen auch nach Ablauf der Umtauschfrist gegen Schweizer Franken bei der Liechtensteinschen Bank zu verlangen.
d) Die Gefahr einer Unterbilanz für die Sparkassa dadurch, dass die Forderungen in der höherwertigen Liechtensteinschen Währung unter Umständen keine Bedeckung in den Kronen-Anlagen finden könnten, würde in Wirklichkeit nicht bestehen, da die Sparkassa, wie aus den vorstehenden Bestimmungen hervorgeht, das Recht haben wird, jederzeit die ihr aus der Liquidierung ihrer Kronen-Anlagen zufliessenden Kronennoten behufs Rückzahlung von Einlagen gegen Liechtensteinsche Franken bei der Liechtensteinschen Bank umzutauschen (bezüglich des Kurses siehe P. 2). Dieser Umtausch wird sich aber naturgemäss, wenn er in einem grösseren Umfange erfolgt ist als die Neueingänge an Sparlagen, in einer allmählichen Vermehrung des Notenumlaufes äussern und die Differenz zwischen dem Werte der eingelieferten Kronennoten gegenüber dem Werte der dagegen ausgegebenen Liechtensteinschen Franken wird sich naturgemäss in einer Verschlechterung des Deckungsverhältnisses bei der Liechtensteinschen Bank äussern. Um diese Wirkung zu vermindern, wird es notwendig sein, aus dem Gewinnanteile des Landes an dem Geschäfte der Notenabteilung einen Fond zu bilden, der speziell zur Ausfüllung dieser Differenz bestimmt ist. Um dies auf einen möglichst langen Zeitraum zu verteilen, wurde schon im vorhergehenden die Prämiierung von Bindungen von Spareinlagen auf längere Zeit durch Gewährung eines günstigeren Umrechnungskurses empfohlen. (Siehe auch Absatz a) dieses Punktes.)
Genaue, ziffernmässige Vorschläge können in dieser Richtung erst auf Grund eingehender statistischer Unterlagen gemacht werden.
e) Das Gesetz müsste weiter verfügen, dass vom Beginne der Umtauschfrist an die Sparkassa nur mehr Einlagen in Liechtensteinscher Währung entgegennehmen darf, und dass von diesem Zeitpunkte an die Sparkassa ihre Anlagen nur in Liechtensteinscher Währung (sei es durch Gewährung von Hypotheken, sei es durch Hinterlegung von Geldern bei der neuen Bank gegen Verzinsung) mache, während Anlagen ausserhalb des Landes und in fremder Währung nur mit Zustimmung der neuen Bank gemacht werden dürften. Der Grund für die Beschränkung liegt darin, dass durch etwaige Platzierung solcher neuer Anlagen im Auslande die von der Liechtensteinschen Bank geführte Devisenpolitik nicht gestört werden soll.
Wie bereits eingangs dieser Ausführung gesagt wurde, stellen die im vorstehenden gemachten Vorschläge das Ergebnis von Besprechungen dar, welche das holländisch-liechtensteinisch-österreichisch-schweizerische Konsortium zur Gründung einer Bank in Liechtenstein mit den genannten Delegierten des Fürstentums Liechtenstein zu pflegen die Ehre hatte. Diese Vorschläge erheben weder den Anspruch das schwierige Währungsproblem theoretisch behandeln und erschöpfen zu wollen, noch darauf, schon im gegenwärtigen Stadium eine allseits zufriedenstellende praktische Lösung zu sein. Die Vorschläge haben vielmehr nur den Zweck, die Grundlage für eine weitere praktische und theoretische Erörterung zu sein. Die Bevölkerung des Fürstentums Liechtenstein muss sich aber darüber im Klaren sein, dass jede Währungsreform und jede Verschiebung des Geldwertes mit gewissen Schwierigkeiten und Reibungen verbunden ist und dass es kein System geben wird, welches – zumindest in der Übergangszeit – nicht gewisse Nachteile mit sich bringt. Gefährlicher aber als diese Nachteile ist vielleicht die Zeitversäumnis, weil hiedurch unter Umständen eine erfolgversprechende Aktion überhaupt unmöglich gemacht werden kann.
Da das Gelingen der Währungsreform – gleichgiltig in welcher Weise sie erfolgen wird – unter allen Umständen in entscheidendem Masse von der auf Hebung der Zahlungsbilanz gerichteten Tätigkeit der neuen Bank abhängig ist, wäre es von Wichtigkeit, die Bank möglichst rasch ihre Tätigkeit aufnehmen zu lassen, damit sie im Zeitpunkte, in dem die Währungsreform in Angriff genommen wird, bereits ihre volle Kraft in den Dienst dieser Aufgabe stellen kann.