Im „Liechtensteiner Volksblatt“ wird die Übertragung der liechtensteinischen Interessenvertretung im Ausland an die Schweiz oder an Schweden gefordert


Einsendung im „Liechtensteiner Volksblatt", gez. „s", mit einer Anmerkung der Schriftleitung [1]

6.9.1918 

Unsere Vertretung im Auslande

(Eingesandt.)

Wäre es nicht möglich, dass irgend einer Gesandtschaft, z. B. der schweizerischen oder schwedischen, die Interessen der Liechtensteiner im Auslande übertragen würden; denn wie umständlich und mit wie viel Zeitverlust ist es verbunden, wenn man in Pass- oder sonstigen Angelegenheiten zu tun hat! 

Von der Polizei wird man abgewiesen mit dem Bemerken, man wende sich an das Konsulat; nun aber an welches? 

Überall ist der Glaube vorhanden, Liechtenstein gehöre zu Österreich und man wird deshalb auch immer an das österreichische Konsulat verwiesen, auf welchem man auch abgewiesen wird. [2] Soviel mir bekannt ist, vertritt Schweden die Interessen unserer Landsleute in Amerika. [3] Wenn unsere Regierung im besagten Sinne bei diesem oder einem andern neutralen Staate behufs Vertretung vorstellig werden würde, wäre uns im Auslande Lebenden viel geholfen.

Manche Negerrepublik ist in den Kulturstaaten Europas vertreten, [4] das Fürstentum Liechtenstein jedoch, das mitten in Europa liegt und während des Krieges auf allen Seiten abgeschlossen ist, lässt seine Bürger im Auslande ohne jede Vertretung.

Es wäre deshalb nur billig, wenn diese Frage endlich eine Erledigung finden würde.

Im Namen der Liechtensteiner im Auslande bitte ich unsern Landtag, er möchte sich in der kommenden Session meiner Bitte annehmen. [5] 

Anmerkung der Schriftleitung: Wie uns nach Erkundigungen mitgeteilt wird, ist die Vertretung der Liechtensteiner im Auslande, und gerade auch in jenem Staate, aus dem diese Zuschrift kommt, [6] dem österreichischen Konsulate übertragen. [7]

In Amerika vertritt unsere Interessen gegenwärtig Schweden.

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[1] L.Vo., Nr. 36, 6.9.1918, S. 2. Vgl. die ähnlich gelagerten Forderungen nach einer Interessenvertretung Liechtensteins durch die Schweiz in: O.N., Nr. 6, 9.2.1918, S. 1 („Liechtensteiner im Auslande") und O.N., Nr. 8, 23.2.1918, S. 3 („Unsere Interessen-Vertretung im Auslande").
[2] Das Fürstentum Liechtenstein verfügte bis 1919 über keine diplomatischen Vertretungen im Ausland. Österreich-Ungarn übernahm ab 1880 die diplomatische Vertretung Liechtensteins.
[3] Die diplomatischen Beziehungen zwischen Österreich-Ungarn und der USA wurden am 8.4.1917 abgebrochen. Nach einer Auskunft des österreichisch-ungarischen Aussenministeriums vom 5.3.1918 wurden die österreichischen Interessen in der USA und in Grossbritannien durch Schweden wahrgenommen. Die Interessenvertretung in Frankreich und Rumänien erfolgte durch die Schweiz, in Italien durch Spanien, in Russland durch Dänemark sowie in Ägypten, Griechenland, Siam und China durch Griechenland (Beilage zu LI LA V 003/0044).
[4] Wohl eine Anspielung auf das Konsularwesen der Republik Liberia. – Liberia trat 1917 auf Seite der Alliierten in den Ersten Weltkrieg ein.
[5] Die neue Landtagssession wurde am 3.10.1918 eröffnet. Soweit aus den Regesten zu den Landtagsprotokollen ersichtlich ist, wurde die Frage der diplomatischen Vertretung Liechtensteins durch die Schweiz in dieser Session nicht behandelt.
[6] Die Herkunft der Einsendung ist nicht bekannt.
[7] Vgl. das Schreiben von Wilhelm Karl Schlegel aus München vom 12.11.1918, in welchem dieser die liechtensteinische Regierung um konsularischen Schutz der Auslandliechtensteiner durch die Schweiz ersuchte (LI LA RE 1918/4943).