Artikel im "Liechtensteiner Volksblatt" [1]
2.12.1943
Tagung des liechtenstein. Landesverbandes für Frauen u. Töchter
Sonntag, den 21. November 1943 fand im Institut St. Elisabeth in Schaan die Tagung des liechtensteinischen Landesverbandes für Frauen und Töchter statt. Die Vereinsvorsitzende Frau Dr. Rosa Batliner konnte zu derselben nicht nur einen vollen Saal von Frauen und Töchtern aus allen Gemeinden Liechtensteins, sondern auch Ihre Durchlaucht die Fürstin [Gina] und Regierungschef Dr. [Josef] Hoop begrüssen. Die Tagung wurde in der Klosterkirche mit einem Gottesdienst und einer Ansprache des Geistlichen Beirates, Hochwürden Herrn Pfarrer [Johannes] Tschuor, eröffnet, woran sich die Vorträge der Präsidentin des katholischen Frauenbundes der Schweiz, Frau Dr. [Lina] Beck, und jene des Herrn Regierungschefs Dr. Hoop anschlossen. Frau Dr. Beck sprach über das Thema: Es steht und fällt ein Volk mit seinen Frauen. Die Worte über die starke, kluge und die reine Frau, über die die Referentin sprach, wurden von den Teilnehmerinnen geradezu mit Andacht aufgenommen. Man freute sich nicht nur über die feine und tiefgründige Art, mit der so manches schwierige Problem dargestellt wurde, sondern auch über die immer wieder aufgezeigte christliche Grundhaltung, mit der diese Probleme des Frauenlebens einer Lösung entgegengeführt wurden.
Regierungschef Dr. Hoop sprach über Wünsche der liechtensteinischen Regierung an den Landesverband der Frauen und Töchter. Er begann mit einem Dank der Regierung an die Frauen Liechtensteins für ihre opferwillige Arbeit in der Gegenwart und der Vergangenheit, betonte die bedeutsame Rolle der Frau in der Familie, vorab dann aber auch im Staate. Was die Regierung von der Frau erwarte, sei die getreue Erfüllung der ihnen von der Natur überbundenen Pflichten und der von der Zeit an sie gestellten Aufgaben. Vor allem der Kindererziehung soll die Frau die möglichste Sorgfalt widmen, um unsere Jugend zu tüchtigen und brauchbaren Menschen heranzuziehen. Von einzelnen konkreten Wünschen sei die Ausbildung jener Töchter herausgenommen, die im Erwerbsleben stehen und sich für ihren eigentlichen Beruf als Hausfrau mangels Zeit oder Lust nicht genügend vorbereiten. Durch Veranstaltung von Kursen könne der Landesverband hier viel Nützliches leisten. Eine weitere praktische Aufgabe erwachse dem Verbande durch die Fortbildung unserer Frauen gerade in der heutigen Kriegszeit, in der die Führung des Haushaltes vermehrte und neue Aufgaben stelle. Er empfiehlt des Weiteren dem Verband die Pflege des Sportes zu überlegen, in anderen Ländern seien tausende und abertausende katholische Töchter in katholischen Turnvereinen zusammengeschlossen und es sei auch für die liechtensteinischen Frauen nicht abwegig, wenn sie sich mit Sport abgäben. Eine ganz besonders edle Aufgabe erwachse der liechtensteinischen Frau auf geistigem Gebiete. Von der Überlegung ausgehend, dass Liechtenstein von den Schrecken des Krieges verschont geblieben sei und die Familie friedlicher Erwerbstätigkeit nachgehen könne, stehe es ihr besonders an, den liechtensteinischen Geist in den Familien hochzuhalten und vor allem die Kinder in diesem Geiste zu erziehen.
Der Nachmittag war angefüllt mit einem Referate von Hochw. Herrn Pfarrer Tschuor über brennende Fragen der liechtensteinischen Frauen- und Töchterwelt, sowie einem weiteren Referat über "Fromme Mütter, laue Kinder", von Hochw. Herrn Pfarrer [Albert] Schlatter, Triesen. Herrn Pfarrer Tschuor führte aus, die erste brennende Frage sei die Erziehung unserer Frauen und Töchter zum Bewusstsein, dass Macht in ihren Händen sei, die zweite die Erziehung zum Glauben an Liechtensteins Aufgabe trotz seiner Kleinheit, ein Beispiel für den Segen voll verwirklichter katholischer Prinzipien für alle Belange des irdischen Lebens zu sein, die dritte: Erziehung zur Ausweitung des durch die Frauenart bedingten und mit ihr gegebenen Sinnes für das Leben, auch auf übernatürlichen Lebensfunktionen. Er schlägt weiter vor, Fühlungnahme mit der liechtensteinischen Regierung zwecks Einführung einer Prüfung für die Bräute vor Erteilung des liechtensteinischen Ehekonsenses, Durchführung von Brautleutetagen, Beratungsstellen für gute Lektüre, für die weiblichen Organisationen und Brautleute, Durchführung von Tagungen für die Bäuerinnen und für das weibliche Personal im Gastwirtschaftgewerbe, Fühlungnahme mit der fürstlichen Regierung zwecks Herausgabe einer "Pro Matre Marke", um eine Hilfsquelle für die Mutterfürsorge zu erschliessen usw. Das Referat von Hochw. Herrn Pfarrer Schlatter behandelte die religiöse Erziehung durch die Familie. Es ist unmöglich, hier dieses ausgereifte und theologisch bestfundierte Referat auch nur auszugsweise wiederzugeben. Die dem Verbande angeschlossenen Vereine würden gut tun, es sich zur Begleitung für ihre Arbeit zu nehmen und zu diesem Zwecke in ihren Vereinen neu zu behandeln. Die Tagung nahm einen ausserordentlich schönen u. anregenden Verlauf und dürfte ihre reichen Früchte in der Winterarbeit unserer Vereine bringen.
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[1] L.Vo., Nr. 138, 2.12.1943, S. 1f.