Die Schriftleitung des "Stürmers" ersucht Carl von Vogelsang, sie über den Prozess gegen den jüdischen Emigranten Sally Isenberg auf dem laufenden zu halten


Schreiben der Schriftleitung des "Stürmers" an Carl von Vogelsang, gez. H. (vermutlich Ernst Hiemer) [1]

12.10.1936, Nürnberg

Sehr geehrter Herr von Vogelsang!

Wir danken Ihnen für die Übersendung der Schriftstücke in der Angelegenheit Sally Isenberg [2]. Mit Dr. V. habe ich telephonisch verhandelt und ihm die Namen in S. mitgeteilt. Wir hoffen, dass nun alles klappen wird und der Prozess den Ablauf nimmt, den wir alle erwarten.

Wegen des jungen Mannes habe ich mit unserem Verlagsdirektor Rücksprache genommen. Er erklärte mir, dass es selbst beim besten Willen heute nicht möglich sei, in unseren Betrieb noch junge Leute aufzunehmen. Vielleicht bietet sich später einmal dazu die Gelegenheit.

Bitte halten Sie uns über den Fall I. [Isenberg] immer auf dem laufenden. Es interessiert uns natürlich lebhaft, was sich hier noch ereignet. Ich habe erwartet, dass Sie, Herr von Vogelsang, anlässlich des Reichsparteitages [3] nach Nürnberg kommen. Ich hatte sowohl für Sie als auch für Rudolph Sch. [Schädler] einige Eintrittskarten reserviert. Das gleiche gilt für die Frau Tochter von Frau Schädler. Leider hat sich niemand auf der Schriftleitung blicken lassen, sodass wir die Karten an andere Interessenten weitergeben mussten. Ich hoffe aber, dass Sie dann nächstes Jahr an den Geschehnissen des Reichsparteitages 1937 Anteil nehmen werden.

Herzliche Grüsse an alle Bekannten

Ihr

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[1] LI LA RF 169/170/005/088.
[2] Nach einschlägigen antisemitischen Artikeln im "Stürmer" und im "Liechtensteiner Vaterland" hatte Sally Isenberg beim Landgericht in Vaduz einen Verleumdungsprozess gegen Carl von Vogelsang angestrengt. Zur Chronologie der Ereignisse siehe etwa LI LA RF 169/170/005/035 (mit weiteren Verweisen).
[3] "Der Reichsparteitag der Ehre" fand zwischen dem 8. und dem 14. September 1936 in Nürnberg statt.