Das k.k. Justizministerium beurlaubt den österreichischen Auskultanten Julius Thurnher auf unbestimmte Zeit zwecks richterlicher Betätigung am F.L. Landgericht in Vaduz


Maschinenschriftliches Schreiben von Hofkanzleileiter Hermann von Hampe, gez. ders., an die liechtensteinische Regierung [1]

28.11.1914, Wien

In der Anlage sub ./1 wird der fürstlichen Regierung die heute eingelangte Erledigung des k.k. Justiz-Ministeriums vom 25. November d.J., Z. 38259/14, [2] übermittelt, wonach das hohe Ministerium dem gestellten Ansuchen entsprechend, den Auskultanten Herrn [3] Dr. Julius Thurnher vom 1. Dezember 1914 an auf unbestimmte Zeit zum Zwecke seiner richterlichen Betätigung bei dem fürstlich Liechtensteinischen Landgerichte in Vaduz [4] unter den bisherigen Bedingungen beurlaubt hat, wonach derselbe auch weiterhin in der Liste der Auskultanten des Oberlandesgerichtssprengels Innsbruck in der bisherigen Folge geführt werden wird. – [5]

______________

[1] LI LA SF 01/1914/095 (Aktenzeichen der fürstlichen Hofkanzlei: No. 17.837). Eingangsvermerk der Regierung vom 30.11.1914. Handschriftlicher Randvermerk: „Diensteid“. – Der Vorarlberger Thurnher war aufgrund fürstlicher Entschliessung vom 24.9.1913  als provisorischer 2. Richter am F.L. Landgericht und aufgrund fürstlicher Entschliessung vom 19.5.1914 zudem als Staatsanwalt in Vaduz tätig (LI LA SF 01/1913/015; LI LA SF 01/1913/048; LI LA SF 01/1913/052; LI LA SF 01/1914/045; LI LA SF 01/1914/047; LI LA J 014/1914/18). In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass der (erste bzw. definitive) F.L. Landrichter Franz Josef Erne, der ebenfalls österreichischer Staatsangehöriger war, im September 1914 zum Tiroler Landsturmregiment Nr. 2 einberufen wurde und im März 1915 in russische Kriegsgefangenschaft geriet (vgl. etwa LI LA SF 01/1915/20).  
[2] LI LA SF 01/1914/095.
[3] Auskultant: Anwärter auf das öst. Richteramt.
[4] Nach Art. II des Staatsvertrages vom 19.1.1884 bezüglich der Justizverwaltung im Fürstentum Liechtenstein, LGBl. 1884 Nr. 8 bzw. öst. RGBl. 1884 Nr. 124, hatte die österreichische Regierung die ihr unterstehenden richterlichen Beamten, welche in den liechtensteinischen Justizdienst eintraten oder von ihren Vorgesetzten angewiesen wurden, die Stelle eines liechtensteinischen richterlichen Beamten vorübergehend zu versehen, nach Massgabe des Bedarfes für die Dauer der Dienstleistung im Fürstentum Liechtenstein zu beurlauben.
[5] Landesverweser Leopold von Imhof orientierte Thurnher mit Schreiben vom 1.12.1914 hierüber mit dem Ersuchen, sich wegen Ablegung des Diensteides bei ihm zu melden (LI LA SF 01/1914/095).  – Mit Schreiben vom 10.6.1915 teilte das k.k. Ministerium für Landesverteidigung der fürstlichen Hofkanzlei mit, dass der stellvertretende Richter Thurnher auf unbestimmte Zeit vom Landsturmdienste enthoben wurde (LI LA SF 01/1915/ad 24 (Aktenzeichen des Ministeriums: E.G. Nr. 27.462. Aktenzeichen der Hofkanzlei: 6920)). Nach der Rückübernahme Ernes in den österreichischen Justizdienst wurde Thurnher von Fürst Johann II. am 30.7.1917 mit der fürstlichen Landrichterstelle betraut (L.Vo., Nr. 34, 24.8.1917, S. 1 („Kundmachung“)).