Einige in der Schweiz wohnhafte Liechtensteiner beklagen die Krise im Baugewerbe sowie den Ausschluss von kantonalen Arbeitsmassnahmen


Veröffentlichung einer Zuschrift von nicht näher genannten Liechtensteinern in Zug in den "Oberrheinischen Nachrichten" [1]

3.10.1914

(Eingesandt). Durch die infolge der Kriegswirren herbeigeführte Krisis im Baugewerbe sind die in der Schweiz wohnenden Liechtensteiner besonders hart betroffen worden, weil es sich hier in der Hauptsache um Handwerker handelt. Die Schweiz hat verschiedentlich Arbeiten ausgeschrieben, um der Arbeitslosigkeit ihrer Bürger entgegenzutreten. Bei diesen Arbeiten werden aber nur Schweizer berücksichtigt und es ist der Fall vorgekommen, dass sich Liechtensteiner zu kantonalen und andern Arbeiten beworben haben, die ausgeschrieben waren. Diesen wurde aber der Bescheid [mitgeteilt], man müsse in erster Linie hiesige Leute, also Schweizer, berücksichtigen. Es drängt sich da unwillkürlich der Gedanke auf, wie mag es wohl in Liechtenstein sein, wird den Schweizern dort auch ein derartiger abschlägiger Bescheid zu teil, wodurch oft ganze Familien in Not geraten.

Dürfte der gegenwärtig auftretenden Not nicht vielleicht auch durch Liechtenstein ein Einhalt geboten werden können, indem man z. B. mit dem Bau des Lawenawerkes begänne, dessen Erbauung ja bereits vom Liechtensteinischen Landtag beschlossen ist und wofür bereits die Bausumme bewilligt wurde. [2] Es unterliegt keinem Zweifel, dass durch die Inangriffnahme eines derartigen Werkes wieder Brot für viele Familien geschaffen würde.

Die Liechtensteiner sehen sich durch die gegenwärtigen Verhältnisse gezwungen, auf ihre Notlage hinzuweisen und hoffen zuversichtlich, dass es auch in Liechtenstein nicht unterlassen wird, einen derartigen Vorschlag zu prüfen und man dort wie jeder Staat und jede Regierung alles aufbieten wird, um nach Kräften die Not ihrer Landeskinder zu lindern.

Mehrere Liechtensteiner in Zug (Kt. Zug) [3]

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[1] O.N., Nr. 24, 3.10.1914, S. 3.
[2] Vgl. hiezu die Protokolle der ausserordentlichen Landtagssitzungen vom 18.7, 20.7. und 22.7.1914 (LI LA LTA 1914/S04/2).
[3] Vgl. in weiterer Folge O.N., Nr. 25, 10.10.1914, S. 2 ("Zur Aufklärung").