Mitteilung der Regierung, nicht. gez. [1]
13.8.1927
Mitgeteilt der Legierung.
In letzter Zeit sind in der Schweizer Presse unwahre und entstellte Nachrichten über finanzielle Schwierigkeiten im Fürstentum Liechtenstein erschienen. Der Wahrheit gemäss muss festgestellt werden, dass die finanzielle Gebahrung des Fürstentums Liechtenstein eine geordnete ist und dass die Staatsrechnung seit 1923 mit einem jährlichen Gewinne abgeschlossen hat. Bezüglich der Angriffe auf das Landeswerk Lawena sei Folgendes gesagt:
Die Gesamtkosten für das Landes-Elektrizitätswerk Lawena in Triesen, inbegriffen den baulichen Teil, sowie dem Rückkauf und Ausbau des Netzes waren, gemäss ursprünglichem Voranschlag mit Fr. 1,185,000 vorgesehen.
Infolge eines weiteren baulichen Ausbaues des Werkes und des Landesnetzes, sowie höherer Kosten für den Rückkauf, Umbau und Ausbau des Netzes haben sich gegenüber dem Voranschlage Mehrkosten im Betrage von Fr. 319,000 ergeben, sodass sich heute die Gesamtkosten einschliesslich des Dotationskapitales von Fr. 300,000 auf Fr. 1,504,000 stellen.
Die Mehrkosten von Fr. 313,000 verteilen sich wie folgt: 1. Der bauliche Teil, inbegriffen die hydraulischen und elektrischen Anlagen, war mit Fr. 620,000 veranschlagt. Die effektiven Baukosten haben sich, gestützt auf die Schlussabrechnung zu Fr. 744,000 ergeben. Die Mehrkosten betragen Fr. 124,000 und wurden zu Ergänzungen und Neuanschaffungen, wie Wasserversorgung, Hauptabschluss-Schieber, Schopf, Magazin usw. verwendet. Diese Mehrausgaben erhöhen die Leistung und heben den Wert der Anlage.
2. Die Kosten für den Rückkauf des Netzes der 3 noch nicht an das Landesnetz angeschlossenen Gemeinden Vaduz, Eschen und Mauren, sowie damit im Zusammenhange stehende Umbaukosten, des ferneren die Ausgaben für die im Jahre 1926 erstellte Verbindungsleitung zwischen der Zentrale Feldkirch und Nendeln erforderten rund Fr. 420,000 gegenüber Fr. 265,000 auf Grund der früheren Schätzungen. Diese Mehrausgaben betragen Fr. 155,000.
3. Die Disagio-Auslagen im Betrage von Fr. 40,000 waren in der ersten Aufstellung nicht enthalten, da deren Amortisation durch einen entsprechenden Zuschlag zum Zinsfuss Berücksichtigung finden sollte. Letzterer kam dann in Wegfall.
Das Elektrizitätswerk Lawena kam am 6. Januar 1927 in Betrieb. In folge Undichtwerdens der Druckrohrleitung an zwei Stossstellen musste das Werk Ende April 1927 ausser Betrieb gesetzt werden.
Die Ursache der Undichtigkeiten liegt in der Dichtungsart, welche, trotzdem von einem erstklassigen Spezialwerke für Druckleitungen in Vorschlag gebracht, den wirklichen Verhältnissen der Lawena-Anlage technisch nicht richtig angepasst war und daher versagte.
Zur Begutachtung der zu treffenden Massnahmen für die Behebung der Undichtigkeiten wurde von der Regierung Professor Dr. M. [Mirko] Ros, Direktor der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt an der Eidgen. Technischen Hochschule in Zürich herbeigezogen. Der Experte fand den Vorschlag der Bauleitung, welcher ein elektrisches Zuschweissen sämtlicher Stösse der im Erdboden verlegten Leitung vorsah, in Ordnung und die Arbeit selbst als technisch richtig ausgeführt. Die im Betriebe unter einem maximalen Druck von 88 Atm. stehende Leitung wurde nach Beendigung der Dichtungsarbeiten einem Probe-Innendruck von 120 Atm. während 8 Stunden ausgesetzt. Die Leitung hat sich dabei als dicht erwiesen.
Heute ist das Lawenawerk wieder in Ordnung und liefert Kraft.
Die Kosten der gründlichen Behebung der Undichtigkeiten der Druckrohrleitung stellten sich auf rund Fr. 25,000. Solche unvorhergesehene Auslagen sind, wie Erfahrungen beweisen, beim Bau jedes grösseren Kraftwerkes unvermeidlich.
Die in verschiedenen schweizerischen Zeitungen zum Abdruck gebrachte Einsendung aus Vaduz, dass der Kostenvoranschlag für das Landeselektrizitätswerk Lawena um fast eine Million Franken überschritten worden ist und dass für Abänderungen der Anlage nochmals einige Hunderttausende aufzuwenden sein werden, entstellt die Tatsachen und entspricht nicht der Wahrheit.
(Es war endlich an der Zeit, dass die Regierung zum Thema „Lawenawerk" spricht, nicht zu verneinen sind die grossen Überschreitungen des Voranschlages. Mit diesem Thema werden wir uns gelegentlich beschäftigen und auf die einzelnen Punkte zurückkommen. Anmerkung der Schriftleitung.)
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[1] L.Vo. 13.8.1927, S. 1.