Felix Real zeigt den galizischen Juden Marian Thuna wegen unerlaubten Hausierens bei der Regierung an


Maschinenschriftliches Schreiben von Felix Real, gez. ders., an die Regierung [1]

15.6.1921, Vaduz

An die Hohe Fürstliche Regierung, Vaduz

Der Unterfertigte bringt hiermit einer hohen fürstlichen Regierung zur Anzeige, dass in Vaduz und wahrscheinlich auch in anderen Orten des Landes ein gewisser Marian Thuna Chocolade direkt an Private verkauft. Genannter wohnt in Vaduz bei Frau Wwe. Olga Seeger. Ein einzelner Fall sei hier angeführt. Er besuchte die Frau Ingenieur [Gertrud] Riedl, Tochter des Herrn Doktor Rudolf Schädler, in der elterlichen Wohnung in Vaduz und trug ihr Packungen von Chocolade im Werte von zwölf Franken an. Als die Waren kamen, kosteten sie fünfzehn Franken. Thuna hat die Bestellung nebenbei bemerkt nicht für Gaflei, [2] sondern ganz privat für Frau Ingenieur Riedl aufgenommen.

Solche Leute würden in der Schweiz sofort des Landes verwiesen und ist dies bei uns nun auch endlich am Platze. Es geht nicht an, dass das einheimische Gewerbe von Polnischen Juden, die nicht einmal um die Bewilligung ansuchen, langsam erdrückt wird. [3]

Ergebenst

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[1] LI LA J 007/S 051/146 (Zl. 1. Aktenzeichen der Regierung: 2652 ad 0569 Sts). Briefkopf der Handlung Felix Real in Vaduz. Eingangsstempel der Regierung vom 16.6.1921. Die Anzeige wurde von Josef Ospelt am 16.6.1921 der Staatsanwaltschaft zur Amtshandlung abgetreten. Der stellvertretende Staatsanwalt Ferdinand Nigg beantragte noch selbentags beim F.L. Landgericht die Einleitung eines Strafverfahrens gegen Thuna wegen Übertretung der Gewerbeordnung. – Am 17.7.1921 zeigte Felix Real einen weiteren Fall unerlaubten Hausierens seitens des Thuna an: Fast jede Woche komme dieser in das Bürgerheim Vaduz, um seine Waren zu offerieren und werde dabei sehr aufdringlich. Er gehe einfach nicht aus dem Haus, bevor er nicht eine Bestellung habe ((LI LA J 007/S 051/146).
[2] Rudolf und Albert Schädler erbten 1907 von ihrem Bruder Karl Schädler das Kurhaus Gaflei, das dieser 1894 erworben hatte. Rudolf leitete jahrzehntelang des Kurhaus und war dort auch als Arzt tätig. 
[3] Vgl. in weiterer Folge das Schreiben von Rudolf Real (Präsident des Verbandes der liechtensteinischen Kaufleute) gegen Thuna, der "doch eigentlich schon vorbestraft" gehöre, an die Regierung vom September 1921 (LI LA RE 1921/4349). Thuna wurde schliesslich am 19.1.1922 vom F.L. Landgericht von der Anklage, das Hausierpatent übertreten zu haben, freigesprochen (LI LA J 007/S 051/146 (Zl. 4)).