Fürst Johann II. revidiert auf Grundlage der "Schlossverhandlungen" seine Beschlüsse über die Grundsätze der Verfassungsrevision und über die Bestellung von Josef Peer zum Landesverweser


Maschinenschriftliche Entschliessung, gez. Fürst Johann II., die Richtigkeit bestätigt durch Kabinettsrat Josef Martin, Vorsteher der Kabinettskanzlei [1]

13.9.1920, Vaduz

Über Bericht und Antrag des Vorstandes Meiner Kabinettskanzlei [Josef Martin] und des Hofrates Dr. [Josef] Peer finde Ich Mich bestimmt, folgende Modificationen Meiner Entschliessung vom 11. m.c. [mensis currentis] [2] zu genehmigen:

Ad I:

1. Zwischen die Worte "demokratischer" und "Grundlage" sind die Worte "und parlamentarischer" einzuschalten.

3. Der zweite Satz hat zu lauten: "Der Landammann und sein Stellvertreter werden vom Fürsten einvernehmlich mit dem Landtage über dessen Vorschlag ernannt."

Der dritte Satz hat zu lauten: "Für das Amt des Landammanns und seines Stellvertreters haben nur gebürtige Liechtensteiner in Betracht zu kommen."

4. Zum zweiten Absatz tritt folgender Zusatz: "Kollegiale Behörden sind mehrheitlich mit Liechtensteinern zu besetzen."

Zur Kompetenz des Staatsgerichtshofes gehören weiters: Prüfung der Verfassungsmässigkeit von Gesetzen, Entscheidung über Klagen auf Haftung des Staates für Verschulden seiner Beamten und über Klagen des Landtages auf Entlassung von Regierungsmitgliedern oder von nichtrichterlichen Beamten wegen behaupteter Pflichtverletzungen.

Im dritten Absatze tritt an Stelle der Worte "wenigstens zur Hälfte" das Wort "mehrheitlich".

6. Ab "wenigstens" hat die Fassung zu lauten: "300 wahlberechtigte Landesbürger oder über Gemeindeversammlungsbeschlüsse von mindestens drei Gemeinden einzuberufen."

Zwischen Absatz 2 und 3 ist einzuschalten: "Die Grundsätze des Proportionalwahlrechtes sind sinngemäss auch dann anzuwenden, wenn der Landtag im Wege der Wahl Kommissionen oder Behörden zu beschicken hat."

7. Statt "eingehend" ist "eingehendst" zu setzen und zwischen "in" und "zeitgemäss" ist "vollkommen" einzuschalten.

Am Schlusse des P. 7 ist anzufügen: "Verfassungsreferendum und -Initiative erheischen wenigstens 500 wahlberechtigte Stimmen oder Gemeindeversammlungsbeschlüsse von mindestens 4 Gemeinden; in allen übrigen Fällen genügt die in P. 6 fixierte Untergrenze."

8. Das Wort "thunlichst" hat zu entfallen.

Ad II.

Die Abschliessung der Zoll- & Handelsverträge mit einem Nachbarstaate ist aus den dem Dr. Peer zugedachten Aufgaben auszuscheiden & es sind die diesbezüglich bereits eingeleiteten Verhandlungen mit dem Nachbarstaate durch den Geschäftsträger Legationsrat Dr. [Emil] Beck weiterzuführen.

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[1] LI PA VU, Schlossabmachungen, Nr. 8. Ebd. eine von Landrichter Julius Thurnher beglaubigte Abschrift vom 23.9.1920. Ediert in: Die Schlossabmachungen vom September 1920. Studien und Quellen zur politischen Geschichte des Fürstentums Liechtenstein im frühen 20. Jahrhundert, hrsg. von der Vaterländischen Union, Vaduz 1996, S. 191f. Das Dokument stammt aus dem Nachlass von Gustav Schädler und wurde von dessen Söhnen dem Parteiarchiv der Vaterländischen Union übergeben. Die Entschliessung beruht auf den Ergebnissen der Verhandlungen zwischen Vertretern der Volkspartei einer- und Josef Peer und Josef Martin andererseits vom 11./12.9.1920 (vgl. LI PA VU, Schlossabmachungen, Nr. 5).
[2] LI PA VU, Schlossabmachungen, Nr. 7.