Das Obersthofmarschallamt war seit 1564 Gerichtsstand für alle Angehörigen des Wiener Hofstaates, ausserdem für die kaiserlichen Diplomaten im Ausland sowie für die Diplomaten fremder Mächte in Wien. Nach der Reorganisation von 1783 noch zuständig für die Zivilrechtssachen der Mitglieder des Kaiserhauses, von Hochadeligen (im besonderen deren Fideikommissangelegenheiten) sowie die Rechtssachen der „Exterritorialen“ (d.h. von Diplomaten und Angehörigen vormals regierender Linien). (Quelle: AT-OeSTA Archivinformationssystem).
Das Obersthofmarschallamt war nach Art. III des Einführungsgesetzes zur Jurisdiktionsnorm vom 1.8.1895, RGBl. 1895 Nr. 110, Zivilgerichtsbehörde für die Mitglieder des kaiserlichen und königlichen Hauses, ferner über Personen, denen dieser Sondergerichtsstand zufolge ah. Anordnungen als Privileg verliehen wurde. Hierunter fielen u.a. der regierende Fürst von Liechtenstein (Justizministerialerlass vom 10.8.1851, RGBl. Nr. 183) und Prinz Franz von Liechtenstein (Justizministerialerlass vom 5.11.1880, RGBl. Nr. 134). Weiters war das Obershofmarschallamt zuständige Behörde für bestimmte Fideikommisse. Das Obersthofmarschallamt war schliesslich Gerichtsbehörde für jene Personen, denen das Vorrecht der Exterritorialität zustand, sofern sich diese seiner Gerichtsbarkeit unterwarfen. Vgl. auch die Kaiserliche Verordnung vom 19.7.1916 über die Ausübung der Gerichtsbarkeit durch das Obersthofmarschallamt, RGBl. Nr. 223. Mit Gesetz vom 5.2.1919 wurde die dem Obersthoffmarschallamt vorbehalten gewesene Gerichtsbarkeit an die ordentlichen Gerichte übertragen (StGBl. 1919 Nr. 87). Zur Jurisdiktion der inländischen Gerichtsbarkeit über Personen, die nach völkerrechtlichen Grundsätzen die Exterritorialität geniessen, siehe Art. IX des Einführungsgesetzes zur Jurisdiktionsnorm.
Literatur: Strobl, Obersthofmarschallamt, S. 120-125
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