Handschriftliches Originalschreiben der Karolina Lampert [-Schädler], Portland (Oregon), an ihre Schwester Juliana Sele [-Schädler], Triesenberg [1]
07.02.1886, Portland (Oregon)
Liebste Schwester!
Ich kan nicht mehr länger warten mit
schreiben, den ich möchte so gerne was von euch
hören, ich habe Dir zwar bald vor 3 Monat
zurük geschrieben aber leider noch keine
Antwort erhalten. Wier sind Gottlob alle
gesund u. wohl u. es geht uns recht gut, es
gefällt mir recht gut in Portland u. ich habe
mich noch nie wieder zurük gewünscht nach
Freeport, den das Wetter ist hier ausgezeichnet,
wir haben hier nur bald 1 Woche schnee
gehabt, aber gar nicht kalt, den es hat nie
recht gefrohren, es Regnet wohl viel im
Winter, aber nicht hart, im Sommer haben
wier fast gar kein Regen. Die Blumen
in den Gärten fangen schon an zu
blühen u. das Gras war den ganzen
Winter grün. Die Lebensmittel sind
alle billig u. der Verdienst wäre auch
zimlich gut, wenn sie die Canesen [Chinesen] fort [2]
bringen, sie haben jede Woche Berathung
wie sie am besten fortzubringen, den es
hat nur in Portland 5000 Canesen, es wird
ihnen wohl viel zu schaffen geben, aber
solten sie es soweit bringen, dann kriegen wir
gute Zeiten hier. Wier bekommen jezt auch
eine Deutsche Kirche hier am 19 März wird
wird der Grundstein gelegt, wier haben
wohl zwei Deutsche Priester hier, aber
es wird alles Englisch gepredigt. Ich habe
von der Katharina [Sele [-Lampert]] vernommen, dass [3] unser
Veter Jos. u. sein Sohn gestorben ist, schreibe
mir was haben sie für eine Krankheit
gehabt, auch habe ich vernommen, dass der
Lehrer Jos. Lampert seine Mutter besuchen
will, sollte er kommen, so sei so gut u. schike
für den Julius [Lampert] eine Zitter wie sie in frühren
Zeiten gehabt haben, den solche kan man hier
nicht bekommen, er lernt jezt die Geige spielen,
er hört nichts lieberes wie Mussig u. gesang
sollte der Lehrer nicht kommen u. Du hörst
dass jemand anders nach Amerika geht [4]
so sei so gut u. schike eine schreibe mir
was sie kostet ich schike Dier gleich das
Geld, gib ihnen meine Adresse u. sage ihnen
sie mögen sie mir zu schiken, wo immer sie sein
mögen in Amerika aber bei [5] Express ich
bezahle alles, ich möchte dem Julius diese
Freude nicht entziehen, den er ist recht gut zu
mir, und arbeitet immer am alten Platz.
Die Barbara [Beck [-Lampert]] lässt ihre Schwester, u. euch alle
freundlich grüssen, sie ist immer kränklich
besonders im Winter beim Regenwetter
da kan sie gar nicht ausgehen. Die Katharina [Frommelt [-Marogg]
hat ein kleiner Sohn bekommen, der Alexander [Lampert]
war über Neujahr hier, meine anderen
Verwandten sind alle gesund u. es geht ihnen
allen recht gut. Liebe Schwester ich bitte Dich
schreibe mir recht bald u. viel u. lass mich
nicht mehr länger warten, was machen
alle meine Geschwisterte geht die Teresia [Theresia Eberle [-Schädler]]
noch in die Fabrik, o wie oft habe ich sie
schon bedauert, dass sie nicht hier ist, ist ihr
Mann [Lorenz Eberle] noch krank? [6]
Was machen meine Vetter u. Basen
der Lehrer Gassner u. seine Frau
u. Söhne u. überhaupt alle meine Verwandte
u. Bekante u. grüsse sie alle, schreibe mir
näheres von dem Bergrotsch bei Triesen.
Nun will ich schliessen mit viel grüssen
an alle mein Geschwisterte, Veter
u. Basen, besonders bist Du und Dein Kind [Kreszenz Sele]
gegrüsst von uns allen u. ich verbleibe
Deine, Dich nie vergessende Schwester
Karolina Lampert
Meine Adresse.
Carolina Lampert
331. 5th St.
Portland Oregon
Amerika [7]
______________
[1] LI LA PA 188/036. Brief in Kurrentschrift.
[2] Seitenwechsel.
[3] Ursprüngliche Fassung: „daẞ“. Das Eszett wird im Folgenden zu „ss“ umgewandelt.
[4] Seitenwechsel.
[5] Durchstreichung.
[6] Seitenwechsel.
[7] Die Adresse in lateinischer Schrift.