Handschriftliches Originalschreiben des Alois Rheinberger, Nauvoo (Illinois), an Emma Rheinberger [1]
01.11.1909, Nauvoo (Illinois)
Fräulein E. Rhbrgr. [2]
Liebe Emma [3]!
Anfangs July [4] erhielt ich von Ihnen eine Karte, veranschau-
lichend Churwalden [5], Heimath meiner lieben Frau selig [Margarethe Rheinberger [-Brasser]]. 
Ich würde darin Churwalden [6] nicht mehr erkennen, 
aber sie erinnert mich an meinen ersten Besuch dorten, der 
der Margaretha Brasser [7] galt. Ich sach sie zuerst in der 
Kirche in Vaduz [8], wo sie, als fremdes Mädchen, mir auffiel. 
Bei dem Heimgang aus der Kirche sach ich sie im Adler [9], 
der damals vom alten Postmeister Wolfinger [Josef Ferdinand Wolfinger] [10] gehalten wurde, 
Einkehr nehmen. Sie verweilte daselbst längere Zeit 
und wurde als Verwandte sorgsam gehalten. 
Zuweilen kam sie in den Laden, Georg Rhbgr. [Johann Georg Rheinberger] [11], damals 
Küferles genannt, um Einkäufe zu machen, und ich 
bediente sie. Wir sprachen nur das Nöthigste, aber die 
Augen verriethen ein gegenseitig erwachendes Gefühl. 
Im Herbst 1847 gieng sie wieder heim. Wir waren nie 
zusammen, und sprachen nie miteinander. Im Frühjahr 
48 wollte ich nach Amerika [12]. Wir wechselten Einen Brief während 
dess [13] Winters und ging im Merz [14] hinauf, nahm Abschied von 
ihr und den Eltern, und sagte ihr: ich reise nach Amerika [15], in 
2 Jahren werde ich zurück sein, um meine Angelegenheiten mit meinem 
Vormund zu ordnen, wirst Du dan mit mir gehen? Ja, sagte sie 
ich gehe mit Dir – [16] 
Gegebener Zeit war ich zurück. Am 29t Juni [17] 1850 
heiratheten wir, Ende July [18] reissten wir ab nach Amerika [19], 
liessen uns in der eben verlassenen Mormonen-Stadt [20] [Nauvoo], nieder 
und trugen dess Lebens Last und Freude 53 Jahre lang in 
Lieb, Treue und Frieden mit einander.
Entschuldigen Sie diese Historie, aber mir ist die 
Erinnerung süss. – Im July [21] kam unerwartet 
die Liechtensteiner [22] Zeitung [23], nachdem sie längere Zeit ausgeblieben 
und Ihre Karte meldet mir, dass Sie die Zusendung wieder 
angeordnet. Das war nicht gut! Die Zeitung ist mir 
zwar lieb und lesenswerth, und die Beilage unterhaltend und 
nett, aber ich weiss nicht womit ich Ihnen einen Ersatz für 
Ihre Auslage bieten kann, und darum ersuchte ich Sie auch 
früher, die Zusendung einzustellen. So muss Ihnen den mein 
Dank dafür genügen. Dan kam Ihre Karte vom 
3t October [24] mit der Ansicht: Schellenberg [25], worin Sie mir von der 
interressanten [26] Reise Ihrer Fräulein Schwester Olga [Rheinberger] [27] Mittheilung 
machen, und mir versprechen, aus ihren Aufzeichnungen über 
Erlebnisse und Eindrücke gelegentlich mitzuteilen. 
Bitte darum: Ich habe mehrmals Berichte über Reisen 
nach Jerusalem [28] gelesen, von Katholiken, Irr und Un-
gläubigen, und verschieden, nach eines jeden Geistesrichtung 
gefunden. Zugleich erwecken Sie in uns die Hoffnung 
Sie und vielleicht Bruder [Egon Rheinberger] und Schwester, nächsten Sommer 
hier bei uns zu sechen. Ja kommen Sie, bei gegebener 
Reise-Gelegenheit, mit. Und wenn Sie sich dazu entschliessen 
geben Sie mir früh genug Nachricht, damit ich Ihnen die 
Adresse [29] des Franz [Rheinberger] [30] in New-Jork [31], wo Sie zuerst absteigen, 
zusenden kann. [32] 
In New-Jork, Quincy [33] und Nauvoo [34] werden Sie, 
auch wen ich selbst etwa diese Welt verlassen hätte, mit 
mit aufrichtigster Herzlichkeit und Freude empfangen, und 
gehalten sein. Bei mir werden Sie es am Einfachsten finden.
Anderen Tages, am 4t October [35] kam die Karte mit der 
Ansicht Triesen [36], worin Sie mir den Empfang der Photographie [37] 
mitteilen. Ich bin gegen mich selbst ganz gleichgültig. 
Manchmal kamen einige meiner Kinder und sagen: 
Morgen ist Dein Geburtstag, oder: weisst Du, heute ist Dein 
Geburtstag, wir gratuliren [38]! So, ich wusste es gar nicht. Danke. 
Aber dieses Jahr meldet mir der Franz ein paar Tage vorher: 
Morgen werde ich mit meiner Famielie [39] bei Dir sein, am 5t Juny [40] 
ist Dein Geburtstag, und er kam und ordnete alles an. 
Es sind aber nicht alle die Meinen auf diesem Bild. 
Es fehlen noch: Meine Tochter Maria [41] und ihr Mann fern von hier. 
ferner: Maria Massberg [42], bei ihrer Tante [43] in Idaho [44] 
ferner Arnold Massberg [45], in einem Droguen [46] Geschäft, 
in Birmingham, Stat. Alabama [47] 
ferner Ferdinand Massberg [48], Reisender für Akerbau-Maschinen [49]. 
Kinder meiner Tochter Josepha [Josefa Rheinberger] [50] [51] 
ferner 6 Enkel, Kinder meines Sohnes Alois [Johann Alois Rheinberger], alle erwachsen. 
Einer davon, Alphons Rhbrgr. [52], verheiratet, mit Urenkelchen. 
in Duluth [53] hoch im Norden am Superior [54], wo das 
Termometer [55]  über 40 Grad Kälte zeigt, manchmal, nicht immer. 
Auch fehlt der Joseph [56], Sohn des Johan [Johann Rheinberger] [57] 
zur Zeit auch nicht da. [58] 
Witterung: [59] [60] 
Warmer Winter. Frühjahr kalt, nass, stürmisch, 
und nichts versprechend bis zum 1t May [61]. 
Von da an besserte es sich. Die Reben trieben erst im 
Mai [62] an und da es keine Spätfröste mehr gab, grünten sie 
recht schön, und zeigten viele Scheine, die Blütezeit war nass, doch 
setzten sie gut an. Häufige Gewitter bis Mitte July [63], von da 
an und während dess ganzen August [64] heiss und trocken. Dan 
der nöthigste Regen, sonnig und warm bis zum 9t October [65]. Die 
ganze Erndte befriedigend in Menge und Güte, und konte beim 
schönsten Wetter gesammelt werden. Am 9t October [66] nahmen wir 
die letzten herein bei Regen. Am Sontag den 10t kälter und 
nass, heftiger Nordwest [67] während der Nacht zum 11 t am 11t 
Morgens stand der Termometer [68] auf 27 grad Fahrenheit [69], ein 
Fall von 33 Grad [70] während der Nacht. 
Am 9t October [71] noch alles Sommergrün, am 11t alles todt.
Mein Befinden ist noch gut. Die Füsse flink, die 
Hände fest, der Kopf klar, im Herzen Ruche und Frieden. 
Auch die anderen sind in guten Verhältnissen und in 
guter Gesundheit. Die Famielie [72] dess Johan [73] gedeicht 
recht gut. Der Herold [74] hat rechtes Geschäfts-Talent, und 
sein Eishandel war recht profitabel [75]. Der Joseph [76], ein starker 
Mann mit ruhigem stillem Wesen, ist beschäftigt in 
Chicago [77]. Das Mädchen ist bereits erwachsen, gut geartet, und 
von ansechlicher Form, der kleine, Luzius [78], verspricht 
ein recht geweckter Junge zu werden. Hoffend, dass Sie sich 
volkommener Gesundheit erfreuen, grüss Sie und Ihre werthen 
Geschwister, mit aller Herzlichkeit, und bitte meinen 
Gruss der Frau Rheinbrgr [Laura Rheinberger [-Wolfinger]] [79] im Löwen, und der Bertha 
Schauer [80] zu melden.
A. Rhbrgr. [81]