Johann Frommelt an Magdalena Connot [-Öhri] über die wirtschaftlichen Folgen des Ersten Weltkrieges und insbesondere die Inflation, den Gesundheitszustand seines Vaters Hermann, den Verlust des Gehörsinnes, die Beschäftigung in der Stickerei sowie die Hoffnung auf ein Wiedersehen


Handschriftliches Originalschreiben von Johann Frommelt, Rankweil (Vorarlberg), vermutlich an die Familie Magdalena Connot [-Öhri], Spencer (Nebraska) [1]

17.04.1922 (Ostern), Rankweil

Meine Lieben Verwanndten!

Durch meinen Vater habe ich von Euch nach mehr als 20 Jähriger abwesenheit
ein Lebenszeichen erhalten u. erfahren, dass auch Ihr durch Schicksalsschläge
heimgesucht werden. Gerade heute an Ostern erinnert es mich wie oft ich u.
Bruder Hermann [Frommelt] (der schon 20 Jahre Tod ist) als 12-14 Jährige Schulbuaben
bei Euch das Osterei geholt haben u. manche fröhliche Stunden erlebt.
Seither hat sich schon vieles geändert und mussten gutes u. böses
durchmachen, besonders durch den Krieg ist Österreich u. seine Bewohner
schwer heimgesucht worden seit anfang desselben bis jetzt haben
wir 8 schwere Jahre durchgemacht u. ist immer noch keine Aussicht
auf Besserung, die furchtbare Teuerung hat Euch der Vater ein wenig
geschildert.

Der Vater [Hermann Frommelt] ist bei mir er ist viel kränklich ist auch schon mehr als 70 Jahre
alt, arbeitet jedoch noch so gut es ihm möglich ist, eine unermesslich
grosse Freude habt ihr ihm durch das Geschenk bereitet welches fast
zu seinem Namenstag hir eingetroffen ist, am 7. hat er
Namenstag am 8. hat er es erhalten.

Ich bin jetzt 44 Jahre alt, 19 Jahre verheiratet [Aloisia Frommelt [-Allgäuer]] u. habe 4 Kinder 4 bis 17
Jahr alt, ich habe besonders schwer durchzukommen weil ich das Gehör
gänzlich verloren hab, bis zum zwanzigsten lebensjahr hörte
noch gut dann wurde dasselbe immer schlechter bis ich gänzlich nichts
mehr hörte. Gegenwärtig bin ich in der Stickerei beschäftigt u. geht
mir ziemlich gut u. ist auch Gott sei Dank die ganze Familie Gesund. [2]

Wie geht es Euch u. den Brüder [Ulrich Öhri, Andreas Öhri] welche Beschäftigung haben sie?
ich hoffe alles gute.

Einen Besuch in ihrer alten Heimat würde gewiss alle Ihre
Verwanndten u. Bekannten sehr freuen aber aus so weiter Ferne
wird es wohl kaum möglich sein u. wollen wir uns nun daher
hie u. da Brieflich gegenseitig verständigen u. die alte
Freundschaft wieder aufleben u. wollen Sie u. Ihre Brüder recht
bald wieder etwas hören lassen.

Zum Schlusse wünschen Ihnen u. der ganzen Familie Gesundheit
u. wohlergehen u. auch dasselbe Ihren Brüder u. wollen Sie
denselben dieses gelegentlich mitteilen.

In erwartung recht bald wieder etwas zu erfahren

Grüsst herzlich

Johann Frommelt
Rankweil Vorarlberg
Östreich
[3]

g. Adresse

u. Gruss [4] v. Sohn
Otto Frommelt
[5]

______________

[1] LI LA PA 016/3/07. Brief in Kurrentschrift.
[2] Seitenwechsel.
[3] In lateinischer Schrift.
[4] Ursprüngliche Fassung: „Gruẞ“. Das Eszett wird zu „ss“ umgewandelt.
[5] In lateinischer Schrift.