Handschriftliches Originalschreiben des Simon Büchel, Schellenberg, an Ulrich Öhri, Spencer (Nebraska) [1]
04.10.1892, Schellenberg
Lieber Ulrich!
Endlich auf langes warten bekam ich
auch einmal einen Brief, habe gesehen
dass [2] Du gesund u. wohl bist, sonst
aber konnte ich nicht viel mehr erfahren.
Wir sind gotlob auch alle gesund (…) [3]
ich gehe alle Tage meinem Geschäfte nach,
wir haben diesen Sommer 9 mal aufge-
richtet, da hat es auch viel zu trinken
gegeben. Sonntag den 2 Oktober machten
u. meine Frau einen Spaziergang,
u. zwar zu Deiner Mutter [Katharina Öhri [-Öhri]], die uns
sehr Freundlich aufnahm, wier hatten da
fest getrunken u. gegessen, u. zwar
neuen Most der dies Jahr rahr ist,
auch Kaffe, Brod, Schnitz, Honig, als
wier da fertig wahren gingen wir
noch in Sternen. Von Ruggel weiss
ich nicht viel zu schreiben es ist alles
noch im alten, von Ferdinand Büchel [4]
hast Du die Sauerei schon gehört, [5] bis
her weisst man noch nicht wo er ist
es kommt im wohl, den ich glaube
er könnte wenistens 5 Jahre Zuchthaus
bekommen, wäre aber gleich, es ist wie
Du gesagt hast einmahl bei us von
(…) [6] Kristilis. Auf Schellenberg ist alles
ihm Gleichen. In Mauren ist Jakob
Matt gestorben, heute wurde das
Vieh verkauft er hatte 3 Kühe 3 Rinder
2 Zuchtstiere 1 Kalb noch das schöste
3 Ziegenböcke, war aber kein
Mastvieh den es wurden Kühe verkauft
um 40 fl. [Gulden] Rinder um 60 fl. [7] In
Gissingen, Altenstat Rankweil Nofels
herscht Klauenseuche, jetzt ist Ostreich
abgespert werden keine Märkte gehalten.
Mit den Bienen bin ich sehr zufrieden
wenn sie gerade nicht geschwärmt
haben den wier haben zwei Stöcke
betäubt um den [8] einen bekommen
wir 7 fl. vom andern haben wir 6 Liter Honig [9]
Die Feldfrüchten sind sehr
schön, aber kein Obst, giebtz keinen
Most. Jetzt muss ich Dir von Deinem
Brief noch etwas schreiben, dass Du mich
ermahnst Weibsbilder zu achten. Ja
das glaube ich Dir Ledigen, aber hättest
Du ein böses Weib was würdest Du
dann schreiben. Noch einmal muss ich
den ersten Satz erweitern, dass Du so lange
mir nicht schreibst u. so wenig.
Hast mir letztes Mal als wir
miteinander redeten unter der
Hausthüre bereits geschworen, wie
Du mir zuerst schreiben wollest.
Aber Sternenwirts und die Musikanten
bekamen vor mir Briefe. Doch kann
ich das nicht zürnen an Dich, weil
wir viel zu viel freundliche u. friedliche
Zusamenkünfte gehabt haben, und
Kameraden waren, wie sonst ich u.
Du keine hatten, denn ich weiss von [10]
Deiner Fahrt nach Amerika
sonst von Amerika wies es aus-
siht u. gründlich wies darinen ist
ja gar nichts, das ich von Dir zu-
erst hofte. Von der Magdalena [Magdalena Connot [-Öhri]]
bekamm ich einmal ein kleines
Schreiben, auch eine Phodegrarfie,
welche ich Dir auch schicke in meinem
u. [11] ins Jakobs Brief. Der Magda-
lena danke ich sehr herdslich. Von
[12] Andreas [Öhri], Balbina [Marie Balbina Öhri [-Gstöhl]] vernahm ich
noch gar nichts. Habens mir
doch so viel mal versprochen
aber sie werden wohl denken
ich sei in Eropa u. sie in
Amerika es ist zu weit.
Lieber Ulrich schreibe mir
u ihr alle den wen wir
einen Brief [13] bekommen oder
Eure Mutter des ist gleich denn wir
sind bisher eins, u die Freude Eurer Mutter
könt ihr nicht denken wen wir einen Brief
von Euch zu ihr bringen können.
______________
[1] LI LA PA 016/3/06/01. Brief in Kurrentschrift.
[2] Ursprüngliche Fassung: „daẞ“. Das Eszett wird im Folgenden zu „ss“ umgewandelt.
[3] Fehlstelle im Papier. Vermutlich „u. munter“.
[4] Seitenwechsel.
[5] Vgl. die Strafakte mit der Signatur LI LA J 007/S 009/109.
[6] Fehlstelle im Papier.
[7] Vgl. L.Vo., Nr. 40, 30.9.1892, S. 4 („Pferd- und Viehverkauf“): Darin ist die Rede von Josef Matt und nicht von Jakob Matt. Letzterer verstarb bereits 1891.
[8] Durchstreichung.
[9] Seitenwechsel.
[10] Seitenwechsel.
[11] Durchstreichung.
[12] Durchstreichung.
[13] Durchstreichung.