Die Landeslehrerkonferenz diskutiert den Entwurf für ein neues Schulgesetz und nimmt Stellung zu den strittigen Fragen


Zeitungsbericht, nicht gez. [1] 

10.8.1929

Landeslehrerkonferenz. (Korr.) Vaduz, 9. August. Gestern versammelte sich in Vaduz die Lehrerschaft von Liechtenstein, um über den neuen Entwurf unseres Schulgesetzes zu beraten. Derselbe ist verfasst von den beiden Herrn Oberlehrer Xaver Gassner und Pfarrer [Anton] Frommelt. Die Versammlung dauerte den ganzen Tag, da es galt, die gesamten mit der Neueinführung dieses Gesetzes eventuell sich ergebenden Fragen durchzubesprechen und einer Klärung zuzuführen. Nach Fertigstellung dieses Entwurfes wurde je ein Exemplar desselben jeder Lehrperson des Landes zugestellt, so dass die Lehrpersonen schon Gelegenheit gehabt haben, die Änderungen gegenüber dem bisher in Geltung stehenden Schulgesetze festzustellen und zu überprüfen. Pfarrer Frommelt referierte über den vorliegenden Entwurf. Das Hauptstück des neuen Schulgesetzes scheint die Frage zu sein: Abschaffung oder Beibehaltung des 9. Schuljahres. Der neue Schulgesetzentwurf sieht die Abschaffung des 9. Schuljahres vor. Der Grossteil der Lehrerschaft begrüsst die Abschaffung. Eine längere Debatte rief der Antrag eines Mitgliedes der Lehrerschaft hervor, der den Wunsch verschiedener Mitglieder der Lehrpersonen des Landes zum Ausdruck brachte, es möge im neuen Schulgesetz eine Bestimmung enthalten sein, dass der jeweilige Ortspfarrer nicht unbedingt auch Lokalschulinspektor sei, sondern, dass diesbezüglich die Wahl zu entscheiden habe. Dieser Antrag löste begreiflicherweise eine längere lebhafte Debatte aus, an der sich verschiedene Lehrpersonen beteiligten und ihre Erfahrungen auf diesem Gebiete zur Kenntnis der Versammlung brachten. Dadurch, dass der Vorsitzende, Pfarrer Frommelt, eine öffentliche Abstimmung in Anwesenheit der gesamten Regierung vornehmen liess, statt einer Abstimmung mittels Stimmzetteln, blieb der Antrag in der Minderheit, trotzdem sich in privaten Gesprächen die meisten Lehrer für eine Abänderung des bisherigen Zustandes ausgesprochen haben. Interessant war die Feststellung des Vorsitzenden, dass der bei uns bestehende Zustand sich noch in einem Lande vorfinde, nämlich in — Spanien! Dieses Argument dünkt uns nicht genügend stichhältig gegenüber den verschiedenen Beschwerden, die von einigen Lehrpersonen in besagter Angelegenheit vorgebracht worden sind.

Der Gesetzesentwurf geht nun mit den auf der gestrigen Konferenz vorgebrachten Anregungen an den Landtag, der die entsprechenden Beschlüsse zu fassen hat.

 

 

 

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[1] L.N. 10.8.1929, S. 2