Die Oberrheinischen Nachrichten melden das Erscheinen der von Johann Baptist Büchel überarbeiteten Fassung von Peter Kaisers "Geschichte des Fürstentums Liechtenstein"


Zeitungsartikel, nicht gez. [1]

30.1.1924

Peter Kaisers Geschichte über Liechtenstein.

„Das Leben ist kurz, aber ein ehrenvoller Name bleibt und dient noch dem späten Nachkommen zum Beispiel und zur Nacheiferung" sagte einst der grosse Volksmann und berühmte Historiker Peter Kaiser. Diese Worte Kaisers sind an ihm selber wahr geworden, wie selten bei einer Persönlichkeit. Peter Kaiser, geboren am 1. Oktober 1793 in Mauren, der erste Geschichtsschreiber Liechtensteins, verdient der Verdienste halber, die er seiner Heimat und besonders der Geschichte unseres Landes geleistet hat, unsere besondere Verehrung. Peter Kaiser, der in der Fremde weilte, vergass seine Heimat nicht, sondern stand immer in engster Fühlung mit ihr. Im Jahre 1847 verfasste er, um den Wünschen vieler seiner Landsleute Rechnung zu tragen, die Geschichte des Fürstentums Liechtenstein, nebst Schilderung aus Churrätiens Vorzeit. Dem Verfasser standen wenig Quellen zur Verfügung zur Darstellung der Geschichte unserer Gegend. Deshalb sollte man glauben, man hätte allfällige Mangel der Geschichte dem Verfasser entschuldigt, doch das Gegenteil war der Fall. Ein fremder Landvogt [Johann Michael Menzinger], dem Liechtensteiner Fühlen und Denken fremd war, trat gegen Kaisers Werk auf und ging so weit, dass er es einsammelte und allgemein verbot. Es ist deshalb begreiflich, dass die Geschichte Peter Kaisers vergriffen wurde. Bedauerlich ist es, dass ein landsfremder Landesverweser Kaiser „für schwärmerisch veranlagt" bezeichnete, statt dass man Kaiser Anerkennung gezollt hätte. Das Liechtensteiner Volk dachte nicht wie jener Zwingherr. Peter Kaiser blieb über Tod und Grab hinaus bei ihm in hohen Ehren.

Einem vielgeäusserten Wunsche auch wie wir bestimmt glauben, dem ersten Geschichtsschreiber Liechtensteins nicht die Anerkennung zu versagen, bewogen unseren unermüdlichen Forscher, Hochw. Herrn päpstlichen Hausprälat Monsignore Joh. Baptist Büchel, trotz seines hohen Alters, Kaisers Werk als zweite verbesserte Auflage der Öffentlichkeit zu übergeben. Es war dies für den mehr als 70-jährigen Priestergreis gewiss keine unbedeutende Arbeit. Wir hielten es nicht mehr als für billig, dass Herr Landtagspräsident Dr. Wilhelm Beck an dem Geburtsfeste unseres Fürsten letzten Herbst dem Verfasser öffentlich den Dank aussprach.

Verschiedenes wurde in der zweiten Aufläge verbessert. Die Geschichte beginnt schon 500 Jahre vor Christi, und überliefert uns die hauptsächlichsten Geschehnisse der verflossenen Jahrhunderte, und schliesst mit der Neuzeit.

Es ist uns nicht möglich, im Rahmen eines Artikels den Inhalt des Kaiser-Buches auch nur kurz zu schildern. Wir haben in zwei Nummern, die in diesem Buche enthaltene Chronik von Jakob Helbert [2] als Empfehlung des Werkes zum Abdruck gebracht. Wünschenswert wäre es gewesen, wenn der Brief Peter Kaisers an seine Landsleute, den er in sturmbewegter Zeit, uns als Wegweiser für die Zukunft zusandte, in diesem Werke enthalten wäre. Dieser Brief, in dem er als Liechtensteiner Abgeordneter im Frankfurter Parlament die Demission mitteilte, darf als sein Testament für das liechtensteinische Volk genannt werden. Peter Kaiser starb am 23. Februar 1864 im 71. Lebensjahr in Chur, wo er auf dem Friedhofe bei der Kathedrale seine Ruhestätte fand. Sein Grabstein enthält die Worte der hl. Schrift: „Das Gesetz der Wahrheit war in seinem Munde, und Böses ward nicht erfunden auf seinen Lippen." Diese Worte der hl. Schrift durften auf Kaiser voll und ganz angewendet werden. Seine Wahrhaftigkeit in Wort und Schrift, sein reiner, keuscher und stets auf das Höchste gerichteter Sinn und seine aufrichtige Religiosität wurden schon zu seinen Lebzeiten allgemein gerühmt. Sechzig Jahre sind es in nächster Zeit, dass Kaiser das Zeitliche mit dem Ewigen vertauschte. Nicht nur in Liechtenstein, sondern in Graubünden und Vorarlberg bleibt sein Andenken unvergesslich. Prälat Büchel hat durch Herausgabe des Kaiser-Buches, so wird das Werk Kaisers im Volke viel genannt, gesorgt, dass der Name Peter Kaisers im Volke nicht in Vergesslichkeit gerät. Es sei ihm an dieser Stelle dafür öffentlich gedankt. Mit dem Kaiser-Buch wird auch der Name Büchel eng verknüpft sein und bleiben. Prälat Büchel hat in seiner bekannten Art und Weise Kaisers Werk ergänzt und der Öffentlichkeit übergeben. Er nannte es „Kaisers Chronik von Liechtenstein". Hätte er ihm nicht auch den Namen „Geschichte des Fürstentums Liechtenstein von J. B. Büchel" geben können? Doch Prälat Büchel tat dies nicht, er wollte dafür sorgen, dass der Name Peter Kaiser im Liechtensteiner Volke fest verankert bleibe. Der bescheidene Preis des Buches, 6 Franken, ermöglicht es den meisten, dasselbe anzuschaffen. Wir möchten an dieser Stelle den Vorschlag machen, dass es fleissigen und begabten Schülern beim Austritt aus der Schule als Belohnung ausgehändigt werde. Zweifellos würde es viel beitragen, den Eifer der Schüler zu vermehren und in ihnen das Andenken an den grossen Volksmann unvergesslich zu machen.

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[1] O.N. 30.1.1924, S. 2.
[2] Aufgrund eines Besitzvermerkes wurde lange Zeit (so auch in diesem Artikel) Jakob Helbert als Verfasser der Chronik angesehen, die in Wirklichkeit von seinem Vater Johann Georg Helbert verfasst wurde.