Aufruf in beiden Landeszeitungen, gez. „vorbereitender Ausschuss des Katholikentages“[1]
31.8.1921
Aufruf zum ersten liechtensteinischen Katholikentag.
Die erste Katholikenversammlung in Liechtenstein, für welche bereits alle Vorbereitungen getroffen wurden, wird den 8. September d. J. an Maria Geburt in Schaan stattfinden.
Die Katholikentage sind seit vielen Jahren keine neue Erscheinung mehr, wir finden sie fast in allen katholischen Ländern häufig wiederkehrend. Sie verfolgen den Zweck, die Mitglieder der katholischen Kirche von Zeit zu Zeit zusammenzuführen, um den Glauben an die Kirche und die hohen Aufgaben, welche dieselbe im Sinne des göttlichen Stifters im Leben der Völker zu erfüllen hat, durch lehrreiche, alle Lebensverhältnisse berührende Vorträge und festliche Veranstaltungen wieder neu zu beleben.
Eine besondere Fürsorge widmen die Katholikentage der heranwachsenden Jugend, indem sie auf die häufigen Gefahren, welche derselben von vielen Seiten drohen, aufmerksam machen und auf die Wege zur Abwendung derselben hinweisen. Ebenso gross und erfolgreich ist auch die Fürsorge, welche die bisher auswärts abgehaltenen Katholikentage der sozialen Frage zuteil werden liessen. In unserem Lande selbst ist ein Katholikentag noch eine Neuheit, wir müssen die Bedeutung und den Wert solcher Tagungen erst verstehen und kennen lernen. Der unselige Krieg und fast noch mehr die Nachkriegszeit haben überall und auch in unserem Ländchen nicht nur in religiös-sittlicher Beziehung, sondern auch in vielen andern Richtungen Zustände hervorgerufen, welche für die Zukunft schwere Bedenken und Sorgen erwecken. Die Gefahren, welche sich aus diesen leider vorhandenen Zuständen für unser Volksleben nach verschiedenen Seiten hin ergeben, sind ernster und schwerwiegender, als viele von uns vielleicht ahnen. Wir müssen diesen Gefahren mit allen Mitteln wirksam entgegentreten, das ist nicht nur unsere christliche, sondern auch unsere bürgerliche Pflicht. Dieses doppelte Pflichtbewusstsein hat den Gedanken zur Abhaltung einer Katholikenversammlung in unserm Ländchen wachgerufen, nicht wie manche irrtümlicher Weise glauben, um unsere innerpolitischen Vorgänge und Fragen in Erörterung zu ziehen. Die Angelegenheiten, welche in der bevorstehenden Versammlung zur Besprechung gelangen werden, gehen alle an, mögen sie nun dieser oder jener politischen Richtung angehören.
Wie wir zu unserer Freude vernehmen, wird auch unser hochwürdigster Bischof [Georg Schmid von Grüneck] unseren Katholikentag mit seinem Besuche und einer Ansprache beehren. Auswärtige Volksredner von hervorragender Bedeutung werden über verschiedene Zeitfragen zu uns sprechen.
Männer und Jünglinge, erscheint deshalb zahlreich zu der bevorstehenden Tagung!
Besonders bitten wir auch unsere Vereine, ihre Fahnen zu entfalten und in festlicher Stimmung nach Schaan zu ziehen, wenn auch unser Katholikentag kein Fest der Fröhlichkeit, sondern ein Tag ernster Einkehr sein soll.
Für unsere Frauen und Jungfrauen sind zwei besondere Versammlungen mit Vorträgen vorgesehen, von welchen eine für das Oberland in Vaduz, die andere für das Unterland in Eschen möglichst bald stattfinden werden.
Ein ausführliches Programm über den Katholikentag wird in den nächsten Nummern unserer Zeitungen erscheinen.
Der vorbereitende Ausschuss des Katholikentages.
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[1] L.Vo. 31.8.1921, S. 1 (grafisch als Aufruf gestaltet), O.N. 31.8.1921, S.2 unter „eingesandt“. - Das Organisationskomitee bestand aus Pfarrer Joseph Büchel (Schaan), Dr. Rudolf Schädler (Vaduz), Vizevorsteher Emanuel Frommelt (Triesen), Pfr. Peter Schmid, Balzers, Pfr. Christian Bürkli (Bendern), Regierungsrat Josef Marxer (Eschen) und Abg. Peter Büchel (Mauren) sowie Kanonikus Johann Baptist Büchel als Ehrenpräsident. L.Vo. 3.8.1921, S. 1.