Ein Landesbürger spricht sich für die Einbürgerung von vermögenden Ausländern aus, wobei die Einbürgerungstaxen für Infrastrukturprojekte verwendet werden sollen


Eingesandt“ in den Oberrheinischen Nachrichten, nicht gez. [1]

28.3.1923

Eingesandt. In Nr. 21 dieses Blattes ängstigt sich ein Einsender furchtbar wegen den in letzter Zeit durchgeführten Einbürgerungen von Ausländern in Liechtenstein. Unrichtig behauptet der Einsender, man habe nie nach dem Grunde und nach dem Vermögen beim Heimatbewerber gefragt. Ich gestatte mir hierauf folgendes zu erwidern:

Es ist allerdings ratsam, dass eine Gemeinde bei Einbürgerungen etwas vorsichtig vorgeht und nicht Leute ab der Gasse einkauft. Doch ist es nicht wahr, dass solches vorkommt und dass bisher diesbezüglich gar so oberflächlich vorgegangen wurde.

Nicht für fortschrittlich halte ich es, wenn unsere Heimat jedem Ausländer für alle Zeit verschlossen gehalten werden soll. Ich kenne viele Fällte, wo alte, kinderlose Ausländer, nur in der Absicht, einen liechtensteinischen Reisepass zu erhalten, dabei reiche, hochangesehene, vorzüglich beleumundete Personen, einer Gemeinde viele Tausende für das Bürgerrecht bezahlten.

Es sind auch Fälle bekannt, wo Ausländer mit Nachkommen sich einbürgerten, auf welche wir stolz sein können und welche dem Lande und den Gemeinden freiwillig und unaufgefordert grosse Wohltaten erwiesen und Hilfe in allen Nöten leisteten.

Die Gemeinde Mauren erbaute beispielsweise einen prächtigen, kostspieligen neuen Friedhof, Strassen und anderes, und soll noch ein ansehnliches Kapital in Reserve haben. Ein Neubürger hat schon viele Arme unterstützt.

Warum denn gar so ängstlich: solche Leute soll man begrüssen. Sollte einmal so ein Reicher wirklich armen, so hat er einen Platz im Bürgerheim wohl verdient, er hat denselben mehrfach bezahlte

Zu empfehlen ist nur, dass eine Gemeinde heute solche Gelder verwertet in Korrektionen, Realitäten, vornehmlich in Entwässerungsunternehmungen anlegt, da dergleichen Anlagen eher ein Stammvermögen und eine Wohltat für die Allgemeinheit für alle Zeiten bilden, als eine Sparanlage, welche wirklich in dieser schweren Zeit, gleichviel in welcher Valuta, zu Grunde gehen könnte. Es haben aber alle Gemeinden in dieser verdienstlosen Zeit Gelegenheiten genug, solche Werke zu schaffen. Dann, ja dann haben wir unsere Heimat unsern Kindern erhalten.

Wenn wir nichts leisten, so hinterlassen wir unsern Kindern ein verliederlichtes, verlottertes Haus und Sümpfe und Moräste. Schämen wir uns vor unsern Vorfahren, die im letzten Jahrhundert hinsichtlich Bodenkultur an unserer Scholle so Grosses leisteten und betrachten wir, was unsere gegenwärtigen Generationen getan.

Die Folgen erscheinen heute schon und es bleibt nur eine Wahl zwischen zwei Dingen, nämlich statt vielen Worten praktische Arbeit, oder Auswanderung. Im ersten Falle haben wir unsere Heimat unsern Kindern erhalten, andernfalls werden dieselben ob wohl oder übel unter den wehmütigen Klängen des Liedes: „Weh dass wir scheiden müssen" unserm Vaterlande den Rücken kehren.

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[1] O.N. 28.3.1923, S. 2.