Zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit finanziert Fürst Johann II. aus seiner Privatschatulle Strassenbauprojekte


Maschinenschriftliches Schreiben der fürstlichen Kabinettskanzlei, gez. Kabinettsdirektor Josef Martin, an Regierungschef Josef Ospelt [1] 

4.6.1921, Feldsberg

Schaffung von Arbeitsgelegenheit

Hochgeschätzter Herr Regierungschef!

Mit dem anbei rückfolgenden Berichte, Zl. 2078/Reg. vom 20. Mai l. J. [2] hat sich die Ausgabe von Nro 125 KK [Kabinettskanzlei] vom 27/5., [3] wornach für den Strassenbau Iragell-Tid ein Betrag von 3000 Fr. gewidmet worden ist, gekreuzt. Nachdem durch den vorgenannten Strassenbau momentan Arbeitsgelegenheit geschaffen wurde, ersuche ich um gef. Bekanntgabe, ob der gestellte Antrag auf einen Kredit von 1000-1500 Fr. für die Schwefelstrasse aufrechterhalten wird.

Seine Durchlaucht [Johann II.] wünschen Skizzen über den Strassenbau Iragell [Iraggell]-Tid, – über die von Höchstdemselben vor Einbringung des vorgenannten Strassenprojektes angeregte Strassenherstellung ab dem fürstlichen Absteigquartier durch den Wald über zwei Riesen bis in die Gegend zum Schaaner Krankenhausplatz, endlich über die geplante Strassenweiterführung von Stillböden [Stellböda] gegen Triesenberg; mit der Ausarbeitung der Skizzen wolle Herr Forstmeister [Julius] Hartmann betraut werden. Auch wolle derselbe ersucht werden, einen Kostenvoranschlag für den Weiterbau der Strasse nach Triesenberg vorzulegen. [4]

Bei Vorlage des vorgenannten Kostenvoranschlages wollen Euer Hochwohlgeboren berichten, wie von Haus aus die Aufbringung der Kosten für den Weiterbau der Strasse nach Triesenberg gedacht war. Wenn der Fürst abermals beitragen soll, ersuche ich um gef Wohlmeinung, ob dies nicht vorschussweise bzw. an wen /Gemeinde, Land?/ geschehen könnte. Bezüglich des Schwefelweges möchte ich noch bemerken, dass der Fürst einen Kredit von 1000-1500 Fr. gerne gewähren wird, wenn es sich um eine Massnahme wirtschaftlicher und rentabler Natur handelt. Ich bitte in letzterer Hinsicht noch zu berichten und, wie eingangs erwähnt, nach Ihrem Ermessen Nro 125 KK zu berücksichtigen. Vielleicht kann unter Hinweis auf diese höchste Verfügung auch die Eingabe der Liechtensteinischen Zentralverwaltung, Arbeiterverband, von Euer Hochwohlgeboren eventuell nur vorläufig Erledigung finden. [5]

Im Übrigen muss natürlich daran festgehalten werden, dass Seine Durchlaucht der Schaffung von Arbeitsgelegenheiten wohlwollendst gegenüber stehen.

Mit den Ausdrucke der besonderen Hochachtung

ergebenster

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[1] LI LA RE 1921/2513 ad 2078 (Aktenzeichen der fürstlichen Kabinettskanzlei: Nro. 133). Eine Abschrift dieses Schreibens erging gemäss Anweisung von Regierungschef Ospelt vom 9.6.1921 zur Äusserung und Vorlage der geforderten Behelfe bzw. Unterlagen an den fürstlichen Forstmeister Julius Hartmann (ebd.).
[2] LI LA RE 1921/2078. Es handelte sich um den Begleitbericht des Regierungschefs Ospelt zur Eingabe des Liechtensteinischen Arbeiterverbandes in Triesen bzw. des Verbandspräsidenten Augustin Marogg an Fürst Johann II. vom 13.5.1921 um die Schaffung von Arbeitsgelegenheiten, speziell für ungelernte Arbeiter (ebd.).  
[3] Dieses Schreiben findet sich unter LI LA RE 1921/2383 ad 1985: Die Spende von Fürst Johann II. an die Gemeinde Vaduz war an die Bedingung geknüpft, dass die Arbeiten nach dem mit dem fürstlichen Forstmeister Hartmann vereinbarten Plan sofort in Angriff genommen werden sollten und dass bei der Ausführung nur inländische Arbeiter Beschäftigung finden durften. Wegen der Flüssigmachung der Mittel sollte sich die Ortsvorstehung Vaduz mit der fürstlichen Domänenverwaltung ins Benehmen setzen. Vgl. auch L.Vo., Nr. 45, 8.6.1921, S. 2 ("Höchste Spende") bzw. O.N., Nr. 43, 8.6.1921, S. 2 ("Höchste Spende").
[4] Vgl. das Antwortschreiben von Forstmeister Hartmann an Regierungschef Ospelt vom 28.6.1921 (LI LA RE 1921/2906 ad 2078 (Aktenzeichen: 512/1921)).
[5] Vgl. in weiterer Folge das Schreiben der Regierung an den Liechtensteinischen Arbeiterverband vom 23.7.1921 über die Finanzierung diverser Strassenbauarbeiten aus fürstlichen Privatmitteln (LI LA RE 1921/3099 ad 2078).