In Triesen wird ein christlich-sozialer Arbeiterinnenverein gegründet


Bericht in den "Oberrheinischen Nachrichten" [1]

20.3.1920

Arbeiterinnen-Versammlung

(Eingesandt.)

Ein glücklicher Stern leuchtete der Arbeiterinnen-Versammlung letzten Sonntag im Vereinshaus in Triesen. Es hat sich trefflich erwiesen, auch für Vorträge und Vereine, wo ernste Lebensfragen zur Sprache kommen, ist das schöne Geschlecht zu haben. Weit über 150 Arbeiterinnen aus allen Gemeinden des Oberlandes haben sich im genannten Versammlungslokal eingefunden, auch eine Vertretung aus dem Vorstand des liechtensteinischen Arbeitervereines. Nach kurzer Begrüssung durch den Vorsitzenden ergriff die Tagesreferentin Arbeiterinnen-Sekretärin Frl. Ida Lehner aus Zürich das Wort. In glänzender Sprache, mit meisterhafter Gewandtheit, Witz und aus reicher Erfahrung sprach die Referentin über die Notwendigkeit des christlich-sozialen Arbeiterinnen-Vereins für Liechtenstein, über Ziele und Zwecke, hauswirtschaftliche Ausbildung wie Nähen, Kochen, Glätten, über Dienstboten und Pflege des religiösen Lebens. Kein Wunder, wenn alle Zuhörerinnen fast eine Stunde lang mit gespannter Aufmerksamkeit und regstem Interesse ihren beredten Worten und Ratschlägen lauschten. Grossen herzlichen Beifall erntete die vorzügliche Rednerin für ihren begeisterten Vortrag. Der Wunsch aller war und ist: Arbeiterinnen-Sekretärin Frl. Ida Lehner aus dem schönen Limmat-Athen möge uns recht bald wieder mit einem Referat erfreuen.

Die Diskussion wurde lebhaft benützt, Missverständnisse aufgeklärt und Differenzen friedlich gehoben. Man schritt darauf zur Gründung eines christlich-sozialen Arbeiterinnen-Vereins, dem nahezu 50 Töchter und Frauen aus dem Arbeiterstand sogleich ihren Beitritt erklärten. Als Präses wurde mit Begeisterung gewählt Hochw. Herr Hofkaplan [Alfons] Feger von Vaduz, der schon früher als Vikar in Zürich mit bestem Geschick dieses Amtes waltete. Sekretärin Fräulein Lehner anerbot sich grossmütig für eine baldige und kostenlose Abhaltung eines Nähkurses für Vereinsmitglieder. Die Textilarbeiterinnen werden im Laufe von 8 Tagen noch Verhandlungen pflegen mit dem Vorstand des Arbeitervereins in Sachen des Beitritts.

Mögen alle Arbeiterinnen, die am letzten Sonntag mit dem neuen Arbeiterinnen-Verein, seinem Zweck und Ziel Bekanntschaft gemacht haben, nur herzhaft die Verlobung unterzeichnen und auch andere dafür gewinnen, es wird keine verfehlte Ehe geben. — Einigkeit macht stark!

Von diesem Grundsatz geleitet, möge der neu gegründete christlich-soziale Arbeiterinnenverein wachsen, blühen und gedeihen zum Nutzen und Vorteil der einzelnen Vereinsmitglieder und des gesamten Arbeiterstandes, zum Segen für Gemeinde und Vaterland.

______________