Vervielfältigter Bericht der Mehrheit der Landtagsuntersuchungskommission zur Klassenlotterie-Angelegenheit, gez. Benedikt Negele, Wilhelm Ritter und Arnold Hoop [1]
18.10.1928, Vaduz
An den hohen Landtag in Vaduz
1.
Mit Beschluss vom 21. Juni 1927 bestellte der hohe Landtag eine fünfgliedrige Untersuchungskommission zur Untersuchung der Klassenlotterie-Angelegenheit und wählte in diese Kommission die Unterzeichneten:
Benedikt Nägele in Triesen,
Arnold Hoop in Eschen,
Wilhelm Ritter in Ruggell,
Alfons Kranz in Schaan und
Ferdinand Risch in Schaan.
2.
Die Kommission entledigte sich ihrer Aufgabe in der Weise, dass sie in einer grösseren Anzahl von vollen Sitzungen das gesamte einschlägige Aktenmaterial, unter Einschluss der Verhandlungsprotokolle der Finanzkommission und des Landtages überprüfte, wobei sie feststellen konnte, dass der Regierungsbericht vom 8. April 1927 den Akten entspricht.
3.
Die Punkte, die jedoch in der Öffentlichkeit Anlass zur Kritik gegen Landtag und Regierung boten, veranlassen die Kommission im besonderen zu folgenden Ausführungen:
Wir schicken voraus, dass wir im Gegensatz zum Regierungsbericht, unsere Ausführungen nach Materien geordnet haben.
4.
In der Öffentlichkeit wurde vielfach erörtert (Presse), dass die Verhandlungen in einem zu raschen Tempo und mit völliger Geheimhaltung vor sich gingen, dass nicht die nötige Vorsicht gewaltet habe und dass kein Fachmann beigezogen worden sei.
Aus den Akten und Protokollen ergibt sich, dass die Regierung in beiden Lotteriesachen nichts selbständig unternahm, sondern beim ersten Conzessionsgesuch die Finanzkommission immer zur Mitberatung und Beschlussfassung beizog und dass bei den 2. Lotterieverhandlungen der ganze Landtag zur Beratung und Entscheidung beigezogen wurde. Immer wurde auch ein Jurist den Verhandlungen beigezogen.
Von Seite der Konzessionswerber wurde verschiedentlich versucht, den juristischen Berater auszuschliessen, offenbar aus dem Gefühle heraus, dass dessen Mitwirkung für sie schädlich sei. Die Regierung und Finanzkommission lehnten dieses Ansinnen aber ab.
Die Eile bei den Verhandlungen ist offenbar der Befürchtung entsprungen, dass die Conzessionäre in einem anderen Lande um die Conzession nachsuchen könnten.
Nach der Aktenlage ergibt sich, dass die Regierung im Anfangsstadium der Verhandlungen Auskünfte über das Bankhaus Sautier & Cie. in Luzern einzog (siehe Reg. Bericht Seite 10). Die Auskünfte lauteten günstig.
Am 19. August 1925 waren die Verhandlungen abgeschlossen und es wurde für den nächsten Tag die Vertragsredaktion festgesetzt. Am Abend des 19. August langte jedoch eine minder günstige Auskunft über die Firma Sautier ein, und es wurde ein Inserat in der N.Z.Z. bekannt, in welchem zur Ausnützung eines Staatsmonopols im benachbarten Auslande Geld gesucht wurde. Diese neue Tatsache wurde der Finanzkommission am anderen Tage vorgelegt. Erkundigungen der Regierung nach dem Aufgeber des Inserates blieben erfolglos. Die Kommission hat in voller Kenntnis dieser neuen Tatsache Zustimmung zur Conzession gegeben, indem sie sich auf den Standpunkt stellte, dass die ungünstigen Auskünfte entkräftet seien, wenn die Conzessionäre binnen 14 Tagen Fr. 100'000.- als Kaution aufbringen können. Noch vor Ablauf der 14 Tagen erlegten die Conzessionäre dann diese Kaution. Erst nach Erlag der Kaution von Fr. 100'000.- wurde die Conzession ausgefertigt. Bemerkenswert ist, dass am 26. und 29. August 1925 zwei weitere Informationen bei der Regierung einliefen, die wesentlich günstiger lauteten als jene vom 19. August.
Es ist begreiflich, dass sich die Kommission angesichts der für unsere Verhältnisse doch beträchtlichen Summe von Fr. 100'000.- und der Aussicht auf die wünschenswerte Vermehrung der Staatseinnahmen und besonders auf die längst bitternotwendige Beschaffung von Verdienst- und Arbeitsgelegenheiten, namentlich im Unterlande, zum Abschluss des Lotterievertrages entschloss. Wägt man die beiden Auskünfte gegeneinander ab und berücksichtigt man insbesondere, dass für die Conzessionierung die Fr. 100'000.- Kaution und die volkswirtschaftlich wichtige Arbeitsbeschaffung massgebend waren, so kann den Vertretern des Landes (Regierung und Landtag) kaum ein Vorwurf daraus gemacht werden, dass sie für die Conzessionierung der Klassenlotterie sich entschieden.
Die Kommission hat auch den immer wieder erhobenen Vorwurf geprüft, dass die Vertriebsunion mit Fr. 2'000 Kapital als Mitconzessionärin zugelassen wurde. Aus den Akten und Protokollen gewannen wir den Eindruck, dass weder dieser Betrag noch die an der Vertriebsunion beteiligten Personen irgendwie ins Gewicht fielen, sodass das Kapital lediglich als Zusatzhaftung betrachtet wurde.
Die Geheimhaltung der Verhandlungen war in der Natur der Sache gelegen. Auch in andern Staaten werden Verhandlungen mit Finanzgruppen, die dem Staate neue Einnahmen verschaffen sollen, nicht in der Öffentlichkeit stattfinden. Übrigens war der Kreis der an der Verhandlung Anwesenden nicht etwa bloss auf das Regierungskollegium beschränkt, sondern es nahmen an denselben regelmässig 10 – 12 Personen teil, wobei auch die Minderheit vertreten war. Die Regierung hat in der Landtagssitzung vom 30. Dezember 1925 erschöpfende Informationen über das Klassenlotterieunternehmen gegeben. Der Landtag hat diese Erklärungen der Regierung vorbehaltlos zur Kenntnis genommen und der Interpellant hat auf Anfrage des Regierungsvertreters ausdrücklich auf die öffentliche Bekanntgabe des Vertragstextes verzichtet, mit der vom Interpellanten selbst angeführten Begründung, es könnte zum Schaden des Landes sein.
Hervorgehoben muss noch werden, dass Finanzkommission und Regierung in allen Beschlüssen, einschliesslich des Vertreters der Minderheit einstimmig waren.
Kommission und Regierung glaubten bei den Verhandlungen, es bei den ausgezeichneten juristischen Beratungen des Herrn Dr. Emil Beck bewenden lassen zu können und verzichteten auf den Beizug eines Fachmannes. Nach dem unglücklichen Ausgang des Unternehmens ist nun allerdings zu sagen, dass die Kommission gut getan hätte, dem Rate des juristischen Beraters auf Beizug eines Fachmannes zu folgen.
Festzustellen ist, dass der Vertrag, wie sich gezeigt hat, juristisch unanfechtbar ist und dass die Bedenken und Einwürfe, die später gegen die Conzession vorgebracht wurden, schon in den Verhandlungen besprochen und berücksichtigt wurden. Aus den Protokollen ergibt sich, dass Regierung und Kommission trotz der Bedenken des juristischen Beraters der Meinung waren, dass der Vertrag auch mit den gerügten Mängeln für das Land vorteilhaft sei, zumal eine Barkaution von Fr. 100'000.- und eine Schweizerbank für die Vertragserfüllung hafteten.
Gegen die Firmabezeichnung "Klassenlotterie in Liechtenstein" hatten Regierung und Kommission grosse Bedenken gehabt, mussten aber schliesslich dem Wunsche der Conzessionäre nachgeben. Bemerkenswert ist immerhin, dass Kommission und Regierung den Namen "Liechtensteinische Klassenlotterie" mehrfach strikte ablehnten. Die missbräuchliche Verwendung des Wappens, oder Namens von Fürst, Land oder Gemeinde ist im Vertrage ausdrücklich verboten.
Zweiter Lotterievertrag:
Auch bei den Verhandlungen mit [Josef Paul] Grüsser war das Hauptmoment die Arbeitsbeschaffung, das zeigt schon die Abstimmung des Landtages, bei welcher bei einer Enthaltung sämtliche Abgeordnete dem Vertrage zustimmten in Kenntnis der ganzen Verhandlungen des ersten Vertrages und deshalb auch in Kenntnis, dass der 2. Vertrag wesentlich ungünstiger war als der erste Vertrag. Keine einzige Stimme erhob sich gegen den Vertrag.
Die von der Regierung vor dem Vertragsabschlusse eingeholten Informationen über Grüsser waren günstig. Die Quelle, aus denen diese Informationen flossen, schien verlässlich genug, um Landtag und Regierung zu beruhigen. Die Auskunft des Herrn Legationsrates Baron von Grünau war umso eher zu beachten, als Baron Grünau aus einer hochadligen Familie stammt, die mit dem Fürstenhause durch verwandtschaftliche Bande verknüpft ist.
Bei den Regierungsakten liegt eine offenbar von der Hand Grüssers geschriebene Copie eines amerikanischen Handelsregisterauszuges der Firma John von Glahn. Nach unsern Erkundigungen ist bei den Verhandlungen das Original dieses Handelsregisterauszuges vorgelegen. [2]
Im Auftrage des Landtages führte der damalige Vice-Präsident des Landtages, Herr E. [Emil] Batliner, gemeinsam mit dem juristischen Berater Herrn Dr. Emil Beck und Abgeordneter [Andreas] Vogt aus Balzers die Verhandlungen mit Grüsser.
Hier darf vielleicht darauf hingewiesen werden, dass im Vertrage mit Grüsser der Staat die Frankaturkosten bis zum Höchstbetrag von Fr. 90'000.- für jede der ersten 4 Klassen „übernommen“ hat, wogegen dem Staate nur eine Einnahme von 10 % der Bruttoeinnahmen mindestens, also von Fr. 5'000.- pro Ziehung garantiert wurde.
Die später eingelangte ungünstige Auskunft über Grüsser konnte den vom Landtage genehmigten Vertrag nicht mehr ungeschehen machen.
5. Monopol
In der Monopolfrage muss sich die Kommission an das Urteil des fürstlichen Landgerichtes vom 8. April 1926 halten, in welchem es heisst:
"Es ist nun kein Zweifel, dass der Inhalt des Flugblattes objektiv genommen weit über das Ziel hinausschiesst. Vor allem handelt es sich nicht um einen Verfassungsbruch. Nach dem Wortlaut des Flugblattes kann sich der Vorwurf des Verfassungsbruches nur darauf beziehen, dass die Regierung dem Klassenlotterieunternehmen eine Monopolstellung eingeräumt hätte. Das ist als Verfassungsbruch gebrandmarkt. Um irgend eine andere Verletzung der Verfassung und dergleichen kann es sich gar nicht handeln.
Nun ist aber der Gesellschaft nie ein Monopol eingeräumt worden. Nach dem Konzessionsvertrage vom 24. August 1925 und der Conzessionserteilung vom 1. September wurde ein solches Monopol nicht geschaffen. Artikel 11 bestimmt wörtlich "die Regierung und die Finanzkommission verpflichten sich, für die baldigste Schaffung eines gesetzlichen Monopoles ihr Möglichstes zu tun und bis dahin keinen andern Klassenlotterien eine Conzession zu erteilen. Lotterien lokalen Charakters können gestattet werden".
Artikel 36 der Verfassung vom 5. Oktober 1921 L.G.Bl. Nr. 15 bestimmt: "Die Zulässigkeit ausschliesslicher Handels- und Gewerbeprivilegien für eine bestimmte Zeit wird durch das Gesetz geregelt". Die Regierung konnte zu jener Zeit, da ein solches Gesetz nicht bestand, ein Monopol für die Lotterie nicht erteilen und sie hat es auch nicht getan. Dagegen war es ihr gutes Recht, dem Unternehmen zuzusichern, dass sie für die Schaffung eines solchen Monopols das Ihrige tun werde. Am 19. Februar 1926 wurde in Nr. 4 des L.G.Bl. das Personen und Gesellschaftsrecht kundgemacht. In Par. 71 Abs. 6 des Schlusstitels dieses Gesetzes wird wörtlich bestimmt: "Die Errichtung und der Betrieb von Lotterieunternehmungen und der Vertrieb von ausländischen Losen bedarf der Bewilligung und nötigenfalls der Überwachung durch die Regierung mit der Massgabe, dass ein Vorrecht oder Ausschlussrecht für solche Unternehmungen eingeräumt werden kann und wobei immerhin bereits erteilte Bewilligungen anerkannt werden". Durch diese Gesetzesbestimmung ist heute nun allerdings die Möglichkeit geschaffen, einem Unternehmen durch einen Verwaltungsakt der Regierung ein Monopol zu erteilen. Bis heute ist ein solcher Verwaltungsakt nicht erfolgt.
Der Vorwurf des Verfassungsbruches ist daher nicht gerechtfertigt".
Die Kommission behandelte den Monopolsantrag vom praktischen Gesichtspunkte aus. Aus den Akten ist nicht ersichtlich, dass dadurch jemand zu Schaden gekommen ist. Die bezüglichen Angriffe sind daher belanglos. Überdies wäre ja gegen einen ablehnenden Regierungsentscheid das Beschwerdeverfahren offen gewesen.
6. Markenkredite
Einen starken Anfechtungspunkt bietet die Kreditierung der Briefmarken. Während man sich auf der einen Seite auf den Standpunkt stellt, dass die Briefmarken für den Staat Papier sind und nur die Herstellungskosten zu verrechnen sind, behauptet die andere Seite, dass die Marken für den Staat Bargeld sind. Angefochten namentlich ist die Verwendung von Wohltätigkeitsmarken. Von der Regierung wird jedoch darauf hingewiesen, dass diese Markensorten nur gegeben wurden, weil andere entsprechende Werte nicht zur Verfügung gestanden sind. Schon bei den Verhandlungen wurde darauf hingewiesen, dass die Marken durch den Massenverbrauch entwertet werden. Es ist übrigens bemerkenswert, dass für die Frankaturen zum allergrössten Teile Frankaturstempel (und nur zum kleineren Teile Briefmarken) verwendet wurden.
Tatsache ist, dass die Einnahmen der Post aus dem Briefmarkenverkauf nicht zurückgegangen sind, wie die Staatsrechnung von 1926 und 1927 ausweisen; wurden doch 1926 für Fr. 114'206.08 und 1927 für Fr. 128'463.09 verkauft. Der Verkauf 1925 betrug Fr. 105'615.89.
Wenn schon die Briefmarken Bargeld sind, so verbrennt der Staat mit den jährlich vernichteten Restbeständen bei uns wie auch anderswo viel Geld. Es wird kaum von jemandem behauptet werden, dass der ganze Landtag dem Vertrag die Genehmigung versagt hätte, wenn er an jenem Tage, an welchem die Kaution von Fr. 100'000.- auf den Tisch gelegt wurden, vor die Wahl gestellt worden wäre, dem Vertrag zuzustimmen, oder ihn abzulehnen.
Der Landtag hat die Aufklärungen der Regierung über den Vertrag am 30. Dezember 1925 zur Kenntnis genommen und den Vertrag daher nachträglich stillschweigend genehmigt. Die Kommission hat sich die Beantwortung dieser Frage überlegt und ist zur Überzeugung gelangt, dass dadurch, dass der Landtag zur Interpellationsbeantwortung keine gegenteilige Stellung einnahm, die Vertragsgenehmigung erfolgte. Indessen ist nicht zu leugnen, dass es heute für den Staat besser wäre, wenn die Kommission nur dem Rate des juristischen Sachverständigen gefolgt wäre und eine wenigstens teilweise Barzahlung der Marken verlangt, dagegen auf jede Gewinnbeteiligung verzichtet hätte.
Wir verweisen übrigens auf die Bestimmungen des Vertrages mit Grüsser, nach welchem für jede der 4 ersten Klassen einer Lotterie der Staat Fr. 90'000.- Frankaturkosten übernehmen musste.
7. Leistungen
Die Kommission hat den Ausführungen des Regierungsberichtes nichts mehr beizufügen.
Die Kommission hat ein besonderes Augenmerk auf die Prüfung des Rechnungsberichtes der Regierung gelegt und hat festgestellt, dass die Landeskasse aus dem Lotterieunternehmen tatsächlich Fr. 208'794.75 netto eingenommen hat. Zwei Kautionen mit Fr. 100'000.- sind von der Landeskasse eingenommen worden.
8. Durchführung
Die Durchführung durch die Unternehmung der beiden Lotterien erwies sich als gänzlich verfehlt. Die erste Klassenlotterie wurde von Herrn [Fritz] Schmidhauser als Vertreter des Bankhauses Sautier & Cie. und von Herrn [Anton] Walser als Vertreter der Vertriebsunion geführt.
Die Bankfirma Sautier & Cie. gab eine Domizilerklärung ab, die von Juristen als vollkommen genügend angesehen wird. Gewiss wäre die Handelsgerichtliche Eintragung wünschenswert gewesen, aber an den tatsächlichen Verhältnissen hätte sie doch nichts ändern können. Die Geschäftsleitung hat, wie aus den Akten hervorgeht, in der Versendung der Werbebriefe bedeutende Fehler gemacht, indem die Werbebriefe in grosser Masse und auf einmal in alle Welt versandt wurden, wodurch die ausländischen Poststellen auf die Werbetätigkeit der Klassenlotterie in Liechtenstein aufmerksam wurden. Die Geschäftsführung ging nun daran, unter Deckadressen in der Schweiz Briefe adressieren zu lassen, um sie der Kontrolle ausländischer Behörden zu entziehen. Die Sache wurde ruchbar und es folgten mehrere Strafverfahren in der Schweiz, in deren Verlauf etliche beteiligte Personen sich vor dem Strafgericht zu verantworten hatten und gebüsst wurden. Es scheint, dass das System der Deckadressen nur einem anderen in Liechtenstein seit längerer Zeit tätigen Unternehmen nachgeahmt wurde.
Aus den Akten ergibt sich, dass die Regierung rechtzeitig die Benützung der Schweizerpost für Lotteriezwecke untersagt hat.
Viel und mit Recht angefochten wurde auch das von der Geschäftsführung angewendete Goldregensystem. [3]
10. Sparkasse [4]
Bezüglich der Geschäftsverbindung der Klassenlotterie mit der Sparkasse ist darauf hinzuweisen, dass diese Verbindung auf Grund der Bestimmungen des Conzessionsvertrages vom ganzen Verwaltungsrate in der Sitzung vom 25. August 1925 einstimmig genehmigt wurde.
Aus den Verhandlungsprotokollen ergibt sich, dass Regierung und Kommission sich den Schutz der Sparkassa besonders angelegen sein liessen und dass das Prinzip vorherrschte, der Sparkassa neue, gewinnbringende Geschäfte zuzuweisen. Die Regierung bemühte sich, für die Lotteriegelder die Adresse "Bankstelle Vaduz" zu erreichen, drang aber nicht durch. Dagegen wurde verlangt, dass die Adresse "Liechtensteinische Landesbank, Abt. Kassa" zu lauten habe, um die Lotteriegelder einwandfrei zu kennzeichnen, wodurch eine Verwechslung mit andern Geldern vermieden wurde.
11. Verschiedenes
Immer wieder taucht der Vorwurf der Unsittlichkeit der Lotterieverträge auf. Namentlich wird dies auch mit der Kleinheit des Landes begründet, indem die Klassenlotterie angewiesen sei, ihre Lose nur im Auslande abzusetzen, das Lotterieverbote habe. Es wird daraus gefolgert, dass Regierung, Finanzkommission und Landtag unter diesen Voraussetzungen die Conzession nicht hätte erteilen dürfen. Dem gegenüber darf darauf hingewiesen werden, dass z.B. die Schweiz die Veranstaltung von Lotterien verboten hat, doch ist der Einsatz in fremden Lotterien für den Schweizer nicht strafbar. Auch Österreich und Deutschland haben Verkaufsverbot für fremde Lotterielose, aber nicht aus sittlichen, sondern aus fiskalischen Gründen, betreiben übrigens einen schwunghaften Handel mit Lotterielosen ins verbotene Ausland. Die Conzessionsbewerber betonten bei den Conzessionsverhandlungen, dass sie die Lose nur in verbotsfreien Ländern, namentlich Übersee absetzen würden.
Die von der Bankfirma Sautier beim Landgerichte eingewendete Unsittlichkeit des Vertriebes wurde sowohl vom Landgericht, als auch vom Obergericht abgelehnt.
Wenn sich Regierung, Kommission und Landtag von der Kleinheit des Landes für einen Klassenlotteriebetrieb nicht abschrecken liessen, so mag das wohl deswegen geschehen sein, weil seit Jahren in Vaduz ein ähnlicher Betrieb, wie es scheint, gut prosperiert.
Wir sind auf Grund unserer Untersuchungen zur Überzeugung gelangt:
- dass die bei den Verhandlungen zur Klassenlotterie tätigen Personen in erster Linie von dem Wunsche beseelt waren, dem Volke Arbeit und Verdienst zu beschaffen und in zweiter Linie die Einnahmen für die Landeskasse zu vermehren,
- dass die Behörden sich nur von dem Bestreben leiten liessen, das Beste für Land und Volk zu erreichen,
- dass weder Verfassung noch Gesetz in irgendwelcher Art verletzt wurden,
- beim Vertragsabschluss waren viele heute jedermann sichtbare Tatsachen noch nicht bekannt und konnten damals noch nicht berücksichtigt werden,
- dass jedenfalls am guten Glauben aller beteiligten Amtsmänner nicht gezweifelt werden kann. Darauf deutet auch die Tatsache, dass die Vertreter der Minderheit immer ihre Zustimmung gaben, ein Beweis dafür, dass die Vertragsabschlüsse als für den Staat vorteilhaft erschienen;
- dass dem Staate aus dem Lotterieunternehmen Fr. 208'794.75 in barem Gelde zugeflossen sind, wobei noch eine Forderung von 495'898.80 an die Bankfirma Sautier besteht. Die tatsächlichen Einnahmen der Landeskassa aus beiden Lotterien per Fr. 208'794.75 setzen sich zusammen:
I. | a.) Verfallene Kaution der ersten Lotterie | Fr. 100‘000.- | |
| b.) Verfallenes Vereinsvermögen der Vertriebsunion | Fr. 2‘000.- | |
| c.) Diverse Einnahmen | Fr. 1‘129.65 | |
| [Zusammen] | Fr. 103‘129.6 | |
| ab Ausgaben per | Fr. 15‘794.74 | |
| Reineinnahmen aus der ersten Lotterie | | Fr. 87‘334.91 |
II. | a.) Verfallene Kaution der zweiten Lotterie | Fr. 100‘000.- | |
| b.) Gründungsstempel | Fr. 15‘000.- | |
| c.) Staatsabgaben für 2 Ziehungen je Fr. 5‘000.- | Fr. 10‘000.- | |
| d.) Diverse Einnahmen | Fr. 2‘671.- | |
| [Zusammen] | Fr. 127‘671.- | |
| ab Ausgaben per | Fr. 6‘211.16 | |
| Reineinnahmen aus der zweiten Lotterie | | Fr. 121‘459.84 |
| Tatsächlich hat also die Landeslotterie aus beiden Lotterien eingenommen | | Fr. 208'794.75 |
An Arbeitslöhnen und Gehältern und Leistungen an Gewerbetreibende sind ca. Fr. 159'000.- im Lande geblieben.
Die Kommission enthält sich eines Vorschlages über die Liquidierung der Klassenlotterie, indem sie der Meinung ist, dass ihr ein solcher Vorschlag nicht zusteht.