Handschriftliches Schreiben der Firma Adolf Schwab, Hammersteiner Weberei und Spinnerei AG, gez. Otto Kolmar, gez. ferner die Fabriksarbeiter Stefan Wachter, Andreas Rüdisser, Marie Gassner, Marianne Konrad, Juliane Kaufmann und Magdalena Konrad, an die Regierung [1]
25.9.1923, Vaduz
Hohe fürstliche Regierung!
Im Nachhange zu unserer Zuschrift vom 7. ds. [2] und in höflicher Erledigung der Anfrage der hohen fürstlichen Regierung vom 10. ds. [3] erlaubt sich die gefertigte Firma mitzuteilen, dass sie bereit ist, für den Fall, dass die prompte Einwilligung der hohen Regierung zur Ausfuhr der in Frage stehenden Maschinen [4] gegeben wird, nachstehend angeführten Arbeitnehmern folgende Zuschüsse freiwillig zu gewähren:
Stefan Wachter, Schaan | Frs. 2.- pro Arbeitstag |
Andreas Rüdisser, Schaan | Frs. 2.50.- pro Arbeitstag |
Marie Gassner, Vaduz | Frs. 1.50.- pro Arbeitstag |
Marianne Konrad, Schaan | Frs. 1.20.- pro Arbeitstag |
Juliane Kaufmann, Schaan | Frs. 1.- pro Arbeitstag |
Magdalena Konrad, Schaan | Frs. 1.- pro Arbeitstag |
Diese Unterstützung würde die gefertigte Firma vom Zeitpunkte, da die angeführten Arbeitnehmer nicht mehr normal beschäftigt werden können, bis zum 31. Dezember 1925 (neunzehnhundertfünfzundzwanzig) bewilligen.
Für den in der Zuschrift vom 7. ds. erwähnten Sebastian Schitscher [Tschütscher], welcher um 30 Jahre in dem Unternehmen gearbeitet hat und überdies Vorarlberger ist, hat die erg. [ergebenst] gefertigte Firma zwei schon 47 resp. 45 Jahre in der Fabrik beschäftigt gewesenen Arbeiterinnen, nämlich Juliane Kaufmann und Magdalena Konrad, welche Liechtensteinerinnen sind, in die Unterstützung aufgenommen. [5]
Die zwei erstangeführten (Wachter und Rüdisser) haben die Verpflichtung übernommen, bei vollkommenem Stillstande der Fabrik die Kontrolle resp. Überwachung der Fabrik auszuüben. [6]
Mir hochachtungsvoller Ergebenheit
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[1] LI LA RE 1923/3074 ad 2700. Eingangsstempel der Regierung vom 25.9.1923. Regierungsvermerk: „Erledigt sich mit Zl. 3073.“ Maschinenschriftliche Abschrift des Dokuments unter LI LA RE 1923/ad 2700. Vgl. O.N., Nr. 23, 24.3.1923, S. 2 („Arbeitszeitverkürzung“).
[2] Darin verwies die Firma Adolf Schwab darauf, dass der hiesige Betrieb mit Rücksicht auf die bestehenden schwierigen geschäftlichen Verbindungen sowie durch die gegenüber Österreich bestehende Zollgrenze verursachten Mehrkosten wirtschaftlich absolut unmöglich sei, und fixierte die Unterstützung für die Arbeitnehmer für den Fall, dass die Regierung die Ausfuhrbewilligung für die Webstühle samt den dazugehörigen Vorbereitungsmaschinen erteile. Demnach wollte das Unternehmen mit 5 Arbeitnehmern besondere Vereinbarungen treffen; die restlichen Arbeitnehmer sollten am Tage ihres Austrittes einen von ihnen während der letzten 14 Tage bezogenen Betrag zuschussweise erhalten (LI LA RE 1923/2853 ad 2700).
[3] Die Regierung ersuchte das Unternehmen Schwab um Mitteilung, welches Abkommen es mit den genannten 5 ältesten Arbeitern bzw. Arbeiterinnen geschlossen habe (LI LA RE 1923/2853 ad 2700).
[4] Die Fabriksarbeiter sprachen sich im September 1923 mit 25 gegen 16 Stimmen für ein durch die Regierung zu verhängendes Verbot der Maschinenausfuhr aus (undatiertes Schreiben von Julius Natter namens der Arbeiterschaft an die Regierung, eingelangt ebd. am 14.9.1923 (LI LA RE 1923/2924 ad 2700)). - Nicht mit der drohenden Fabriksschliessung zusammenhängen dürften die Sachbeschädigungen an den Fabriksgebäuden im Dezember 1922 und im Januar 1923; es wurden insgesamt 23 Scheiben mit Steinen eingeworfen. Da die Täterschaft nicht ermittelt werden konnte, wurde das Strafverfahren am 12.3.1923 auf Antrag der Staatsanwaltschaft vom F.L. Landgericht eingestellt vgl. LI LA J 007/S 053/145).
[5] Nach einer undatierten Liste unter LI LA RE 1923/2853 ad 2700 war Marie Gassner 56 Jahre in der Fabrik im Mühleholz beschäftigt, Marianne Konrad 53 Jahre, Stefan Wachter 48 Jahre, Magdalena Konrad 47 Jahre, Juliane Kaufmann 45 Jahre und Andreas Rüdisser 43 Jahre. – In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass das Unternehmen Schwab im Mühleholz die Nachfolge der im Januar 1918 gelöschten Firma der Gebrüder Rosenthal AG angetreten hatte.
[6] Die Regierung bzw. Regierungschef Gustav Schädler erklärte sich mit Schreiben vom 26.9.1923 mit den von der Firma Schwab genannten Bedingungen einverstanden und erhob keine Bedenken mehr gegen die Ausfuhr von 154 Webstühlen (LI LA RE 1923/3073 ad 2700). Zur Frage der Wiederinbetriebnahme der Fabrik im Mühleholz gegen eine befristete Steuerbefreiung vgl. LI LA RE 1930/0659 und LI GAV A 11/30.