Protokoll der konstituierenden Generalversammlung der Bank in Liechtenstein


Maschinenschriftliche Abschrift des Protokolls der konstituierenden Generalversammlung, gez. vom Vorsitzenden Alfred Treichl und Schriftführer Wilhelm Beck (keine Originalunterschriften) [1]

24.11.1920, Vaduz

Protokoll

über die am 24.11.1920 im Regierungsgebäude zu Vaduz abgehaltene konstituierende Generalversammlung der

Bank in Liechtenstein

über die bei dieser Versammlung gepflogenen Verhandlungen, gefassten Beschlüsse und vollzogenen Wahlen.

Herr Direktor Dr. Alfred Treichl übernimmt namens der Anglo–Österreichischen Bank als Konzessionärin den Vorsitz, begrüsst die erschienenen Teilnehmer an der konstituierenden Generalversammlung, stellt fest, dass die Aktienzeichner zu der heutigen Generalversammlung mittels rekommandierter Schreiben vom 9. November 1920 eingeladen wurden, dass ferner die Kundmachung der konstituierenden Generalversammlung im "Liechtenstein’schen Volksblatt" am 10. Nov. 1920 und in den "Oberrheinischen Nachrichten" am 13. November 1920 rechtzeitig verlautbart worden ist, und dass die vorschriftsmässige Anzeige von der Abhaltung der konstituierenden Generalversammlung an die Regierung des Fürstentums Liechtenstein am 10. November 1920 erstattet worden ist. Die Verschiebung auf den 24. November 1920 infolge Verkehrseinstellung wurde der Regierung am 20.11. und den Aktionären brieflich mitgeteilt.

Der Herr Vorsitzende konstatiert ferner aus der vorliegenden Zeichnungsliste, dass sämtliche Aktien der neu zu gründenden "Bank in Liechtenstein" zur Gänze gezeichnet und deponiert wurden.

Endlich konstatiert der Herr Vorsitzende, dass laut Kontoauszug der Schweizerischen Bankgesellschaft, Zürich, ddo. 15. November 1920 der ganze bar einzuzahlende Aktienbetrag von einer Million Schweizer Franken eingezahlt worden ist und zur freien Verfügung der zu errichtenden Aktiengesellschaft steht.

Der Vorsitzende stellt sohin der Versammlung den Regierungskommissär, Herrn Alfred von Lenz vor. Weiters wird der anwesende Herr Landrichter, Dr. [Julius] Thurnherr, die amtliche Beglaubigung des Protokolls vornehmen.

Herr Dr. Treichl fordert sohin die Generalversammlung auf, die Wahl eines Vorsitzenden und von zwei Stimmenzählern vorzunehmen, welche beide zugleich das Protokoll zu beglaubigen haben werden.

Herr Aktionär [Friedrich] Walser beantragt, die Wahl durch Erheben der Hände vorzunehmen und zum Vorsitzenden Herrn Direktor Dr. Alfred Treichl, zu Stimmenzählern die Herren Dr. Rudolf Schädler und Direktor Dr. Eugen Nipp zu wählen.

Der Vorsitzende bringt diesen Antrag durch die Aufforderung zum Erheben der Hände zur Abstimmung und konstatiert sodann, dass dieser Antrag einstimmig angenommen wurde.

Herr Direktor Dr. Alfred Treichl dankt für die auf ihn gefallene Wahl und ersucht sohin Herrn Aktionär Dr. [Wilhelm] Beck das Amt eines Schriftführers zu übernehmen, womit dieser sich einverstanden erklärt.

Der Vorsitzende konstatiert, dass, wie aus der vorliegenden Präsenzliste ersichtlich ist, die Mehrzahl der Aktienzeichner teils persönlich, teils durch Vollmacht vertreten ist, demnach die Generalversammlung für alle auf der Tagesordnung stehenden Anträge beschlussfähig erscheint.

Er geht nunmehr zur Tagesordnung über. Dieselbe umfasst nachstehende Punkte:

1.) Beschlussfassung über die Errichtung der Aktiengesellschaft und Annahme der Gesellschaftsstatuten in der von der fürstlich Liechtenstein’schen Regierung genehmigten Fassung.
2.) Wahl des ersten Verwaltungsrates.
3.) Wahl des ersten Aufsichtsrates (Artikel 32 der Statuten).
4.) Festsetzung des Wertes der Präsenzmarken für die Mitglieder des Verwaltungsrates und Bestimmung der Vergütung für die Mitglieder des Aufsichtsrates für das erste Geschäftsjahr.
5.) Beschlussfassung über den Antrag auf Erhöhung des Gesellschaftskapitales von Nom. Schweizerfranken 1'000'000.- auf Nom. Schweizerfranken 3'000'000.-.
6.) Antrag auf Abänderung des Art. 3 und Art. 17 der Statuten (Protokollierung der Firma der Gesellschaft auch in französischer, englischer und italienischer Sprache, bezw. Erhöhung der Anzahl der Mitglieder des Verwaltungsrates).
7.) Allfälliges.

Zum ersten Punkte der Tagesordnung: "Beschlussfassung über die Errichtung der Aktiengesellschaft und Annahme der Gesellschaftsstatuten in der von der fürstlich Liechtenstein’schen Regierung genehmigten Fassung" bemerkt der Vorsitzende, dass die Regierung des Fürstentums Liechtenstein der Anglo-Österreichischen Bank als Konzessionärin mit dem Erlass ddo. Vaduz, den 30. August 1920, Zahl 3909/Reg. die Bewilligung zur Errichtung einer Aktiengesellschaft unter der Firma "Bank in Liechtenstein" erteilt und die hier vorliegenden Statuten genehmigt hat. Er ersucht den Schriftführer die Statuten zur Verlesung zu bringen.

Der Aktienzeichner Herr Direktor Dr. Eugen Nipp erbittet sich das Wort und beantragt, von der Verlesung der Statuten Abstand zu nehmen, da sie seit längerer Zeit bereits in Händen der Aktienzeichner sind und ihnen genau bekannt sind.

Der Vorsitzende bringt diesen Antrag durch die Aufforderung zum Erheben der Hände zur Abstimmung und stellt nach Gegenprobe fest, dass der Antrag, von der Verlesung der Statuten Abstand zu nehmen, einstimmig angenommen wurde.

Der Vorsitzende beantragt nunmehr, die Generalversammlung wolle die Errichtung der "Bank in Liechtenstein" als Aktiengesellschaft auf Grund der vorliegenden, staatlich bewilligten Statuten, welche als Gesellschaftsvertrag zu gelten haben, beschliessen und sich als Aktiengesellschaft konstituieren.

Der Vorsitzende eröffnet über diesen seinen Antrag die Debatte, schreitet, da sich niemand zum Worte meldet, zur Abstimmung und konstatiert nach vorgenommener Gegenprobe, dass sein Antrag angenommen, und dass sich demnach [2] die Aktiengesellschaft unter der Firma "Bank in Liechtenstein" konstituiert habe.

Der Vorsitzende geht nun zum zweiten Punkte der Tagesordnung "Wahl des ersten Verwaltungsrates" über.

Der Aktienzeichner Herr Fritz Walser beantragt im Sinne des Artikels 17 folgende Personen in den Verwaltungsrat zu entsenden und deren Wahl durch Erheben der Hände vorzunehmen:

Herrn Dr. Wilhelm Beck, Rechtsanwalt, Vaduz.
Herrn Dr. Erwin Ferstel, Generalkonsul a. D., Bozen.
Herrn Alfred Günther, Generaldirektor der Firma B. Wetzler & Co., in Wien.
Herrn P. [Paul] Jaberg, Direktor der Schweiz. Bankgesellschaft, Zürich.
Herrn Franz Kirchhofer, Zentraldirektor der Firma Vonwiller & Co., Wien.
Herrn Hermann Muche, Zürich.
Herrn Hugo Rakus, Bankdirektor, Wien.
Herrn Dr. Rudolf Schädler, Vaduz.
Herrn Hugo Schwarz, Generalrat der Anglo-Österreichischen Bank, Wien.
Herrn Karl Trauttmansdorff, Wien.
Herrn Dr. Alfred Treichl, Direktor der Anglo-Österr. Bank, Wien.
Herrn Oskar Vonwiller, Wien und
Herrn Peter Westen, Grossindustrieller, Wien.

Da sich die Versammlung mit dem vorgeschlagenen Wahlmodus per acclamationem einstimmig einverstanden erklärt, ersucht der Vorsitzende diejenigen Herren, welche für die vorliegenden Anträge stimmen, die Hände zu erheben und stellt sodann nach Gegenprobe fest, dass die genannten Herren Dr. Wilhelm Beck, Dr. Erwin Ferstel, Alfred Günther, P. Jaberg, Franz Kirchhofer, Hermann Muche, Hugo Rakus, Hugo Schwarz, Dr. Rud. Schädler, Oskar Vonwiller, Carl Trauttmansdorf, Dr. Alfred Treichl und Peter Westen in den Verwaltungsrat der neuen Aktiengesellschaft einstimmig [3] gewählt erscheinen.

Der Vorsitzende geht nunmehr zum dritten Punkte der Tagesordnung "Wahl des ersten Aufsichtsrates" über.

Zu diesem Punkte beantragt der Aktienzeichner Herr Dr. Rudolf Schädler, die Herren August Ochs, Theodor Hernried und fürstl. Rat Franz Schlegel zu Mitgliedern des Aufsichtsrates im Sinne des Artikels 32 der Statuten zu wählen und die Wahl durch Erheben der Hände vorzunehmen.

Da sich die Generalversammlung mit dem vorgeschlagenen Wahlmodus einstimmig einverstanden erklärt, ersucht der Vorsitzende diejenigen Herren, welche für den vorliegenden Antrag stimmen, die Hände zu erheben und konstatiert nach Gegenprobe, dass die Herren August Ochs, Theodor Hernried und fürstl. Rat Franz Schlegel einstimmig zu Mitgliedern des Aufsichtsrates gewählt worden sind.

Zum vierten Punkte der Tagesordnung "Festsetzung des Wertes der Präsenzmarken für Mitglieder des Verwaltungsrates und Bestimmung der Vergütung für die Mitglieder des Aufsichtsrates für das erste Geschäftsjahr" beantragt der Vorsitzende, die Festsetzung des Wertes der Präsenzmarken der ersten ordentlichen Generalversammlung, die über den Geschäftsbericht für das Jahr 1921 beschliessen wird, zu überlassen. Für die Mitglieder des Aufsichtsrates wird eine Vergütung von Schw. Fr. 100.- für das erste Geschäftsjahr beantragt.

Da zu diesem Antrage keiner der Herren das Wort wünscht, schreitet der Vorsitzende zur Abstimmung durch Erheben der Hände und stellt nach Gegenprobe fest, dass dieser Antrag einstimmig angenommen worden ist.

Zum fünften Punkte der Tagesordnung "Beschlussfassung über den Antrag auf Erhöhung des Gesellschaftskapitales von Nom. Schweizerfranken 1'000'000.- auf Schweizerfranken 3'000'000.-" stellt der Vorsitzende folgenden Antrag:

"Die Generalversammlung beschliesst, das Aktienkapital über die derzeitige Höhe von Nom. Schweizerfranken 1'000'000.- bis zum Betrage von Nom. Schweizerfranken 3'000'000.- eventuell successive in mehreren Abschnitten zu erhöhen und ermächtigt den Verwaltungsrat, diese Kapitalserhöhung in dem ihm geeignet erscheinenden Zeitpunkte durchzuführen, sowie die Modalitäten der Begebung, des Begebungskurses und des Zeitpunktes der Teilnahme der neuen Aktien an den Geschäftsergebnissen festzusetzen. Im Zusammenhange damit ermächtigt die Generalversammlung den Verwaltungsrat, die zur Durchführung des obigen Beschlusses notwendigen Statutenänderungen im eigenen Wirkungskreise und ohne neuerliche Einberufung einer Generalversammlung vorzunehmen. In der nächsten ordentlichen Generalversammlung wird der Verwaltungsrat über den Stand der Durchführung der Kapitalserhöhung im Sinne der erteilten Ermächtigung Bericht zu erstatten haben."

Der Vorsitzende begründet diesen Antrag unter Hinweis auf Artikel 9 und 10 der Statuten und eröffnet sodann über diesen Antrag die Debatte.

Da sich niemand zum Worte meldet, schreitet der Vorsitzende zur Abstimmung und teilt vorher noch mit, dass durch die anwesenden 22 Aktienzeichner 9314 Aktien mit 369 Stimmen repräsentiert sind, sodass die Beschlussfähigkeit für diesen Antrag gegeben ist. Der Vorsitzende erklärt, dass er, falls kein Widerspruch erfolgen sollte, die Abstimmung durch Erheben der Hände vornehmen werde.

Da gegen diesen Vorschlag [4] kein Widerspruch erfolgt, fordert der Vorsitzende diejenigen Herren, welche für den vorliegenden Antrag stimmen, auf, die Hände zu erheben und konstatiert nach Gegenprobe, dass sein Antrag einstimmig angenommen und demnach einstimmig die Ermächtigung zur Erhöhung des Aktienkapitales von Nom. Schweizerfranken 1'000'000.- bis zum Betrage von Schweizerfranken 3'000'000.- erteilt wurde.

Zum sechsten Punkte der Tagesordnung übergehend, welcher lautet: "Antrag auf Abänderung der Artikel 3 und 17 der Statuten (Protokollierung der Firma der Gesellschaft auch in französischer, englischer und italienischer Sprache bezw. Erhöhung der Anzahl der Mitglieder des Verwaltungsrates" stellt der Vorsitzende folgende Anträge:

Artikel 3 der Statuten, welcher lautet: "Die Firma, lautend "Bank in Liechtenstein" wird nach Vorschrift der Gesetze protokolliert, wolle dahin abgeändert werden, dass er künftig zu lauten hat: "Die Firma der Bank lautend (deutsch) "Bank in Liechtenstein" oder (französisch) "Banque de Liechtenstein" oder (englisch) "Bank of Liechtenstein" oder (italienisch) "Banca di Liechtenstein" wird nach Vorschrift der Gesetze protokolliert."

Weiters beantragt der Vorsitzende den Artikel 17 Absatz 9 der Statuten, welcher lautet: "Der Verwaltungsrat besteht aus sechs bis vierzehn Veraltungsräten u.s.w." dahin abzuändern, dass derselbe künftig zu lauten hat: "Der Verwaltungsrat besteht aus sechs bis achtzehn Verwaltungsräten, u.s.w."

Der Vorsitzende begründet seine Anträge durch Hinweis auf den internationalen Charakter der neuen Bank, der die Korrespondenz und Firmazeichnung auch in den fremden Weltsprachen erfordert und es geboten scheinen lässt, den Kreis der in der Verwaltung vertretenen ausländischen Interessenten möglichst gross zu ziehen. Er erklärt, dass die Regierung des Fürstentums diesen Statutenänderungen mit Erlass vom 23. November 1920 Zl 5097 die Vorgenehmigung erteilt hat und eröffnet sodann die Debatte. Da sich niemand zum Worte meldet, schreitet der Vorsitzende zur Abstimmung mittels Erhebens der Hände und konstatiert nach Gegenprobe, dass die oben beantragten Statutenänderungen (Artikel 3 und Artikel 17 Absatz 9) einstimmig angenommen worden sind.

Zum siebenten Punkte der Tagesordnung "Allfälliges" beantragt der Vorsitzende, die konstituierende Generalversammlung wolle Herrn Dr. Wilhelm Beck, Rechtsanwalt in Vaduz, ermächtigen, alle zur Durchführung der Protokollierung der Aktiengesellschaft erforderlichen Eingaben zu unterfertigen und zu vertreten, sowie die hierüber ergehenden gerichtlichen Bescheide in Empfang zu nehmen.

Dieser Antrag wird bei der Abstimmung mittels Erhebens der Hände einstimmig angenommen.

Über Antrag des Aktionärs D. [David] Bühler, erweitert durch einen Antrag des Aktionärs Fritz Walser, wird von der Generalversammlung folgender einstimmige Beschluss gefasst: Der Verwaltungsrat wird ersucht, die Ermässigung des für die Ausübung des Stimmrechtes erforderlichen Aktienbesitzes in Erwägung zu ziehen und hierüber der nächsten ordentlichen Generalversammlung Bericht zu erstatten und einen eventuellen Antrag auf eine diesbezügliche Statutenänderung zu stellen. [5]

Der Vorsitzende richtet nunmehr an die Versammlung die Anfrage, ob noch jemand das Wort wünscht. Da dies nicht der Fall ist, erklärt der Vorsitzende, dass die Tagesordnung der heutigen konstituierenden Generalversammlung erschöpft ist, dankt allen Anwesenden für ihr Erscheinen und erklärt sohin die konstituierende Generalversammlung der "Bank in Liechtenstein" für geschlossen.

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[1] RE 1920/505. Die Richtigkeit des Protokolls wurde gleichentags durch den bei der Gründungsversammlung anwesenden Landrichter Julius Thurnherr bestätigt. Die Regierung bzw. Landesverweser Josef Peer genehmigte ebenfalls am 24.11.1920 die Abänderung der Art. 3 und 17 der Statuten.
[2] "demnach" nachträglich mit Bleistift eingefügt.
[3] "einstimmig" nachträglich mit Bleistift eingefügt.
[4] "Antrag" mit Bleistift gestrichen und durch "Vorschlag" ersetzt.
[5] Der Absatz steht im Original hinter dem nachfolgenden Absatz, in dem die Generalversammlung als geschlossen erklärt wird. Mit Bleistift ist gekennzeichnet, dass der Absatz richtigerweise vor der Schliessung protokolliert werden muss.