Rheinbergers Vater Johann Peter schreibt an Julius Maier über seinen Sohn.


Brief von Rheinbergers Vater an Julius Maier. [1]
1854 [vermutlich Juni], o.O. [vermutlich Vaduz] [2]

Wohlgeborener,

verehrtester Herr Professor!

Sie werden mir mein längeres Stillschweigen auf Ihr verehrtestes Schreiben, welches mir schon am 23. v.M. zukam, erst heute beantworte und Ihnen für Ihre so warme Theilnahme an dem Schiksale meines Kindes danke zu gute halten; wenn ich Ihnen die Ursache hirvon mittheile. Einige Tage vor dem Einlaufe Ihres Schreibens wurde ich

von unserer fürstlichen Hofkanzelei in Wien verständigt: dass die Bestimmung getroffen worden sey durch eine fürstliche Buchhaltungs=Comission das hiesige Rentamt in loco zu untersuchen, und alle rückständigen Rechnungsgeschäfte, die nicht unbedeutend sind, aufarbeiten zu lassen. Gleich darauf langte die Comission auch wirklich hier an, welche sich zu meinem Leidwesen vernehmen liess: dass S. Durchlaucht über meine Rechnungsrückstände (an denen ich übrigens nicht allein Schuld trage) sich sehr ungnädig ausgesprochen haben sollen. Aus dem Ganzen mag ich wahrnehmen, dass ich gegenwärtig nicht in Gnaden stehe. Will aber auchzugleich zu Gott hoffen: dass sich dieses trübe Gewitter bald verziehen, und mir wieder Sonnenschein werden wird.

Unter diesen Umständen werden Eure Wohlgeboren die Ansicht mit mir theilen: dass es in dem gegenwärtigen Moment nicht gerathen sein dürfte mich in Gnadensachen weder direkt noch indirekt an den Fürsten zu wenden, sondern solange zu warten zu sollen bis sich die Verhältnisse wieder günstiger herausstellen werden, wofür ich alle Hoffnung habe. Ich behalte also die von Ihnen für meinen Sohn Joseph gütigst besorgten Zeugnisse bis dahin, und bis zu jenem Zeitpunkte zurück, wo ich mit und durch dieselben, so Gott will das gewünschte Ziel zu erreichen hoffe.

Indem ich Ihnen nun verehrtester Herr Professor! für Ihr liebevolles Wohlwollen das Sie meinem Kinde bisher geschenkt, überhaupts, dann aber insbesondere für Ihre letzteren mehr als väterlichen Sorgen und Bemühungen mit gerührtem Herzen danke, erlaube ich mir noch die Bitte anzufügen, womit Sie ihm auch für Zukunft gleich zugethan blelben, und ihm Ihren Rath nie entziehen wollen.

In welch tröstender Erwartung sich hochachtungsvoll zeichnet und empfiehlt

Euer Wohlgeboren

(Johann Peter Rheinberger)"

______________

[1] Antwortschreiben auf Brief von General-Musik-Director Franz Lachner über Josef G. Rheinberger.21. April 1854, München, in: Wanger/Irmen, Bd. 1, S.154.

[2] Dokument ist nicht näher datiert. Dass Maier dieses Screiben erhalten hat, geht aus seinem Schreiben vom 10. Juni 1854 hervor.