Regierung, Binnenkanalkommission und Vertreter der Gemeinde Ruggell verhandeln über das weitere Vorgehen in der Frage des Binnenkanals


Protokoll, ungez. [1]

21.8.1930

Protokoll

über die Sitzung der Binnenkanalkommission vom 21. August 1930, vormittags 9 Uhr.

Gegenwärtig:

Reg.Chef-Stellvertreter Dr. [Ludwig] Marxer,

Regierungsräte P. [Peter] Büchel und [Josef] Gassner, Vaduz,

Vorsteher Franz Hoop und Vize-Vorst. Alois Kind, Ruggell

Die Mitglieder der Binnenkanalkommission:

  1. Altreg.Rat Josef Marxer
  2. Altabgeordneter Johann Hasler, Gamprin
  3. Wuhrkommissär Emil Büchel, Ruggell
  4. Johann Georg Ritter, Mauren
  5. Landestechniker [Josef] Vogt

Als Schriftführer: [Anton] Seger.

Später noch dazu gekommen Reg.Chef Dr. [Josef] Hoop (Dr. Marxer tritt sohin später ab.)

Gegenstand: Vorgehen in der Binnenkanalangelegenheit und Stellungnahme zum Referendumsbegehren, [2] bezw. zum Schreiben der Ortsvorstehung Ruggell an die fürstliche Regierung vom 7. August 1930. [3]

Es wird zunächst jedem Mitglied der Binnenkanalkommission und den übrigen Gegenwärtigen je 1 Exemplar der Kostenaufstellung gegeben, betreffend die Spirsgrabenregulierung nach einem Projekt von seiten der Österreicher. [4]

Vorst. Frz. Büchel [Franz Hoop]: Ich muss zu dieser Aufstellung korrigieren, dass bei uns nur die Spirsgrabenregulierung und die Mühlbachregulierung verlangt wurde, auf der Aufstellung ist auch der Schmiedgraben, der Dorfgraben etz. berücksichtigt.

Dr. Marxer: Es handelt sich zuerst um die Stellungnahme über das allgemeine Vorgehen, mit der Gemeinde Ruggell kann das speziell behandelt werden nachher. Was meinen also die Herren im Allgemeinen, es ist das Referendum ergriffen worden, was jetzt?

Es macht einen grossen Einfluss auf Ruggell, ob der Spirsgraben bewilligt wird dazu. Man kann aber auch sagen, dass es auf die Oberländer Gemeinden einen grossen Einfluss macht, wenn man diesen Punkt auch noch vorher erledigt, es ist das ein zweischneidiges Schwert. Darum ist es wohl zu überlegen, wie es gescheiter ist, ob man mit der Spirsgrabenregulierung vorher Beschluss fassen soll oder erst nach der Abstimmung. Die Balzner, Triesner und Triesenberger werden ein noch grösseres Gesicht machen, wenn nochmals so und so viel tausend Franken dazukommen. Es wäre zu überlegen, wie man es taktisch besser macht.

Frz. Hoop: Bei Ruggell und Schellenberg trifft das 100 Stimmen an, wie die Sache behandelt wird. Wenn bei uns Sicherheit ist, ist man dafür, sonst findet es bei uns keinen Anklang und kann keinen Anklang finden.

Es wird sodann vom Landestechniker Vogt das Schreiben der Gemeindevorstehung Ruggell über die Stellungnahme der Bürgerversammlung von Ruggell zum Kanalbau verlesen.

Reg.Chef Dr. Hoop kommt zur Sitzung bei.

Reg.Chef: Es wird nun also die Volksabstimmung ausgeschrieben werden müssen. Man wird müssen in die Gemeinden hinausgehen, um die Leute aufzuklären und sie mehr als dringend ersuchen, sich für den Binnenkanalbau einzusetzen, weil sonst für das Land Folgen eintreten, die unabsehbar sind. Was man vorläufig vorkehren soll, weiss ich nicht.

Dr. Marxer: Für die Abstimmung ist nach Ansicht des Vorstehers von Ruggell von Wichtigkeit, wie die Sache mit dem Spirsgraben und Mühlbach geregelt wird.

Frz. Hoop: Es macht einen Stimmenunterschied von ca. 100 Stimmen aus, ob die Spirsgraben und Mühlbach–Angelegenheit so oder so entschieden wird. Die Regulierung des Schmiedgrabens und des Dorfgrabens verlangen wir gar nicht.

Vogt: Es wäre nur die Frage des Mühlbaches. Vom Mühlbach ist früher nie die Rede gewesen, nur vom Spirsgraben. Die Forderung betreffend Mühlbachregulierung ist etwas weitgehend. Man sollte dem Lande nicht Kosten aufhalsen, die nicht unbedingt nötig sind. Selbstverständlich darf sich durch den Kanalbau für Ruggell keine Verschlechterung geben.

Ld.T. [Landestechniker] Vogt legt sodann einen Lageplan vor, auf dem der Parallelgraben eingezeichnet erscheint.

Marxer, Eschen: Wenn durch den Mühlbach die Sache für Ruggell verschlechtert wird, dann soll man etwas machen, wenn aber durch den Kanalbau die Situation für Ruggell ohnehin besser wird, sollte man auf diesen Punkt verzichten.

Reg.Chef: Lässt sich das nicht so machen, wie angetönt wurde, dass man den Ruggellern die Zusicherung gibt, dass man das macht, was notwendig ist, damit nicht durch den Kanal eine Verschlechterung eintritt. Da sagt man ihnen eigentlich alles zu. Wenns nun aber durch den Kanal besser wird, dass dann nicht der Mühlbach reguliert wird. Je mehr Ruggell Bedingungen stellt, desto grössere Gefahr besteht im Oberland, dass die Sache bei der Abstimmung hinunterfällt. Uns erwachsen durch das Verlangen der Ruggeller (Schreiben der Ortsvorstehung Ruggell vom 7. August 1930) grosse Schwierigkeiten gegenüber Vorarlberg. Wir sind jetzt in der wesentlich schwächeren Position, nachdem wir nun die Initiative ergreifen müssen wegen der Spirsgrabenregulierung.

P. Büchel: Das kann für uns vielleicht 50'000 Fr. antreffen.

Dr. Hoop: Wir müssen jetzt dann eben als die Gesuchsteller auftreten.

P. Büchel: Ich stelle mir das so vor, wir müssen mit Vorarlberg verhandeln wegen der Spirsgrabenregulierung, bevor wir an den Landtag gehen. Es frägt sich, ob man das Ganze fertig machen soll, vor der Abstimmung oder nach der Abstimmung.

Reg. Chef: Wir haben vor 3 Wochen nach Vorarlberg geschrieben, dass wir eine Konferenz anberaumen wollen, damit wir über verschiedene Fragen klar werden. [5] Ich bin x-mal unten gewesen. Es müssen aber alle Sachen nach Wien, es sind zwischenstaatliche Verhandlungen. Es geht aber einfach nicht vorwärts. Ich möchte die Ruggeller bitten, dass sie den Bogen nicht überspannen, weil [Johann] Kühne mir sagte, er hätte den Eindruck, dass sie die Sache an sich herantreten lassen.

Vogt: Das kann uns mehr als 100'000 Fr Schaden sein (wenn wir da unklug vorgehen).

P. Büchel: Wir müssen mit den Vorarlbergern verhandeln. Wir können, wenn wir wollen, die Abstimmung bis Ende Dezember hinausschieben. Es kommt darauf an, was klüger ist, ob man die Abstimmung schneller vornehmen will oder ob man vorher mit Vorarlberg verhandeln will. Wenn wir den Vorarlberger sagen müssen, wir haben einen Landtagsbeschluss gefasst auf die Spirsgrabenregulierung, wir haben das den Ruggellern versprochen, so werden sie herausschlagen, was sie herausschlagen können. Darum müssen wir Zeit haben.

P. Büchel: Wir sind seinerzeit mit dem Querdamm über die Eschner hinweg. Aber man muss andere Leute auch leben lassen. Wenn die Frage heute nicht gelöst wird, mit dem Kanal, einmal wird sie gelöst. Dieser Zustand kann nicht weitergehen. Was den Kanalbau bis zum Matschilser Bergle anbelangt, so ist das ja Beschluss des Landtages, aber dort hinunterbauen können wir derzeit nicht, wir haben das Geld nicht.

Die Regierung muss das Ganze überblicken und so handeln, wie es für das allgemeine Wohl am besten ist. Sie will gewiss niemand übervorteilen. Am ärgsten erzürnen mich die Schellenberger, die wollen jetzt auch noch eine Garantie haben. Die Ruggeller haben wenigstens einen Fachmann beigezogen. [6] Die Ruggeller verstehe ich und ihre Vertreter. Die Vertreter von Ruggell haben die Verantwortung der Gemeinde gegenüber, wie wir sie im Lande gegenüber haben. Aber man muss auch da Mass und Ziel halten. Wenn wir den Österreichern sagen, wir brauchen den Kanal nicht bis zum Matschilser Bergle führen, wir können ihn auf Ruggeller Gebiet in den Rhein führen, werden sie in Österreich froh sein, wenn wir in hinunterführen.

Dr. Marxer: Man soll sofort mit Österreich weiterverhandeln und erst nach Abschluss der Verhandlungen abstimmen.

Reg.Chef: Die Nofelser und Bangser würden uns wegen der Spirsgrabenregulierung jedenfalls helfen.

P. Büchel: Durch das, dass wir den Querdamm so erhöht haben, sind die Ruggeller viel sicherer. Wenn der Kanal nicht gebaut wird, wird der Querdamm nie mehr erhöht, da dürfen die Ruggeller sicher sein.

Marxer: Man ist den Ruggellern in jeder Beziehung entgegengekommen, wenn man das Versprechen abgibt, Ruggell müsse geschützt werden.

P. Büchel: Ich hatte bei mir die Idee, dass man dann wenn der Kanal einmal gemacht wäre, überhaupt bei der Gampriner Mühle den Damm derart sichert, dass er auch bei einem Rheineinbruch halten würde. Man sollte auch am Rheinwuhr eine Vorrichtung machen, dass man dasselbe sprengen kann im Notfalle, sodass der Querdamm unbedingt halten würde. Wenn der Kanal nicht käme, würde der Querdamm nie mehr erhöht, dass gäbe Revolution in Eschen. Es würde dann die Zeit kommen, wo Ruggell um den Kanal betteln würde, wenn er eben heute nicht kommt. Das wäre längstens in 20 Jahren der Fall.

Dr. Hoop: [Julius] Ratz sagte, er würde dem Querdamm gar nicht so trauen. Wenn man den Ruggellern verspricht, der Kanal soll für sie keine Verschlechterung bringen, so sollten sie zufrieden sein.

Frz. Hoop: Der Kanal kann schon ein Stück mehr kosten, als veranschlagt und wenn dann die Verschlechterung wieder einen ziemlichen Kostenpunkt ausmachen würde, könnten die gleichen Gemeinden, die das Referendum ergriffen haben, sagen, da unten hat man geleistet genug. Es könnte das Volk wieder die Sache verwerfen, obwohl vielleicht Regierung und Landtag dafür wäre.

Büchel: Wenn die Regierung sieht, dass dieses und jenes einfach notwendig ist, dann macht mans halt, wie es beim Rhein auch gewesen ist, man frägt dann nicht mehr lange.

Vogt: Was den Voranschlag anbetrifft, glaube ich, dass man die Sache machen kann mit 1 1/2 Million, wenn man nicht von Österreich her Bedingungen stellt, die einfach unsinnig sind.

Dr. Marxer: Vor der Abstimmung wird man betreffs Spirsgrabenregulierung mit Vorarlberg verhandeln, es würde das vor der Abstimmung noch ganz genau festgelegt.

P. Büchel: Ich hatte mich an den Ruggeller Bedingungen nie gestossen, wenn diese nicht ein Datum hineingenommen hätten, wie dies geschehen ist. Aber es wurde dies begründet mit der Referendumsfrist. Das ist heute hinfällig. Zur Volksabstimmung kommt es sowieso.

Hoop: Betreffs des Datums ist das heute überholt, das Referendum haben die oberländischen 3 Gemeinden ergriffen.

Reg.Chef: Wenn die Verhandlungen mit Österreich nicht zum Abschlusse kommen könnten, was dann? Unsererseits besteht nach wie vor der Wille, die Spirsgrabenregulierung zu bewilligen. Bei Österreich ist diese Regulierung aber auch eine Kostenfrage, für diese macht es ca. 900'000 S aus.

P. Büchel: Ich glaube sicher, dass Vorarlberg die Spirsgrabenregulierung machen wird. Vorarlberg beweist durch seine Arbeit überall, dass es ein Gebiet nicht versumpfen lässt.

Reg.Chef: Das Zustandekommen des Referendums überrascht mich ein bisschen, obwohl bereits früher etwas darüber gesprochen wurde. Was haben die oberländischen Gemeinden für ein Interesse am Nichtzustandekommen des Kanalbaues, nicht das geringste.

Dr. Marxer: Sie sagen aus Sparsamkeitsrücksichten, sie reden auch von der Arbeitslosenunterstützung.

Reg.Chef: Wir haben deswegen bis heute noch nie daran gedacht, die Steuern zu erhöhen, sondern wollen aus der Staatswirtschaft herausschlagen, was wir brauchen, um die Sache durchzuführen. Das unsere Steuern niedrig sind, ist eine bekannte Sache.

Vogt: Ich habe schon gehört, dass gesagt wurde, es solle zuerst ein Perimeter aufgestellt werden, dann sagt man, wird dieser aufgestellt, dann sind viele selbst nicht mehr dafür.

Reg. Chef: Wir haben bei der letzten Sitzung grundsätzlich schon über den Perimeter geredet.

Es wird nun nichts anderes zu machen sein, als dass man vor der Abstimmung in jede Gemeinde hinausgeht und klipp und klar in jeder Richtung das Projekt erläutert und den Leuten die Sache klar macht, auch über den Perimeter redet.

Marxer: Die Unterhandlungen mit Vorarlberg sind von Wichtigkeit für die Abstimmung.

P. Büchel: Es muss betont werden, dass nur das Landeswasser die Böden überschwemmt, nicht das Regenwasser. Wenn der Rhein zurückstaut, nimmt das Wasser einen Bogen herein ins Eschner Ried. Die Leute im Unterland verlangen nur Schutz vor der Überschwemmung durch Landeswasser. Ich für meine Person betrachte es als grosse Ungerechtigkeit, wenn man einen Perimeter in Betracht zieht. Das Land ist nach meiner Ansicht verpflichtet, das Landeswasser so abzuführen, dass nicht ein ganzes Gebiet deswegen unter Wasser kommt, oder es soll die Leute entschädigen. Man ist verpflichtet die Leute vor vollständiger Entwertung des Bodens zu schützen. Das ist keine Riedentwässerung, es ist nur ein Schutz gegen eine Überschwemmung, die Riedentwässerung muss dann erst später durchgeführt werden. Später kommt auch Triesen und Balzers daran.

Marxer: Wenn wir das Riet nicht haben, ist unsere Existenz vollständig dahin, bis in 20 Jahren sind wir erledigt. Es ist heute einem jungen Mann unmöglich in Eschen eine Existenz zu gründen.

P. Büchel: Heute haben wir die Verantwortung für das, was im allgemeinen Interesse gelegen ist.

Ritter, Mauren: Niemand will Ruggell schädigen, aber Ruggell soll nicht Bedingungen stellen, die die Sache verunmöglichen.

Dr. Hoop: Über den Perimeter wurde das letzte Mal schon geredet. 1 Rp. pro Klafter wäre nicht zu viel, es wäre dies Sache der Klugheit, um das Ganze nicht zum Scheitern zu bringen. Eine bescheidene Auflage müssen die Interessenten in Kauf nehmen. Wenn die Leute die Gewissheit haben, dass der Rückstau nicht mehr hereinkommt, und die Leute sicher sind, ist das ein gutes Geschäft gegenüber dem jetzigen Zustand, wo, wenn einmal das Rheinwasser hereinkommt, in einem Jahr soviel Schaden entsteht, als sie mit dem Perimeter in einer Reihe von Jahren zahlen.

P. Büchel: Ich habe mich nur durch den Chef bearbeiten lassen, dass ich endlich den Widerstand gegen den Perimeter aufgegeben habe, und dies nur aus taktischer Klugheit. Meine Überzeugung ist es, dass es eine Ungerechtigkeit gegenüber den Geschädigten ist, wenn man ihnen einen Perimeter aufladet. Wenn man von den Ruggellern einen Beitrag zum Querdamm verlangt hätte, wäre es auch eine Ungerechtigkeit gewesen. Ich bin überzeugt, bis der Kanal heraufgebaut wird nach Triesen und Balzers, wird der Perimeter abgeschafft, schon in Schaan.

Hasler: Im Gampriner Ried ist nichts als Streue u. schlechtes Heu, bis man dort anpflanzen kann, kostet es noch viel Geld. Ich habe es mit Peter Büchel.

Marxer: Ich wäre auch vollständig gegen den Perimeter, aber ob das klug ist.

Reg.Chef: Darüber reden darf man auch in der Öffentlichkeit.

Marxer: Der billigste Boden in Eschen in der Höhe droben kostet 5 Fr. pro Klafter. Wie soll dort einer eine Existenz gründen können. Wir müssen Boden haben, den man um 2 und 1 1/21 Fr. erwerben kann.

P. Büchel: Eine Weil lang hat man immer davon geredet, dass Industrie her müssen, aber jetzt ist man dann geheilt davon. Wir stehen vor einer furchtbaren Zeit, wenn wir den Kanal nicht bauen, so ist das ein furchtbarer Selbstmord.

Marxer: Wenn wir nicht Werte schaffen mit dem Geld, sind wir verloren.

Reg.Chef: Der Grund, warum die staatlichen Lasten immer grösser werden, ist in vielen Staaten die Arbeitslosigkeit. Wir aber wollen Arbeitsgelegenheit schaffen und zweitens ein Gebiet fruchtbar machen, oder wie Peter Büchel sagt, vor dem Untergange retten. Anderswo verschlingen die Steuern weitaus mehr als die Hälfte vom Einkommen. Wir hier können noch sehr zufrieden sein.

Marxer: Wenn es anderswo so wäre wie hier, hätten wir manche Leute eben nicht hier.

Ritter: In Deutschland sind die Steuern wieder erhöht worden.

Reg.Chef: Alle Gemeinden bekommen mehr vom Lande, als sie zahlen, mit Ausnahme von Vaduz und Schaan und Mauren. Es wäre eine Kurzsichtigkeit ohnegleichen, wenn das verworfen würde.

Marxer, Eschen: Die Leute müssen aufgeklärt werden. Das Politische spielt hier eine grosse Rolle bei dem Referendum.

P. Büchel: Wenn der Kanal hinuntergestimmt wird, kann man noch lange warten auf einen Tunnelbau und auf eine Mühlbachverbauung. Es werden dann viele Sachen im Landtage schon nicht mehr durchgehen, es wird dort schon Opposition geben.

Ritter: Sollte nicht die Perimeter–Frage ein bisschen genauer präzisiert werden?

Reg.Chef: Ob man nicht in den einzelnen interessierten Gemeinden Stimmen hören sollte?

P. Büchel: Ich weiss, wie es herauskommt.

Marxer: Wenns dann an dem scheitern, dann gut.

Hasler: Die Gemeinden werden ohnehin zu Zahlen genug bekommen ohne Perimeter.

Ritter: Man sollte erstens nicht einen hohen Perimeter auflegen, zweitens soll man die Sache möglichst in die Länge ziehen.

Fr. Hoop: Ich muss nochmals auf die Ruggeller Gewässer zurückkommen. Wir verlangen nicht die Regulierung des Schmiedgrabens etz. nur jene des Mühlbaches und Spirsbachs. In diese leiten wir unsere Gewässer.

Dr. Hoop: Wenn das irgendwie notwendig ist, macht man das auch. Es ist nicht Absicht der Regierung die Eschner aus dem Wasser zu heben und die Ruggeller hinein.

Marxer: Wenn es Schaden gibt für Ruggell macht mans.

Ritter: Das ist selbstverständlich. Das Land muss ja die Verpflichtung übernehmen, für allfällige Schäden aufzukommen.

Reg.Chef: Könnte man das nicht so machen: Man sagt, man anerbietet Ruggell, diejenige Grabenregulierung, die absolut notwendig ist, selbstverständlich zu machen, dazu gehört vor allem der Spirsbach. Wir anerkennen auch die Verpflichtung, den Mühlbach zu korrigieren, wenn es sich zeigen sollte, dass dort eine Verschlechterung entstünde. Da ist ja allen Eueren (den Ruggellern) Wünschen entsprochen. Nachher verhandeln wir sofort mit Österreich.

Wir wollen mit der Sache zum Abschluss kommen. Ich glaube, es ist unbillig von Ruggell, die Regulierung des Mühlbaches zu verlangen, andererseits geben wir das Versprechen ab: Wir machen den Mühlbach, wenn durch den Kanal für Ruggell eine Verschlechterung eintreten würde.

P. Büchel: Im Landtage wurde beschlossen, den Kanal bis Matschils zu führen, die erste Etappe soll bei Ruggell beginnen, die zweite hinunter. Wenn wir im Anfang gleich unten beginnen könnten, würden wir mit Ruggell gar nicht mehr reden.

Marxer: Eschen und Ruggell sollten schauen eine Einigkeit zu erzielen. Ratz sagte doch, es sei für die Ruggeller besser, wenn der Kanal auf der Landesgrenze hinaus gehe, als kein Kanal.

Hoop, Ruggell: Wir verlangen nur dass jene Gewässer reguliert werden, wo unsere Gewässer hineingeleitet werden.

Reg.Chef: Die Triesenberger verlangen das Tunnel. Wir haben 3 1/2 Millionen am Rhein verbaut, 2 Millionen bei der Sparkassa, jetzt soll aufeinmal noch der Tunnel gebaut werden.

Marxer, Eschen: Früher hat man z.B. bei den Wahlen immer gesagt, der Kanal werde gebaut, die Strassen etz.

Dr. Hoop: Man könnte noch eine andere Fassung gebrauchen. Man verspricht den Ruggellern die Regulierung des Spirsgrabens und des Mühlebaches, soferne sich nicht herausstellt, dass der letztere im gegenwärtigen Zustande genügen würde, und dass sich kein vermehrter Wasserabfluss zeigt. Dass man das also generell regelt, soferne wirklich mehr Wasser kommt.

Alois Kind: Wir können als Delegierte der Gemeinde nicht gut über einen Gemeindebeschluss weggehen. Vielleicht könnte eine Gemeindeversammlung befragt werden.

Frz. Hoop: Es ginge viel besser, wenn Regierung und Landestechniker einmal nach Ruggell kämen.

P. Büchel: Voraus müsste mit Vorarlberg verhandelt werden, dass man also dort Aussicht hätte.

Zusammenfassend herrscht Einverständnis zwischen den Vertretern der Gemeinde Ruggell und der Binnenkanalkommission und der Regierung, dass

  1. mit Vorarlberg wegen der Regulierung des Spirsgraben sofort weiterverhandelt und die Verhandlungen so beschleunigt werden, dass sie vor der Abstimmung zum Abschlusse kommen,
  2. dass an einer Gemeindeversammlung in Ruggell, Regierung und Bauamt neuerdings teilnehmen und die Zustimmung der Gemeinde Ruggell einholen, dass die Mühlbachregulierung nur dann durch das Land vorgenommen werden soll, wenn sich durch vermehrte Wasserzufuhr eine Notwendigkeit herausstellt.

Vogt: Der 1. Perimeter wäre das Gebiet des Rückstaues, der zweite, Ermöglichung der Entwässerung.

Reg.Chef: Bezüglich Österreich wie soll man da weitermachen. Ich habe sie ersucht, eine Konferenz anzuberaumen an Ort und Stelle. Wir haben keine Antwort bekommen. Es gibt wohl nichts anderes als wieder einmal hinunterfahren nach Bregenz und tüchtig auf den Tisch klopfen.

Schluss 12 ¼ Uhr.

Gefertigt:

 

 

______________

[1] LI LA RE 1930/3194 (a).
[2] Die Gemeinden Balzers, Triesenberg und Triesen ergriffen am 15. bzw. 18.8.1930 das Referendum gegen den Landtagsbeschluss zum Bau des Binnenkanals (LI LA RE 1930/5163 ad 3194; LI LA RE 1930/5187 ad 3194; LI LA RE 1930/5245 ad 3194)
[3] Vorsteher Franz Hoop setzte die Regierung mit zwei Schreiben vom 7.8.1930 in Kenntnis, dass die Bürgerversammlung von Ruggell am 6.8.1930 beschlossen hatte, dem Bau des Binnenkanals mit Einmündung in den Rhein in Ruggell nur zuzustimmen, wenn der Spiersbach und der Mühlebach reguliert und weitere Bedingungen erfüllt werden. Als zusätzliche Bedingung setzte Ruggell der Regierung Frist bis am 20. August, um die Erfüllung der Forderungen zuzusagen oder abzulehnen (LI LA RE 1930/4984 ad 3194; LI LA RE 1930/5374 ad 3194)
[4] LI LA RE 1930/5263 ad 3194.
[5] LI LA RE 1930/4180 ad 3194.
[6] Ruggell liess durch Julius Ratz ein eigenes Gutachten über die Auswirkungen des Kanalbaus ausarbeiten (LI LA RE 1930/3194, Stellungnahme von Julius Ratz zum Projekt des liechtensteinischen Binnenkanales vom Standpunkte der Gemeinde Ruggell, 28.7.1930).