Ein Bürger von Eschen bezichtigt die Behörden, die Stellen bei den Notstandsarbeiten nach Parteizugehörigkeit zu vergeben


Zusendung aus Eschen, ungez., im "Liechtensteiner Heimatdienst"  [1]

15.12.1934

Eschen. Wie in Nummer 144 des "L.V." [Liechtensteiner Volksblatts] zu lesen war, schien im Unterland letzten Sonntag eine grosse Empörung zu herrschen. [2] Ja, wirklich, es herrschte im allgemeinen eine grosse Freude, dass endlich einmal diesen Parteimissständen Abhilfe geschaffen wird! Es ist schade, dass wir Unterländer von der Kundgebung nicht in Kenntnis gesetzt worden sind. Die meisten wussten bis abends nichts davon. Wir hätten auch gerne den Worten der Herren Referenten gelauscht.

Die im Punkt 7 gestellte Forderung [3] ist fürwahr am Platze. In Ruggell arbeiten z.B. von einem Akkordanten aus Eschen 2 Personen, während sie daheim 12-14 Stück Vieh und 2 Pferde haben. Bei diesem arbeitet einer von seinen nächsten Verwandten. Andere dagegen, die bedürftig sind, bekommen keine Arbeit. Es wird sich mancher fragen, warum denn eine so ungerechte Arbeitsverteilung? Das ist eben ein Zweig von den Lorbeerkränzen der Parteien. Warum hat die Regierung nicht schon längst Abhilfe geschaffen? Sie ist öfters gewarnt worden.

Warum werden bei den heutigen Behörden nicht alle Steuerzahler als gleichberechtigte Bürger angesehen?

Der Schreiber dieser Zeilen könnte noch viele ähnliche Beispiele aufzählen, aber es wäre bei der heutigen Zeit doch nutzlos. Es gibt Familien, die ihre Söhne schon bald drei Jahre angemeldet haben, aber bis heute noch nicht berücksichtigt wurden.

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[1] L.Heimatd., Nr. 86, 15.12.1934, S. 3.
[2] Gemeint ist die Berichterstattung im "Liechtensteiner Volksblatt" über die Kundgebung des Heimatdiensts vom 9.12.1934 (L.Vo., Nr. 144, 11.12.1934, S. 1 ("Wieder einmal eine Demonstration"), S. 2 ("Tief gesunken")).
[3] Der Heimatdienst fasste an der Kundgebung eine Resolution, die in zwei Fassungen kursierte. Hier nimmt der Schreiber Bezug auf die erste Fassung (LI LA RF 149/139/012), die in Punkt 7 forderte: "Neubesetzung des Arbeitsamtes durch eine das Vertrauen der Arbeiterschaft und des Gewerbes geniessende Persönlichkeit". Diese Forderung war in ähnlicher Form auch in der zweiten Fassung der Resolution enthalten (LI LA RF 149/139/019).