Die Regierung untersagt die Werbung im Ausland für die Gründung und Vertretung von liechtensteinischen Holdingesellschaften


Schreiben der Regierung (streng vertraulich), gez. Regierungschef Josef Hoop, an alle Akteure im Gesellschaftsgeschäft [1]

3.5.1944

An sämtliche Repräsentanten und Parteienvertreter!

Bei den schweizerischen Finanzbehörden wird die Frage der Ausdehnung des Bundesratsbeschlusses über die Erhebung einer Eidgenössischen Kriegsgewinnsteuer [2] auf das Fürstentum Liechtenstein geprüft. Veranlassung hiezu ist die Befürchtung, dass eine gewisse Kapital- bezw. Steuerflucht über liechtensteinische Gesellschaften zum Nachteile der Schweiz eintreten könnte.

Wir sehen uns deshalb veranlasst, nochmals mit allem Nachdruck an das bestehende Verbot der Werbung für liechtensteinische Holdinggesellschaften aufmerksam zu machen. Im Interesse des Erfolges der bevorstehenden Verhandlungen [3] sollte einstweilen von jeder Sitzverlegung nach Liechtenstein überhaupt abgeraten werden. Sollten wir Übertretungen unseres Reklameverbotes feststellen, würden wir mit Konzessionsentzug vorgehen. [4]

Mit vorzüglicher Hochachtung 

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[1] LI LA RF 244/460 (c). Das Schreiben erging an folgende Adressaten: Ludwig MarxerAlois RitterViktor WohlwendErich Seeger, Sparkasse, Bank in Liechtenstein, Louis SeegerHelmuth Merlin, Eugen Schafhauser, Guido Feger, Ludwig Hasler bzw. seinen Vater Franz Josef HaslerJosef Ospelt, Karolina Kindle-Hoch, Klemens GassnerHeinrich Kuntze.
[2] Bundesratsbeschluss über die Erhebung einer eidgenössischen Kriegsgewinnsteuer vom 12.1.1940 (AS, 1940, Bd. 56, S. 45-61) und Bundesratsbeschluss über die Abänderung der Vorschriften über die eidgenössische Kriegsgewinnsteuer vom 18.11.1941 (AS, 1941, Bd. 57, S. 1289-1293).
[3] Vgl. das Protokoll der liechtensteinisch-schweizerischen Konferenz vom 8.8.1944 betreffend die Einführung der eidgenössischen Kriegsgewinnsteuer in Liechtenstein (LI LA RF 224/460 (a)). 
[4] Die Rechtsagenten Joseph und Walter Ospelt bekundeten mit Schreiben vom 6.5.1944 der Regierung gegenüber Verständnis dafür, dass in der gegenwärtigen Lage bei der Sitzverlegung von Gesellschaften von der Schweiz nach Liechtenstein grösste Zurückhaltung zu üben sei. Ein ähnliches Schreiben der Präsidial-Anstalt erging ebenfalls am 6.5.1944 (LI LA RF 224/460).