Artikel im Liechtensteiner Volksblatt, nicht gez. [1]
28.7.1941
Nationale Jugendspiele
Am Sonntag [2] herrschte am Sportplatz in Vaduz reges Treiben. Schon Wochen vorher sah man die Jungen am Training auf diesen Tag. Unsere Jungmannschaft wollte an diesem Tag der Jugendspiele auch ihr Können im Turnen zeigen. Und da dürfen wir herzhaft vorweg sagen, dass eine sichtliche Verbesserung gegenüber den Leistungen des letzten Jahres festgestellt werden konnte. Dieser Tag der Nationalen Jugendspiele 1941 sollte aber auch ein Erinnerungsblatt sein an die 10 Jahre Pfadfinderei in Liechtenstein.
Schon am Vormittag herrschte reges Leben auf dem Sportplatz, die Wettkämpfe hatten begonnen. Bald machte sich beim Besucher auch der Eindruck einer besseren Organisation der Veranstaltung und besserer Leistungen geltend. Es sollte, was da gezeigt wurde, nicht turnerisches Können in erster Linie sein, schon der Name des Tages weist darauf hin. Es konnten aber trotzdem bald ausgezeichnete Bestleistungen notiert werden.
Um 1 Uhr war grosser Aufmarsch vom Rheinberger-Haus zum Sportplatz, voran die Fahne des Fürsten und die des Landes. Unter den Klängen der Märsche einer Pfadfindermusik gings in Viererkolonnen dem Platze zu, wo sich die Kräfte im Laufe des Nachmittags in den einzelnen Disziplinen weiter messen oder fröhliche Jugend sich im Spiel betätigen sollte. Steuerkommissär Alexander Frick konnte im Namen Seiner Durchlaucht des Corpsführers Prinz Emanuel als Vertreter der fürstlichen Regierung Herrn Regierungschef Dr. [Josef] Hoop und des weiteren Herrn Landtagspräsidenten Pfarrer [Anton] Frommelt und zahlreiche Gäste und Freunde der Jugendspiele begrüssen. Die Wettkämpfe begannen von neuem. Bald aber begannen im Westen sich auch die bekannten grauen Schleier um den Alvier anzusetzen, leichter Gewitterregen rieselte nieder. Dennoch wurde das Programm abgewickelt, die Jugend liess sich nicht entmutigen, Pausen füllten die frohen Klänge der gut disziplinierten Pfad[find]ermusik aus u. am Schlusse der Ansprache ertönten die Weisen der Volkshymne.
Vor der Siegerehrung sprach Regierungschef Dr. Hoop zu der Jugend folgende Worte:
"Liebe Pfadfinder!
Ihr habt heute gezeigt, die einen im fröhlichen Spiel, die anderen in ernsten Wettkämpfen, dass Ihr nicht müssig gewesen seid, sondern auch auf dem Gebiete des Sportes Euren Mann stellt. Wenn die Resultate als gut bezeichnet werden, so sind sie mehr als gut für Pfadfinder, denn Eure Aufgabe ist nicht nur, Sportler zu sein. Ihr seid eine Gemeinschaft gleichgerichteter Jugend , die zielbewusst die Wahrheit und das Gute im Menschen pflegen will, die dem Vaterland treue und dem Nächsten hilfsbereite Männer schenken soll. Eure Bewegung ist somit ein grosses Erziehungssystem, in dem Sport und Körperkultur nur eine Disziplin darstellen und ausgesprochen nur Mittel zum Zwecke sein sollen. So richtig gesehen, erheben Euere nationalen Jugendspiele auch keinen Anspruch auf sportliche Höchstleistungen oder das Gepräge eines Turnfestes. Nein, das ist der Tag der liechtensteinischen Pfadfinderjugend, die heute zu Hunderten aus den Dörfern unseres kleinen Landes hier zusammenkam. Ihr voranwehend die Fahne unserer Heimat, über ihr die Klänge fröhlicher Lieder und Musik, in ihrem Herzen Begeisterung und Liebe für ihre Bewegung.
Unser aller erster Gedanke gilt der Heimat. Wir wollen uns bewusst sein, wie gut es der Himmel auch diesmal mit uns gemeint hat. Wie ein Wunder Gottes in dieser vom Kriege aufgewühlten Zeit und Erde liegt der Friede auf unserm gottgesegneten Ländchen. Fernab von Kriegslärm und Kriegselend, von Tod u. Verderben geht bei uns alles seinen gewohnten Gang; jedermann kann ruhig seiner Arbeit nachgehen und was wir vom Kriege spüren, ist nichts gegen die Opfer, die Millionen von Menschen um uns zu bringen haben.
Während die Blüte der Jugend anderer Länder auf Schlachtfeldern verblutet, könnt Ihr Sport und Spiel treiben und seid fröhlich und sorglos.
Dieses unverdiente gütige Geschick verpflichtet. Wenn das Pfadfindergesetz von Euch auch manches verlangt:
Wahrheit und Treue,
Hilfsbereitschaft und Kameradschaft,
Mut und Gehorsam,
Arbeitswille und Genügsamkeit,
so ist das wenig gegenüber dem, was von der Jugend anderer Länder gefordert wird. Haltet Euer Gesetz deshalb gerne und ganz.
Die liechtensteinische Pfadfinderbewegung steht heute im 10. Jahre ihrer Arbeit. In der Festschrift haben Euere Führer einen Rückblick auf dieses Jahrzehnt gegeben mit einem Mut zur Selbstkritik, der auch den Gegnern Euerer Bewegung anstehen würde. Es ist krasser Undank Euch gegenüber, nur Fehler in Eurer Tätigkeit sehen zu wollen. Gewiss, wo Licht ist, ist auch Schatten, aber viel stärker ist das Licht. Wenn es eines Beweises für die Notwendigkeit der Pfadfinderbewegung bedürfte, würde ihn der heutige Tag mit seinem imposanten Aufmarsch liefern. Wenn eine Rechtfertigung der Bewegung notwendig wäre, könnte sie wahrlich mit ein paar Schlagwörtern erbracht werden.
Aber es scheint mir viel wichtiger, den Blick in die Zukunft zu richten und Euere zehnjährige Erfahrung Euch zunutze zu machen. Jeder von Euch gelobe an der Schwelle d. zweiten Pfadfinderjahrzehnts, ein ganzer Pfadfinder zu sein. Ihr wisst, was das bedeutet.
Ein ganzer Liechtensteiner zu sein. Ihr wisst, was das bedeutet. Seid das und dann zieht stolz und erhobenen Hauptes durch das Land, ein Beispiel den Zaghaften, ein Ansporn den Mutlosen, gewappnet mit d. Rüstzeug untadeliger Menschen, beschwingt vom Bewusstsein Eurer geistigen Kraft und voll des kühnsten Mutes, der Euch zu Eurem Schutzpatron sagen lässt:
Heiliger Georg! Mach mich gross und stark, gib mir so eine Lanze, Rüstung und Pferd, dann lass mir die Drachen kommen.
Es bleibt auch mir noch, allen zu danken, die die liechtensteinische Jugendbewegung in den letzten 10 Jahren gefördert haben, allen Gönnern, die materiell beigetragen haben, das Corps auszustatten, allen anderen, die es ideell gefördert haben und der Bewegung ihren geistigen Inhalt gegeben oder vertieft haben. Ich danke allen Führern, die in rastloser Arbeit die Bewegung aufgebaut haben, allen voran unserem Fürstenhause. Seit Fürst Franz und Fürstin Elsa die Pfadfinderbewegung gegründet und grosszügig gefördert haben, steht sie unter der Führung von Prinzen und Prinzessinnen des fürstlichen Hauses. Diese Tatsache und die gerade in der heutigen Zeit uns deutlicher als je zum Bewusstsein kommende Schicksalsverbundenheit unseres Volkes mit dem Fürsten ist Anlass, auch heute seiner und seines Hauses in Dankbarkeit und Verehrung zu gedenken und unserer steten Treue zu versichern.
Beschliessen wir in diesem Gedanken den Tag mit einer Huldigung an ihn und unser liebes Vaterland." [3]
So verlief der Tag der liechtensteinischen Jugend trotz des zeitweise einsetzenden Regens zur besten Zufriedenheit und die Jugend darf versichert sein, dass sie für das künftige Wirken unsere besten Wünsche begleiten. Im Nachstehenden folgen nun Resultate der besten Leistungen. Es konnten nur jene Ergebnisse aufgenommen werden, für die Kränze und Zweige zugeteilt wurden.
[...] [4]