Entgegnung der Regierung zur Beschwerde eines Triesenbergers an den Staatsgerichtshof wegen Verweigerung des politischen Ehekonsenses


Entgegnung der Regierung zuhanden des Staatsgerichtshofes [1]

7.6.1938

Entgegnung zur Beschwerde des N1 von Triesenberg, wohnhaft in Vaduz ..., wegen Verweigerung des politischen Ehekonsenses

Gegen die Beschwerde [2] des N1 von Triesenberg, in Vaduz, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. [Johann Jakob] Schwendener in Buchs, machen wir folgende Einwendungen:

Die Begründung unseres Entscheides vom 5. Mai 1938 [3] stützt sich auf das Gesetz vom 15. September 1875 [4], das in Art. 1 bestimmt:

"Von nun an darf nur mehr solchen Landesangehörigen der politische Ehekonsens vorenthalten werden:

  1. welche eine Armenunterstützung genossen, dieselbe jedoch nicht wieder zurückvergütet haben, und
  2. welche durch Verschwendung ihres Vermögens oder durch vernachlässigte Erziehung ihrer Kinder den tatsächlichen Beweis liefern, dass sie schlechte Haushalter sind."

Auf den gegenständlichen Fall findet insbesondere Ziffer a des genannten Gesetzes Anwendung. Aus den Akten ist ersichtlich, dass N1 wiederholt um Unterstützung angegangen ist und tatsächlich auch solche erhalten hat. N1 ist also armengenössig geworden und hatte im Zeitpunkte der Entscheidung der fürstlich liechtensteinischen Regierung die empfangene Unterstützung noch nicht zurückbezahlt, sodass sich unser Entscheid einwandfrei auf Art. 1 des zit. Gesetzes stützen kann. Die Behauptung der Beschwerdeschrift, dass N1 nur infolge Arbeitslosigkeit der öffentlichen Fürsorge verfallen sei, trifft nicht zu. Es ist gerichtsbekannt, dass in Liechtenstein ein grosser Mangel an landwirtschaftlichen Arbeitern herrscht und zwar nicht erst jetzt, sondern auch in früheren Jahren, sodass Liechtenstein gezwungen war, immer ausländische Arbeitskräfte für die Landwirtschaft heranzuziehen.

Beweis: Einvernahme des Arbeitsamtswalter Gebh. [Gebhard] Walser [5]

Bei entsprechender Bewerbung hätte also N1 in Liechtenstein als Knecht unbedingt Arbeit finden müssen, falls es ihm um die Arbeitssuche ernst gewesen wäre.

Aus dem vom Beschwerdeführer beigelegten Zeugnissen geht hervor, dass derselbe 1932 bis 1935 bei Emil Sulser, Pächter in Maienfeld im Dienste stand. Zu derselben Zeit, Ende 1935, ist N1 zweimal um Unterstützung angegangen und am 27. Dezember 1935 hat er Fr. 15.- als Unterstützung bekommen. Ebenso hat er am 27.3.1936 Fr. 20.- Unterstützung erhalten und zwar aus dem Landesarmenfonde.

Beweis: Copien der Anweisungen der fl. Landeskasse vom 27.12.1935 und vom 27.3.1936 [6]

Am 8. Mai 1937 suchte N1 wiederum bei der fürstlichen Regierung um eine Unterstützung an.

Beweis: Amtsvermerk vom 8. Mai 1937 [7]

Wäre der Beschwerdeführer der gute Haushalter, als den ihn die Beschwerdeschrift schildert, so hätte er sich in Liechtenstein als Knecht auch bei teilweiser Arbeitslosigkeit durchbringen können. Er hätte sich im Laufe der Jahre soviel ersparen können, dass er die kurze Zeit, welche er möglicherweise arbeitslos war, aus dem Ersparten hätte leben können. Nachdem dies nicht der Fall war, ist anzunehmen, dass N1 tatsächlich ein schlechter Haushalter ist.

Der Beschwerde ist infolgedessen nicht stattzugeben und es ist ihr auch deswegen nicht stattzugeben, weil N1, wie er selbst zugibt, Unterstützungen bezogen und dieselben bis zum Zeitpunkte der angefochtenen Entscheidung nicht zurückbezahlte. Wohl erfolgte eine Rückzahlung am 25. Mai 1938 [8], also ungefähr 3 Wochen nach erfolgter Entscheidung durch die fürstliche Regierung. Selbst wenn Art. 1 Ziffer b des Gesetzes vom Jahre 1875 nicht in Anwendung kommen würde, kann der Beschwerde nicht stattgegeben werden, weil im Zeitpunkte der Entscheidung durch die fürstlich liechtensteinische Regierung die Unterstützungen nicht zurückbezahlt waren.

Wir stellen deshalb den Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Mit vorzüglicher Hochachtung

______________

[1] LI LA RF 179/098/017.
[2] Siehe LI LA RF 179/098/009.  
[3] Siehe LI LA RF 179/098/007.
[4] Gesetz vom 16. September 1875 betreffend Vorenthaltung des politischen Ehekonsens, LGBl. 1875 Nr. 4.
[5] Das genannte Beweismittel findet sich nicht der Akte LI LA RF 179/098.
[6] Siehe FN 5.
[7] Siehe FN 5.
[8] Siehe die diesbezügliche Quittung der Landeskasse vom 25. Mai 1938 über 35 Franken (LI LA RF 179/098/010).