Eine an Epilepsie leidende, aus Schaanwald stammende Person wird von Bludenz nach Tirol verbracht


Schreiben der Witwe N1 an die Regierung [1]

8.8.1940, Schaanwald

Gesuch um Unterstützung durch eine Beitragsleistung zu den auswärtigen Schulkosten für mein an Epilepsie leidendes, 12 Jahre altes Kind N2.

Vorerst bestätige ich mit herzlichem Danke den Eingang der mir [am] 27. Juni 1940 an die Erziehungsanstalt Marienheim in Bludenz überwiesenen RM [Reichsmark] 150.-. Mit dieser Überweisung konnte die Schuld in Bludenz bis auf einen kleinen Rest getilgt werden.

Das Kind befindet sich nun nicht mehr in Bludenz, sondern seit 1. März Js. im St. Josefs-Institut in Mils bei Hall [in] Tirol, da im Februar alle Mädchen der Anstalt in Bludenz dieselbe verlassen mussten und nach Scharnitz in Tirol kamen. N2 kam dann von Scharnitz nach Mils. [2]

Die Kosten in Mils sind ziemlich höher als wie in Bludenz und betragen pro Tag RM 1,75 gegenüber RM 32.- pro Monat in Bludenz. Die Anstalt in Mils wird auch von Ordensschwestern betreut.

Mit Ihrem Erlasse vom 15. September 1937 haben Sie für die Unterbringung dieses Kindes an der Hilfsschule in Bludenz einen jährlichen Beitrag von S [Schilling] 300.- gütigst zugesichert. [3]

Die Auszahlungen dieser Unterstützungen erfolgte:

im Nov. 1937 mit S 300.-

im Nov. 1938 mit RM 100.- durch direkte Überw. n. Bludenz

im Mai 1939 mit Fr. 50.- durch Anweisg. bei der Gmd.

im Dez. 1939 mit RM 50.- durch Überweisg. n. Bludenz u.

im Juni 1940 mit RM 150.- durch Überweisg. nach Bludenz.

Ich bitte nun höflich, die restlichen RM 50.- für das im Juli beendete 3. Schuljahr noch gütigst an die Anstalt in Mils zu überweisen, wozu ich bemerke, dass ich auch an die Gemeinde um eine Unterstützung und Überweisung durch die fürstl. Regierung herangetreten bin.

Zu meinen Einkommensverhältnissen führe ich noch an, dass diese heuer viel ungünstiger als wie im letzten Jahre sind, da letztes Jahr mein Sohn N3 neben der Mithilfe daheim schon Verdienst bei der Gemeinde an der Waldstrasse hatte, während heuer in der Umgebung gar nichts zu verdienen ist.

Ich bitte deshalb nochmals um gütige Berücksichtigung meines Ansuchens.

Hochachtungsvoll [4]

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[1] LI LA RF 199/388/003. Als Beilage zum Dokument findet sich eine Zahlkarte der Anstalt in Mils in der Akte. Auf deren Wiedergabe wird hier verzichtet. Zur Vorgeschichte der Unterbringung der N2 in Bludenz siehe das Unterstützunsgesuch der N1 an die Regierung vom 22. Juni 1937 (LI LA RF 172/257/001).   
[2] N2 verstarb dann 1941 - angeblich in Mils. Sie wurde möglicherweise ein Opfer der sogenannten "Euthanasie".  
[3] Siehe LI LA RF 172/257/002.
[4] Auf der Rückseite des Dokuments befindet sich die handschriftliche Notiz "50 RM". Vgl. die Auszahlungsanweisung über 50 RM seitens der Regierung an die Landeskasse vom 28. August 1940 (LI LA RF 199/388/005).