Carl von Vogelsang verteidigt sein Vorgehen gegen Sally Isenberg
Artikel im "Liechtensteiner Vaterland", gez. Carl von Vogelsang [1] 17.6.1936 Der Fall [Sally] Isenberg Herr Sally Isenberg hat im "Liechtensteiner Volksblatt" Nr. 68 [2] eine Erklärung gegen den Schriftleiter des "Liechtensteiner Vaterland" veröffentlicht. Wir haben dazu folgendes zu sagen: - Nachdem wir in Liechtenstein eine Rotteraffaire erlebt haben, kann es uns kein Mensch verübeln, wenn wir Meldungen solcherart, wie sie der "Stürmer" im Zusammenhang mit unserem Land brachte, als im höchsten Grade die Volks- und Landesinteressen schädigend ansehen und in diesem Sinn von den Behörden auch entsprechende Untersuchung fordern dürfen.
- Nachdem der "Stürmer" als erster diese Meldung brachte und die Zeitung in ganz Deutschland und darüber hinaus weit verbreitet ist, haben wir keinen Grund, sie nicht auch jener Bevölkerung zu unterbreiten, die diese Angelegenheit in erster Linie angeht und deren Ansehen damit getroffen ist.
- Wenn Herr Isenberg nachweisen kann, dass die vom "Stürmer" aufgestellten Behauptungen nicht der Wahrheit entsprechen, so soll er ihn als die Zeitung, die solches erstmalig verbreitet, an der zuständigen Stelle haftbar machen. Warum schreibt Herr Isenberg jedoch in seiner "Volksblatt"-Erklärung: "Gegen den 'Stürmer' bin ich wehrlos?"
- Wenn sich Herr Isenberg so grosse Verdienste für Deutschland erworben hat und jederzeit dorthin zurückkehren kann, möge er doch in Deutschland seine Sache anhängig machen; man wird ihm sicher wegen seiner Verdienste weitgehendst entgegenkommen; der Schriftleiter des "Liechtensteiner Vaterland" ist gerne bereit, sich an Ort und Stelle in Nürnberg von dem Erfolg Herrn Isenbergs zu überzeugen und dann im "Liechtensteiner Vaterland" eine entsprechende Richtigstellung zu bringen.
- Wir stellen fest, dass wir mit keiner Silbe erklärt haben, dass die Angelegenheit Isenberg den "Stürmer"-Angaben entspricht, wir haben immer auf den Stürmer hingewiesen und lediglich in Landesinteressen die Behörden ersucht, die Angelegenheit zu prüfen.
- Herr Isenberg beruft sich auf seine Ehre und die materiellen Interessen des Landes, die dadurch gefährdet seien, wenn die hier Geld lassenden Glaubensgenossen Herr Isenbergs wegzögen; wir haben sehr grosses Verständnis für die Ehre des Einzelnen, aber auch für die nationale Ehre; uns geht es genau so wie Herrn Isenberg um seine persönliche, um die Ehre unseres Landes. Es fragt sich im übrigen, ob der Schaden, den ein Rotterfall über das Land hinsichtlich des Fremdenverkehrs und Ansehens brachte, nicht viel mehr finanziellen Schaden für das Land bringt, als noch so viele Glaubensgenossen des Herrn Isenberg durch ihr Geld hier zu verdienen geben können.
- Herr Isenberg ist im grössten Irrtum, wenn er meint, wir hätten etwas gegen seinen Glauben. Einen Juden, der sich heute noch wirklich um seine zehn Gebote kümmert, werden wir achten, wie wir uns auch noch nie gegen Juden gewandt haben, die hier mit klar sichtbarem Erwerb ihr Brot verdienen und keine Einheimischen verdrängen. Wir wenden uns lediglich aus weltanschaulichen und patriotischen Gründen gegen solche Einwanderungen, die in irgend einer Weise den weltanschaulichen, nationalen und materiellen Belangen des Landes schaden können.
- Zu Absatz 17 der Erklärung des Herrn Isenberg im "Liechtensteiner Volksblatt" Nr. 69 [3] erklären wir unsererseits folgendes: Es hat keinen Sinn, die ganze Angelegenheit als blossen Antisemitismus unsererseits hinstellen zu wollen. Uns geht es um das Ansehen des Landes und die schwere wirtschaftliche Schädigung, die Liechtenstein erfährt, wenn die Auslandspresse immer wieder das Land als Unterschlupf zweifelhafter Elemente hinstellt. Es geht uns nicht um die Person Isenbergs, und wir hätten die Angelegenheit genau so aufgegriffen, wenn es sich um eine Meldung über einen Menschen irgend einer anderen Religions- und Rassenzugehörigkeit gehandelt hätte.
- Es ist im übrigen gerade im Interesse derer, denen daran liegt, festzustellen, dass es auch anständige Juden gibt, dass in Angelegenheiten wir der vorliegenden volle Klarheit geschaffen wird, anderenfalls gerade sie am empfindlichsten solche Unklarheiten empfinden werden.
- Wenn sich Herr Isenberg auf seinen feldgrauen Rock berufen zu müssen glaubt, so möchte ihm der unterfertigte Schriftleiter des "Liechtensteiner Vaterlandes" erwidern, dass er diesen als Kriegsfreiwilliger und nach dem Krieg als Freikorpskämpfer im aktiven Widerstand gegen die von viele Juden aufgehetzten Kommunisten auch getragen hat und auch im Besitze des Ehrenkreuzes ist, auf das sich Herr Sally Isenberg beruft. Nachdem solche eigenartigen Parallelen bestehen, dürfte Herr Isenberg vielleicht etwas mehr Verständnis dafür haben, aus welchen Gründen der Schriftleiter des "Liechtensteiner Vaterlandes" diese Angelegenheit aufgegriffen hat und dass der Unterfertigte auch gewillt ist, alle Konsequenzen dieses Kampfes um die Ehre des Landes zu tragen.
Carl Frhr. v. Vogelsang.
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[1] L.Va., Nr. 50, 17.6.1936, S. 2. [2] L.Vo., Nr. 68, 13.6.1936, S. 4 ("Erklärung"). In dieser in grossen Lettern gesetzten, beinahe halbseitigen Erklärung kündigte Isenberg an, ausführlicher zu den "Verleumdungen und Ehrabschneidungen" Stellung zu nehmen (die ausführliche Stellungnahme in L.Vo., Nr. 69, 16.6.1936, S. 2 ("Erklärung zu den Anwürfen gegen Sally Isenberg") und teilte mit: "Gegen Herrn von Vogelsang habe ich Strafverfahren eingeleitet. Gegen den 'Stürmer' bin ich wehrlos." [3] Vgl. L.Vo., Nr. 69, 16.6.1936, S. 2 ("Erklärung zu den Anwürfen gegen Sally Isenberg").
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