Memorandum, verm. von René von Bourbon-Parma und Richard Berger im Auftrag der International Broadcasting Company Ltd. in London, ungez. [1]
o.D. (verm. März 1936)
Argumente für Aufstellung eines Senders in Liechtenstein
Die gegenwärtige Lage ist insoferne unbefriedigend, als die Liechtenstein'schen Radiohörer infolge des Umstandes, dass die schweizerischen Sendungen infolge der orografischen Verhältnisse schlecht hörbar sind, vor allem auf die Wiener und die deutschen Sendungen angewiesen sind, Sendungen, hinsichtlich derer der Regierung von Liechtenstein jede Kontrolle fehlt.
Viele Einwohner von Liechtenstein sind nun nicht in der Lage, sich die teueren Apparate für Empfang auf langen Distanzen anzuschaffen. Es wird daher durch Errichtung eines eigenen Senders auch die Möglichkeit geschaffen - Programme zu senden, die mit voller Klarheit auch mit billigen Krystalapparaten empfangen werden können. Auf diese Weise dürfte eine wesentliche Steigerung der Hörer-Zahl erreicht werden.
Die Regierung hat diesen Mangel umsomehr empfunden, als sie ja selbst auch Wert darauf legen will, über das rascheste Verbindungsmittel mit der eigenen Bevölkerung zu verfügen, ein Umstand, der auch im Rettungs- und Polizeiwesen nicht unbeachtet bleiben kann. Auch zur Erhebung und Festigung des Nationalgefühles, zur kulturellen Bildung, zur Verbreitung und Aufklärung und künstlerischen Werten, hinsichtlich der vollständige Objektivität erwünscht ist und hinsichtlich deren alle erforderlichen Sicherheiten bezüglich politischer und konfessioneller Neutralität gegeben sein sollen, scheint der Regierung die Errichtung eines eigenen nationalen Senders erwünschenswert.
Im übrigen kann sicherlich niemand bestreiten, dass jeder Staat ein undiskutierbares Recht auf nationale Radiosendungen hat.
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[1] LI LA RF 158/056/046. Das Argumentarium wurde der Regierung verm. von Berger mit Schreiben vom 16.3.1936 übermittelt (LI LA RF 158/056/011). Die International Broadcasting Company beabsichtigte, in Liechtenstein eine kleine Radiostation zu errichten. Der Sender sollte kulturelle Bedürfnisse erfüllen und einen nationalen Charakter aufweisen. 1938/1939 ging dann Radio Liechtenstein, betrieben allerdings von der Roditi International Corporation Ltd. und der Mills & Rockleys Ltd., auf Sendung. Vgl. deren Konzessionsgesuch vom Juli/August 1937 (LI LA RF 166/073/004/070).