Das "Liechtensteiner Volksblatt" rechtfertigt das Verbot des "Umbruchs" mit der Verletzung der liechtensteinischen Neutralität


Leitartikel im "Liechtensteiner Volksblatt", nicht gez. [1]

20.7.1943

Nicht zulässig

Das Verbot des „Umbruch" wurde im Lande mit Befriedigung zur Kenntnis genommen. Einmal hat die Stellungnahme der Regierung zu den in jenem Blatte aufgeschienenen Angriffen auf die Schweiz, ihre Politik und ihre Einrichtungen befriedigt, dann aber waren die wiederholten Angriffe gegen die Neutralitätspolitik des Landes ein Grund, warum die Sanktion der Regierung mit voller Genugtuung vermerkt wurde. Die Regierung erklärte auch einen Rekurs an die Verwaltungsbeschwerdeinstanz als „nicht zulässig".

Nicht zufällig erscheint aber eine solche jeden zivilen Anstandes bare Schreibform eines Blattes in dieser ernsten Zeit schlechthin. Von der burschikosen Art bis zur Beleidigung war bei jenem Blatte oft nur ein kurzer Schritt. Wir erinnern uns sehr, wie die Leute von einer liechtensteinischen Gradheit, diktiert von der Sorge um die Heimat, in der unflätigsten Art angegriffen und sogar verleugnet wurden. - Die Umbrecher hatten dabei einen Trumpf in den Händen: es wollte niemand mit diesen Leuten vor den Kadi treten. Das war vielleicht ein Fehler, aber das Volk wusste ja Bescheid. Es orakelte in jenem Blatte Voraussagungen und Drohungen. Die Zeit ging vorüber und machte einer anderen Platz, in der die Schlagwörter nicht mehr so griffig sind. So blieb auch nach den Angriffen auf die Heimat am Ende noch der auf die Neutralität.

Auch sie konnte auf die Dauer nicht geduldet werden. Wie sehr die Neutralen unter Beobachtung stehen, zeigt uns eine am 9. Juli im englischen Unterhaus geführte Debatte. Im Vordergrund stand dort zwar die wirtschaftliche Kriegführung, die gefallenen Voten aber zeugen von der Aufmerksamkeit den Neutralen gegenüber. Die Blockadepolitik gegenüber den Neutralen, deren fortgesetzte Versorgung mit dem notwendigen Bedarf von Übersee davon abhänge, dass nichts von den durch die Blockade importierten Gütern in Feindeshände geleitet werde, unterlag einem besonderen Interesse. Andernfalls müsste die Einfuhr der betreffenden Güter unverzüglich abgestoppt werden. Die Waffe der schwarzen Listen habe sich als wirksam erwiesen.

Wie schwierig die Lage der Neutralen nach einer anderen Seite hin ist, ist an dieser Stelle schon öfters erörtert worden. Es geschah dies weniger der Aufklärung willen - denn eine solche bedurfte das liechtensteinische Volk in seiner Haltung in dieser Zeit kaum - sondern aus einer gewissen Beunruhigung über die Schreibweise jenes Blattes, die die Neutralität trotz der Erklärung Seiner Durchlaucht und seiner Regierung [2] als unzeitgemäss erklärte und andererseits auch Vorstösse gegen die Neutralitätspolitik mit einer Unverfrorenheit unternahm, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig liess. Nun ist endlich eine solche Richtung der liechtensteinischen Feder in einem Falle zur Genugtuung aller als unzulässig erklärt worden.

 

 

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[1] L.Vo., Nr. 82, 20.07.1943, S. 1. Vgl. den Artikel "Das "Umbruch"-Verbot" im Liechtensteiner Volksblatt vom 13. Juli 1943 (L.Vo., 1943.07.13).
[2] Vgl. die liechtensteinische Neutralitätserklärung an das Eidgenössische Politische Departement (EPD) in Bern vom 30. August 1939 (LI LA RF 193/056/001/058).