Regierungschef Josef Hoop berichtet über die Massnahmen gegen die antiliechtensteinische Pressekampagne im Zuge der Rotteraffäre


Schreiben von Regierungschef Josef Hoop an Fürst Franz I., nicht gez. [1]

o.D. (vermutlich März 1933)

In sofortiger Erledigung des Hohen Auftrages vom 5. März 1933 [2] beehrt sich der ehrerbietigst Gefertigte mitzuteilen, dass der Korrespondent der Wiener Reichspost hier leider nicht bekannt ist. Es ist leicht möglich, dass es sich um einen Korrespondenten in Vorarlberg handelt. Jedenfalls ist die Meldung über die Auslieferung der Brüder Rotter [3] falsch. Die Rotter, richtig Schaie, können, nachdem sie nun einmal liechtensteinische Staatsangehörige sind, nicht mehr ausgeliefert werden. Dagegen enthält unser Strafgesetz eine Bestimmung, dass die Strafverfolgung in Liechtenstein erfolgen muss, sobald ein bezügliches Ersuchen der Deutschen Behörden beim Landgericht eingelangt sein wird. Dies ist bis zur Stunde nicht der Fall. Wir haben erst neulich in einem offiziellen Communique, das wir dem Wolff-Büro in Berlin, dem amtlichen Korrespondenzbüro in Wien und der Schweizerischen Depeschenagentur in Bern übergaben, auf diesen Sachverhalt hinweisen lassen. Dadurch wurden die zahlreichen und unglaublichsten Zeitungsnachrichten, namentlich in Deutschland richtiggestellt. Die deutschen Blätter haben denn auch, wie ich feststellen konnte, diese Berichtigung anstandslos gebracht. Ich habe mich in letzter Zeit in einzelnen Fällen, in welchen deutsche Blätter gar zu krasse Unwahrheiten über Liechtenstein berichteten, veranlasst gesehen, den bezüglichen Schriftleitungen direkt zu schreiben. Meine Proteste und Richtigstellungen wurden, wie ich feststellen konnte, gut aufgenommen. Es ist wirklich ein Skandal, was sich die Herren Zeitungsschreiber über unser Land leisten und ich hoffe nur, dass es meinen Bemühungen baldigst gelingen wird, diese unwahren Zeitungsmeldungen zu verhindern. Ich bedaure sehr, dass es mir nicht möglich ist, Euer Durchlaucht den Namen des Reichspostkorrespondenten melden zu können. Ich kann Euerer Durchlaucht noch besonders mitteilen, dass ich in den letzten Tagen mit deutschen Regierungskreisen sehr nahestehenden Personen Fühlung genommen habe und ich hoffe, dass es mir gelingen wird, die deutsche Regierung zu veranlassen, auf die deutsche Presse einen Druck in dem Sinne auszuüben, dass sie die Schauernachrichten über Liechtenstein nicht mehr bringt.

Ich werde mir gestatten, Euer Durchlaucht über den weiteren Fortgang der Angelegenheit auf dem Laufenden zu halten.

Geruhen Euer Durchlaucht, die Versicherung treuester Ergebenheit entgegenzunehmen.

Euer Durchlaucht

 

 

 

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[1] LI LA RF 131/409/074.
[2] Mit Schreiben vom 5. März 1933 ersuchte Fürst Franz I. den Regierungschef Josef Hoop um Aufklärung, wer der liechtensteinische Korrespondent der Wiener "Reichspost" sei (LI LA RF 131/409/073).
[3] Alfred Schaie und Fritz Schaie (alias Rotter) wurden 1931 in der Gemeinde Mauren eingebürgert.