Rudolf Schädler wird wegen des Rotterüberfalls erneut gerichtlich einvernommen


Protokoll der Beschuldigteneinvernahme von Rudolf Schädler, gez. derselbe und Julius Thurnher [1]

6.4.1933

Vor dem frstl. Landrichter Dr. Julius Thurnher und dem Schriftführer Xaver Frick.

Vorgeführt wird Rudolf Schädler und gibt als Beschuldigter weiter vernommen an:

Mir ist es furchtbar, dass ich daran schuld bin, dass zwei Menschen das Leben verloren haben. Das wollte ich sicher nicht, ich wollte, dass niemandem etwas geschehen solle, ich habe immer darauf gedrungen, dass niemand verletzt werde. Ich habe das Unternehmen gemacht, nicht weil ich ein Judenhasser bin, oder weil ich die Rotter's [2] selbst hasste, sondern ich habe es lediglich unternommen, weil ich die Ehre Liechtensteins wieder herstellen wollte. Liechtenstein wurde wegen der Gebrüder Rotter im Kot herum gezogen und ich hoffte dadurch, dass ich die Leute mit Gewalt aus dem Lande schaffte, dass dies Liechtenstein zu gute kommen werde. Man sprach auch mehrfach sonst in Liechtenstein davon, dass andere die Rotter's wegschaffen wollten. Gestern sagte noch Frommelt zu mir, nun könne man die Sache in Ruhe ausführen, er habe gehört, dass der Reg.Chef [Josef Hoop] und der Reg.Sekretär [Ferdinand Nigg] sich geäussert hätten, sie wären froh, wenn man die Rotter's aus dem Lande bringen würden, oder wenn sie jemand holen könnte.

Das alles hat dazu geführt, schliesslich den Plan auszuführen.

Für mich persönlich war das fürchterliche das, dass ich mich [mit] den Rotter anfreunden und nachher das Vertrauen missbrauchen sollte, aber es hat schon oft geheissen, der Zweck heiligt die MIttel.

Vielleicht vor 10 Tagen habe ich mit [Franz] Röckle über die Sache gesprochen. Es hiess damals, es sei von Deutschland aus eine Entführung der Rotter geplant. Wir kamen dann zur Überzeugung, es wäre besser, wenn von Liechtenstein aus etwas geschehe. Es hiess, sonst würde eine allgemeine Grenzsperre gegen Liechtenstein von Deutschland aus beschlossen werden. Ich habe mich dann mehrmals mit [Eugen] Frommelt besprochen und auch mit Röckle. Röckle hat teilweise aufgemuntert, er war, wie ich schon sagte, für einen solchen Plan im allgemeinen, doch hat er immer wieder erklärt, man müsste ganz zuverlässige Leute haben.

Ich war dann auch einmal in Feldkirch mit Frommelt und zwar im Löwen. Das war letzte Woche. Dort traf ich mit einem Bruder der Frau Lingg zusammen. Wir wollten uns erkundigen, wie es mit der Durchlieferung der Rotter's durch Österreich gehe und hatten im Sinn, unten Leute dafür zu werben, dass sie uns durch Österreich begleiten sollten. Es war bei dieser Besprechung noch ein zweiter Mann zugegen, den ich jedoch nicht kenne.

Peter Rheinberger wurde dann in die Sache eingeweiht, d.h. ich sprach mit ihm darüber. Ich sagte immer, man müsste zwei sehr gewandte Detektive haben, um die Sache durchzuführen. Rheinberger behauptete dann, er kenne zwei solche Leute. Er sagte auch, von Konstanz aus sei auch so etwas geplant. Ich verlangte, dass Peter bei der Ausführung nicht dabei sei, weil er noch minderjährig ist. Er sollte aber aber zwei oder drei Leute bestellen.

Rheinberger ist dann in der Nacht auf Mittwoch mit 6 Leuten gekommen, es können auch 5 gewesen sein. Er klopfte in der Nacht mir ans Fenster, sagte mir das und ich gab ihm dann die Schlüssel für Gaflei. Gedacht war, dass sie sich oben versteckt halten sollten und dass dann eine günstige Gelegenheit ausgekundschaft werden sollte.

Dann kam der Zufall mir zu Hilfe, indem die Rotter mich gestern auf der Post in Vaduz ansprachen, ob ich sie nicht mit meinem Wagen nach Gaflei fahren könnte.

Die Rotter waren einmal im Hotel Gaflei Gäste, ich war damals aber nicht zugegen.

Den Frommelt nahm ich mit, weil er ein guter Fahrer ist, ich dachte, es könnte eine lange Fahrt geben und da sollte er neben mir sitzen und mich beim Fahren allenfalls ablösen. Ich fuhr am Mittag dann nach Gaflei, beim Hinauffahren sagte ich zu Röckle, wahrscheinlich gebe es heute etwas. Ich sagte ihm, es seien Deutsche da und ich würde die Rotter hinauf bringen. Röckle hatte nur das Bedenken, ob die Leute auch zuverlässig genug seien.

Ich machte mit den Deutschen aus, wenn ich mit dem Wagen hinaufkäme, sollten sie mit Gaspistolen auf die Rotter schiessen, dann sollte man sie binden und knebeln. Sie hatten Stricke und Handschellen bei sich. Frommelt war dabei, wie das ausgemacht wurde. Ich bin dann zurück gefahren und habe die Rotter's gebracht. Wie ich mit dem Wagen stillgehalten habe, sind die Burschen hervor gesprungen und haben Schüsse abgegeben. Ich konnte das nicht sehen und bin hinter das Haus gegangen. Ich habe nicht zugeschaut. Später sah ich dann, dass der eine Rotter und die zwei Frauen [3] gegen Masescha davon liefen und ich sagte dann zum andern Rotter [4], die seien nach Masescha gegangen, er könne mit mir hinunterfahren. Die Deutschen waren voraus gefahren. ich fuhr mit Rotter dann nach. Ich hatte im Sinne, ihn nach Vaduz zu bringen und mich dort zu stellen. Es ist nicht richtig, dass ich ihn auch jetzt noch wegführen wollte. Er wollte schon in Masescha aussteigen, ich liess ihn nicht aussteigen, warum nicht, weiss ich selbst nicht. Im Waldi ist er dann bei einer Kehre hinausgesprungen. Wahrscheinlich habe ich ihn nicht herausgelassen, um kein Aufsehen zu erregen. Ich fuhr dann wieder nach Masescha und hatte im Sinne, die anderen Rotter herunter zu führen.

Ich glaube, dass Frommelt in dem Wagen der Deutschen herunter gefahren ist.

Mitwisser gibt es sonst keine. Meiner Schwester, Frau Röder habe ich allerdings einige Andeutungen gemacht. Genaues hat sie jedoch nicht gewusst. Sie hat nicht gewusst, dass die Deutschen gekommen waren. Sie hat nicht gewusst, dass ich zweimal nach Gaflei fuhr, und ich habe nur, wie ich zuletzt wegfuhr, irgend eine Andeutung gemacht, wie ich das gerade sagte, weiss ich nicht mehr.

Gefertigt:

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[1] LI LA J007/S066/043/017.
[2] Alfred Schaie und Fritz Schaie (Rotter).
[3] Alfred Schaie, Gertrud Schaie und Julia Wolf.
[4] Fritz Schaie.