Generalmajor Artur Holmston-Smyslowsky berichtet über seinen Kampf gegen die Sowjetunion


Schreiben von Generalmajor Artur Holmston-Smyslowsky, Kommandant der Ersten Russischen Nationalarmee der Wehrmacht, an Fürst Franz Josef II. [1]

10.5.1945, Gamprin

An Seine Hochheit Fürst von Liechtenstein über den Herrn Regierungschef Dr. [Josef] Hoop

Betrifft: Die Militär-National Russ. Bewegung repräsentiert durch den Generalmajor Holmston und die I. Russ. National Armee

Nach Beendigung des Kampfes der Weissen gegen die Roten in Russland 1918-1920 vereinigten sich die emigrierten russischen Offiziere und Mannschaften zur Russ. Allgemeinen Militär-Vereinigung [Russischer Allgemeiner Militärverband].

Dieser Verband führte im Laufe von über 20 Jahren ständig den Kampf gegen den Bolschewismus weiter. Als Beweis für die Aktivität des Verbandes sind die führenden Generäle vergiftet oder nach Sowjet-Russland verschleppt worden (General Baron [Piotr] Wrangel, General Kutjepow [Alexander Kutepow], General Müller [Jewgeni Miller]).

Dieser Verband wurde in 5 Hauptabteilungen eingeteilt: Nord-, Süd-, Zentral-, West- und Ostabteilung.

Die Ost-Abteilung befand sich in Warschau und umfasste über 600 Offiziere und 3000 Mannschaften.

Ich war damals im Range eines Major im Generalstabe Chef des Stabes der obengenannten Abteilung Ost. (Den Weltkrieg habe ich als Major i.G. beendet.)

Am 22. Juni 1941, als der Krieg gegen die Sowjet Union ausbrach, stellte der führende General dieser Vereinigung, General [Alexei] von Lampe, die Kräfte des Verbandes dem Generalfeldmarschall [Walther] von Brauchitsch im allgemeinen Kampf gegen die Sowjet Regierung zur Verfügung.

Auf diese Weise stellte ich mich auch mit meinen mir unterstellten Offizieren und Mannschaften dem deutschen OKW [Oberkommando der Wehrmacht] im Kampf gegen die kommunistische Macht zur Verfügung.

Unser Kampfziel war die Befreiung unseres Vaterlandes von diesem furchtbaren totalen Regime und die Schaffung einer wahren freien demokratischen Regierungsform für das gequälte russische Volk.

Ich persönlich fand ein vollkommenes Verständnis von Seiten des deutschen OKW-OKH [Oberkommando der Wehrmacht - Oberkommando des Heeres], welches mir auch im Rahmen ihrer Möglichkeit Unterstützung versprach. Die Partei und die politischen Kreise hatten zu meiner Person jedoch kein Zutrauen und führten sofort einen Kampf gegen meine Person und meine militärische Organisation.

Trotzdem habe ich 12 Schulungslager in Stärke von je einem Batallion geschaffen.

Wir haben in der Hauptsache Frontaufklärung und Kampf gegen sowjetische Partisanen geführt.

Im Februar 1942 wurde ich zum Oberstleutnant befördert und zur Heeresgruppe Nord abkommandiert. Ich habe die Genehmigung erhalten, in Estland russische national Einheiten zu formieren. Nach Verlauf von 4 Monaten musste ich unter dem Druck des SD [Sicherheitsdienst des Reichsführers-SS] meine Arbeit einstellen und die neu aufgestellten national russischen Einheiten wurden von meiner Befehlsgewalt enthoben und ich war genötigt, dieselbe in die Hände deutscher Offiziere zu übergeben.

Ich wurde formell zum Inspekteur dieser 12 von mir aufgestellten Schulungslager ernannt. Praktisch hatte ich aber keinen Einfluss und keine Macht gehabt. Die russischen Kommandanten dieser Lager wurden abgesetzt und an ihre Stelle deutsche Offiziere eingesetzt.

Die Zeit verstrich und die Frontaufklärung im Osten wurde immer schlechter und die sowjet-partisanische Bewegung wuchs an.

Das OKH sah sich trotz Widerspruchs des SD und der SS genötigt, mich nochmals mit grösseren Aufgaben zu beauftragen.

Im Februar 1943 habe ich die Erlaubnis erhalten, einen Sonder-Stab zu gründen und national russische Einheiten zu formieren. Unsere Aufgabe war wieder Frontaufklärung und Kampf mit den im rückwärtigen Gebiete sich befindenden kommunistischen Banden. Von den von mir aufgestellten Verbänden wurden einige Einheiten von dem deutschen Kommando abgenommen und im Osten im Raum von Pleskau eingesetzt.

So verlief meine Arbeit bis Ende 1943.

Ende 1943 wurde ich zum Oberst befördert und sollte die Genehmigung erhalten, die I. Russ. National Armee aufzustellen.

Der SD und die SS, welche ständig gegen mich und meine Einheit kämpfte, gelang es im Dezember 1943, mich auszuschalten.

Reichsminister [Heinrich] Himmler mit den Organisationen des SD und der SS bot General [Andrei] Wlassow seine Unterstützung an. Ich dagegen hatte die volle Unterstützung vom OKH und dem Generalstab, welcher natürlich politisch keine Rolle spielte.

Nach der Ablehnung des 4. und letzten Angebotes der SS und des SD meinerseits, in welchem sie mir anboten, das OKH zu verlassen und unter ihr KOmmando sich zu stellen, hat die SS und SD mich offen angegriffen.

Erstens verlangte die Reichsführung SS, dass meine Einheiten zusammen mit SS-Einheiten und Wlassow-Kosaken im Generalgouvernement gegen die polnische Widerstandsbewegung eingesetzt werden sollte. Dieses lehnte ich kategorisch ab.

Zweitens verlangte die Reichsführung SS, dass ich den Aufruf für die National-Russen zum Kampf im Westen gegen Anglo-Amerikaner so wie General Wlassow unterschreiben sollte. Dieses habe ich wiederum in kategorischer Form abgelehnt.

Ich habe erklärt, dass ich National-Russe bin und nur das Interesse habe, zusammen mit der deutschen Wehrmacht gegen die Sowjet Russische Regierung zu kämpfen.

Ich habe weiterhin erklärt, dass mich der Kampf der Deutschen im Westen sowie deren Kampf gegen die Polen in keiner Weise angeht, sondern dies lediglich eine innere deutsche Angelegenheit wäre.

Ich habe erklärt, dass wir Russen das 20-jährige totale sowjetische Regime vollständig genug haben und wir eine wahre Demokratie in Russland haben wollen und kein Interesse am Aufbau eines totalen Europas.

Ich war sofort unter dem Druck des SS und SD entlassen und unter Hausarrest gestellt.

Der Stab und die Einheit wurden aufgelöst. Die Offiziere und Mannschaften teilweise zu anderen Verbänden versetzt, teilweise in Konzentrationslager oder Gefangenenlager geschickt. Gegen mich leiteten die SD-Behörden eine Untersuchung ein und stellten mich unter Anklage, dass ich im englischen Nachrichtendienst stehe und dass ich Freimaurer wäre.

Dieser Zustand dauerte ca. ein halbes Jahr. Trotz grösster Anstrengungen des SD und der SS konnten dieselben mir nichts nachweisen. Sie konnten mir nur eines nachweisen, das was das OKH auch gesagt hatte, dass ich ein National-Russe bin und für mein Vaterland diene.

Im Herbst 1944 wurde ich zum 4. Mal zum Dienst und Kampf gegen die Sowjet Russen berufen. Ich habe wieder die Erlaubnis erhalten, meinen Stab neu zu gründen und die Selbständige I. National Russ. Armee, welche nichts mit Wlassow oder Kosaken-Einheiten gemeinsames hat, zu gründen.

Die Besprechungen in dieser Angelegenheit mit dem OKW und die Vorbereitungen zu dieser Arbeit gingen sehr langsam vor sich und dauerten paar Monate. Die Reichsführung SS versuchte hinter den Kulissen alles daran zu setzen, um die Formierung dieser Einheiten zu verhindern.

Anfang 1945 habe ich nur die Möglichkeit bekommen, die ersten Stamm-Regimenter in Eschenbach, Weiden, Wohlhausen und Karlsbad aufzustellen.

Im Februar erfolgte die Aufstellung des Offiziers-Korps und der Mannschaften. Ende Februar begann die Armee formell ihre Tätigkeit. Die Stamm-Regimenter begannen mit der Ausbildung der Mannschaften. Kleine fertige Einheiten wurden zum Einsatz an die Ostfront geschickt.

Ich wurde im April zum Befehlshaber der I. Russ. National Armee ernannt und zum Generalmajor befördert.

Ende April war die allgemeine Lage so, dass ich mich entschied, mit meinen Einheiten nach dem Westen zu gehen und zu versuchen, mit mich den Anglo-Amerikanern zu vereinigen.

Schon früher, während meiner Warschauer Tätigkeit, hatte ich direkt oder durch Vermittlung der polnischen Widerstands-Bewegung mit London Verbindung gehabt. Die polnischen und englischen Verbindungsoffiziere waren immer getarnt in meinem Stabe.

Es ist uns nicht gelungen nach Nordwesten zu den Engländern durchzustossen und waren genötigt, nach Süden abzudrehen und mit einem geringen Teil, ca. 600 Mann, erreichten wir in der Nacht vom 2. zum 3. Mai die liechtensteinische Grenze.

Wir haben über 4 Jahre gegen die furchtbare totale Sowjet Regierung gekämpft. Wir haben nur mit der deutschen Wehrmacht zusammen gearbeitet, die als einzige Macht gegen Sowjet-Russland gekämpft hat. Wir haben uns für die Freiheit und wahre Demokratie in unserem Vaterlande eingesetzt. Wir haben nie irgend etwas mit den deutschen politischen und Partei Kreisen zu tun gehabt, im Gegenteil wurden wir von diesen Kreisen ständig verfolgt.

Wir haben nie gegen die Anglo-Amerikaner gekämpft, im Gegenteil habe ich während meiner Tätigkeit im Generalgouvernement viel den Engländern und National-Polen geholfen. Darum habe ich mich leichten Herzens entschieden, die liechtensteinische Grenze zu überschreiten.

Vertrauensweise stelle ich Ihnen, Eure Hochheit, den Bericht zur geheimen Durchsicht und appelliere an Ihre traditionelle humanitäre Gastfreundlichkeit. Ich bitte Sie, Eure Hochheit, wie bis jetzt uns Ihre Gastfreundlichkeit weiter zu erweisen und uns die Möglichkeit zu geben, dieselbe durch einen Arbeitseinsatz meiner 400 Soldaten wenigstens teilweise dadurch meinen innigsten Dank Ihnen, Eure Hochheit, und Ihrem Lande auszusprechen.

1 Anlage: Kopie des Berichtes zur freundlichen Übergabe an die schweizerische Bundesregierung

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[1] LI LA RF 230/043v/017. Weitere Exemplare in LI LA RF 230/043w (der Regierung übermittelt durch die Kabinettskanzlei mit Schreiben vom 17.5.1945).