Bernhard Lämmle dankt Regierungschef Josef Hoop für die Behandlung, die Liechtenstein den Juden während des Krieges angedeihen liess


Schreiben von Bernhard Lämmle an Regierungschef Josef Hoop [1]

12.5.1945, Schaan

Gestatten Sie mir, sehr geehrter Herr Regierungschef, dass ich heute einige Zeilen an Sie richte.

Schwere Jahre für die ganze Menschheit sind verflossen. – Von einem Teil der Mitmenschen wurden wir Juden blind gehasst und verfolgt. Ein kleiner Teil, der sich ins Ausland retten konnte, stand dort ebenfalls mancherorts unter Missachtung. Der Emigrant wurde nicht überall als vollwertiger Mensch angesehen und die Behandlung war dementsprechend.

Ich bin überzeugt, dass die Fürstliche Regierung keinen leichten Standpunkt in der Emigrantenfrage hatte. Gerade deshalb schätze ich um so höher, dass die Behörden stets volles Verständnis zeigten, dass wir immer so grosses Entgegenkommen fanden und eine freundliche, zuvorkommende Behandlung, selbst in den schwersten Tagen der Vergangenheit. Dies ist Ihr Verdienst, Herr Regierungschef, den Ihnen Gott lohnen möge. Ich kann Ihnen nur danken aus tiefstem Herzen.

Der längst gehegte Wunsch, meiner Dankbarkeit Ausdruck zu verleihen, erfüllt sich in dieser grossen Zeitenwende.

Ihr sehr ergebener

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[1] LI LA RF 230/408r. Hoop verdankte das Schreiben am 15.5.1945 und gab seiner Hoffnung Ausdruck, "dass die von uns geübte Toleranz, die ich stets für eine Selbstverständlichkeit und als ein Gebot der Menschlichkeit angesehen habe, sich zum Nutzen des Landes auswirken wird" (LI LA RF 230/408v).