Das Eidgenössische Finanzdepartement fordert die Zurücknahme der liechtensteinischen Silbermünzen


Schreiben der liechtensteinischen Gesandtschaft in Bern an die Regierung, gez. Geschäftsträger Emil Beck [1]

8.3.1930

Das Finanzdepartement macht mich darauf aufmerksam, dass die liechtensteinischen Münzen, entgegen unserer Vereinbarung, [2] nun auch in Walenstadt und Murg anzutreffen sind. Es befürchtet, dass sie sich langsam in den schweizerischen Verkehr infiltrieren, sodass die mühsam erreichte Einheitlichkeit wieder verloren zu gehen droht. Es wird daher neuerdings die Frage aufgerollt, ob wir bereit wären, die liechtensteinischen Münzen gegen schweizerische auszutauschen. Der Vertreter des Departementes ist persönlich der Meinung, dass das Departement den Austausch ohne Entschädigung vornehmen würde. Wir hätten dann also Gelegenheit, den bei der Ausgabe der Münzen in Aussicht genommenen Gewinn definitiv zu realisieren. Dieser Gewinn würde sich auf ca. 130'000.- Fr. belaufen. Selbstverständlich würden wir uns vorbehalten, gegen Zurückgabe der erhaltenen Schweizermünzen jederzeit wieder liechtensteinische Münzen herauszugeben. Uneingeschränkt wäre ferner unser Recht zur Prägung von Goldmünzen, die bei Vollwertigkeit ohne weiteres auch in der Schweiz angenommen würden. Sie könnten auch dazu dienen, unsere Souveränität nach aussen zu dokumentieren.

Das Departement würde die vorgeschlagene Lösung als eine wesentliche Vereinfachung begrüssen und ersucht um möglichst baldige Antwort, da es seinerseits zu den eingegangenen Reklamationen Stellung nehmen muss.

Nachdem die Vereinbarung, wonach unsere Münzen in der Nachbarschaft angenommen werden müssen, der Schweiz unangenehm zu werden beginnt, ist mit der Möglichkeit einer Kündigung dieses Abkommens zu rechnen.

Ich ersuche Sie um möglichst baldige Mitteilung Ihres Standpunktes. [3]

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[1] LI LA RE 1930/1514. Aktenzeichen: 358. Eingangsstempel der Regierung vom 10.3.1930. Das Schreiben findet sich auch in LI LA V 002/0417/002.
[2] Es sind wohl die Vereinbarungen gemeint, welche 1924/1925 in einem Notenwechsel zwischen der Gesandtschaft in Bern und dem Eidgenössischen Politischen Departement getroffen wurden, nämlich die Annahme der liechtensteinischen Münzen durch Zoll- und Postämter in Liechtenstein und der schweizerischen Nachbarschaft, jedoch keine allgemeine Zulassung zum schweizerischen Münzumlauf (LI LA V 002/0410/028-31, 037, 038, 039-040, 046). Liechtenstein verzichtete im Gegenzug auf weitere Münzprägungen (LI LA V 002/0410/059, 060-062, 067, 073-074).
[3] Die Regierung teilte das Schreiben am 20.3.1930 der Kabinettskanzlei mit und bat um eine Stellungnahme von Fürst Franz I. (LI LA RE 1930/1514). Die Kabinettskanzlei teilte mit Schreiben vom 28.3.1930 mit, dass der Fürst "einen konkreten Vorschlag" von Landtag und Regierung wünsche. Die Regierung stellte darauf dem Landtag den Antrag, die Silbermünzen zurückzuziehen (Rückvermerke auf LI LA RE 1930/1974 ad 1514; LI LA LTP 1930/062).