Regierungschef Josef Hoop tritt staatsschädlicher Gerüchtemacherei entgegen


Schreiben von Regierungschef Josef Hoop an Franz Schredt, Direktor der Bank in Liechtenstein [1]

6.12.1938

Sehr geehrter Herr Kommerzienrat!

Ich bin heute von einem Ihrer Beamten gefragt worde, ob es richtig sei, dass die Schweiz Liechtenstein die 2 Millionen Zollpauschalvorschuss [2] nicht mehr geben werde, da Liechtenstein sich nicht verpflichtet hätte, auf einen Anschluss an Deutschland zu verzichten. Diese Behauptung sei in Ihrem Schalterraume von einem Klienten gemacht worden.

Sie werden selber zugeben, dass eine solche Behauptung den Charakter eines unsinnigen Gerüchtes trägt. Ich wäre Ihnen deshalb sehr dankbar, wenn Sie mir den betreffenden Gerüchtemacher bekanntgeben würden, denn wir sind nicht gesonnen, derartigen die Öffentlichkeit beunruhigenden Machenschaften untätig gegenüber zu stehen. Ich darf ferner die Bitte aussprechen, im allgemeinen in ähnlichen Fällen dem Gerüchtemacher gegenüber sich auf den Standpunkt zu stellen, dass Ihnen seine Behauptung unwahrscheinlich vorkomme und dass Sie sich sofort bei der Regierung erkundigen wollen, wobei Sie annehmen würden, dass Sie sich auf ihn als Gewährsmann beziehen dürfen.

Wenn es sich um einen anständigen und ernsten Menschen handelt, wird er nichts dagegen einzuwenden haben, anderenfalls bitten wir Sie, ihn auf das Staatsschädigende seines Verhaltens aufmerksam zu machen. Schliesslich dürften wir in der Annahme nicht fehl gehen, dass Ihre Interessen mit den unseren auf diesem Gebiete die gleichen sind.

Genehmigen Sie, sehr geehrter Herr Kommerzienrat, die Versicherung unserer vorzüglichsten Hochachtung.

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[1] LI LA RF 184/407/001. Kürzel: DrH/G.
[2] Gemeint ist wohl der Kredit von 2 Millionen Franken, den die Schweiz Liechtenstein im Dezember 1938 gewährte. Als Sicherheit für diesen Kredit diente die jährliche Zollpauschale von 450'000 Franken. Vgl. LI LA RF 185/101.