Bemühungen um die Transferierung fürstlicher Kapitalien aus dem Protektorat Böhmen und Mähren in die Schweiz


Schreiben von Emil A. Schmid an Fritz Probst im Eidgenössischen Volkswirtschafts-Departement (Handelsabteilung) in Bern [1]

8.5.1939, Zürich

Betrifft: Deutsch / schweizerischen Transfer für S.D. den Fürsten Franz Josef von und zu Liechtenstein

Ich nehme höflich Bezug auf meine Unterredung, die ich letzten Donnerstag, den 4. ds. mit Herrn Dr. Probst zu führen die Ehre hatte, und möchte zunächst, auch im Namen S.D. des Fürsten [Franz Josef II.], für den freundlichen Empfang bestens danken.

Der Ordnung halber gestatte ich mir, Ihnen folgendes mitzuteilen:

Sie haben mich gebeten, zunächst einmal festzustellen, ob und gegebenenfalls wieviel die tschechische Nationalbank in Prag zu transferieren in der Lage und geneigt ist, nachdem nun gemäss deutsch/schweizerischem Abkommen vom 27. April der Zahlungsverkehr zwischen dem Protektorat Böhmen und Mähren wieder freigegeben ist und die tschechische Nationalbank u.a. auch für den Kapitalverkehr die für den Transfer notwendigen Devisen nach bisheriger Übung zugesichert hat.

Wie Ihnen mündlich in Aussicht gestellt, habe ich die zur Abklärung dieser Frage notwendigen Schritte sofort eingeleitet, und ich hoffe, im Laufe dieser Woche bestimmte und verbindliche Antworten zu erhalten, die ich Ihnen sofort zur Kenntnis bringen werde. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir vor der Abreise der schweizerischen Delegation nach Berlin zur Wiederaufnahme der Transferverhandlungen bekannt geben wollten, an welche Adresse meine bezüglichen Mitteilungen zu richten sind, damit sie Sie innert nützlicher Frist erreichen.

Ich habe Ihnen nicht verhehlt, dass ich hinsichtlich der Fähigkeit der tschechischen Nationalbank, Devisen zur Verfügung zu stellen, sehr skeptisch bin. Die Fürstliche Verwaltung wird aber nichts unversucht lassen, um zu einem annehmbaren Ergebnis zu kommen.

In diesem Zusammenhang habe ich Ihnen ebenfalls mündlich erklärt, dass die Fürstliche Verwaltung sogar bereit wäre den Versuch zu machen, aus ihren Forsten in Böhmen und Mähren Holz nach der Schweiz exportieren zu können, um auf diesem Wege sich etwas Devisen zu verschaffen. Die Besprechungen, die ich hinsichtlich der Einfuhrmöglichkeit in die Schweiz mit Herrn Stucki von der Sektion für Einfuhr gepflogen habe, zeigen jedoch, dass wahrscheinlich im Maximum verschiedenste Hölzer im Gesamtwert rund Fr. 200'000.- jährlich für die Schweiz in Frage kommen könnten. Für diesen Zweck aber sind drei Voraussetzungen zu erfüllen:

1. Müssen diese Hölzer in den fürstlichen Forsten in diesem Ausmass vorhanden und schlagbar sein.

2. Müssen die tschechischen Behörden die Ausfuhr und womöglich den gesamten Erlös freigeben, und

3. Müssen die Preise konkurrenzfähig sein, was kaum ohne weiteres anzunehmen ist, da durch das Umtauschverhältnis: Kc. 10.- = RM 1.- die Kc., die früher in der Schweiz 12 Rp. galt, nun automatisch auf 17,5 Rp. aufgewertet worden ist.

Die Schwierigkeiten des Holzexportes nach der Schweiz und besonders auch die Aussichten, allenfalls nicht den ganzen Erlös hier behalten zu dürfen, lassen vermuten, dass man also auf diesem Wege mit keinem oder nur mit einem geringen Transfer rechnen darf.

Da wir die Aussichten, in absehbarer Zeit von Prag wesentliche Devisenbeträge herein zu bekommen, als sehr gering ansehen müssen, habe ich mir erlaubt, Sie eindringlich zu bitten, auf jeden Fall bei den jetzigen deutsch/schweizerischen Transfer–Verhandlungen zu erwirken, dass der im Namen S.D. des Fürsten von Liechtenstein seinerzeit durch die Fürstliche Regierung genannte Betrag von Fr. 420'000.- im deutsch/schweizerischen Transfer freigegeben wird. Dabei gestatte ich mir zu bemerken, dass dieser Betrag bereits für das Clearingjahr 30. Juni 1938 / 30. Juni 1939 angemeldet war. Ihrem Wunsche entsprechend werde ich Ihnen sofort nach Eingang der entsprechenden Ziffern noch mitteilen, welche Beträge seit dem 30. Juni 1938 von Prag noch transferiert worden sind, damit Sie den auf das Clearingjahr 1938/39 entfallenden Restbetrag feststellen können. Ich bitte Sie höflich, den bis 30. Juni 1939 für S.D. den Fürsten zum Transfer freizugebenden Betrag in den Transfer–Besprechungen separat zu behandeln. Dies im Hinblick auf die im letzten Transfer–Abkommen für diesen Fall vorgesehene spezielle Regelung.

Für das Jahr 1939/40 ist nach den neuesten Mitteilungen der Fürstlichen Verwaltung für die Befriedigung der Bedürfnisse für den privaten Haushalt S.D. des Fürsten, sowie der Fürstlichen Regierung, eher eine höhere Summe, nämlich eine solche von Fr. 500.000.- bis Fr. 600.000.- erforderlich. Ich bitte Sie höflich im Namen S.D. des Fürsten, sich für diesen Betrag bei den deutschen Instanzen zu verwenden und im deutsch/schweizerischen Clearing freizugeben. Wie der Unterzeichnete Gelegenheit hatte Ihnen mündlich zu erklären, wären die zum Transfer freien Reinerträge aus den verschiedenen Teilen des Fürstlichen Vermögens ganz bedeutend höher als eine halbe Million Schweizerfranken. Dabei brauchen die Erträge der Vermögensteile im Protektorat Böhmen und Mähren nicht berücksichtigt zu werden. Es liegt aber, wie auch bei den Besprechungen hervorgehoben, S.D. dem Fürsten selbstverständlich völlig fern, die gesamten Reinerträge für den Transfer anzumelden und dadurch die ohnehin vorhandenen Schwierigkeiten zu vergrössern. Vielmehr ist es S.D. dem Fürsten daran gelegen, den Clearing nur so weit zu belasten, als das für den privaten und den Regierungs–Haushalt unumgänglich nötig ist.

Ich bitte Sie ebenso höflich als dringend, die hier zur Diskussion stehenden Fragen bei den jetzigen Verhandlungen zu einem guten Ende zu führen.

Mit der Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung zeichne ich im Namen und im Auftrag S.D. des Fürsten Franz Josef von und zu Liechtenstein:

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[1] LI LA RF 190/344/79. Das Schreiben ist als vertraulich gekennzeichnet.